Drucksache 17/3425 zu Drucksache 17/3089 03. 07. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Große Anfrage der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3089 – Energiewende in Rheinland-Pfalz – Sachstand und Herausforderungen Die Große Anfrage 17/3089 vom 18. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Folgen des Klimawandels machen sich schon jetzt in Form von Dürren, Überschwemmungen und Extremwetterlagen bemerkbar. Auch hier in Rheinland-Pfalz sind die ersten Auswirkungen der Klimaerwärmung bereits sichtbar . In den vergangenen 130 Jahren ist die langjährige Jahresmitteltemperatur in Rheinland-Pfalz laut Aussagen der rheinland-pfälzischen Energieagentur um ca. 1,4° C angestiegen. Extreme Wetterereignisse wie die Hitze- und Trockenperiode im Sommer 2015 und Starkregenereignisse im Frühsommer 2016 sind erste Anzeichen für den stattfindenden Klimawandel. Die internationale Staatengemeinschaft ist sich darüber im Klaren, dass sie in Sachen Klimaschutz handeln muss. Im Jahr 2015 ist es gelungen, unter 195 Staaten ein global verbindliches Klimaabkommen zu schließen: Im Vertrag von Paris wurde vereinbart, den globalen Temperaturanstieg „deutlich unter 2° C, möglichst unter 1,5° C“ im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten. Ein entscheidender Hebel zur Erreichung dieses Ziels liegt in der konsequenten Umsetzung der sektorübergreifenden Energiewende. Neben der Realisierung einer nachhaltigen Energieversorgung im Stromsektor ist ein Wandel in den Bereichen Wärme und Mobilität hin zu einer regenerativen Energieversorgung notwendig. Darüber hinaus ist eine Veränderung der industriellen Produktionsprozesse hin zu einer ressourcen- und energieeffizienten Wirtschaftsweise ein wesentlicher Bestandteil für den Klimaschutz. In Rheinland-Pfalz haben sich SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Koalitionsvertrag für die Jahre 2016 bis 2021 zum Schutz des Klimas und den in Paris vereinbarten Klimaschutzzielen bekannt und sich darauf geeinigt, dass die Energiewende eine wichtige Gestaltungsaufgabe für die Politik bleiben wird. Damit haben die Koalitionspartner angeknüpft an die Ergebnisse der Vorgängerregierung, die den Anteil der erneuerbaren Energien deutlich erhöht hat und mit dem Klimaschutzgesetz vom Jahr 2014 dem Klimaschutz einen verbindlichen Rahmen gegeben hat. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: I. Klimawandel und Klimaschutz in Rheinland-Pfalz 1. Welche Klimaschutzziele verfolgt die Landesregierung? 2. Was ist nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen? 3. Wie hat sich die Durchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz seit Beginn der Datenerhebung entwickelt? 4. Welche Auswirkungen des Klimawandels sind schon heute spürbar? 5. Welche Auswirkungen hätte eine Klimaerwärmung von 2 ° C und mehr auf Rheinland- Pfalz? II. Stromproduktion in Rheinland-Pfalz 6. Wie setzt sich der Strom-Mix in Rheinland-Pfalz im Vergleich zum bundesweiten Strom- Mix bei der Erzeugung zusammen? 7. Wie hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Rheinland- Pfalz seit 2002 entwickelt? Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Juli 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 8. Wie hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Rheinland- Pfalz seit 2002 entwickelt? III. Energiewende – Strom in Rheinland-Pfalz 9. Welche Vorteile hat die dezentrale Energiewende für die Verbraucher und Verbraucherinnen , Unternehmen und Kommunen? 10. Welcher Anteil des Stromverbrauchs wird in Rheinland-Pfalz aus Eigenstromerzeugung gedeckt? 11. Welchen Beitrag kann die Eigenstromerzeugung in Rheinland-Pfalz zum Gelingen der Energiewende leisten? 12. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf die Eigenstromerzeugung in Rheinland Pfalz? 13. Mit welchen Umlagen und Belastungen wird die Eigenstromproduktion belegt (bitte aufschlüsseln nach Erzeugungsarten)? A. Windkraft 14. Wie haben sich der Ausbau der Windkraft, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? 15. Wie viele Windenergieanlagen sind seit 2002 mit welcher Leistung im Rahmen des Repowering ersetzt worden? 16. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf den Ausbau der Windkraft in Rheinland Pfalz? B. Photovoltaik 17. Wie haben sich der Ausbau der Photovoltaik, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? 18. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf den Ausbau der Photovoltaik in Rheinland Pfalz? 19. Welche Maßnahmen und Aktivitäten verfolgt die Landesregierung, um den Ausbau weiter zu fördern? C. Bioenergie (Holz, Klärschlamm sowie Bio-Abfall, Gülle und Biomasse) 20. Wie hat sich der Ausbau der Bioenergie, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen, nach Jahren seit 2002 und den verschiedenen Energieträgern)? 21. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung für die Entwicklung der Bioenergie in Rheinland Pfalz? 22. Wie ist sichergestellt, dass die Stärkung der Bioenergie nicht mit einem einseitigen Energiepflanzenanbau in Monokulturen einhergeht? D. Wasserkraft 23. Wie haben sich die Anlagenzahl und die installierte Leistung von Wasserkraftanlagen in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? 24. Welche Potenziale bestehen nach Auffassung der Landesregierung für einen weiteren Ausbau der Wasserkraft in Rheinland-Pfalz und worauf begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? E. Geothermie 25. Wie haben sich die Anlagenzahl und die installierte Leistung von Tiefengeothermieanlagen in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? 26. Welche Potenziale bestehen nach Auffassung der Landesregierung für einen weiteren Ausbau der Geothermie in Rheinland-Pfalz und worauf begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? F. Regelkraftwerke und Speichertechnologien 27. Wie hat sich der Ausbau der Regelenergie seit 2002 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Strom- und Gasnetz)? 28. Welche Speichertechnologien (Power-to-Gas, Battierespeicher usw.) bestehen derzeit in Rheinland-Pfalz und wie hat sich ihr Ausbau seit dem Jahr 2002 entwickelt? 29. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um die Entwicklung und den Ausbau von Speichertechnologien in Rheinland-Pfalz zu unterstützen? 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 30. Welche bundesgesetzlichen Weichenstellungen hält die Landesregierung für notwendig, um den Ausbau und die Entwicklung von Regel- und Speichertechnologien zu erhöhen? G. Strompreise 31. Wie hat sich der Börsenstrompreis für die Erzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien seit 2002 entwickelt? 32. Wie hat sich die EEG-Vergütung für die einzelnen Erneuerbare-Energien-Anlagen seit 2002 entwickelt? IV. Wärmewende in Rheinland-Pfalz 33. Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff „Wärmewende“? 34. Wie viel Endenergie wird durch die Bereitstellung von Wärme bzw. Kälte in Rheinland- Pfalz verbraucht und wie setzt sie sich zusammen? 35. Welchen Anteil an Treibhausgasemissionen hat der Wärmesektor an den Gesamtemissionen in Rheinland-Pfalz? 36. Welche Handlungsfelder und Maßnahmen bietet das Wärmekonzept der Landesregierung? 37. Wie hat sich der Ausbau von hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Anlagen) seit 2002 entwickelt? 38. Welche bundesgesetzlichen Änderungen sind aus Sicht der Landesregierung notwendig, um den dezentralen Ausbau von KWK-Anlagen zukünftig zu stärken? 39. Welches Potenzial sieht die Landesregierung in Nahwärmenetzen und wie kann dies in der Fläche befördert werden? V. Verkehrswende in Rheinland-Pfalz 40. Wie hoch ist der Anteil des Verkehrssektors (mit und ohne den Teilbereich Transport) an den gesamten Treibhausgasemissionen? 41. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um den ÖPNV in Rheinland-Pfalz attraktiver zu gestalten? 42. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um das Angebot im ÖPNV auszubauen ? 43. Welche Maßnahmen sind geplant, um das nachhaltige Mobilitätsmanagement bei der Landesverwaltung zu verbessern und wann werden diese Maßnahmen angegangen? 44. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um den Individual- mit dem öffentlichen Verkehr (im Sinne einer Mobilitätskette) besser zu verknüpfen? 45. Welche Verbesserungen im Rad- und Fußverkehr strebt die Landesregierung an? 46. Wie viele Elektroladesäulen für Pkw (bitte aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Ladearten ) waren in Rheinland-Pfalz bis zum 31.Dezember 2016 installiert, wie viele wurden zum Stichtag 30. April 2017 beantragt oder genehmigt und welche Unterstützung leistet die Landesregierung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur? VI. Sektorenkopplung 47. Welche Möglichkeiten der Sektorenkopplung gibt es aus Sicht der Landesregierung in Rheinland-Pfalz? 48. Welche Potenziale bestehen für den Ausbau und die Nutzung der Sektorenkopplung? 49. Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? 50. Welche Hindernisse bestehen aus Sicht der Landesregierung für eine bessere Verknüpfung der Sektoren? VII. Wertschöpfung und Arbeitsplätze durch die Energiewende 51. Wie viel Wertschöpfung wird in Rheinland-Pfalz durch die Energiewende generiert (bitte aufgeschlüsselt nach Energiequellen)? 52. Wie viel Wertschöpfung konnte durch den Aufbau und die Installation von Energieanlagen in Rheinland-Pfalz generiert werden (bitte aufgeschlüsselt nach Energiequellen und Jahren seit 2002)? 53. Wie viele Arbeitsplätze wurden durch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland -Pfalz geschaffen? 54. Wie hoch beziffert die Landesregierung das Energieeinsparpotenzial der Unternehmen in Rheinland-Pfalz in GWh? 55. Wie hoch beziffert die Landesregierung das Energieeinsparpotenzial der Unternehmen in Rheinland-Pfalz in Euro? 56. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um dieses Potenzial zu heben? 