Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Mai 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2842 zu Drucksache 17/2661 19. 04. 2017 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Ahnemüller (AfD) – Drucksache 17/2661 – Gewährleistung von geheimen demokratischen Wahlen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2661 – vom 27. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Wahlen sind in Bezug auf die Wahlentscheidung des Einzelnen geheim und damit zwingend intransparent. Der Wahlvorgang selbst muss jedoch insgesamt von der Wahlhandlung bis hin zum Wahlresultat erkennbar bleiben und darf keinerlei Manipulationsmöglichkeiten bieten. Mit anderen Worten: Wahlverfahren und Wahlergebnis müssen plausibel und lückenlos nachvollziehbar, also transparent sein. Obwohl Transparenz im Grundgesetz nicht ausdrücklich Erwähnung findet, ist sie dennoch ein unabdingbares Prinzip von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Bei der Landtagswahl 2016 wurde in einigen Städten und Gemeinden die Gültigkeit der Briefwahlscheine ohne Zuhilfenahme eines Wähler- und Straßenverzeichnisses festgestellt. Laut einer Studie der Universität Hamburg gibt es in Deutschland etwa 2 Mio. Analphabeten und 7,5 Mio. funktionale Analphabeten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wird sichergestellt, dass die Wahlvorstände die Briefwähler alle persönlich mit Name und Adresse kennen? 2. Wie viele Analphabeten gibt es in Rheinland-Pfalz und wie wählen diese? 3. Auf welche geeignete Weise wird in Sonderwahllokalen, wie Alten- und Pflegeheimen, Öffentlichkeit hergestellt, um eine Beeinflussung der Wähler zu unterbinden? 4. Werden ausgegebene Wahlscheine zum Zwecke der Briefwahl zahlenmäßig erfasst und der Rückfluss registriert und kann dieses Prozedere vom Wähler geprüft werden? 5. Welche Qualifikationen werden bei Kreiswahlausschüssen und Kreiswahlleitern vorausgesetzt? 6. Nach welchen Kriterien werden Wahlausschüsse gebildet und Kreiswahlleiter bestimmt? 7. Welche Qualifikationen und Parteizugehörigkeiten hatten die Mitglieder der Kreiswahlausschüsse und der Kreiswahlleiter bei der letzten Landtagswahl? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. April 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Bei der Wahl zum rheinland-pfälzischen Landtag am 13. März 2016 gab es nach Auskunft des Landeswahlleiters keine Beschwerden von Stimmberechtigten im Hinblick auf die Durchführung der Briefwahl einschließlich der Ermittlung der Briefwahlergebnisse. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Wahl zum rheinland-pfälzischen Landtag. Dies vorausgesetzt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Das Landeswahlrecht setzt nicht voraus, dass die Mitglieder der Wahlvorstände des Stimmbezirks oder der Briefwahlvorstände die Briefwähler persönlich mit Namen und Adresse kennen. Ein Stimmberechtigter, der einen Wahlschein besitzt, kann an der Wahl des Wahlkreises, in dem der Wahlschein ausgestellt ist, durch Briefwahl teilnehmen (§ 4 Abs. 4 Nr. 2 des Landeswahlgesetzes – LWahlG –). Den Wahlschein erhält der Stimmberechtigte, der in das Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag (§ 19 Abs. 1 der Landeswahlordnung – LWO –). Drucksache 17/2842 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Der Wahlschein ist eine öffentliche Urkunde und enthält den urkundlichen Nachweis der formellen Stimmberechtigung des Stimmberechtigten . Er gewährt den Wahlvorständen die notwendige Prüfungsgrundlage für die Zulassung des Wahlbriefs. Dementsprechend wird nach § 64 Abs. 1 LWO bei der Zulassung der Wahlbriefe durch den Briefwahlvorstand die Gültigkeit des Wahlscheins geprüft. Ferner wird geprüft, ob der Wahlschein in einem Verzeichnis für ungültig erklärte Wahlscheine aufgeführt ist. Die Zulassung der Wahlbriefe sowie die Ermittlung und Feststellung des Briefwahlergebnisses erfolgen öffentlich (§ 17 Abs. 1 LWahlG). Entsprechendes gilt gemäß § 64 a Abs. 1 LWO bei der Einbeziehung der Briefwahl in das Wahlergebnis des Stimmbezirks. Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zur Anzahl der Analphabeten in Rheinland-Pfalz vor. Diese Zahl wird statistisch nicht erfasst. Analphabeten sind nach den allgemeinen Bestimmungen des Landeswahlrechts zur Wahl des Landtags stimmberechtigt. Das Landes - wahlrecht enthält eine Reihe von Regelungen, die auch Analphabeten die Ausübung ihres höchstpersönlichen Stimmrechts erleichtern und sichern soll. So können Stimmberechtigte sich einer Hilfsperson bedienen, wenn sie des Lesens unkundig sind (§ 48 Abs. 1 bis 3 LWO, § 55 Abs. 2 Satz 3 und 4 LWO). Die Stimmberechtigten entscheiden selbst, ob und wenn ja, welche Hilfsperson sie in welchem Umfang bei der Ausübung ihres Wahlrechts unterstützen soll. Die Hilfeleistung hat sich auf die Erfüllung der Wünsche des Wählers zu beschränken (§ 48 Abs. 2 Satz 1 