Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Juni 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3088 zu Drucksache 17/2913 19. 05. 2017 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/2913 – Bettelbanden in Koblenz II Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2913 – vom 27. April 2017 hat folgenden Wortlaut: Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucksache 17/2351 liegen weder der Landesregierung noch der Stadtverwaltung Koblenz Anhaltspunkte darüber vor, dass in Koblenz Personen ban denmäßig organisiert betteln. Umso erstaunlicher ist der Fernsehbericht des SWR vom 9. Februar 2017, wo das Koblenzer Ordnungsamt bestätigt, dass es in Koblenz organisierte Bettel banden aus Rumänien gibt (http://www.swr.de/landesschau-rp/unterwegs-mit-dem-ordnungsamt-organisierte-bettlerbanden). Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie erklärt sich die Landesregierung die Aussage auf die Antwort der Kleinen Anfrage Drucksache 17/2351 vor dem Hintergrund des SWR-Berichtes vom 9. Februar 2017, das we der ihr noch der Stadtverwaltung Koblenz Anhaltspunkte darüber vorliegen, dass in Kob lenz bandenmäßig organisiert gebettelt wird? 2. Wie viele Bettler, die organisierten Banden angehören, gibt es ca. in Koblenz (bitte aufge gliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 3. Können gegen Personen, die bandenmäßig in Koblenz betteln, Aufenthaltsverbote nach § 13 Abs. 3 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz für die Koblenzer Innenstadt ausgespro chen werden? Wenn nein, warum nicht? 4. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Polizei und das Koblenzer Ordnungsamt gegen illegales bandenmäßiges Betteln in Koblenz? 5. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass Unionsbürger, die in Deutschland betteln, über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz sowie ausreichende Existenzmittel verfügen? Wenn ja, warum? 6. Warum finden keine Kontrollen bei den Bettlern aus Rumänien im Hinblick auf einen aus reichenden Krankenversicherungsschutz sowie ausreichende Existenzmittel statt? Gibt es ein Vollzugsdefizit? 7. Wird die Landesregierung vor dem Hintergrund des SWR-Berichtes vom 9. Februar 2017 eine Aufklärungsarbeit starten, in der den Bürgern in das Bewusstsein gerufen wird, dass dieje nigen, die Geld geben, die menschenverachtenden Strukturen des organisierten Bettelns, die auf der Ausbeutung der sozial Schwächsten basieren, unterstützen? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Dem Ordnungsamt der Stadt Koblenz liegen lediglich Vermutungen über mögliches organisiertes Betteln vor, die sich aus den Beobachtungen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Vollzugsdienstes der Stadtverwaltung Koblenz ergeben. Objektivierbare Anhaltspunkte für ein bandenmäßiges organisiertes Betteln liegen der Stadt Koblenz nicht vor. Zu den Fragen 2, 3, 4 und 7: Ich verweise hierzu auf die korrespondierenden Antworten zu den Fragen 1 bis 3 und 7 der Kleinen Anfrage 17/2351 (Drucksache 17/2596). Zu Frage 5: Das Freizügigkeitsgesetz verlangt gemäß § 4 Freizügigkeitsgesetzes/EU für das Aufenthaltsrecht von nicht erwerbstätigen Unionsbürgern , dass ihr Lebensunterhalt gesichert ist und ein Krankenversicherungsschutz besteht. Die Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch kommt deshalb nicht zum Tragen. Sollte der hier beschriebene Personenkreis nicht erwerbstätig sein, wovon auszugehen ist, kann eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht daher nicht begründet werden. Drucksache 17/3088 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Ausländer aus anderen EU-Staaten, die kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz der EU haben, sind generell von der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II) und der Sozialhilfe ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für alle, die ihr Aufenthaltsrecht verloren haben. Erst nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland erhalten Ausländer Leistungen im jeweiligen Leistungssystem. EU-Bürger ohne Anspruch auf Sozialleistungen können aber ein Überbrückungsgeld (einmalig) erhalten. Die Hilfe deckt für höchstens vier Wochen den unmittelbaren Bedarf für Essen, Unterkunft, Körperpflege und medizinische Versorgung ab. Danach können die Betroffenen ein Darlehen beantragen, das ihnen die Reise zurück in ihr Heimatland finanziert. Zu Frage 6: Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen ein dreimonatiges voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 5 Satz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU. Damit hat jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Der Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses genügt. Ein ausreichender Krankenversicherungsschutz oder ausreichende Existenzmittel sind dafür nicht erforderlich. Im Übrigen wird ergänzend auf die Antwort zu der Frage 6 der Kleinen Anfrage 17/2351 (Drucksache 17/2596) und die Antworten zu den Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage 17/1723 (Drucksache 17/1919) verwiesen. Grundsätzlich besteht die gesetzliche Vermutung zugunsten der Freizügigkeit. Die Ausländerbehörde kann erst drei Monate nach der Einreise verlangen, dass die Voraussetzungen eines Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU glaubhaft gemacht werden (§ 5 Abs. 2 S. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU) und im Einzelfall das Nichtbestehen der Freizügigkeit feststellen. Die Stadtverwaltung Koblenz weist darauf hin, dass sich der Vollzug des Freizügigkeitsgesetzes schwierig gestaltet, da der genannte Personenkreis regelmäßig über keinen festen Wohnsitz verfügt und das Einreisedatum vielfach nicht festgestellt werden kann. Roger Lewentz Staatsminister