3 Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 57. Wie haben sich der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Gewinne bei der Energieeinsparung auf die Energie-Importe in Rheinland-Pfalz seit 2002 ausgewirkt? VIII. Rückzug aus klimaschädlichen Investitionen 58. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung einer Divestment-Strategie, welche Schwerpunkte möchte sie darin setzen und für welche Landesbeteiligungen soll diese Strategie gelten? 59. Sieht die Landesregierung die Möglichkeit, die Divestment-Strategie so zu entwickeln, dass sie auch in Kommunen verwendet werden kann bzw. könnte ein Teil der Divestment- Strategie eine Art Musterstrategie für Kommunen sein? 60. Wie sieht der Zeitplan der Divestment-Strategie der Landesregierung von der Entwicklung bis zur Umsetzung aus? IX. Atom- und Kohleausstieg in Deutschland 61. Welche möglichen Konsequenzen hätte ein GAU in den grenznahen AKW für Rheinland- Pfalz? 62. Welche Maßnahmen hat Rheinland-Pfalz seit 2011 ergriffen, um zur Abschaltung der grenznahen AKW und zu einem europa-weiten Atomausstieg beizutragen? 63. Wie viel Tonnen Kohle (aufgeschlüsselt nach Braunkohle und Steinkohle) wird in Kohlekraftwerken in Deutschland pro Jahr verbrannt und wie viele Treibhausgase und andere Schadstoffe (z. B. Schwefeldioxid oder Quecksilber) werden hierbei emittiert? 64. Für welchen Anteil an den deutschen CO2-Emissionen sind Kohlekraftwerke in Deutschland verantwortlich? 4 Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 30. Juni 2017 – wie folgt beantwortet: Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich ambitionierte und notwendige energie- und klimaschutzpolitische Ziele gesetzt. Sie bekennt sich zum Ausstieg aus der Atomenergie und der Kohlekraft. Die rheinland-pfälzische Klimaschutzpolitik unterstützt die Umsetzung der Ziele des Pariser Weltklimagipfels von 2015. Das Land Rheinland-Pfalz hat sich im rheinland-pfälzischen Landesklimaschutzgesetz bereits ein Jahr vor der Verabschiedung des Pariser Weltklimavertrags ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. In unserem Landesklimaschutzgesetz ist die Reduktion der Treibhausgase um mindestens 40 Prozent bis 2020 sowie um mindestens 90 Prozent bis 2050 im Vergleich zum Basisjahr 1990 gesetzlich verankert. Darüber hinaus soll nach Möglichkeit bis 2050 die Klimaneutralität erreicht werden. Rheinland-Pfalz ist beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor in den zurückliegenden Jahren gut vorangekommen. So betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in 2015 bereits über 45 Prozent, d. h. fast jede zweite in unserem Land produzierte Kilowattstunde Strom wurde regenerativ erzeugt. Im Jahr 2005 lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung erst bei ca. 20 Prozent. Gleichzeitig hat sich die rheinland-pfälzische Bruttostromerzeugung von 12,0 Mrd. kWh in 2005 auf 19,7 Mrd. kWh in 2015 deutlich erhöht. Die Energiewende im Land wird unter den Zielen der Energiesicherheit, des Klima- und Umweltschutzes, der Nutzung der Wertschöpfungspotenziale und einer sicheren, ökologischen und kosteneffizienten Umstellung der Energieversorgung weiterhin konsequent fortgesetzt. Die Umsetzung der Energiewende in Rheinland-Pfalz wird von einem umfassenden Monitoring zum Ausbau der erneuerbaren Energien in den verschiedenen Verbrauchssektoren begleitet. Hierzu gehören der in einem zweijährigen Turnus erscheinende Energiebericht Rheinland-Pfalz1) sowie die Berichterstattungen der Landesregierung nach § 7 Landesklimaschutzgesetz. Daten zur amtlichen Energiestatistik sowie eine Vielzahl weiterer energiestatistischer Informationen werden in Rheinland-Pfalz vom Statistischen Landesamt2) erhoben und regelmäßig veröffentlicht. In ihrem Energieatlas 3) stellt die Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH unseren Bürgerinnen und Bürgern, unseren Kommunen sowie unseren Unternehmen eine Vielzahl regionaler energiestatistischer Kennzahlen, aber auch detaillierte Informationen zu Leuchtturmprojekten in unserem Land zum Ausbau der erneuerbaren, zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energieeffizienz zur Verfügung. 1) https://mueef.rlp.de/de/themen/energie-und-strahlenschutz/energiebericht/ 2) http://www.statistik.rlp.de/de/wirtschaftsbereiche/energie/ 3) https://www.energieagentur.rlp.de/projekte/energieatlas Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 Vor diesem Hintergrund beantwortet ich die Große Anfrage „Energiewende in Rheinland-Pfalz – Sachstand und Herausforderung“ wie folgt: I. Klimawandel und Klimaschutz in Rheinland-Pfalz 1. Welche Klimaschutzziele verfolgt die Landesregierung? Die Landesregierung bekennt sich zum Schutz des Klimas und den in Paris vereinbarten Klimaschutzzielen der internationalen Staatengemeinschaft. Rheinland-Pfalz will seinen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten. Die rechtliche Grundlage dafür ist das Landesgesetz zur Förderung des Klimaschutzes (Landesklimaschutzgesetz – LKSG). Dort werden in § 4 die Ziele des Klimaschutzes benannt. Demnach soll die Gesamtsumme der Treibhausgas(THG)-Emissionen in Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen im Jahr 1990 gesenkt werden. Bis zum Jahr 2050 wird die Klimaneutralität angestrebt, die Treibhausgasemissionen sollen jedoch um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen im Jahr 1990 verringert werden. 2. Was ist nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen? Klimaschutz bedeutet die Gesamtheit aller Maßnahmen, die der durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung entgegenwirken und die daraus resultierenden, bereits heute erkennbaren Folgen begrenzen bzw. verhindern sollen. Dies kann im Wesentlichen damit gleichgesetzt werden, die Emission von Treibhausgasen, insbesondere von CO2 zu vermeiden bzw. zu verringern . Darüber hinaus gilt es vor allem, die CO2-Senkenfunktion verschiedener Naturbestandteile zu erhalten bzw. zu stärken. Klimaschutz ist somit ein weitgespannter Begriff, der vielfältige Maßnahmen in vielen Handlungsfeldern umfassen kann und insbesondere auf eine weitgehende Dekarbonisierung menschlichen Handelns hinausläuft. Dies war auch die Motivation der G7-Mitglieder , das Ziel der Dekarbonisierung bis Ende des 21. Jahrhunderts zu beschließen. Das Landesklimaschutzgesetz geht in § 5 darauf ein, indem es ausführt, dass bei der Verwirklichung der Ziele des Gesetzes dem Schutz natürlicher Ressourcen, der Einsparung und effizienten Nutzung von Energie sowie dem Ausbau erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zukommt und zwar auch dann, wenn es sich im Einzelfall nur um geringe Beiträge zur Treibhausgasminderung handelt. Jede Tonne CO2, die eingespart wird, hilft dabei, den für den Menschen gefährlichen Klimawandel aufzuhalten. Ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der Ziele des Landesklimaschutzgesetzes ist das Klimaschutzkonzept des Landes Rheinland -Pfalz. Es dient als Entscheidungsgrundlage für das Erreichen der Gesetzesziele und stellt u. a. mögliche Szenarien zur Annäherung an die Gesetzesziele dar. Darüber hinaus listet es 99 Maßnahmen auf, die in acht Handlungsfelder untergliedert sind. Diese Maßnahmen erscheinen geeignet, Beiträge zur Zielerreichung zu leisten. Wesentliche Aspekte in diesem Zusammenhang sind beispielsweise die konsequente Fortführung der Energiewende in allen relevanten Bereichen (Strom, Wärme, Verkehr). Das bedeutet u. a. den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und die massive Reduktion des Einsatzes fossiler Energieträger im Wärmebereich . Hierzu hat die Landesregierung ein Wärmekonzept entwickelt. Ebenfalls ein bedeutendes Handlungsfeld ist das der privaten Haushalte. Bei diesen geht es vor allem darum, Energie effizient zu nutzen bzw. einzusparen und somit CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein anderes Beispiel ist der Verkehrssektor, bei dem die Entwicklung der CO2-Emissionen bis heute keine merkliche Reduktion erkennen lässt. Bei der Umsetzung der vielgestaltigen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele ist die Energieagentur Rheinland-Pfalz ein wichtiger Akteur. In einem weiteren Kapitel des Klimaschutzkonzeptes wird auf die gesetzliche Zielsetzung der Erreichung einer klimaneutralen Landesverwaltung in Rheinland-Pfalz eingegangen. Um seiner Vorbildfunktion als Land gerecht zu werden, sollen bis zum Jahr 2030 die Behörden, Hochschulen und sonstigen Landeseinrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, soweit sie der unmittelbaren Organisationsgewalt des Landes unterliegen, sowie die Fahrzeuge des Landes und die Dienstreisen in ihrer Gesamtbilanz klimaneutral organisiert werden. Hierzu läuft derzeit ein Pilotprojekt im Umweltministerium. Die Erreichung der Klimaschutzziele wird zudem erheblich davon abhängen, ob auf EU- und Bundesebene die Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Länder und insbesondere auch die Kommunen im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Hierzu zählen gesetzliche Regelungen, beratende Unterstützungen aber natürlich auch zielorientierte Förderprogramme zur Umsetzung klimaschutzrelevanter Maßnahmen. Ein wichtiges Instrument ist ferner das europäische System für den Handel mit Treibhausgas- Emissionszertifikaten. Hier gilt es, im Zuge der derzeitigen Ausgestaltung der kommenden Handelsperiode ab 2021 Regelungen zu beschließen, die über die Verknappung der Zertifikate zu deren Preisstabilisierung auf einem bedeutend höheren Niveau als heute führen und somit einen wesentlichen Anreiz darstellen, klimaschutzrelevante Maßnahmen in den Bereichen THG-emittierender Produktionsverfahren umzusetzen bei gleichzeitiger Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Rheinland-Pfalz. 