Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. Mai 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2872 zu Drucksache 17/2694 24. 04. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christine Schneider (CDU) – Drucksache 17/2694 – Schulmilchprogramm Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2694 – vom 29. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Im Rahmen der Zusammenlegung des Schulmilch- und Schulobstprogramms stellt die EU mehr Fördergelder für Schulmilch und -kakao bereit. Die Verteilung dieser Gelder und die Umsetzung der neuen EU-Vorgaben ist Ländersache. Laut Presseberichten wird es zukünftig aufgrund neuer Landesvorgaben keine Schulmilch mehr für Schülerinnen und Schüler an rheinland-pfälzischen Schulen geben, da die Vorgaben hygienisch, kühltechnisch und insbesondere logistisch mit dem Schulalltag und Schulmilchvertrieb nicht zu vereinbaren seien. Die einzige im Schulmilchbereich tätige überregionale Molkerei Friesland Campina hat erklärt, nach den neuen Vorgaben in Rheinland-Pfalz nicht liefern zu können. Ich frage die Landesregierung: 1. Was waren die Gründe, dass die Landesregierung die Vorgabe für die Abgabe von Schulmilch in Kindertagesstätten und Grundschulen grundlegend geändert hat? 2. Stimmt es, dass anstelle der täglich frischen Schulmilch (Milch oder Kakao) nur noch einmal die Woche H-Milch ausgegeben werden soll? 3. Gibt es überhaupt Lieferanten, die die neuen Vorgaben erfüllen können und wollen? 4. Wurden die geänderten Vorgaben von der Landesregierung mit der Milchwirtschaft abgestimmt und auf Praktikabilität geprüft? 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass Schulmilch eine wertvolle Ergänzung für die Ernährung der Schülerinnen und Schüler ist und hat die Landesregierung Erkenntnisse über Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass „Schulmilch Kindern helfen kann, die mit leerem Magen zur Schule kommen und müde, aggressiv und unkonzentriert sind“? 6. Wie verteilen sich die EU-Fördergelder auf das Schulmilch- und auf das Schulobstprogramm nach den neuen Vorgaben und wie nach den alten Vorgaben? 7. Wer profitiert vom „Aus“ für Milch und Kakao? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 21. April 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Vorab möchte ich, wie schon in der Pressemitteilung vom 31. März 2017 betonen, dass Rheinland-Pfalz auch weiterhin am EU- Schulprogramm mit den beiden Komponenten Schulmilch und Schulobst- und -gemüse teilnimmt. Schulen, Kindertagesstätten und Kindergärten nehmen in Rheinland-Pfalz seit Jahren am Schulmilchprogramm teil. Im laufenden Schuljahr 2016/2017 nehmen am Schulmilchprogramm aktuell 128 Schulen inkl. eines Internats, 286 Kindergärten/Kindertagesstätten und zwei Kinderwohnheime teil. Das entspricht einem Anteil von knapp 10 Prozent der Schulen (8,6 Prozent Schulen aller Schulformen) und Kitas (11,3 Prozent Kitas) in Rheinland-Pfalz. Am Schulobst- und -gemüseprogramm beteiligen sich in Rheinland-Pfalz aktuell 1 066 Grund- und Förderschulen, sowie 1 937 Kindergärten bzw. Kindertagesstätten. Das entspricht einem Anteil von über 90 Prozent der Schulen (96 Prozent Schulen – der Grund- und Förderschulen) und Kitas (76 Prozent Kitas) in Rheinland-Pfalz. Beliefert werden die Einrichtungen von zahlreichen Lieferanten. Die Molkerei Friesland Campina ist nicht die einzige überregional tätige Molkerei im Schulmilchbereich. