Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Mai 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2853 zu Drucksache 17/2664 19. 04. 2017 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/2664 – Jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2664 – vom 27. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Laut Rhein-Zeitung vom 15. November 2016 treiben seit rund einem Jahr die sogenannten „Streetkillers“ in Koblenz, Andernach und Mayen ihr Unwesen. Aktuell stehen zwei mutmaßliche Anführer der brutalen Jugendgang wegen dreifachen Raubes vor dem Landgericht Koblenz. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Mehrfach- und Intensivtäter sind in Rheinland-Pfalz registriert (bitte aufgegliedert nach Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeiten für die Jahre 2015 und 2016)? 2. Wie viele aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden bei ausländischen Mehr fach- und Intensivtätern durchgeführt? 3. Gibt es beim Polizeipräsidium Koblenz eine besondere Ermittlungsgruppe, die speziell für auffällige jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter zuständig ist? Wenn nein, warum nicht? 4. Wie viele und welche Jugendbanden gibt es in Rheinland-Pfalz? 5. Welche Erkenntnisse liegen über die Jugendbande „Streetkillers“ vor (Ge schlecht, Alter, Staatsangehörigkeiten, Anzahl der Straftaten usw.)? 6. Zu welchen Haftstrafen wurden die zwei Angeklagten der Jugendbande „Street killers“ verurteilt? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. April 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Weder für das gesamte Bundesgebiet noch für Rheinland-Pfalz existieren für alle Altersspektren und Deliktsbereiche einheitliche und allgemeingültige Definitionen der Begriffe Mehrfach- und Intensivtäter. Ungeachtet dessen gewährleisten die Polizeibehörden in Rheinland-Pfalz, dass den Personen, die für einen relativ großen Teil von Straftaten verantwortlich sind, ein besonderes Augenmerk gewidmet wird. In diesem Zusammenhang haben die rheinland-pfälzischen Polizeidienststellen die Tatverdächtigenstrukturen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereiches ausgewertet und darauf basierend eigene Definitionen erarbeitet. Diese beinhalten ein quantitatives und ein qualitatives Element. Das quantitative Element knüpft im Wesentlichen an die Anzahl und die Art der Straftaten an. Beim qualitativen Element wird auf die Persönlichkeit des Täters abgestellt. Die Polizei trifft grundsätzlich Aussagen zur Kriminalitätsentwicklung auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Sie ist bundesweit gültig, unterliegt einheitlichen Erfassungskriterien und wird qualitätsgeprüft. Eine Auswertung der PKS zu Mehrfach - und Intensivtätern ist aus den oben dargelegten Aspekten nicht möglich. Allerdings weist die PKS Tatverdächtige aus, die mehrere Straftaten begangen haben. Ausgerichtet an der Anzahl der jeweils einem Tatverdächtigen zugerechneten Straftaten stellt die nachfolgende Tabelle auf der Basis der PKS alle Tatverdächtigen mit mindestens sechs (gleichgelagerten oder unterschiedlichen) Straftaten im Kalenderjahr dar.1) 1) Ohne ausländerrechtliche Verstöße. Drucksache 17/2853 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Entwicklung der nicht deutschen Mehrfachtäter ab sechs Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße) nach Staatsangehörigkeiten für die Jahre 2015 und 2016 2 Mehrfachtäter (ab sechs Straftaten) 2016 2015 Insgesamt, davon 3 196 3 269 männlich 2 771 2 848 weiblich 425 421 Kinder 27 54 Jugendliche 371 398 Heranwachsende 411 438 Erwachsene 2 387 2 379 nicht deutsch 864 843 Mehrfachtäter (ab sechs Straftaten) nach Staatsangehörigkeiten 2016 2015 rumänisch 133 87 türkisch 100 122 polnisch 71 57 georgisch 70 76 italienisch 39 39 albanisch 39 57 somalisch 36 18 serbisch 32 38 bulgarisch 27 22 kosovarisch 25 45 syrisch 23 8 afghanisch 17 10 litauisch 16 5 irakisch 15 2 iranisch 13 1 armenisch 11 13 marokkanisch 11 10 russisch 11 6 luxemburgisch 10 7 pakistanisch 9 5 algerisch 9 8 französisch 9 16 ägyptisch 8 7 tunesisch 8 3 portugiesisch 8 15 libanesisch 7 9 