3. Wie hat sich die Durchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz seit Beginn der Datenerhebung entwickelt? Die Durchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz hat sich, bezogen auf das Gesamtjahr, seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen im Jahr 1881 um 1,5 °C erhöht (siehe Abbildung 1). Dieser Wert gilt sowohl unter Annahme eines linearen Trends als auch für den Vergleich der 30-jährigen Mittel der Zeiträume 1987 bis 2016 (9,5 °C) und 1881 bis 1910 (8,0 °C). Er liegt leicht über dem Wert für die gesamte Bundesrepublik (1,4 °C). Rheinland-Pfalz zählt somit zu den Bundesländern/Regionen, in denen der stärkste Temperaturanstieg zu verzeichnen ist. 5 Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Der Grund dafür ist, dass der Klimawandel und somit auch die beobachtete Erwärmung nicht global einheitlich erfolgt/verläuft, sondern regional differenziert. Der beobachtete Temperaturanstieg in Rheinland-Pfalz von 1,5 °C ist stärker ausgeprägt als im globalen Mittel, welches knapp 1 °C (linearer Trend) bzw. 0,8 °C (1987 bis 2016 vs. 1880 bis 1909) beträgt4). Es ist davon auszugehen, dass diese Systematik auch bei fortschreitendem Klimawandel weiterbestehen bleibt. Die Klimaprojektionen, beispielsweise des Deutschen Wetterdienstes, geben Anlass davon auszugehen, dass Rheinland-Pfalz somit besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist Bezogen auf die einzelnen Jahreszeiten ergeben sich folgende Kennzahlen: 4. Welche Auswirkungen des Klimawandels sind schon heute spürbar? Klimatische Auswirkungen Bei der Niederschlagshöhe ist der in Rheinland-Pfalz beobachtete Trend für das Gesamtjahr leicht erhöht. Insbesondere der Frühling und der Winter sind nahezu in ganz Rheinland-Pfalz deutlich feuchter geworden. Dies kann dennoch bedeuten, dass es wiederum auch ausgesprochen trockene Frühjahrsperioden in einzelnen Jahren geben kann, mit im Vergleich zum durchschnittlichen Aufkommen deutlich zu geringen Niederschlagsmengen. Der Schwerpunkt liegt, bedingt durch die Zunahme der Westwindwetterlagen in den letzten Jahrzehnten, in den Mittelgebirgslagen Eifel, Hunsrück und Pfälzerwald. Auch winterliche Starkniederschläge haben 6 4) Datenquelle: NASA 2017. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 an Intensität und Häufigkeit zugenommen. Die Sommermonate zeigen hingegen in Rheinland-Pfalz eine leicht fallende Tendenz der Niederschlagsmenge. Die mittlere Anzahl der Sommertage und auch der heißen Tage ist stark ansteigend. Gerade in den großen Flusstälern und hier vor allem in den Ballungsgebieten wurde die stärkste Zunahme beobachtet. Der verzeichnete Anstieg in den Höhenlagen ist dagegen moderater. Der Anteil der Frost- und Eistage ist landesweit rückläufig, allerdings mit großen Unterschieden von Jahr zu Jahr. Regional ist die Abnahme an Frosttagen im Pfälzerwald, im Hunsrück, in der Eifel und im Westerwald am größten. Beim Trend der Eistage sind keine regionalen Unterschiede zuverlässig ableitbar. Bei der Pflanzenphänologie lässt sich in Rheinland-Pfalz eine deutliche Verfrühung beobachten. Während Frühjahr und Sommer in Rheinland-Pfalz früher beginnen, aber kaum länger andauern als in der Vergangenheit, hat sich der Herbst zeitlich etwas ausgedehnt. Der Winter ist deutlich kürzer geworden . Die Trendentwicklung bis heute und die regionale Klimaprojektionen deuten darauf hin, dass in der Vegetationszeit warm-trockene Verhältnisse zunehmen werden, einschließlich einer Zunahme extremer Wetterereignisse wie Trockenphasen, Sturm und Starkregen . Auswirkungen auf relevante Handlungsfelder Der Klimawandel hat in Rheinland-Pfalz vielfältige Auswirkungen auf sämtliche Umwelt- und Gesellschaftsbereiche. Nachfolgend sind mögliche Risiken stichpunktartig für besonders relevante Handlungsfelder aufgeführt. – Landwirtschaft und Weinbau5) Verlängerte Vegetationsperiode, höhere Variabilität der Witterung (z. B. werden die für den Pflanzenaustrieb und damit vernalisationsrelevanten tiefen Temperaturen seltener erreicht, vermehrtes Auftreten von Hitzeschäden), Bedarf an winterfesten Arten geht zurück (reduzierte Frostgefahr, Abnahme der Frostresistenz), Ertragszunahme bei ausreichender Wasserversorgung, wachsender Beregnungsbedarf im Oberrheingebiet, steigender Befallsdruck durch Schaderreger und verstärktes Aufkommen von Schädlingen, neue Pflanzenkrankheiten und Schädlinge (Oberrheingraben als Einwanderungskorridor), Probleme durch Umverteilung niederschlagsreicher Phasen (Infektionsrisiko durch Pilze und Bakterien), Schäden durch Starkniederschläge, ggf. abnehmende Qualität des Rieslings; Trend zu Rotweinen/wärmeliebenden Rebsorten (auf Basis des Huglin-Index). – Wald und Forstwirtschaft Der Wald in Rheinland-Pfalz wird aufgrund seiner langen Lebensdauer und der Lage im ohnehin schon wärmeren Südwesten Deutschlands besonders vom Klimawandel betroffen sein. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zielt auf Waldökosysteme ab, die elastisch auf den Klimawandel reagieren und sich an künftig verstärkt warm-trockene Bedingungen anpassen können. Bei der künftigen Baumarteneignung in Rheinland-Pfalz sind bei den Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte, Kiefer und Douglasie bis zur fernen Zukunft (2071 bis 2100) regionale Änderungen der „Wohlfühlbereiche“ anzunehmen. Diese werden bei der Fichte deutlich zurückgehen, in den höheren Mittelgebirgslagen könnte sich eine bessere Eignung für an wärmere Klimabedingungen angepasste Baumarten (z. B. Eiche, Kiefer) ergeben. Die Entwicklung wird allerdings je nach Baumart und Region unterschiedlich sein. Insgesamt günstiger könnten die Bedingungen für eine Reihe von Wärme liebenden, insbesondere bisher wenig verbreiteten Laubbaumarten (z. B. Sorbusarten, Edelkastanie) werden. Insgesamt wird für die Holzproduktion in Rheinland-Pfalz klimawandelbedingt ein Rückgang der Holzproduktion bis 2100 aufgrund geringerer Niederschläge und zunehmende Wärme (mit Trockenperiode ) prognostiziert. Je nach Szenario kann dies zu jährlichen Einnahmenverlusten zwischen 16 bis 21 Mio. Euro führen. – Wasserwirtschaft Die Häufigkeit kleinerer und mittlerer Hochwasser sowie die Größe der mittleren Hochwasser haben in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahrzehnten leicht zugenommen. Die Grundwasserstände und Grundwasserneubildung haben in der letzten Dekade tendenziell abgenommen. Die Entwicklung von Niedrigwasserphasen zeigen keinen eindeutigen Trend, sie können aber zu Problemen führen z. B. für Binnenschifffahrt, Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Trinkwasserversorgung, wachsenden Beregnungsbedarf , Veränderung der Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften im Wasser (Gewässerökologie). Darüber hinaus kann das vermehrte Auftreten von Starkregenereignissen zu Hochwassern und Überschwemmungen führen, mit ggf. erheblichen damit einhergehenden Schäden an der Infrastruktur. Dies kann auch Gegenden betreffen, die bisher nicht solche Schadereignisse kannten, beispielsweise infolge des raschen Anschwellens von Bächen und kleinen Flüssen. – Boden Bodenwasserhaushalt: Zunahme von Perioden geringen Wasservorrats im Boden während der Vegetationsperiode (Trockenstressrisiko steigt); besonders betroffen sind Böden mit einer geringen nutzbaren Feldkapazität und grundwasserferne Standorte. Die Gefahr für Bodenerosion steigt besonders für Standorte und Kulturen, die eine geringe Bodenbedeckung aufweisen. Saisonale Veränderungen der Niederschlagsmengen (Qualität und Quantität der Grundwasserneubildung, Auftreten von Zwischen- und Oberflächenabfluss). 7 5) Vgl. hierzu auch Landtag Rheinland-Pfalz, Bericht der Enquete-Kommission 15/1 „Klimawandel“, Drucksache 15/3600, 6. Juli 2009. Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode – Gesundheit Zunahme von Hitzeperioden, Einwanderung bzw. Vermehrung von Vektoren (z. B. Zecken, Stechmücken etc.), Allergien (Verlängerung Pollenflugzeit, zugewanderte Pflanzenarten), Verstärkung der lufthygienischen Belastung: Ozon (Veränderung des Strahlungshaushalts in Kombination mit Erwärmung) und Feinstaub (Zunahme der Länge von Trockenperioden). – Natur- und Artenschutz Veränderung des Artenspektrums (z. B. Bestandsrückgänge der Tier- und Pflanzenarten in Mooren und Sümpfen), Wanderbewegungen (Ab- und Zuwanderung), Arealverschiebungen und Etablierung und Ausbreitung von Neophyten. In den Flusstälern von Rhein, Mosel und Nahe künftig mehr Arten als heute – wichtige Biodiversitätszentren (Einwanderungswege für mediterrane Arten, die ihre Verbreitungsgrenze nach Norden verschieben). – Tourismus Rückgang des Wintersporttourismus und bei extremen Hitzeperioden ggf. weniger Tagesgäste in den Innenstädten, jedoch längere Saison für Frühjahrs- und Herbst-Aktivitäten und Wanderurlaube (Mandelblüte, Weinlese etc.), verlängerte Badesaison. 