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Im Jahr 2016 hat die EU ihre getrennten Förderprogramme für Schulmilch und Schulobst und -gemüse zu einem „Schulprogramm“ zusammengefasst. Damit gingen auch Änderungen bzw. Klarstellungen bezüglich der Vorgaben für die Umsetzung in den Ländern einher, die auch in Rheinland-Pfalz umgesetzt werden. Dies betrifft beispielsweise die Beschränkung der Zusatzstoffe in der ver- Drucksache 17/2872 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode teilten Milch und die Kostenbeteiligung. So wird in Rheinland-Pfalz, wie beispielsweise auch in Baden-Württemberg und Bayern, entsprechend den EU-Vorgaben im Rahmen des EU-Schulprogramms nur noch die pure Trinkmilch an die Kinder verteilt werden. Hierzu hat die EU in der Verordnung (EU) 2016/791 vom 11. Mai 2016 in Artikel 23 Abs. 4 b und 5 explizit darauf hingewiesen, dass Milch und Milchprodukte ohne Zusatz von Aromastoffen, Früchten, Nüssen oder Kakao zu verteilen sind. Und weiter heißt es in Artikel 23 Abs. 6, dass die im Rahmen des Schulprogramms verteilten Erzeugnisse keine der folgenden Zusätze enthalten dürfen : Zusätze von Zucker, Salz, Fett, Süßungsmitteln und künstlichen Geschmacksverstärker (E 620 bis E 650). Nach Aussage der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück-Kreis als zuständige Behörde bestellen die Einrichtungen schon bisher überwiegend pure Trinkmilch (Frischmilch, H-Milch etc.). Neben der Änderung bezüglich der Auflagen für die verteilte Milch hat die EU auch die Fördermöglichkeit deutlich verbessert. Während bisher die Milch von der EU mit einem Zuschuss von 18 Cent pro Liter bezuschusst wurde und die Differenz von einem Eigenanteil der Eltern gedeckt werden musste, wird die Abgabe der Milch im Rahmen des EU-Schulprogramms zukünftig kostenlos erfolgen. Insbesondere aufgrund dieser Änderung geht die Landesregierung von einer steigenden Nachfrage der Kitas, Grundund Förderschulen an der Komponente Schulmilch aus. Zu Frage 2: Nein, diese Aussage stimmt nicht. Wie bisher besteht auch zukünftig grundsätzlich dort die Möglichkeit Frischmilch auszugeben, wo das Einhalten der Kühlkette aufseiten der Lieferanten und der Einrichtungen sichergestellt werden kann. Zu Frage 3: Über die in der Antwort auf Frage 2 geschilderten Punkte sind keine Änderungen in den Liefervorgaben im Schulmilchprogramm vorgesehen. Dort wo Schulen bereits am Schulmilchprogramm teilnehmen, sollen die bestehenden Strukturen möglichst beibehalten werden. Somit können auch künftig Einrichtungen, die die hygienischen und kühltechnischen Voraussetzungen erfüllen, mit Frischmilch beliefert werden. Beliefert werden die Einrichtungen von zahlreichen Lieferanten. Die Molkerei Friesland Campina ist nicht die einzige überregional tätige Molkerei im Schulmilchbereich. Zu Frage 4: Die wesentlichen Änderungen im EU-Schulmilchprogramm beruhen darauf, dass zukünftig die Milch kostenlos abgegeben werden kann und auf zuckerhaltige und fettreiche Milch und Milchprodukte zu verzichten ist. Die Strategie zur Umsetzung des neuen EU-Schulprogramms mit den beiden Komponenten EU-Schulmilch und EU-Schulobst und -gemüse wird derzeit ausgearbeitet, sodass ab dem Schuljahr 2017/2018 eine reibungslose Durchführung erfolgen kann. Die Gespräche mit den Molkereien stehen an. Bereits im Februar 2017 wurde auf Arbeitsebene ein konstruktives Gespräch mit der Vertreterin für Schulmilch der Molkerei Friesland Campina ein Gespräch geführt, indem auf Arbeitsebene die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit unter den neuen Rahmenbedingungen besprochen wurden. Dass sich die Molkerei Friesland Campina nicht an der Ausschreibung für das Schuljahr 2017/2018 beteiligen würde, wurde in diesem Gespräch seitens der Molkerei nicht geäußert. Zu Frage 5: Das Land möchte die Kinder von klein auf für einen gesunden Lebensstil sensibilisieren. Deshalb werden künftig die bereits jetzt verpflichtend umzusetzenden ernährungsbildenden Begleitmaßnahmen zum EU-Schulprogramm mit den beiden Komponenten Schulobst- und -gemüse und Schulmilch noch stärker im Fokus stehen. Ziel der Landesregierung ist es, gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften und der Milchwirtschaft Kindern auf spielerische Weise zu vermitteln, weshalb Milch und Milchprodukte in ihrer Ernährung so wichtig sind und welche ernährungsphysiologische Bedeutung diese Produkte für ihre körperliche Entwicklung und geistige Leistungsfähigkeit haben. Am Max-Rubner-Institut wurden 2008 bis 2009 vier Studien