LWO). Die Hilfsperson ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfestellung von der Wahl eines anderen erlangt hat (§ 48 Abs. 3 LWO). Diese Bestimmungen erlauben folglich unter bestimmten Voraussetzungen eine Durchbrechung des Grundsatzes einer eigenständigen Handlung bei der Wahl. Diese Durchbrechung ist im Interesse der umfassenden Gewährleistung des Grundsatzes der allgemeinen Wahl (Artikel 76 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz) gerechtfertigt, um dem betroffenen Personenkreis die Ausübung der Stimmabgabe zu ermöglichen. Zu Frage 3: Sonderstimmbezirke in Krankenhäusern, Altenheimen, Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen sind Stimmbezirke, für die die allgemeinen Bestimmungen des Landeswahlrechts gelten, sofern keine bereichsspezifischen Regelungen bestehen (§ 52 Abs. 10 LWO). Für einen Sonderstimmbezirk ist ein eigener Wahlvorstand zu bilden, der die Wahlhandlung leitet und überwacht. Die Abstimmungshandlung und die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses sind öffentlich (§ 17 LWahlG). Zu Frage 4: Die Gemeindeverwaltung führt über die erteilten Wahlscheine ein Wahlscheinverzeichnis (§ 22 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 LWO). Hat ein Stimmberechtigter einen Wahlschein erhalten, so wird ferner im Wählerverzeichnis in der Spalte für den Vermerk über die Stimmabgabe „Wahlschein“ oder „W“ eingetragen (§ 24 Abs. 1 LWO). Bei der Zulassung der Wahlbriefe wird die Stimmabgabe der einzelnen Stimmberechtigten weder im Wahlscheinverzeichnis noch im Wählerverzeichnis vermerkt (vgl. hierzu § 64 Abs. 1 LWO). Die Zahl der Wähler wird durch Zählung der eingenommenen Wahlscheine festgestellt (§ 64 Abs. 3 i. V. m. § 57 Satz 3 LWO). Stimmberechtigte können das Briefwahlverfahren auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen überprüfen lassen. Sie haben das Recht, eine Wahlbeanstandung beim Wahlprüfungsausschuss des Landtags zu erheben, mit der die Gültigkeit einer Wahl geprüft wird (§ 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Landeswahlprüfungsgesetzes – LWPG). Gegen die Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses ist die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zulässig (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LWPG). Zu den Fragen 5 bis 7: Das Landeswahlgesetz und die Landeswahlordnung treffen Bestimmungen zur Berufung von Kreiswahlleitern und der Mitglieder der Kreiswahlausschüsse. Der Landeswahlleiter ernennt für jeden Wahlkreis einen Kreiswahlleiter und einen Stellvertreter (§ 11 Halbsatz 2 LWahlG). Der Kreiswahlleiter und dessen Stellvertreter werden vor jeder Wahl ernannt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LWO). Die Ernennung erfolgt zu dem Termin, zu dem nach § 37 Abs. 3 Satz 5 LWahlG die Vertreterversammlungen zur Aufstellung von Wahlkreisbewerbern frühestens stattfinden dürfen, spätestens nach der Bestimmung des Tages der Wahl (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LWO). Die Berufung der Wahlausschüsse ist in § 12 Abs. 2 LWahlG geregelt. Die relevanten Bestimmungen lauten insoweit wie folgt: „Die Wahlausschüsse bestehen aus den Wahlleitern als Vorsitzenden und sechs Beisitzern aus dem Kreis der Stimmberechtigten. Für jeden Beisitzer ist ein Stellvertreter zu berufen. Die Beisitzer und Stellvertreter beruft der Wahlleiter aus den im Lande vertretenen Parteien auf deren Vorschlag. Bewerber, Ersatzbewerber, Nachfolger sowie Vertrauenspersonen für Wahlvorschläge und stellvertretende Vertrauenspersonen dürfen nicht Mitglied oder Stellvertreter in den Wahlausschüssen sein (§ 12 Abs. 2 Satz 1 bis 4 LWahlG).“ 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2842 Diese Regelungen werden in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 LWO ergänzt. Danach sind die Beisitzer der Kreiswahlausschüsse und ihre Stellvertreter aus den Stimmberechtigten des jeweiligen Gebietes zu berufen; sie sollen möglichst am Sitz des Kreiswahlleiters wohnen. Niemand darf in mehr als einem Wahlausschuss Mitglied sein. Die Mitglieder der Wahlausschüsse, ihre Stellvertreter und die Schriftführer sind nach § 12 Abs. 5 LWahlG zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Die Leiter der Gemeindeverwaltungen oder Kreisverwaltungen (Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte) werden in der Regel als Kreiswahlleiter berufen. Sie besitzen die Qualifikationen und Verwaltungserfahrung, die bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen erforderlich sind. Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse über die Parteizugehörigkeit und die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Qualifikationen der einzelnen Mitglieder der Kreisauswahlausschüsse und der Kreiswahlleiter, die bei der letzten Wahl zum Landtag am 13. März 2016 tätig waren. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 3