5. Welche Auswirkungen hätte eine Klimaerwärmung von 2 °C und mehr auf Rheinland-Pfalz? Gelingt es nicht, den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 °C zu begrenzen, dann werden globale „Kippelemente“ überschritten. Eiskörper wie das arktische Meereis, Strömungssysteme wie El Nino sowie Ökosysteme wie der Amazonas-Regenwald drohen irreversibel verändert oder zerstört zu werden. Auswirkungen auf den für das milde Klima in Mitteleuropa maßgeblichen Golfstrom sind ebenfalls zu erwarten. Diese Veränderungen würden sich auch auf Rheinland-Pfalz auswirken. Ein Effekt ist z. B. der Jetstream, der sich bereits verändert hat, und das häufiger auftretende „Tief Mitteleuropa“ mit Starkregen, Sturm und Hagel (siehe Frühsommer 2016). Es ist – speziell vor dem Hintergrund der bereits beobachteten Erwärmung von 1,5 °C und der derzeitigen Entwicklung in der Klimapolitik – in Rheinland-Pfalz mit einem Temperaturanstieg von mehr als 2 °C zu rechnen, wenn nicht mit einer ambitionierten Klimapolitik weltweit gegengesteuert wird. Die aktuellen Klimaprojektionen auf Grundlage der RCP-Szenarien (Representative Concentration Pathways als Maß für den durch Emissionen bedingten Strahlungsantrieb in W/m²) projizieren für Rheinland-Pfalz bis Ende dieses Jahrhunderts eine weitere Erwärmung von 1,5 °C bis 3,0 °C für RCP4.5 beziehungsweise von 3,0 °C bis 5,0 °C für RCP8.5 gegenüber dem Zeitraum 1971 bis 2000. Die bereits beobachtete Erwärmung des Zeitraums 1971 bis 2000 gegenüber 1881 bis 1910 von 0,8 °C ist zu addieren, um die projizierte Erwärmung gegenüber dem Beginn der systematischen Aufzeichnungen zu erhalten. Die bereits beobachteten und sich abzeichnenden Auswirkungen (siehe Antwort auf Frage 4) würden sich nochmals verstärken. Extreme Wetterereignisse mit bekannten, aber auch kaum absehbaren Folgen würden häufiger und vor allem intensiver werden. Städte wie Ludwigshafen, Mainz und Speyer, die bereits heute deutliche innerstädtische Wärmeinseln aufweisen, würden eine starke Hitzebelastung im Sommer erfahren – mit Schäden und negativen Folgen für Wohnen, Arbeiten und Leben. Die Risiken von Hitzebelastungen für die Gesundheit der Bevölkerung durch klimawandelbedingte Hitzeperioden waren auch Anlass zur Erarbeitung von entsprechenden Handlungsempfehlungen in der Bund/Länder Ad-hoc Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels (GAK)“ 6). An Kälte angepasste Arten würden verschwinden, Wärme liebende Arten würden verstärkt einwandern und gefördert werden. Darunter befinden sich auch Vektorarten, wie die Asiatische Tigermücke, die gefährliche Krankheiten übertragen können. Land- und Forstwirtschaft einschließlich Weinbau würden in zunehmendem Maße von Extremereignissen und in der Folge von Schäden betroffen sein. Langfristig kann sich eine deutliche Verschiebung zu Wärme liebenden Arten ergeben, das Wachstum und die Ertragssituation können sich verschlechtern infolge zunehmend warm-trockener Bedingungen und räumlich -zeitlich konzentrierter (Stark-) Niederschläge. 8 6) „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ (Link: http://rdcu.be/tKrJ) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 II. Stromproduktion in Rheinland-Pfalz 6. Wie setzt sich der Strom-Mix in Rheinland-Pfalz im Vergleich zum bundesweiten Strom-Mix bei der Erzeugung zusammen? Zur Zusammensetzung der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz liegen bisher nur vorläufige Daten für das Jahr 2015 vor. In der nachfolgenden Tabelle werden sie den endgültigen Daten des bundesweiten Strom-Mix für das Jahr 2015 gegenübergestellt. (Quellen: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Aufrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz, AG Energiebilanzen e.V.: Strombilanz für Deutschland.) Der Energieträger Erdgas hat mit einem Anteil von 48,8 Prozent in 2015 den größten Beitrag zur Stromerzeugung geleistet. Die regenerative Stromerzeugung ist mit einem Anteil von 45,4 Prozent in 2015 die zweitwichtigste Stromerzeugungsart in Rheinland- Pfalz. Mit einem Anteil von 25,6 Prozent stellt die Windkraft bereits eine wichtige Säule der rheinland-pfälzischen Bruttostromerzeugung dar. Anhand der weiteren Entwicklungen wird aktuell von einem Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Rheinland-Pfalz von ca. 47 Prozent ausgegangen. 7. Wie hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Rheinland-Pfalz seit 2002 entwickelt? Zum Bruttostromverbrauch liegen zurzeit nur Daten bis zum Jahr 2014 vor. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch hat sich in Rheinland-Pfalz zwischen 2002 und 2014 von 5,4 auf 25,6 Prozent nahezu verfünffacht. 9 (Quellen: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Aufrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz, AG Energiebilanzen e.V.: Strombilanz für Deutschland.) 8. Wie hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Rheinland-Pfalz seit 2002 entwickelt? Zur Stromerzeugung liegen vorläufige Daten bis zum Jahr 2015 vor. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung ist in Rheinland-Pfalz zwischen 2002 und 2015 (vorläufig) von 17,8 auf 45,4 Prozent gestiegen. Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode (Quellen: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Aufrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz.) III. Energiewende – Strom in Rheinland-Pfalz 9. Welche Vorteile hat die dezentrale Energiewende für die Verbraucher und Verbraucherinnen, Unternehmen und Kommunen? – Verbraucherinnen und Verbraucher Die Energiewende eröffnet den Verbraucherinnen und Verbraucher eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich aktiv in den grundlegenden Umbau unseres Energieversorgungssystems einzubringen und davon zu profitieren. So ermöglichen beispielsweise PV-Dachanlagen oder hocheffiziente Mikro-KWK-Anlagen die Stromerzeugung in privaten Haushalten. Der erzeugte Strom kann dabei selbst genutzt, zwischengespeichert oder in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist werden. Die im konventionellen Energieversorgungssystem den privaten Haushalten zugeteilte Rolle des reinen Konsumenten wandelt sich dabei in die eines Eigenerzeugers und Verbrauchers, was in der Fachöffentlichkeit häufig als „Prosumer“ (Kombination der Begriffe „Producer und „Consumer“) bezeichnet wird. Der fortschreitende Ausbau der regenerativen Stromerzeugung, der insbesondere von der Windenergie und der Photovoltaik getragen wird, lässt eine zunehmende Flexibilisierung der Stromerzeugung, aber auch des Stromverbrauchs notwendig werden. Die entsprechenden energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den Aufbau intelligenter Netzstrukturen vorausgesetzt, können die Verbraucherinnen und Verbraucher einen wichtigen Beitrag zur Flexibilisierung der Stromnachfrage leisten. Auch wenn die Lastverschiebepotenziale der einzelnen Haushalte vergleichsweise gering sind, kann durch eine Aggregierung der einzelnen Beiträge eine Flexibilität geschaffen werden, die sich wirtschaftlich vorteilhaft vermarkten lässt. Hier bietet die Digitalisierung wesentliche Chancen für eine intelligente Steuerung von Erzeugung und Verbrauch. Durch den fortschreitenden Ausbau der regenerativen Wärmeversorgung im Bereich der privaten Haushalte werden die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend unabhängig von Importen teurer fossiler Energieträger aus politisch teilweise instabilen Drittländern und von am Weltmarkt auftretenden Preisfluktuationen insbesondere bei Mineralöl- und Mineralölprodukten sowie Erdgas. Allein in 2015 wurden in Rheinland-Pfalz insgesamt ca. 3,5 Mrd. Euro für den Import fossiler Energieträger fällig. Die Nutzung heimischer erneuerbarer Energien im Wärmesektor lässt die Energiekosten für Heizung und Warmwasser in den privaten Haushalten planbar werden. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmesektor stellen die Energieeinsparung und die Steigerung der Energieeffizienz wesentliche Ziele der Energiewende dar. Gebäude mit hohem energetischem Standard, effiziente Heizungsund Warmwasserbereitungstechnologien sowie immer effizienter werdende elektrische Verbraucher senken nachhaltig den Energieverbrauch privater Haushalte und die damit verbundenen Kosten. Die EU-Kommission weist in ihrer Mitteilung „Ökodesign- Arbeitsprogramm 2016 bis 2019“ darauf hin, dass allein durch die EU Öko-Design-Richtlinie, die im Energieverbrauchsrelevante- Produkte-Gesetz in nationales Recht umgesetzt wurde, die privaten Haushalte im europaweiten Durchschnitt jedes Jahr 490 Euro an Energiekosten einsparen. – Unternehmen Die rheinland-pfälzische Industrie ist aufgrund ihres Branchen-Mix im Bundesvergleich relativ energieintensiv. Deshalb kommt dem Grundsatz der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Energiekosten sowie einer möglichst geringen Abhängigkeit von Importen bspw. von Öl und Gas eine besondere industriepolitische- bzw. wirtschaftspolitische Bedeutung für die Unternehmen sowie für den Industriestandort Rheinland-Pfalz als solchen zu. Die erneuerbaren Energien-Technologien haben sich zu einer wichtigen deutschen Zukunftsbranche entwickelt. Deutschland ist im Bereich der Umwelttechnologien, insbesondere in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz, sehr gut auf den Weltmärkten aufgestellt und weist hohe Marktanteile im Anlagenbau und im 10 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 Bereich der Systemtechnik auf. Nach Untersuchungen des Forschungsverbundes erneuerbare Energien und der Internationalen Energie Agentur hat die dezentral angelegte Umsetzung der deutschen Energiewende die Innovationstätigkeit in Forschung und Entwicklung für Energietechnologien wesentlich befördert und damit zur führenden Position deutscher Unternehmen dieser Branche beigetragen. Eine aktuelle Studie der Bundesregierung kommt zu dem Ergebnis, dass durch Effizienzinstrumente ausgelöste Investitionen das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2015 etwa 0,3 Prozent höher ausfallen ließen als in einer hypothetischen Referenzentwicklung ohne diese Maßnahmen7). Diese Investitionen dürften maßgeblich dem deutschen Mittelstand zugute kommen, in dem sich viele Weltmarktführer aus dem Bereich innovativer Energie- und Effizienztechnologien befinden. Wertschöpfung, die vor Ort generiert wird und nicht in Form von Ausgaben für Energieimporten in andere Regionen abfließt, kann zudem vor Ort in die Infrastruktur investiert werden, wodurch die Qualität des Wirtschaftsstandorts verbessert werden kann. Hiervon profitiert insbesondere Rheinland-Pfalz, das den Anteil des hier produzierten Stroms am Bruttostromverbrauch des Landes von 28,7 Prozent in 2 000 auf ca. 62 Prozent in 2014 steigern konnte, maßgeblich getragen von erneuerbaren Energien. Die Energiewende stärkt zudem kommunale Energieversorger, die mit Unternehmen vor Ort individuelle Versorgungskonzepte erarbeiten. Ein Beispiel ist die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Hier kann intelligentes Lastmanagement zu Kosteneinsparungen für Unternehmen führen. Industrielle und gewerbliche Eigenstromerzeugung ermöglicht Unternehmen in Verbindung mit Prozesswärmebereitstellung eine wettbewerbsfähige und sichere Strom- und Wärmeversorgung. Darüber hinausgehende Überkapazitäten können in das Netz eingespeist werden. Am Ende steht eine Investition, die schon kurzfristig zu erheblichen Einsparungen führt. Das lässt sich durch Umstellung auf energieeffiziente Techniken