durchgeführt. Hierbei wurde untersucht, welche Faktoren sich förderlich oder hemmend auf die Nachfrage nach Schulmilch auswirken. Hierbei handelt es sich um die Studie NRW (Einflussfaktoren auf die Nachfrage nach Schulmilch in Grundschulen in NRW), die Studie BP (Best Practice – Umsetzung von Schulen mit besonders hoher Beteiligung am Schulmilchprogramm), die Studie OSM (Untersuchung an Schulen, die nicht am Schulmilchprogramm teilnehmen, aber Milch und Milchprodukte anbieten) sowie die Studie R (Die Rolle von Milch und Schulmilch in der Ernährung von Schülern). Die Studien stellen zusammenfassend fest: Der große Einfluss von Präferenzen auf die Nachfrage nach Schulmilch- und -milchprodukten wird aus allen vier Studien deutlich. Kinder, die von zu Hause eine positive Einstellung zu Milch mitbekommen, sind auch gegenüber Schulmilch positiv eingestellt. Vorteile der Schulmilch werden vor allem darin gesehen, dass Kinder eine gewisse Versorgung in der Schule erfahren, vor allem dann, wenn sie nicht frühstücken. In der Präambel der Verordnung zum EU-Schulprogramm ( [EU] 2016/791 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016) wird in Absatz 2 festgehalten: „In Anbetracht des derzeit rückläufigen Verbrauchs von frischem Obst und Gemüse und Milcherzeugnissen, insbesondere bei Kindern und der Zunahme der Zahl fettleibiger Kinder aufgrund von Ernährungstrends, bei denen in erster Linie stark verarbeitetet Nahrungsmittel verzehrt werden, denen zudem oftmals hohe Mengen von Zucker, Salz, Fett oder Zusatzstoffen zugesetzt sind, sollte die Unionsbeihilfe zur Finanzierung der Abgabe ausgewählter landwirtschaftlicher Erzeugnisse an Kinder in Bildungseinrichtungen stärker zur Förderung gesunder Ernährungsgewohnheiten und des Verzehrs lokaler Erzeugnisse beitragen.“ 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2872 Die Landesregierung teilt diese Einschätzung und wird deshalb die EU-Vorgaben umsetzen und nur noch reine Trinkmilch (Frischmilch und H-Milch) im Rahmen des EU-Schulprogramms anbieten. Das Ausgeben von Kakao und gesüßten Milchprodukte wäre, insbesondere mit Blick auf die hohe Anzahl übergewichtiger Kinder, kontraproduktiv gegenüber den präventiven Maßnahmen der Landesregierung zur Verringerung von Übergewicht und Adipositas bei Kita- und Schulkindern. Zu Frage 6: Für die Programmteile Schulmilch und Schulobst und -gemüse stellt die EU getrennte Budgets bereit, deren Berechnung gesetzlich geregelt ist. Nach dem Durchführungsbeschluss der Kommission vom 23. März 2017 über die endgültige Zuweisung an die Mitgliedsstaaten erhält Deutschland für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis 31. Juli 2018 für die Durchführung der Programmkomponente Schulobst und -gemüse 25 826 315 Euro und der Programmkomponente Schulmilch 10 947 880 Euro. Rheinland-Pfalz erhält hiervon zur Durchführung der Programmkomponente Schulobst und -gemüse 1 643 302,43 Euro und zur Durchführung der Programmkomponente Schulmilch 502 777,13 Euro. Dies sind deutlich weniger Mittel als von Rheinland-Pfalz beantragt wurden. Grund dafür ist u. a., dass durch den Wegfall der bisherigen 25-prozentigen Kofinanzierungspflicht durch die Länder das Programm attraktiver geworden ist und nun mehr EU-Mitgliedsstaaten und mehr Bundesländer als bisher das Programm umsetzten wollen. Aus Landesmitteln sind zukünftig ausschließlich der Mehrwertsteueranteil und die pädagogische Begleitmaßnahmen zu finanzieren. Für das Schuljahr 2016/2017 standen für Rheinland-Pfalz EU-Fördergelder in Höhe von 3 000 000 Euro zur Durchführung des Schulobst - und -gemüseprogramms zur Verfügung. Zur Durchführung des Schulmilchprogramms gab es für die Mitgliedsstaaten bisher keine vorgegebene Begrenzung des Budgets, nach Rheinland-Pfalz fließen im Schuljahr 2016/2017 ca. 50 383 Euro. Zu Frage 7: Von einem „Aus“ für Milch kann keine Rede sein, Rheinland-Pfalz wird weiterhin am EU-Schulprogramm teilnehmen. In Vertretung: Dr. Thomas Griese Staatssekretär 3