amerikanisch 7 9 moldauisch 7 6 lettisch 6 6 kroatisch 6 14 belgisch 6 4 niederländisch 5 10 Mehrfachtäter (ab sechs Straftaten) nach Staatsangehörigkeiten 2016 2015 griechisch 5 8 eritreisch 4 1 ungarisch 4 2 österreichisch 4 3 mazedonisch 4 7 bosnisch-herzegowinisch 4 21 sonstige Staatsangehörigkeiten 45 66 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2853 Zu Frage 2: Vor dem Hintergrund fehlender einheitlicher Definitionen für Mehrfach- und Intensivtäter können keine Angaben im Sinne der Fragestellung gemacht werden. Die Landesregierung ist unabhängig hiervon bestrebt, bei straffälligen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie Staatsangehörigen, die aufgrund polizeilicher Erkenntnisse besonders häufig strafrechtlich in Erscheinung treten und bei denen eine gute Rückkehrperspektive besteht, gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine vordringliche Bearbeitung der Asylanträge als Voraussetzung für eine zügige Aufenthaltsbeendigung sicherzustellen. Zur Erreichung dieses Ziels finden u. a. regelmäßige Treffen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, des Ministeriums des Innern und für Sport, der Polizei, der Zentral - stelle für Rückführungsfragen sowie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge statt. Zu Frage 3: Im Zuge der Organisationsfortschreibung bei der Kriminalpolizei in 2012 wurde die Aufgabe „täterorientierte und deliktsübergreifende Bekämpfung von Intensiv- und Milieukriminalität bzw. Mehrfach- und Intensivtätern unterhalb der Schwelle zur Organisierten Kriminalität“ den Fachkommissariaten 6 bei allen Kriminalinspektionen übertragen. Mit diesem Schritt entfielen die zuvor bei den Polizeipräsidien für diesen Aufgabenbereich einzelfallbezogen und temporär eingerichteten Ermittlungsgruppen. Jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter werden darüber hinaus regelmäßig von den Häusern des Jugendrechts und den gemeinsamen Sachgebieten Jugend bzw. den Sachgebieten Jugend betreut. „Deliktstreue“ Mehrfach- und Intensivtäter werden zudem durch die deliktisch gegliederten Fachkommissariate bearbeitet. Vor diesem Hintergrund besteht grundsätzlich kein Bedarf, besondere Ermittlungsgruppen einzurichten. Zu Frage 4: Der Begriff der Jugendbande ist nicht verbindlich und allgemeingültig definiert. Polizeilichen Erkenntnissen zufolge existieren in Rheinland-Pfalz – in der Regel in den Oberzentren – mehrere, in der Zusammensetzung auch wechselnde, mehr oder weniger lose Zusammenschlüsse von Jugendlichen und Jungerwachsenen. Zu den Straftaten dieser Gruppierungen zählen vornehmlich Delikte der Eigentums- und Straßenkriminalität. Zu Frage 5: Nach polizeilichen Erkenntnissen zählen gegenwärtig elf ausschließlich männliche Personen im Alter zwischen 16 und 23 Jahren zu der Jugendgruppierung „Streetkillers“. Alle besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, wobei vier einen Migrationshintergrund (ehemalige Russische Föderation) haben. Die Polizei ermittelte bisher in 44 Fällen wegen unterschiedlicher Delikte gegen Personen, die der Jugendgruppierung zuzurechnen sind. Diese Straftaten wurden in unterschiedlicher Besetzungen begangen. Zu Frage 6: Der schriftlichen Beantwortung dieser Frage stehen schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen entgegen. Bei den beiden Angeklagten handelte es sich um einen Jugendlichen und einen Heranwachsenden. Nach § 48 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes findet in Strafsachen gegen Jugendliche die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Entscheidung in nicht-öffentlicher Sitzung statt. Hierdurch sollen die Persönlichkeitsrechte des Jugendlichen geschützt und Bloßstellungen und damit verbundene stigmatisierende Folgen vermieden werden, die dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts zuwider liefen. Der Heranwachsende wurde ebenfalls in nicht-öffentlicher Sitzung unter Anwendung von Jugendstrafrecht verurteilt . Auch hinsichtlich seiner Person stehen daher die genannten Gesichtspunkte einer schriftlichen Beantwortung entgegen. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 3