flankieren. Allein die Umrüstung auf LED-Lampen führt zu einer Einsparung von bis zu 80 Prozent der Kosten für Beleuchtung. Zudem können durch Eigenerzeugung mögliche regionale Engpässe in der Stromversorgung in begrenztem Umfang ausgeglichen werden. Darüber hinaus trägt die dezentrale industrielle Stromerzeugung dazu bei, die Anbietervielfalt im Wettbewerb zu stärken. – Kommunen Kommunen sind ein wichtiger Motor für den Klimaschutz. Dabei profitieren sie selbst in verschiedener Hinsicht von der dezentralen Energiewende. Durch die Umstellung auf erneuerbare Energien und Maßnahmen zur Energieeinsparung können sie ihre CO2-Emmissionen und ihre Ausgaben für fossile Brennstoffe dauerhaft senken. Damit verringern sie auch ihre Abhängigkeit von steigenden Weltmarktpreisen. Gleichzeitig trägt die dezentrale Energiewende durch Investitionen in neue Anlagen sowie durch deren Betrieb zu einer höheren Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region bei. Durch die Beteiligung von regional ansässigen Betrieben bei Arbeiten in Zusammenhang mit der Errichtung der Anlagen als auch durch zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen und mögliche Pachteinnahmen verbleiben Gelder in der Region. Gemeinde sowie Bürgerinnen und Bürger können durch eine Eigenbeteiligung an den Anlagen diesen Effekt noch verstärken. Investitionen in die energetische Sanierung einzelner Quartiere können sich auch in Bezug auf die Stadtentwicklung auswirken und zu einer Aufwertung von Stadtquartieren führen. Dabei können auch direkte positive Auswirkungen auf die Luftqualität eintreten. Aufgrund der vielfältigen positiven Effekte unterstützt die Landesregierung die Energiewende in den Kommunen durch Förderprogramme sowie ein reichhaltiges Informationsangebot der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Das Land Rheinland-Pfalz fördert im Rahmen des Programmes „Zukunftsfähige Energie-Infrastruktur – ZEIS“ in den Kommunen Nahwärmenetze auf der Basis von Biomasse und solarer Wärme und unterstützt Investitionen, die die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Energieversorgung verbessern sollen. Im Rahmen des Kommunalen Investitionsprogramms 3.0 Rheinland-Pfalz – (KI 3.0) wird die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Leuchten unterstützt. In Vorbereitung ist eine Förderrichtlinie, mit der die Erarbeitung von Quartierssanierungskonzepten und ihre Umsetzung durch ein Quartiersmanagement gefördert werden soll. Daneben gibt es im Rahmen des genehmigten Operationellen Programms „OP Rheinland-Pfalz EFRE 2014-2020“ Förderangebote mit dem Ziel, Akteure in der Wirtschaft zu mobilisieren und sie dabei zu unterstützen, die Energieeffizienz in ihrem Unternehmen zu verbessern. Dabei sollen Hemmnisse und Informationsdefizite identifiziert und beseitigt werden, zukunftsweisende Modell- und Demonstrationsvorhaben initiiert und ihre Marktdurchdringung unterstützt werden. Neben innovationsbezogenen Ansätzen werden Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen unterstützt, sofern diese auf kommunalen Strategien zum Klimaschutz (z. B. kommunale Klimaschutzkonzepte) aufbauen. Ein wichtiger Partner ist dabei die Energieagentur Rheinland-Pfalz. Seit ihrer Gründung im Jahr 2012 werden durch sie nun alle Zielgruppen im Land, insbesondere Unternehmen und Kommunen, adäquat angesprochen. Diesen werden umfangreiche Informationsangebote 8) zur Steigerung der Energieeffizienz und zu Energieeinsparmaßnahmen sowie der Nutzung erneuerbarer Energien bereitgestellt. 11 7) 5. Monitoringbericht „Energie der Zukunft“, BMWi, 2016. 8) https://www.energieagentur.rlp.de/projekte/kommune/ Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 10. Welcher Anteil des Stromverbrauchs wird in Rheinland-Pfalz aus Eigenstromerzeugung gedeckt? Die Eigenstromerzeugung wird weder auf der Ebene des Bundes noch des Landes Rheinland-Pfalz energiestatistisch vollumfänglich erfasst. Die industrielle Eigenstromerzeugung einschließlich der Erzeugung von Elektrizität und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung wird in den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden erst ab einer elektrischen Engpassleistung (brutto) von einem Megawatt (MW) oder mehr statistisch erfasst. Entsprechend den Daten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz9) verfügten im Bilanzjahr 2015 insgesamt 26 Betriebe über eine elektrische Nettoengpassleistung von insgesamt 1 293 MW. Die Nettostromerzeugung dieser Anlagen betrug in 2015 ca. 7,6 Mrd. kWh, davon wurden mit 7,242 Mrd. kWh ca. 95,3 Prozent in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Allein die industrielle Eigenstromerzeugung ab einer elektrischen Engpassleistung (brutto) von einem MW hatte in 2014 einen Anteil, bezogen auf den rheinland-pfälzischen Gesamtbruttostromverbrauch, von ca. 26 Prozent sowie an der Gesamtstromerzeugung von ca. 42 Prozent. 11. Welchen Beitrag kann die Eigenstromerzeugung in Rheinland-Pfalz zum Gelingen der Energiewende leisten? Die Eigenstromerzeugung in privaten Haushalten, in kommunalen Einrichtungen oder in Industrie-, Gewerbe- und Handwerksunternehmen leistet einen wichtigen Beitrag für eine zügige und kosteneffiziente Umsetzung der Energiewende sowie zum Klimaschutz. Eigenstrom wird dezentral vor Ort erzeugt und in großem Umfang auch dort verbraucht, belastet somit nicht das Netz der allgemeinen Versorgung und reduziert damit den mit dem weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung verbundenen Netzausbaubedarf und die damit verbundenen Netzausbaukosten sowohl auf der Verteilnetzebene als auch bei den Übertragungsnetzen. Die Eigenstromerzeugung aus erneuerbaren Energien entlastet das EEG, da für den selbst verbrauchten Strom mit Ausnahme von PV-Anlagen, die vom 1. Januar 2009 bis zum 1. April 2012 den Betrieb aufgenommen haben, keine EEG-Vergütungen gezahlt werden. Darüber hinaus stellt die Eigenstromerzeugung eine wichtige Form der aktiven Bürgerbeteiligung an der Energiewende dar, die die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Umsetzung der Energiewende weiter erhöht. Durch die Verfügbarkeit von intelligenten Speicheranlagen in verschiedensten Größen und zu immer geringeren Kosten, können die Potenziale der Eigenstromversorgung immer stärker mobilisiert werden. Auch eine Verbesserung der Regelung für Mieterstrommodelle kann hier einen Beitrag leisten. 12. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf die Eigenstromerzeugung in Rheinland- Pfalz? Die Neufassungen der gesetzlichen Regelungen zur Eigenstromerzeugung im Rahmen der Novellen des EEG 2014 und 2017 stellen aus Sicht der Landesregierung eine Fehlsteuerung seitens der Bundesregierung dar. Sie benachteiligen in erheblichem Maße den dezentralen Ausbau der Energieerzeugung, insbesondere gegenüber großen Kraftwerken, meist Kohle- und Atomkraftwerken, anstatt ihn zu forcieren. Durch die Neufassung der Regelungen zur Befreiung von eigen erzeugtem und genutztem Strom von der EEG-Umlage im Rahmen des EEG 2014 und 2017 hat die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für den Neubau sowie für die Modernisierung und Erweiterung bestehender Eigenstromerzeugungsanlagen erheblich verschlechtert. Dabei verkennt die Bundesregierung die zahlreichen positiven Effekte, die mit einem weiteren Ausbau der Eigenstromerzeugung verbunden sind. Hierzu zählen u. a. die Verminderung des Netzausbaubedarfs, die höhere Kosteneffizienz bei der Umsetzung der Energiewende, aber auch die Verbesserung der Versorgungssicherheit. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich in den zurückliegenden Jahren bereits wiederholt auf der Ebene des Bundes, aber auch in Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der Europäischen Union gegen die Einführung rechtlicher Regelungen eingesetzt, die den weiteren Ausbau der Eigenstromerzeugung, aber auch Investitionen in effizienzsteigernde Maßnahmen in Bestandsanlagen behindern. Die Landesregierung wird sich auch zukünftig für eine vollständige Befreiung des eigen erzeugten und verbrauchten Stroms von der EEG-Umlage sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie hocheffizienten KWK-Anlagen auf der Basis von Bioenergie, regenerativ erzeugten Brennstoffen oder Erdgas einsetzen. 13. Mit welchen Umlagen und Belastungen wird die Eigenstromproduktion belegt (bitte aufschlüsseln nach Erzeugungsarten)? Eigen erzeugter und verbrauchter Strom wird derzeit je nach Anlagentyp, Inbetriebnahmezeitpunkt und eingesetzten Brennstoffen unterschiedlich stark durch die EEG-Umlage belastet. Bereits im Rahmen der Novellierung des EEG in 2014 wurde bei Neuanlagen die Befreiung von eigen erzeugtem und verbrauchtem Strom von der EEG-Umlage stark eingeschränkt. 