Drucksache 17/2789 zu Drucksache 17/2628 11. 04. 2017 A n t w o r t der Bevollmächtigten des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Josef Dötsch (CDU) – Drucksache 17/2628 – Folgen aus dem Würzburger Facebook-Urteil Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2628 – vom 17. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Facebook muss vorerst verleumderische Beiträge im Internet nicht aktiv finden und löschen. Das jüngste Würzburger Facebook- Urteil wirft viele Fragen auf. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Sieht die Landesregierung beim Umgang mit rechtswidrigen Inhalten im Netz politischen Handlungsbedarf und wenn ja, welchen? 2. Wie steht die Landesregierung zu strengeren Pflichten für Netzwerke und zu einer möglichen Rechtsverschärfung im Umgang mit Social Media-Plattformen wie Facebook? 3. Sind nach Auffassung der Landesregierung das bestehende Recht und das Telemediengesetz ausreichend präzise, um die Regelungen zeitgemäß auf Facebook anzuwenden? 4. Wie könnte die Frage der Verantwortlichkeit nach Einschätzung der Landesregierung für rechtswidrige Inhalte besser geregelt werden? 5. Hat die Landesregierung bei den Staatsanwaltschaften Maßnahmen eingeleitet, um die Persönlichkeitsrechte der Opfer vor Verleumdung und Hetze im Netz besser zu schützen und wenn ja, welche? 6. Sieht die Landesregierung die personelle Ausstattung der Landeszentralstelle Cybercrime als ausreichend an? Die Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 10. April 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Bereits nach geltender Rechtslage müssen Plattformen wie etwa Facebook, YouTube oder Twitter als sogenannte Hostprovider konkrete rechtswidrige Inhalte unverzüglich nach Kenntnisnahme aus dem Netz entfernen. Die Europäische Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr (Richtlinie 2000/31/EG) gibt diesen Haftungsrahmen vor, der seine innerdeutsche Umsetzung in § 10 des Telemediengesetzes findet. Für Hostprovider besteht darüber hinaus grundsätzlich keine Verpflichtung, aktiv nach rechtswidrigen Inhalten auf ihrer Plattform zu suchen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die Landesregierung sieht Handlungsbedarf dahingehend, die Durchsetzung der eingangs genannten rechtlichen Vorgaben zu verbessern , denn das Recht gilt gleichermaßen im Netz wie in der analogen Welt. Die Landesregierung prüft derzeit, ob der Landesmedienanstalt die Aufsicht über Telemedienangebote nach dem Telemediengesetz und dem Rundfunkstaatsvertrag aufgrund der Sachnähe übertragen werden soll. Darüber hinaus setzt sich die Landesregierung für eine Stärkung und Erweiterung der regulierten Selbstregulierung ein, wie sie sich im Jugendmedienschutz etabliert hat und von allen Akteuren mitgetragen wird. Bestandteil ist dabei eine Verpflichtung der Plattformbetreiber zu einer kontinuierlichen Verbesserung ihres Beschwerdemanagements. Flankierend ermutigt die Landesregierung zu digitaler Zivilcourage und investiert verstärkt in Medienkompetenz. Zu Frage 2: Für die Landesregierung ist klar, dass es keine rechtsfreien Räume geben darf. Sie begrüßt daher Schritte in die Richtung einer besseren Rechtsdurchsetzung. Als Verhandlungsführerin auf europäischer Ebene gemeinsam mit den Ländern Bayern und Schleswig- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. Mai 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2789 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Holstein setzt sich Rheinland-Pfalz in den aktuell laufenden Verhandlungen über eine Änderung der AVMD-Richtlinie (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, Richtlinie 2010/13/EU) dafür ein, Soziale Netzwerke und Videoplattformen stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Europäische Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr (Richtlinie 2000/31/EG) setzt einer Verschärfung der Haftung für Plattformbetreiber durch nationale Gesetze Grenzen. Auch vor diesem Hintergrund hält die Landesregierung die regulierte Selbstregulierung für den richtigen Weg, rechtswidrige Inhalte effektiver zu bekämpfen. Strafverschärfungen lehnt die Landesregierung hingegen als nicht zielführend ab. Zu Frage 3: Die Rechtsprechung hat Facebook als Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes qualifiziert. Auch nach dem