Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. Juli 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3389 zu Drucksache 17/3198 27. 06. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/3198 Absenkung von Leistungen für Asylbewerber Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/3198 – vom 1. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Wenn abgelehnte Asylbewerber nicht an der Beschaffung von Reisepapieren mitwirken, dürfen ihre Leistungen deutlich abgesenkt werden. Die Untergrenze sind „Sachleistungen zur Sicherung der physischen Existenz“, wie am 12. Mai 2017 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied (Aktenzeichen: B 7 AY 1/16 R). Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele abgelehnte Asylbewerber in Rheinland-Pfalz verfügen nicht über Reisepapiere? 2. Wie viele abgelehnte Asylbewerber in Rheinland-Pfalz wirken nicht bei der Beschaffung ihrer Reisepapiere mit? 3. Welche Maßnahmen ergreifen die Landesregierung bzw. die Ausländerbehörden in den Fällen, wo abgelehnte Asylbewerber nicht bei der Beschaffung von Reisepapieren mitwirken? 4. Welche Folgen hat das Urteil des BSG auf die Praxis? 5. Wird die Landesregierung die rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden anweisen, in den Fällen, wo ein abgelehnter Asylbewerber nicht bei der Beschaffung von Reisepapieren mitwirkt, dass das Taschengeld gestrichen wird? Wenn nein, warum nicht? 6. Werden immer noch Personen aus sicheren Herkunftsländern auf die Kommunen verteilt? Wenn ja, warum noch? 7. Welcher Nachnutzung werden die inzwischen geschlossenen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende zugeführt (bitte aufgegliedert nach den einzelnen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende)? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 27. Juni 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Im Ausländerzentralregister existiert der Speichersachverhalt der Erteilung einer Duldung an ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer wegen fehlender Reisedokumente. Zum 31. Mai 2017 waren 895 Personen unter diesem Speichersachverhalt erfasst. Zu Frage 2: Diese Angabe wird statistisch nicht erfasst. Zu Frage 3: Ausländerinnen und Ausländer sind zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätspapieren gesetzlich verpflichtet. Besitzen Ausländerinnen oder Ausländer keine Identitätspapiere, können ihnen von der Ausländerbehörde spezifische Mitwirkungshandlungen aufgegeben werden. Wirken abgelehnte Asylbewerber bei der Beschaffung von Reisepapieren nicht mit, schalten die Ausländerbehörden in der Regel die Zentralstelle für Rückführungsfragen Rheinland-Pfalz ein, die u. a. die behördliche Passersatzbeschaffung bei den zuständigen Auslandsvertretungen einleitet. Im Rahmen der Beschaffung von Identitätsdokumenten können die Ausländerbehörden mit den Betroffenen Gespräche führen oder Befragungen durchführen zur Person, zu Lebenssachverhalten und zu anderen relevanten Themen; die Personen, ihre Sachen oder Wohnung durchsuchen, Datenträger auswerten, die zwangsweise Vorführung bei der Auslandsvertretung im Rahmen der Passbeschaffung der Zentralstelle bewirken, räumliche Beschränkungen anordnen und Personenfeststellungsverfahren über Interpol in die Wege leiten. Über die im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden Maßnahmen besteht von Gesetzes wegen ein Erwerbstätigkeitsverbot für ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer, bei denen aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die sie selbst zu vertreten haben, nicht vollzogen werden können. Ebenso greift für diese Personen bei Bezug von staatlichen Leistungen eine Leistungskürzung. Drucksache 17/3389 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 4: Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 12. Mai 2017 (Az. B 7 AY 1/16 R) entschieden, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums den Gesetzgeber nicht daran hindere, im Rahmen seines Gestaltungsspielraums die uneingeschränkte Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung gesetzlicher – hier ausländerrechtlicher – Mitwirkungspflichten zu knüpfen. § 1a Nr. 2 Asylbewerberleistungsgesetz a. F. fülle diesen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise aus. Insoweit bestätigt diese Entscheidung also die bisherige Praxis. Zu Frage 5: Für den Zeitraum ab Verteilung in eine kommunale Gebietskörperschaft ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Landesaufnahmegesetz (AufnG) Rheinland-Pfalz die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) auf die Landkreise und kreisfreien Städten als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung übertragen. Insoweit entscheiden diese eigenständig über Leistungsgewährungen und Leistungseinschränkungen auf Grundlage des AsylbLG. Soweit vonseiten der zuständigen Ausländerbehörde ein Versäumnis nach § 1 a Abs. 2 oder 3 AsylbLG festgestellt wird, erfolgt eine Unterrichtung der zuständigen, leistungsgewährenden Behörde. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung vor, räumen die einschlägigen Vorschriften des AsylbLG den Leistungsbehörden kein Ermessen ein. Eine Leistungseinschränkung ist dann von Gesetzes wegen zu verhängen. In den Aufnahmeeinrichtungen des Landes, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AufnG vor Verteilung in eine kommunale Gebietskörperschaft für die Durchführung des AsylbLG zuständig sind, wird entsprechend verfahren. Zu Frage 6: Mit dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes im Oktober 2015 sind Ausländerinnen und Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrages nach § 29 a AsylG als offensichtlich unbegründet oder nach § 27 a AsylG als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Seitdem erfolgt in Rheinland-Pfalz grundsätzlich keine Verteilung abgelehnter Asylbewerber aus den sicheren Herkunftsstaaten mehr auf die Kommunen. Sofern dringende humanitäre Gründe von beachtlichem Gewicht vorliegen oder dauerhafte Abschiebungshindernisse gegeben sind, weshalb keine Ausreise verlangt werden kann und auch eine Abschiebung nicht möglich ist, hat eine Verteilung aus der Erstaufnahme in die Kommune zu erfolgen. Zu Frage 7: Die Liegenschaften wurden in der Regel an die Eigentümer zurückgegeben bzw. es erfolgt die Rückgabe zum Ablauf des Mietvertrages . In einigen Fällen, insbesondere bei mietzinsfrei überlassenen Bundesliegenschaften, ist die Übergabe an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) noch nicht abgeschlossen. Bei zwei Liegenschaften (Hallen) erfolgt eine Untervermietung durch das Land an einen Privaten. Die nicht mehr für Zwecke der Erstaufnahme genutzten Liegenschaften sind aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. 2 Überblick über geschlossene Erstaufnahmestandorte – Stand Juni 2017 Standort Bezeichnung Sachstand Rückgabe Liegenschaft an Eigentümer Meisenheim ehem. Krankenhaus Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (Landeskrankenhaus) Diez Kaserne Liegenschaft wurde an Eigentümer (Bund) übergeben Birkenfeld Kaserne Bundesliegenschaft; Übergabe an BImA noch nicht abgeschlossen Ahrweiler Container Bundesliegenschaft; Übergabe an BImA noch nicht abgeschlossen Hahn Holzgebäude Die Gebäude wurden an die Landespolizeischule übergeben. Wittlich Halle/Container Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat) Zweibrücken Flughafenhalle Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat) Container Container werden verkauft, anschließend Übergabe an den Eigentümer. ehem. Aparthotel Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3389 Anne Spiegel Staatsministerin 3 Überblick über geschlossene Erstaufnahmestandorte – Stand Juni 2017 Standort Bezeichnung Sachstand Rückgabe Liegenschaft an Eigentümer Bad Kreuznach Halle/Logistrik Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat) Herschbach Landschulheim Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat) Ruppach-Goldhausen Berufsbildungswerk Rückgabe an Eigentümer (privat) zum Ende der Mietzeit (09/2017) Stegskopf/Emmerzhausen Kaserne Bundesliegenschaft; Übergabe an BImA noch nicht abgeschlossen Kastellaun ehem. StOV der BW Liegenschaft wurde an Eigentümer (Bund) übergeben Koblenz Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Liegenschaft wurde an den Eigentümer (LFKS) übergeben ehem. Diensthundeschule der BW Liegenschaft wurde an Eigentümer (Bund) übergeben Mainz Layenhof/Container Container abgebaut; Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben Rheinallee/StOV der BW Liegenschaft wurde an Eigentümer (Bund) übergeben Schifferstadt Fabrikhalle/Büro Ein Teil der Liegenschaft wurde untervermietet an privat Alzey Logistikhalle (Schlecker) Untervermietung der Halle an privat Herxheim Halle Liegenschaft wurde an Eigentümer übergeben (privat)