12 9) http://www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/berichte/E/4073/E4073_201500_1j_L.pdf Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 Seit dem Inkrafttreten des EEG 2014 ist grundsätzlich für eigen erzeugten und verbrauchten Strom EEG-Umlage in voller Höhe abzuführen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im EEG 2014 sowie im EEG 2017 geregelt. Diese Ausnahmeregelungen sind nachfolgend näher beschrieben. Für eigenverbrauchten Strom aus EE-Anlagen sowie hocheffizienten KWK-Anlagen (Jahres- bzw. Monatsnutzungsgrad mindestens 70 Prozent), die nach dem 31. Juli 2014 in Betrieb genommen wurden, waren mit dem Inkrafttreten des EEG 2014 im Zeitraum 1. August 2014 bis 31. Dezember 2015 30 Prozent der EEG-Umlage, für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 35 Prozent der EEG-Umlage sowie ab dem 31. Januar 2017 40 Prozent der EEG-Umlage zu zahlen. Die Pflicht zur Zahlung von 40 Prozent der EEG-Umlage für eigen erzeugten und verbrauchten Strom aus neuen Erneuerbare Energien- oder hocheffizienten KWK-Anlagen wurden in das EEG 2017 übernommen (§ 61 b EEG 2017). Bei neuen Eigenstromanlagen ist lediglich der Verbrauch von Strom aus Anlagen nach § 61 a EEG 2017 vollständig von der Zahlung der EEG-Umlage befreit, – wenn die Anlage nicht an ein Netz der allgemeinen Versorgung angeschlossen ist (Inselbetrieb), – wenn sich der Eigenversorger selbst vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt und für den Strom aus seiner Anlage, den er nicht selbst verbraucht, keine EEG-Förderung in Anspruch nimmt oder – wenn Strom aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 kW erzeugt wird, für höchstens 10 MWh selbst verbrauchten Stroms pro Kalenderjahr und für eine Zeitdauer von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres . Darüber hinaus ist der Kraftwerkseigenverbrauch vollständig von der EEG-Umlage befreit. Die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Belegung von Eigenstrom aus neuen Stromerzeugungsanlagen mit der EEG- Umlage werden nachfolgend an verschiedenen Praxisbeispielen erläutert. Eine Neufassung der gesetzlichen Regelungen zur Belastung von Eigenstrom aus Bestandsanlagen mit der Zahlung der EEG- Umlage erfolgte Ende 2016 durch das Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung (KWKG-EEG-Änderungsgesetz). Diese Regelungen sind zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Für Bestandsanlagen verringert sich nach § 61 c EEG die Zahlung der EEG-Umlage auf 0 Prozent, wenn der Letztverbraucher die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger betreibt, er den Strom selbst verbraucht und der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird, es sei denn, der Strom wird im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht. Anlagen gelten dabei als Bestandsanlagen, wenn – der Letztverbraucher die Anlage vor dem 1. August 2014 als Eigenerzeuger betrieben hat, – die Anlage vor dem 23. Januar 2014 genehmigt wurde, vor dem 1. August 2014 Strom erzeugt hat und vor dem 1. Januar 2015 genutzt wurde, – die Anlage nicht nach dem 31. Dezember 2017 erneuert, erweitert oder ersetzt wurde und – die Anlage vor dem 1. Januar 2018 ohne Erhöhung der installierten Leistung um mehr als 30 Prozent erneuert, erweitert oder ersetzt wurde. 13 Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Bei älteren Bestandsanlagen entfällt das Kriterium des räumlichen Zusammenhangs von Stromerzeugung und Stromverbrauch. Ältere Bestandsanlagen sind Stromerzeugungsanlagen, die der Letztverbraucher vor dem 1. September 2011 als Eigenerzeuger betrieben hat und die nicht in dem Zeitraum vom 31. Juli 2014 bis zum 1. Januar 2018 mit einer Leistungssteigerung größer 30 Prozent erneuert, erweitert oder ersetzt worden sind. Nach § 61 e Abs. 1 EEG sind bei Erneuerung oder Ersetzen von Bestandsanlagen sowie älteren Bestandsanlagen auch ohne Erweiterung der Anlagenleistung nach dem 31. Dezember 2017 für den eigen erzeugten und verbrauchten Strom 20 Prozent der EEG-Umlage zu zahlen. Das gilt nicht für ältere Bestandsanlagen, wenn die gesamte Stromerzeugungsanlage schon vor dem 1. Januar 2011 von dem Letztverbraucher, der die Verringerung in Anspruch nimmt, unabhängig vom Eigentum und unter der Tragung des vollen wirtschaftlichen Risikos für die Erzeugung von Strom genutzt und auf dem Betriebsgrundstück des Letztverbrauchers errichtet wurde. Die EEG-Umlage verringert sich auch bei Erneuerungen und Ersetzungen auf 0 Prozent, wenn – die Bestandsanlage oder die ältere Bestandsanlage noch der handelsrechtlichen Abschreibung oder der EEG-Förderung unterliegt oder – die Stromerzeugungsanlage, die die Bestandsanlage oder die ältere Bestandsanlage erneuert oder ersetzt, nicht vollständig handelsrechtlich abgeschrieben worden ist oder – durch die Erneuerung oder Ersetzung die Erzeugung von Strom auf Basis von Stein- oder Braunkohle zugunsten einer Erzeugung von Strom auf Basis von Erdgas oder erneuerbaren Energien an demselben Standort abgelöst wird. Weitere energiewirtschaftliche Umlagen, Abgaben und Entgelte fallen derzeit für die Eigenstromerzeugung nicht an. Steuerliche Aspekte der Eigenstromerzeugung sind je nach individuellen Fallkonstellationen zu betrachten. A. Windkraft 14. Wie haben sich der Ausbau der Windkraft, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? In der nachfolgenden Tabelle ist der Ausbau der Windkraft anhand der jährlich erzeugten Strommenge und des Anteils an der Bruttostromerzeugung für den Zeitraum 2002 bis 2015 dargestellt. Der Anteil der Windkraft an der Bruttostromerzeugung vervierfachte sich nahezu von 6,8 Prozent in 2002 auf 25,6 Prozent (vorläufige Angabe) in 2015, während sich die aus Windkraft jährlich erzeugte Strommenge von 606 Mio. kWh in 2002 auf 5 036 Mio. kWh (vorläufige Angabe) in 2015 mehr als verachtfachte. 14 (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Auftrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz.) Die nachfolgend vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz aufgelisteten Daten beziehen sich auf die nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) registrierten Anlagen und stammen aus einer Sonderaufbereitung nicht-amtlicher Daten des Übertragungsnetzbetreibers (2007 bis 2014) und der Bundesnetzagentur (2015). Im Vergleich zur Strombilanz, die auf amtlichen Erhebungen basiert, kann es deshalb zu Abweichungen kommen. Die regionale Zuordnung erfolgt nach den für die Anlagen angegebenen Adressen. Dabei handelt es sich entweder um den Standort der Anlage oder den Standort des Einspeisepunktes. Bei der Anlagenzahl ist die zeitliche Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich: Während in den Jahren 2007 und 2015 alle Anlagen gezählt wurden, die Kapazitäten vorgehalten haben, wurden in den Jahren 2008 bis 2014 nur diejenigen Anlagen gezählt, die tatsächlich Strom in das Versorgungsnetz eingespeist haben. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 15 (Datenquelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 16 (Datenquelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 17 Die nachfolgend vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz aufgelisteten Daten beziehen sich auf die nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) registrierten Anlagen und stammen aus einer Sonderaufbereitung nicht-amtlicher Daten des Übertragungsnetzbetreibers (2007 bis 2014) und der Bundesnetzagentur (2015). Im Vergleich zur Strombilanz, die auf amtlichen Erhebungen basiert, kann es deshalb zu Abweichungen kommen. Die regionale Zuordnung erfolgt nach den für die Anlagen angegebenen Adressen. Dabei handelt es sich entweder um den Standort der Anlage oder den Standort des Einspeisepunktes. Bei der Anlagenzahl ist die zeitliche Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich: Während in den Jahren 2007 und 2015 alle Anlagen gezählt wurden, die Kapazitäten vorgehalten haben, wurden in den Jahren 2008 bis 2014 nur diejenigen Anlagen gezählt, die tatsächlich Strom in das Versorgungsnetz eingespeist haben. 15. Wie viele Windenergieanlagen sind seit 2002 mit welcher Leistung im Rahmen des Repowering ersetzt worden? Die rheinland-pfälzische Landesregierung misst dem Repowering von Windenergieanlagen eine hohe Bedeutung zu. Durch den Ersatz älterer und in der Regel leistungsschwacher Windenergieanlagen durch moderne, effiziente und leistungsstärkere Anlagen können die uns zur Verfügung stehenden, besonders windhöffigen Standorte effizienter genutzt, die zum Erreichen unserer energiepolitischen Zielsetzungen notwendige Anzahl an Windenergieanlagen verringert und ein wichtiger Beitrag zum Schutz von Natur und Landschaft geleistet werden. Im Rahmen der aktuellen Neufassung des LEP IV messen wir dem Repowering durch die Einführung eines eigenen Ziels der Raumordnung eine besondere Bedeutung bei. Dies wird insbesondere dann relevant, sobald die ersten über das EEG-geförderten Anlagen aus der Förderung ausscheiden. Zum Umfang des Repowering in Rheinland-Pfalz liegen keine gesicherten Daten vor. 16. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf den Ausbau der Windkraft in Rheinland Pfalz? 18. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung auf den Ausbau der Photovoltaik in Rheinland Pfalz? Die Fragen 16 und 18 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. In den zurückliegenden EEG-Novellierungen wurde ein Paradigmenwechsel hin zu einer wettbewerblichen Ausgestaltung der Förderung der erneuerbaren Energien vollzogen. Die bei den ersten Ausschreibungsverfahren erzielten unerwartet niedrigen Preise zeigen, welches Potenzial für eine Beschleunigung der Energiewende erschlossen werden könnte. Aufgrund weiterer Änderungen (beispielsweise zur Belastung durch die EEG-Umlage) und nicht aufgegriffener Vorschläge der Länder für eine Stärkung des Ausbaus der erneuerbaren Energien (beispielsweise zu höheren Ausbaukorridoren, zu Korrekturfaktoren für die Standortbewertung und zur Reduzierung von Bürokratie) besteht eine gewisse Gefahr, dass die notwendigen Impulse für die erforderliche Dekarbonisierung unseres gesamten Energieversorgungssystems von der Bundesregierung nicht gesetzt wurden. Zudem haben die in kurzen zeitlichen Abständen erfolgten EEG-Novellierungen zu signifikanten Unsicherheiten für Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen geführt Im Rahmen zukünftiger EEG-Novellierungen wird sich die Landesregierung auch weiterhin nachdrücklich für günstige Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen und damit verbunden für die Bezahlbarkeit der elektrischen Energie für alle Bevölkerungsschichten und die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. B. Photovoltaik 17. Wie haben sich der Ausbau der Photovoltaik, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? In der nachfolgenden Tabelle ist der Ausbau der Photovoltaik anhand der jährlich erzeugten Strommenge und des Anteils an der Bruttostromerzeugung für den Zeitraum 2002 bis 2015 dargestellt. Der Anteil der Photovoltaik an der Bruttostromerzeugung erhöhte sich um mehr als das 44-fache von 0,2 Prozent in 2004 auf 8,9 Prozent (vorläufige Angabe) in 2015, während sich die aus Photovoltaik jährlich erzeugte Strommenge von 18 Mio. kWh in 2004 auf 1 760 Mio. kWh (vorläufige Angabe) in 2015 fast verhundertfachte . Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 18 Die nachfolgend aufgelisteten Daten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz beziehen sich auf die nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) registrierten Anlagen und stammen aus einer Sonderaufbereitung nicht-amtlicher Daten des Übertragungsnetzbetreibers (2007 bis 2014) und der Bundesnetzagentur (2015). Im Vergleich zur Strombilanz, die auf amtlichen Erhebungen basiert, kommt es deshalb zu Abweichungen. Die regionale Zuordnung erfolgt nach den für die Anlagen angegebenen Adressen. Dabei handelt es sich entweder um den Standort der Anlage oder den Standort des Einspeisepunktes. Bei der Anlagenzahl ist die zeitliche Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich: Während in den Jahren 2007 und 2015 alle Anlagen gezählt wurden, die Kapazitäten vorgehalten haben, wurden in den Jahren 2008 bis 2014 nur diejenigen Anlagen gezählt, die tatsächlich Strom in das Versorgungsnetz eingespeist haben. (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Auftrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz.) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 19 (Datenquelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 20 (Datenquelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 21 (Datenquelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 22 19. Welche Maßnahmen und Aktivitäten verfolgt die Landesregierung, um den Ausbau weiter zu fördern? Der weitere Ausbau der Photovoltaik wird von der rheinland-pfälzischen Landesregierung durch vielfältige Maßnahmen unterstützt . Der „Arbeitskreis Photovoltaik“ der Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH ist als Expertengremium für die Fotovoltaik in Rheinland -Pfalz initiiert worden. Diese Plattform dient den Akteuren im Land zum Austausch über aktuelle Themen in der Branche oder von gesammelten Erfahrungen, ebenso werden auch die Perspektive der Photovoltaik sowie ihre Anwendungs- und Integrations -möglichkeiten diskutiert. Dabei standen folgende Themen im Fokus: „Photovoltaik 2.0: Geschäftsmodelle nach dem neuen EEG“ (2014), „Solarinitiative Photovoltaik: Die Freiflächenausschreibungsverordnung“ (2015) sowie „Photovoltaik 3.0: Geschäftsmodelle nach dem EEG 2017“ (2016). Um den weiteren Ausbau der Photovoltaik trotz der gesunkenen Vergütungssätze sowie der Einführung von Ausschreibungen zu unterstützen, wurde im Jahr 2016 die „Solarinitiative Rheinland-Pfalz“ von der Energieagentur initiiert. Die Solarinitiative will das Thema Solarenergie in Rheinland-Pfalz neu platzieren und bei den Zielgruppen Kommunen, Unternehmen und Bürger als nachhaltige und attraktive Energieversorgungsalternative verankern. Die Initiative ist eine Informations- und Kommunikationskampagne. Sie verfügt über mehrere Bausteine, die den Zielgruppen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Initiative werden Informationen in Form von Studien, Faktenpapieren etc. und Statistiken auf der Homepage der Energieagentur zur Verfügung gestellt, Fachveranstaltungen und Netzwerktreffen organisiert sowie die Unterstützung vor Ort (Erstberatung) und die mediale Begleitung von Projekten angeboten. Akteure aus Rheinland-Pfalz werden in den Prozess der Strategiefindung über Strategieworkshops eingebunden. So soll die Umsetzung zukunftsweisender Solarprojekte von ausgewählten Zielgruppen und interessierten Regionen vorangebracht werden. Dabei stehen die Themen Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit von solaren Projekten im Fokus. Seit 2014 engagiert sich die Energieagentur Rheinland-Pfalz als Partner bei der bundesweiten Aktion „Woche der Sonne“. Im Rahmen der Aktionswoche 2016 fanden sieben Veranstaltungen im Land statt. Das landesweite Onlineportal „Energieatlas Rheinland-Pfalz“ der Energieagentur greift Praxisbeispiele, Daten und Fakten rund um die Energiewende und den kommunalen Klimaschutz auf. Der Energieatlas ist abrufbar unter https://www.energieatlas.rlp.de. C. Bioenergie (Holz, Klärschlamm sowie Bio-Abfall, Gülle und Biomasse) 20. Wie hat sich der Ausbau der Bioenergie, die jährlich erzeugte Strommenge und ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung in Rheinland- Pfalz insgesamt entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen, nach Jahren seit 2002 und den verschiedenen Energieträgern)? In der nachfolgenden Tabelle ist der Ausbau der Bioenergie anhand der jährlich erzeugten Strommenge und des Anteils an der Bruttostromerzeugung für den Zeitraum 2002 bis 2015 dargestellt. Der Anteil der Bioenergie an der Bruttostromerzeugung verdoppelte sich von 2,5 Prozent in 2004 auf 5,8 Prozent (vorläufige Angabe) in 2015, während sich die aus Bioenergie jährlich erzeugte Strommenge von 272 Mio. kWh in 2004 auf 1 135 Mio. kWh (vorläufige Angabe) in 2015 mehr als vervierfachte. (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Auftrag des MUEEF: Strombilanz für Rheinland-Pfalz.) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 23 Die nachfolgend aufgelisteten Daten des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz beziehen sich auf die nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) registrierten Anlagen und stammen aus einer Sonderaufbereitung nicht-amtlicher Daten des Übertragungsnetzbetreibers (2007 bis 2014) und der Bundesnetzagentur (2015). Im Vergleich zur Strombilanz, die auf amtlichen Erhebungen basiert, kommt es deshalb zu Abweichungen. Die regionale Zuordnung erfolgt nach den für die Anlagen angegebenen Adressen. Dabei handelt es sich entweder um den Standort der Anlage oder den Standort des Einspeisepunktes. Bei der Anlagenzahl ist die zeitliche Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich: Während in den Jahren 2007 und 2015 alle Anlagen gezählt wurden, die Kapazitäten vorgehalten haben, wurden in den Jahren 2008 bis 2014 nur diejenigen Anlagen gezählt, die tatsächlich Strom in das Versorgungsnetz eingespeist haben. Zur Bioenergie liegt dem Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz keine Aufschlüsselung nach Energieträgern vor. (Quelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 24 (Quelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 25 (Quelle: Netzbetreiber und Bundesnetzagentur.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 26 21. Welche Konsequenzen haben die Novellen des EEG 2014 und des EEG 2017 aus Sicht der Landesregierung für die Entwicklung der Bioenergie in Rheinland Pfalz? Insbesondere das EEG 2014 hat die Bioenergie de facto aus der Weiterentwicklung der Energiewende in Deutschland und in Rheinland -Pfalz ausgeschlossen. Im EEG 2014 wurde die Förderung der Stromerzeugung aus Biomasse in neuen Anlagen soweit gekürzt, dass der Neubau von Biomasseanlagen (z. B. mittlere und große Biogasanlagen und Holzheizkraftwerke) in der Regel nicht mehr rentabel war. Davon ausgenommen sind lediglich kleine Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von maximal 75 kW, die zu über 80 Masseprozent Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft einsetzen (sogenannte Güllekleinanlagen) und Biogasanlagen, die Bioabfälle aus der Getrenntsammlung verwerten (Bioabfallanlagen). Die Zubauzahlen der Biomasseanlagen von 2014 bis heute verdeutlichen dies. Unter den Rahmenbedingungen des EEG 2014 und 2017 wurden lediglich fünf Güllekleinanlagen und eine Bioabfallanlage in Rheinland-Pfalz neu gebaut. Darüber hinaus enthielt das EEG 2014 keine Regelungen zu einer Anschlussförderung für bestehende Biomasseanlagen. Erst mit dem EEG 2017 wurden entsprechende Möglichkeiten geschaffen, dass – mit Ausnahme von Biomasseheizkraftwerken, die Altholz einsetzen – bestehende Biomasseanlagen an Ausschreibungen über eine Anschlussförderung teilnehmen können. Die Regelung, dass Altholzanlagen nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung nicht mehr gefördert werden, wurde im Bundesrat durch Rheinland-Pfalz abgelehnt. Unter Berücksichtigung der Regelung des EEG 2017 erscheint der verhandelte Zubaukorridor bis 2022 als ausreichend. Außerdem gibt das EEG 2017 klare Perspektiven für Anlagenbetreiber, ob bestehende Biomasseanlagen überhaupt weiterbetrieben werden können oder nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine belastbaren Aussagen möglich, inwieweit die Regelungen des EEG 2017 dazu beitragen, dass die bestehenden Anlagen auch nach dem Auslaufen der 1. Förderperiode wirtschaftlich weiterbetrieben werden können und somit auch zukünftig als vergleichsweise kostengünstige Energiespeicheroption zur Verfügung stehen. Grundsätzlich hatte die Landesregierung von Rheinland-Pfalz im Rahmen der Verhandlungen zum EEG 2017 die Bundesregierung und die anderen Länder darauf hingewiesen, dass das EEG 2017 keine faire Vergütung für alle effizienten Anlagen ermöglicht. Begründet wurde dies dadurch, dass alle bestehenden Biomasseanlagen maximal 16,9 Cent pro kWh Strom (2017) bieten dürfen. Aufgrund der Regelungen des EEG 2017 könnten folgende Entwicklungen eintreten: – Nur die Anlagen, die ein sehr gutes Wärmekonzept und/oder ein kostengünstiges Rohstoffkonzept haben bzw. entwickeln, können weiterbetrieben werden. – Größere Anlagen (>1 MW) haben bessere Chancen einen Zuschlag zu erhalten, da diese niedrigere Stromgestehungskosten haben. Dementsprechend haben die rheinland-pfälzischen Biogasanlagen, die durchschnittlich eine elektrische Leistung von 440 kW aufweisen, geringere Chancen erfolgreich an einer Ausschreibung teilzunehmen. – Bei Beibehaltung der Degression der Festvergütung für Gülle-Kleinanlagen (< 75 kW installierter Leistung) wird der Zubau kurz- bis mittelfristig voraussichtlich gegen Null gehen. Die ab dem 1. Januar 2017 geltenden 23,14 Cent/kWh werden in der Regel unter den durchschnittlichen Stromgestehungskosten dieser Anlagen liegen. Laut einer vom damaligen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten in Auftrag gegebenen Studie betragen die durchschnittlichen Stromgestehungskosten von Gülle-Kleinanlagen 24,17 Cent/kWh. – Sofern die rheinland-pfälzischen Altholzanlagen für den Bezug des Brennstoffs Altholz positive Preise zahlen müssen, könnte der Betrieb dieser Kraftwerke unrentabel werden. Dies hätte zur Folge, dass diese Anlagen nach Ablauf der Vergütung nach dem EEG außer Betrieb genommen würden. Neben dem Themengebiet der Förderung von Biomasseanlagen wurde durch das EEG 2014 die Regelung eingeführt, dass Eigenverbraucher von selbst produziertem erneuerbarem Strom einen Teil der EEG-Umlage zahlen müssen. Gerade für den Bereich der Kläranlagen hatte dies eine besondere Bedeutung. Schon seit Jahren unterstützt die Landesregierung die Umrüstung von kommunalen Kläranlagen auf energetische Klärgasnutzung. Durch die Nutzung von Klärgasen aus Klärschlamm werden Kläranlagen, die vorher Strom einkaufen mussten, zu Strom- und Wärmeproduzenten. 