Drucksache 17/3207 zu Drucksache 17/3025 02. 06. 2017 A n t w o r t der Bevollmächtigten des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Paul (AfD) – Drucksache 17/3025 – Handlungsempfehlungen des SWR im Umgang mit Fremdenfeindlichkeit am Arbeitsplatz im Intranet des Senders Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/3025 – vom 10. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Im Intranet der Landesrundfunkanstalt SWR sind laut Informationen der „Jungen Freiheit“ Forderungen aufgetaucht, Kollegen der Personalabteilung zu melden, die am Arbeitsplatz „fremdenfeindliche Propaganda“ verbreiten oder im Internet „fremdenfeindliche Äußerungen“ posteten, um somit einen Kündigungsgrund zu liefern. Überschrieben ist der Text mit „der Personalrat Stuttgart und die Integrationsbeauftragte informieren“. Der SWR bestätigte mittlerweile die Echtheit des Artikels, behauptet aber: „Es handelt sich bei dem Artikel nicht um eine Anordnung der Geschäftsleitung des SWR, sondern um einen SWR-internen Meinungsaustausch innerhalb der Belegschaft.“ Der Beitrag beinhaltet außerdem eine „Checkliste“ mit Anweisungen, wie im Falle von „fremdenfeindlichen “ oder „rassistischen“ Äußerungen vorzugehen sei. Als Beispiel für eine ins fremdenfeindliche abdriftende Diskussion wird in dem Text die Frage „Hast du auch Angst, deine Frau abends noch U-Bahn fahren zu lassen?“ genannt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wurde das Parlament über seine Beteiligung am Rundfunkrat über die Verbreitung dieser Handlungsanweisungen informiert? 2. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen ein Mitarbeiter aufgrund der Verbreitung „fremdenfeindlicher Äußerungen“ eine Abmahnung oder gar Kündigung erhalten hat? 3. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Aussage „Hast du auch Angst, deine Frau abends noch U-Bahn fahren zu lassen?“ als rassistisch bzw. fremdenfeindlich einzustufen ist? Die Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 31. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Vorausschicken möchte die Landesregierung, dass die vorliegenden Fragen grundrechtssensiblen Bereich der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berühren. Der Landesregierung ist es daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich , hierauf umfassend einzugehen. Das Grundrecht der Medienfreiheit – in Deutschland in Gestalt der Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG – verpflichtet die Bundesrepublik und die Bundesländer dazu, die Staatsferne und redaktionelle Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten zu respektieren. Nach dem Bundesverfassungsgericht steht die Programmautonomie des Rundfunks, die sich auf „Inhalt und Form der Rundfunksendungen“ bezieht, „im Zentrum der Freiheitsgarantie“ des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 87, 181, 201 f.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Unabhängigkeit der Medien durch Artikel 10 EMRK verbrieft (anstelle vieler: EGMR, Informationsverein Lentia u. a. gegen Österreich [1993] Beschwerde-Nrn. 13914/88; 15041/89; 15717/89; 15779/89; 17207/90 [32-34].). Einzelnen einflussreichen wirtschaftlichen oder politischen Gruppen der Gesellschaft dürfe es nicht möglich werden, die audiovisuellen Medien zu beherrschen, dadurch Druck auf Rundfunkveranstalter aufzubauen und damit die redaktionelle Freiheit zu beschneiden (statt vieler EGMR, Centro Europa 7 S.r.l. and Di Stefano gegen Italien [2012] Beschwerde-Nr. 38433/09 [133]). Auch der Europarat betont regelmäßig die Unabhängigkeit von Rundfunkanstalten (Europarat, Ministerkomitee, Empfehlung No. R (96) 10, The guarantee of the independence of public service broadcasting; Erklärung des Ministerkomitees des Europarates, The guarantee of the independence of public service broadcasting in the member states, 27. September 2006; Parlamentarische Versammlung , Empfehlung 1878 (2009), The funding of public service broadcasting [13]) und ihre Bedeutung für die Medien- und Meinungsvielfalt, die Förderung sozialen Zusammenhalts und der kultureller Vielfalt in demokratischen Gesellschaften (Europarat , Ministerkomitee, Empfehlung CM/Rec(2007)3, The remit of public service media in the information society; Erklärung des Ministerkomitees, The guarantee of the independence of public service broadcasting in the member states, 27. September 2006). Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Juni 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3207 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Aus der Rechtsprechung des EuGH folgt schließlich, dass die Mitgliedstaaten die redaktionelle Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten bei der Auswahl ihrer Inhalte respektieren müssen (EuGH, verb. Rs. T-309/04, T-317/04, T-329/04 und T-336/042008 [2008] TV 2/Danmark A/S gegen Kommission [118]). Dies ist seit 2007 rechtsverbindlich in Artikel 11 Abs. 2 der EU-Grundrechte - charta verbrieft. In § 3 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages sind die allgemeinen Programmgrundsätze festgeschrieben, wonach die Angebote die Würde des Menschen zu achten und zu schützen haben und die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung zu achten sind. Ebenso sollen hiernach die Angebote dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken. Inhaltliche Programmgrundsätze werden – dem Staatsfernegebot entsprechend – durch die Gremien innerhalb der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überprüft. Dieses Staatsfernegebot gilt nicht nur im Hinblick auf die konkrete Programmgestaltung, sondern auch für die innere Organisation der Rundfunkanstalten und damit auch für das Selbstverwaltungsrecht der Personalvertretung. Insofern ist es der Landesregierung rechtlich untersagt, auf innerorganisatorische Handlungen oder Tätigkeiten der Selbstverwaltung Einfluss zu nehmen. Daher liegen der Landesregierung über diese innerorganisatorischen Vorgänge auch grundsätzlich keine Informationen vor. Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine Informationen darüber vor, ob das Parlament über seine Beteiligung am Rundfunkrat über die Verbreitung dieser Handlungsanweisungen informiert wurde. Zu Frage 2: Nein. Zu Frage 3: Der Landesregierung ist es nicht möglich, eine inhaltliche Beurteilung einer Aussage vorzunehmen, die ihr weder im Original noch im Gesamtzusammenhang vorliegt. Heike Raab Staatssekretärin