Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Mai 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2846 zu Drucksache 17/2684 20. 04. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) – Drucksache 17/2684 – Schäden durch Kanadagänse Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2684 – vom 28. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Population von Kanadagänsen in Rheinland-Pfalz seit 2005 entwickelt? 2. Inwiefern werden Schäden durch Kanadagänse dokumentiert? 3. Wie hat sich der Umfang von Schäden durch Kanadagänse in der Landwirtschaft entwickelt? 4. Wie haben sich die Verunreinigungen durch Kanadagänse an Gewässern und in Naherholungsgebieten entwickelt? 5. Inwiefern sieht die Landesregierung eine Erfordernis, die Population einzudämmen? 6. Wie beurteilt die Landesregierung den Erfolg von Vergrämungsmaßnahmen? 7. Wie beurteilt die Landesregierung Maßnahmen z. B. an Nestern zur Eindämmung der Population? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. April 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Regelmäßige Bestandserhebungen der Kanadagänse gibt es in Rheinland-Pfalz nicht. Die letzte Bestandsschätzung aus dem Jahr 2012 ging davon aus, dass die Kanadagans im Mittel mit 140 bis 250 Brutpaaren pro Jahr im Land vorkommt. Gebietsweise wurden in unregelmäßigen Abständen bereits bis zu 300 Brutpaare beobachtet. Der Winterbestand der Kanadagans (rastende Zugvögel sowie Wintergäste, die den Winter über in Rheinland-Pfalz verbleiben) liegt bei 1 000 bis 2 000 Tieren. Bei der Kanadagans hat sich der Bestandszuwachs nach einer raschen Zunahme um das Jahr 2000 verlangsamt. Möglicherweise ist dies Folge der Bejagung. Die Anzahl der durch Jagdausübung erlegten Gänse kann zwar nicht als Populationshöhe angesehen werden, spiegelt jedoch das tatsächliche Vorkommen der jeweiligen Wildarten wider. Zumindest stellt die Erfassung der jährlich erlegten Tiere in sogenannten Streckenstatistiken einen einfachen Indikator auf regionaler Ebene bzw. auf Landesebene dar. Die Jagdstrecken der Wildgänsearten haben sich in Rheinland-Pfalz wie folgt entwickelt: Jagdjahr Graugänse Kanadagänse Nilgänse 1998/1999 73 51 0 1999/2000 86 48 0 2000/2001 97 55 0 2001/2002 113 49 0 2002/2003 112 55 0 2003/2004 123 62 0 2004/2005 113 69 0 2005/2006 175 138 0 2006/2007 185 239 0 Jagdjahr Graugänse Kanadagänse Nilgänse 2007/2008 291 237 0 2008/2009 302 222 0 2009/2010 280 230 0 2010/2011 235 334 0 2011/2012 465 487 154 2012/2013 433 463 123 2013/2014 481 434 380 2014/2015 713 561 927 2015/2016 922 504 1 013 Drucksache 17/2846 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu den Fragen 2 bis 4: Die durch Kanadagänse verursachten Schäden werden statistisch nicht erfasst, wie bei anderen Tierarten. Daher liegen der Landesregierung hierüber keine Zahlen vor. In den vergangenen Jahren mehrten sich jedoch die beim Ministerium eingehenden Meldungen betroffener Personen über Schäden in der Landwirtschaft, als auch über Verunreinigungen von Freibadanlagen und Liegewiesen durch die Tiere. Zu Frage 5: Die Populationen der Grau- und Kanadagänse haben in den vergangenen Jahren in Rheinland-Pfalz, insbesondere entlang der Rheinschiene , stark zugenommen. Damit einhergehend kam es zunehmend zu Klagen der zuvor beschriebenen Art. Beginnend im Jagdjahr 1998/1999 1) haben daher die unteren Jagdbehörden bereits in den Jagdbezirken mit Schadensschwerpunkten einzelne Anordnungen zur Verringerung der Gänsepopulation getroffen. Aufgrund der weiter anwachsenden Bestände und Zunahme der Schäden hat die Landesregierung im Jahr 2005 die zuvor geltende ganzjährige Schonzeit für die beiden Wildgänsearten in Rheinland-Pfalz aufgehoben. Seither kann die Kanadagans (wie auch die Graugans) im Rahmen der üblichen Jagdzeiten bejagt und damit eine Regulierung des Bestandes vorgenommen werden. Im Jahr 2010 wurde bei der umfassenden Novellierung des Landesjagdgesetzes (LJG) zusätzlich die Nilgans ins Jagdrecht aufgenommen und in der Landesjagdverordnung von 2013 eine reguläre Jagdzeit festgesetzt . Zu Frage 6: Vergrämungsmaßnahmen, d. h. Maßnahmen zum Zwecke des Vertreibens von Wildgänsen, führen dem Vernehmen nach in der Praxis oft nur zu einem vorübergehenden Erfolg. Insbesondere Wildgänse, die sich seit Jahren im unmittelbaren Umfeld von Menschen aufhalten, weichen Spaziergängern – auch mit Hunden – nur unwesentlich aus. Eine nachhaltige Vertreibung ist bei den lernfähigen Wildgänsearten kaum zu erreichen, da sehr rasch Gewöhnungseffekte eintreten. Zu Frage 7: Das Ausnehmen der Gelege von Federwild ist nach § 32 Abs. 4 Satz 4 LJG verboten, die obere Jagdbehörde kann jedoch im Einzelfall das Ausnehmen der Gelege zu wissenschaftlichen Lehr- und Forschungszwecken, für Zwecke der Aufzucht oder zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden zulassen. Die obere Jagdbehörde bei der Zentralstelle der Forstverwaltung in Neustadt/W. hat in den letzten Jahren in Einzelfällen auf Antrag die jagdrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Anstechen von Eiern der Gelege von Wildgänsearten erteilt. Gründe für diese Maßnahmen lagen entweder in dem Umstand, dass in der Region eine Regulierung des Gänsebestandes durch Bejagung mit der Schusswaffe aus Sicherheitsgründen nicht möglich war oder übermäßige Wildschäden vermieden werden sollten. Die Genehmigungen werden mit verschiedenen Auflagen verbunden, die insbesondere aus tierschutzrechtlichen Aspekten einzuhalten sind. Rückmeldungen haben ergeben, dass durch diese Maßnahmen lokal zumindest ein weiteres Anwachsen des Bestandes verhindert und somit auch Erfolg bei der Minimierung von Wildschäden erreicht werden konnten. Der Tierschutzbeirat des Landes Rheinland-Pfalz hat sich im November 2016 mit dieser Thematik ausführlich auseinandergesetzt. Aufgrund des derzeitigen Wissensstandes und aufgrund des Umstandes, dass sich alle Eier im gleichen Embryonalstadium befinden, hält er das Anstechen der Eier von Grau-, Kanada- und Nilgans aus tierschutzrechtlicher Sicht für vertretbar. An der grundsätzlichen Möglichkeit solcher Ausnahmegenehmigungen soll daher auch in Zukunft festgehalten werden. In Vertretung: Dr. Thomas Griese Staatssekretär 1) Jagdjahr = vom 1. April bis 31. März.