Rundfunkstaatsvertrag (vgl. § 54 Abs. 1) müssen „Telemedienangebote“ so ausgestaltet sein, dass sie nicht gegen Strafgesetze, das bürgerliche Recht einschließlich des Urheber- und Wettbewerbsrechts oder das Telekommunikationsrecht verstoßen. Facebook wird dabei vom Telemedienbegriff erfasst. Facebook bewegt sich somit keineswegs im rechtsfreien Raum. Zu Frage 4: Verantwortlich für rechtswidrige Inhalte ist in erster Linie derjenige, der diese als eigene Inhalte ins Netz stellt. Darüber hinaus gilt die eingangs erläuterte Verantwortlichkeit für fremde rechtswidrige Inhalte nach § 10 Telemediengesetz. Fortzuentwickeln sind wie bereits erläutert die Regelungen der Rechtsdurchsetzung. Hierzu verweisen wir auf die vorherigen Antworten. Zu Frage 5: Die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen werden durch die Staatsanwaltschaften vorrangig durch eine nachhaltige Ermittlung und Verfolgung strafbarer Inhalte in sozialen Netzwerken geschützt. Um Internet-Straftaten – wie etwa der Verbreitung von Hate-Speech über soziale Netzwerke – effektiver begegnen zu können, hat die Landesregierung bereits am 14. August 2014 die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) ins Leben gerufen. Die LZC hat – neben der Führung eigener Ermittlungsverfahren – insbesondere die Aufgabe, Aus- und Fortbildungen für die Staatsanwaltschaften in Rheinland-Pfalz zu veranstalten und damit dafür Sorge zu tragen, dass ihr Fachwissen bei der Bekämpfung von Internet- Straftaten in die Fläche getragen wird. Außerdem übernimmt die Landeszentralstelle Cybercrime eine Supportfunktion, d. h. sie berät die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft bei der Ausgestaltung und Führung von Ermittlungsverfahren im Einzelfall. Auch die Justizministerinnen und -minister haben sich wiederholt mit verschiedenen Aspekten speziell der Hasskriminalität im Internet befasst. Im Sommer 2016 forderten sie in einem von Rheinland-Pfalz mitgetragenen Beschluss den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz auf zu prüfen, inwieweit Betreiber von Social-Media-Plattformen, Anbieter von Instant-Messaging- Diensten und Microblogger verpflichtet werden können, den Strafverfolgungsbehörden auf Verlangen die für die Strafverfolgung notwendigen Auskünfte über die Identität des Nutzers unmittelbar zu erteilen und strafbare Inhalte, insbesondere Äußerungen rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonst menschenverachtenden Charakters, vor ihrer Entfernung zu sichern. Im November 2016 baten sie den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, geeignete Vorschläge zu entwickeln, die eine effektive Löschung von „Hate Speech“ im Internet bei gleichzeitiger Beweissicherung ermöglichen. Das Justizministerium hat die Thematik im Rahmen einer Besprechung mit den Behördenleitungen der rheinland-pfälzischen Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften am 6. Dezember 2016 erörtert, um die staatsanwaltschaftliche Praxis zu informieren und für diese Problematik zu sensibilisieren. Aktuell diskutieren die Landesjustizverwaltungen einen Ergänzungsvorschlag Nordrhein-Westfalens zu Nummer 86 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV). Danach soll die Staatsanwaltschaft Privatklagedelikte in der Regel von Amts wegen verfolgen, wenn die Taten über das Internet oder soziale Medien einem unüberschaubaren Personenkreis zur Kenntnis gelangt sind. Ziel der Änderung ist der verbesserte Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen. Das Justizministerium hat die staatsanwaltschaftliche Praxis um Stellungnahme gebeten. Zu Frage 6: Die Landeszentralstelle Cybercrime ist derzeit mit 2,5 Arbeitskraftanteilen im 4. Einstiegsamt und 0,5 Arbeitskraftanteilen im 2. Einstiegsamt ausgestattet. Im Rahmen der Bewilligung der zusätzlichen Stellen im Doppelhaushalt 2017/2018 wird die Landeszentralstelle Cybercrime um eine weitere Kraft im 4. Einstiegsamt verstärkt. Ferner wird die Stelle im 2. Einstiegsamt aufgestockt, sodass künftig eine ganze Arbeitskraft zur Verfügung steht. Die personelle Ausstattung der Landeszentralstelle Cybercrime gewährleistet eine effektive und nachhaltige Strafverfolgung im Bereich der Internetkriminalität. Mit der Personalverstärkung wird dafür Sorge getragen, dass dies auch künftig der Fall sein wird. Heike Raab Staatssekretärin