Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juni 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3036 zu Drucksache 17/2858 15. 05. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Horst Gies (CDU) – Drucksache 17/2858 – Wiederansiedlung von Luchsen im Pfälzerwald Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2858 – vom 20. April 2017 hat folgenden Wortlaut: Das Ministerium wildert im Rahmen seines Projektes zur „Wiederansiedlungen von Luchsen“ insgesamt 20 Luchse aus. Nach Medienberichten ist in diesen Tagen der vierte Luchs in Rhein land-Pfalz ausgesiedelt worden. Insgesamt rechnet die Landesregierung mit Kosten von 3 Mil lionen Euro. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Vorteile für Mensch und Natur verspricht sich die Landesregierung von der Wiederansiedlung der Luchse in Rheinland- Pfalz? 2. Wie viel Personal (Vollzeitäquivalente) beschäftigt sich mit der Wiederansiedlung der Luchse? 3. Wie hoch ist der Aufwand für die Kontrolle der ausgewilderten Luchse? 4. Die Luchse sollen sich vor mehr als 200 Jahren aus dem Pfälzerwald zurückgezogen haben. Inwieweit hat sich der natürliche Lebensraum in diesen 200 Jahren verändert? 5. Zweieinhalb Monate nach der ersten Aussiedelung wurde der erste Nutztierschaden öf fentlich. Wie sollen weitere Nutztierrisse verhindert werden und was kostet dies die Tierhalter? 6. Die Tierhalter werden mit einem extra eingerichteten Fonds für den Verlust eines Tie res durch den Luchs entschädigt. Wie viel Euro wurden in den Fonds eingelegt und wie hoch fällt die Entschädigung je Riss für den Nutztierhalter aus? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 12. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Im Juni 2016 wurde im Zuge des Runden Tischs Großkarnivoren des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten der Managementplan für den Umgang mit Luchsen in Rheinland-Pfalz von allen berührten Interessensgruppen beschlossen. Hierzu gehörten u. a. der Landesverband der Schaf- und Ziegenhalter, der Landesjagdverband, der ökologische Jagdverband, die Naturschutzverbände NABU, GNOR, BUND und POLLICHIA sowie die Landwirtschaftskammer und der Bauern- und Winzerverband . Der Managementplan regelt Handlungsabläufe, benennt Ansprechpersonen und stellt Maßnahmen dar, die im Konflikt- oder Schadfall ergriffen werden können. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Der Luchs ist nach EU-Recht eine streng zu schützende Art und von europaweitem Interesse. Er ist Zielart der Fauna-Flora-Habitat- (FFH)-Richtlinie und im Anhang IV gelistet. Sein derzeitiger Erhaltungszustand wird mit ungünstig-schlecht beschrieben. Nach § 37 (1) Nr. 3 der FFH-Richtlinie sind Artenschutzziele auch durch Wiederansiedlungsmaßnahmen zu verwirklichen. Nur so kann der von der EU geforderte gute Erhaltungszustand erreicht werden. Die Landesregierung erfüllt durch die Unterstützung der Wiederansiedlung des Luchses im Pfälzerwald ihre Verantwortung für den Erhalt und die Förderung der nationalen Biodiversität. Die nationale Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2007 hat das Ziel definiert, dass Luchse bis 2020 in den deutschen Mittelgebirgen wieder heimisch sein sollen. Darüber hinaus ist die Wiederansiedlung des Luchses im Biosphärenreservat Pfälzerwald als ein Maßnahmenschwerpunkt in der rheinland-pfälzischen Biodiversitätsstrategie verankert. Drucksache 17/3036 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Die intensive Kommunikation und Akzeptanzarbeit der Stiftung für Natur und Umwelt und die wissenschaftliche Begleitforschung in Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) in Trippstadt im Rahmen des EU-LIFE-Projektes zur Wiederansiedlung