Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 18. Juli 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3149 zu Drucksache 17/2951 26. 05. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/2951 – Gefälligkeitsgutachten zur Verhinderung von Abschiebungen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2951 – vom 3. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ laufen derzeit bei mehreren Staatsanwalt schaften Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, die verdächtigt werden, Patienten mangel haft oder gar nicht auf ihre Reisetransportfähigkeit bei Abschiebungen untersucht zu haben. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Abschiebungen scheiterten in den Jahren 2015 und 2016 in Rheinland -Pfalz an der Transportunfähigkeit? 2. Gibt es in Rheinland-Pfalz auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Attesten bei Personen, die abgeschobenen werden sollen? Wenn ja, was wird in diesen Fällen unternommen? 3. Für den Fall, dass Frage 2 mit Ja beantwortet wird: Wurde in solchen Fällen Strafanzeige gestellt? Wenn nein, warum nicht? 4. Für den Fall, dass Frage 2 mit Ja beantwortet wird: Wurde in solchen Fällen die Ärztekammer über den Vorfall informiert? Wenn nein, warum nicht? 5. Wie steht die Landesregierung zu der Anregung, dass nur noch Amtsärzte über die Reisefähigkeit von Personen, die abgeschoben werden sollen, entscheiden sol len? 6. Gab es in Rheinland-Pfalz schon Fälle, wo Ärzte Personen, die abgeschobenen werden sollen, Gefälligkeitsgutachten ausgestellt haben? Wenn ja, wie viele und wie wurde darauf reagiert? 7. Ist ein Heilpraktiker berechtigt, Krankmeldungen oder Bescheinigungen über die Reisetransportfähigkeit auszustellen? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 26. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Zur Beantwortung der Frage erfolgte eine Abfrage bei den 36 rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden. 22 Behörden meldeten Fehlanzeige , sechs gaben an, hierzu keine Aussage treffen zu können, da keine Statistiken geführt werden. Die Meldungen der Behörden sehen wie folgt aus: Danach konnten im Jahr 2015 insgesamt 34 Abschiebungen aufgrund von Reiseunfähigkeitsbescheinigungen nicht durchgeführt werden. Im Jahr 2016 waren es 37 Abschiebungen. Zu den Fragen 2, 3, 4 und 6: Nur von zwei Ausländerbehörden wurden Fälle vorgetragen, bei denen sie den Verdacht eines sogenannten Gefälligkeitsgutachtens hatten und sodann die Ärztekammer hierüber informiert wurde. Diese sah jedoch keinen Verstoß der Ärztin oder des Arztes gegen ihre oder seine ärztlichen Berufspflichten. Von daher wurde keine Strafanzeige gestellt. Grundsätzlich müssen ärztliche Atteste den Mindestanforderungen des § 60 a Abs. 2 c Satz 2 und 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) genügen, wonach die ärztliche Bescheinigung insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Be - urteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraus sichtlich ergeben, enthalten müssen. Hat die Ausländerbehörde Zweifel an der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung, erfolgt – abhängig vom Einzelfall – regelmäßig eine ärztliche bzw. fachärztliche Überprüfung. Wird ein Attest ausgestellt, das bei einer weiteren ärztlichen Überprüfung nicht bestätigt wird, muss dies nicht bedeuten, dass hier ein sogenanntes Gefälligkeitsattest erstellt wurde oder gar wissentlich unzutreffende Ausführungen gemacht wurden. Vielmehr sind Drucksache 17/3149 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode die Krankheitsbilder häufig schwierig zu beurteilen, insbesondere wenn es um psychische Krankheiten, posttraumatischen Belas - tungsstörungen oder Suizidalität geht. Insofern gibt es häufig unterschiedliche Fachmeinungen verschiedener Ärzte. Wissentlich unzutreffende Ausführungen in Gutachten, um den Erwartungen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers zu entsprechen , wären nach § 278 StGB strafbar. Weiß die Ausstellerin bzw. der Aussteller, dass das entgeltlich erstellte Attest zur Erlangung einer Duldung verwendet werden soll, würde sie bzw. er sich zudem nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 95 Abs. 2 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes strafbar machen. Zu Frage 5: Die Landesregierung teilt die Einschätzung der Ausländerbehörden, wonach die Hinzuziehung von Amtsärztinnen und Amtsärzten nur eine der bestehenden Möglichkeiten ist, eine objektive medizinische Beurteilung zur Reisefähigkeit zu erhalten. Zu Frage 7: Nein, nach § 60 a Abs. 2 c Satz 2 und 3 AufenthG genügt nur ein von einer approbierten Ärztin oder einem approbierten Arzt ausgestelltes qualifiziertes ärztliches Attest den Anforderungen für medizinische Bescheinigungen über Abschiebungshindernisse. Anne Spiegel Staatsministerin