des Luchses im Pfälzerwald tragen maßgeblich zur Naturbildung der Bevölkerung sowie der Akquirierung artenschutzfachlicher Daten bei. Alle betroffenen Kreise und kreisfreien Städte unterstützen das Projekt als Beitrag zur Biodiversität. Zudem begegnen sich hier die unterschiedlichsten Interessensgruppen aus Naturschutz, Jagd und Forstwirtschaft sowie der Nutztierhaltung in einem konstruktiven Dialog – nicht zuletzt im Zuge des für das Projekt eingerichteten Luchs-Parlamentes, welches auch als Projektbeirat fungiert. Das Projekt stützt zudem die grenzübergreifende Zusammenarbeit für den Artenschutz mit Frankreich: Einer der Kooperationspartner des LIFE-Projektes ist Sycoparc, ein Zusammenschluss von etwa 115 Gemeinden, die sich für den Erhalt des Naturparks Vosges du Nord einsetzen. Zu Frage 2: Die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz hat für die Durchführung des LIFE Projektes drei Personalstellen geschaffen, die sich auf 2,6 Vollzeitäquivalente verteilen und überwiegend aus Mitteln der EU (LIFE Projekt), Spendenmitteln und Stiftungsmitteln finanziert werden. Zu Frage 3: Im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes werden die freigelassenen Luchse durch die Stiftung mit einem GPS/GSM-Sendehalsband mit VHF-Funktion ausgestattet, um Daten zu Raumnutzung (Wege, Territoriengröße, Wanderdistanzen), Beutespektrum und Sozialverhalten zu erhalten. Dies ist nicht nur aus wissenschaftlichen Gründen wünschenswert, sondern insbesondere ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeits- und Akzeptanzarbeit zum Projekt. Die Kosten pro Sendehalsband liegen bei etwa 2 000 Euro. Der Personalaufwand für diese „Kontrolle“ bewegt sich innerhalb der unter Frage 2 genannten Stellenanteile. Zu Frage 4: Unrichtig ist die Behauptung in Frage 4, der Luchs habe den Lebensraum Pfälzerwald aus freien Stücken vor mehr als 200 Jahren verlassen. Er wurde gezielt durch den Menschen verfolgt und ausgerottet. Verschiedene Gutachten im Auftrag des Landes belegen die Eignung des Pfälzerwaldes für eine Wiedereinbürgerung. Die heutige Situation mit nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und gesunden Wildbeständen bietet nach wie vor einen guten Lebensraum für Luchse. Zu Frage 5: Beim ersten Übergriff eines Luchses auf Nutztiere wurde der Tierhalter über die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz auf die Tötung seiner Tiere durch einen Luchs hingewiesen. Die Weide war nicht geschlossen. Gemeinsam haben der Tierhalter und die Stiftung für Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz an einem besseren Schutz der Herde gearbeitet. Die Sachkosten für das erforderliche Material wurden dem Tierhalter gemäß den Vorgaben aus dem Managementplan erstattet, der Arbeitsaufwand wurde gemeinsam getragen. Präventionsmaßnahmen zur Verminderung von Nutztierrissen werden mit bis zu 90 Prozent der förderfähigen Ausgaben gefördert werden und richten sich immer nach dem jeweiligen Einzelfall. Eine konkrete Summe lässt sich nicht beziffern, da die Einzelfälle sich stark divergieren. Zu Frage 6: Nach den Vorgaben des Managementplans für den Umgang mit Luchsen in Rheinland-Pfalz können anfallende Kosten aus dem Landeshaushalt erstattet werden. Der Wert der Tiere wird von der Landwirtschaftskammer ermittelt und bildet die Basis für die Entschädigung. Entschädigt werden auch eventuelle Folgeschäden, bspw. Verlammung, Schäden an Zäunen oder die Entsorgung des Tierkadavers. Im Landeshaushalt sind Erstattungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Managementpläne Wolf und Luchs i. H. v. 30 000 Euro veranschlagt. Weitere Ausgaben werden aus dem Aufkommen der Jagdabgabe finanziert. Ulrike Höfken Staatsministerin