2015 betrug die in 88 rheinland-pfälzischen kommunalen und gewerblich-industriellen Kläranlagen erzeugte Strommenge 52 Mio. kWh. Diese Strommenge und die anfallende Wärme wurde fast vollständig auf den Kläranlagen selbst genutzt. Die Einführung der Regelungen zum Eigenstromverbrauch hatte zur Folge, dass sich die Wirtschaftlichkeitsgrenze zur Umrüstung einer Kläranlage hin zur Klärgasnutzung deutlich erhöht hatte. Entsprechend wurden weniger Kläranlagen seitdem umgerüstet als ursprünglich durch die Betreiber geplant. Damit wurde im EEG 2014 und 2017 die Chance verpasst, mit einer stärkeren Entwicklung im Bioenergiebereich die Chancen für Regelenergie, Bedarfe und Speicherung von Bioerdgas auszubauen. 22. Wie ist sichergestellt, dass die Stärkung der Bioenergie nicht mit einem einseitigen Energiepflanzenanbau in Monokulturen einhergeht? Beginnend mit dem EEG 2012 wurden die Anreize und Boni für den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen reduziert und schließlich gestrichen. Zuletzt wurde im EEG 2017 die neue Förderung von Biomasseanlagen mit der Bedingung, die stufenweise bis 2021 verschärft wird, verknüpft, dass Biomasseanlagen maximal 44 Prozent Mais als Substrat einsetzen dürfen. Neben dieser Regelung gelten auch für den Anbau von Energiepflanzen die allgemeinen Regelungen der EU zur Gemeinsamen Agrarpolitik, die eine entsprechende Fruchtfolgediversifizierung vorschreiben. Beim überwiegenden Teil der für die erneuerbare Energie (insbesondere Wärmebereich) eingesetzten Biomasse handelt es sich um Holz. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 27 39 Prozent der verbrauchten erneuerbaren Primärenergie in Rheinland-Pfalz wird aus Holz gewonnen. Insbesondere im Bereich der EE Wärme dominiert die feste Biomasse (vor allem Brennholz) mit 71 Prozent. Eine Reduzierung der Bioenergie auf den Bereich der Stromproduktion, an der sie in nur geringem Umfang teilhat, würde dieser nicht gerecht. Der Roh- und Brennstoff Holz wird im Rahmen der multifunktionalen Forstwirtschaft nachhaltig erzeugt. Wie die Ergebnisse der 3. Bundeswaldinventur zeigen, werden die Wälder in Rheinland-Pfalz immer natürlicher und vielfältiger. Laubbäume und Mischwälder sind weiter auf dem Vormarsch. Die Buche, die verbreitet ein maßgeblicher Bestandteil der hiesigen natürlichen Waldgesellschaften ist, ist erstmals häufigste Baumart in Rheinland Pfalz. Im Wald finden sich immer mehr alte Baumveteranen. Das als Lebensraum wichtige Totholz nimmt weiter zu. D. Wasserkraft 23. Wie haben sich die Anlagenzahl und die installierte Leistung von Wasserkraftanlagen in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? Im Vergleich zur Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/4972) auf die Frage 27 der Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 16/4778) aus 2015 ist die Anlagenzahl in der Summe weitgehend identisch geblieben. In 2015 gab es 460 Wasserkraftanlagen, in 2017 sind es 461 Wasserkraftanlagen. Auf die nachfolgende Tabelle wird verwiesen. Datengrundlage ist das Querbauwerksinformationssystem (QUIS) des Landesamtes für Umwelt, in dem alle der Wasserwirtschaftsverwaltung bekannten Wasserkraftanlagen geführt werden. Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 28 24. Welche Potenziale bestehen nach Auffassung der Landesregierung für einen weiteren Ausbau der Wasserkraft in Rheinland-Pfalz und worauf begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? Die Landesregierung ist der Auffassung, dass eine Steigerung der Wasserkraftnutzung unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange vor allem an den vorhandenen Standorten durch Reaktivierung stillgelegter Anlagen oder Steigerung der Effizienz der in Betrieb befindlichen Anlagen erfolgen kann. Auf der Grundlage der Bewertung der rheinland-pfälzischen Wanderfischgewässer hinsichtlich Durchgängigkeit und Eignung zur Wasserkraftnutzung besteht an den vorhandenen Wasserkraftanlagen ein Zubaupotenzial von 5 bis 7 MW. E. Geothermie 25. Wie haben sich die Anlagenzahl und die installierte Leistung von Tiefengeothermieanlagen in Rheinland-Pfalz insgesamt entwickelt (bitte auch aufgeschlüsselt nach Landkreisen und nach Jahren seit 2002)? In Rheinland-Pfalz gibt es zwei zugelassene Tiefengeothermieanlagen. Die erste Anlage wurde im Jahr 2007 in der kreisfreien Stadt Landau in Betrieb genommen und hat eine installierte Leistung von 3,8 MW. Die zweite Anlage wurde im Jahr 2012 in der Ortsgemeinde Insheim, Landkreis Südliche Weinstraße, in Betrieb genommen und verfügt über eine installierte Leistung von 4,8 MW. 26. Welche Potenziale bestehen nach Auffassung der Landesregierung für einen weiteren Ausbau der Geothermie in Rheinland-Pfalz und worauf begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? Grundlage für die Planungen für die Entwicklung der erneuerbaren Energien im Strombereich auf der Erzeugungsseite bilden das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Gesetz für die Erhaltung, Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) sowie das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG). Mithilfe dieser Instrumente konnte die Nutzung der Tiefengeothermie ermöglicht werden. Jedoch obliegt die Projektanbahnung, Planung und Antragstellung grundsätzlich den projektierenden Unternehmen. Angesichts der Havarie des Geothermie-Kraftwerkes in Landau und dessen Pilotfunktion kann ein verlässlicher Ausblick über neue Projekte derzeit nicht erfolgen. In den mittel- bis langfristigen Planungen der Stromversorgung des Landes Rheinland-Pfalz bietet die Tiefengeothermie keine bedeutenden zusätzlichen Potenziale. F. Regelkraftwerke und Speichertechnologien 27. Wie hat sich der Ausbau der Regelenergie seit 2002 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Strom- und Gasnetz)? Aufgabe der Regelenergie in der Stromversorgung ist es, als kurzfristig wirkende Systemdienstleistung die Leistungsbilanz und die Frequenz des Versorgungssystems aufrechtzuerhalten. Die dazu notwendige Regelleistung wird in wettbewerblichen Verfahren in Abhängigkeit von der benötigten Regelenergieart von den Übertragungsnetzbetreibern am Primärregel-, Sekundärregel- und Minutenreservemarkt beschafft. Entsprechend den Daten des Monitoringberichts 201610) der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts hat sich der Umfang der ausgeschriebenen Regelleistung (Primärregelung ca. 575 MW, Sekundärregelleistung positiv/negativ je ca. 2 000 MW sowie Minutenreserveleistung positiv/negativ je ca. 2 100 MW) trotz des Ausbaus der fluktuierenden Stromerzeugung durch Windenergie und Photovoltaik im Zeitraum von 2012 bis 2015 im Durchschnitt kaum verändert. Der durchschnittliche Einsatz von Sekundärregelleistung und Minutenreserveleistung geht seit 2012 tendenziell zurück, was auch für die Entwicklung der durchschnittlich eingesetzten Regelleistung zutrifft. Der eigentliche Ausgleich von Strombedarf und Stromerzeugung soll auch bei zukünftig deutlich höheren Anteilen der regenerativen fluktuierenden Stromerzeugung an der Strombörse und im außerbörslichen Stromhandel stattfinden, wo bereits heute im Vergleich zu den Regelenergiemärkten wesentlich höhere Strommengen gehandelt werden. Dabei sollen zu diesem Ausgleich benötigte hochflexible Gaskraftwerke mehr und mehr mit erneuerbarem Gas versorgt werden, dass beispielsweise unter Verwendung von regenerativen erzeugten Stromüberschüssen in Power-to-Gas-Anlagen erzeugt wird. In der Gasversorgung dient die Regelenergie der Netzstabilität und der Versorgungssicherheit innerhalb der beiden Marktgebiete GASPOOL und NetConnect Germany (NCG) und wird durch den jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen beschafft. Die Regelenergie setzt sich dabei aus unentgeltlicher interner Regelenergie (Netzpuffer innerhalb des Marktgebietes) und kostenpflichtiger externer Regelenergie (Beschaffung über die Börsen Pegas und ICE ENDEX sowie über marktgebietseigene Ausschreibungsplattformen ) zusammen. Grundsätzlich ist der Anteil der internen Regelenergie höher, da die Marktgebietsverantwortlichen verpflichtet sind, diese vorrangig einzusetzen. Da in den Wintermonaten die Schwankungen hinsichtlich Über- und Unterspeisung stärker ausgeprägt sind, steigt in diesem Zeitraum der Anteil externer Regelenergie. 10) https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/ Monitoring/Monitoringberichte/Monitoring_Berichte_node.html Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 29 Entsprechend den Daten des Monitoringberichts 2015 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt zeigt der Einsatz von Regelenergie bei H- und L-Gas sowohl im GASPOOL- als auch im NCG-Marktgebiet im Zeitraum von 2009 bis 2. Quartal 2015 eine leicht abnehmende Tendenz. Mit der Einführung eines neuen Grundmodells für Ausgleichsleistungen und Bilanzierungsregeln im Gassektor (GaBi Gas 2.0) zum 1. Oktober 2015 hat sich auch der Modus der Bilanzierung der Regelenergie grundlegend geändert. Eine Vergleichbarkeit der aktuellen Regelenergiedaten zu früheren Daten ist daher nicht mehr gegeben. 28. Welche Speichertechnologien (Power-to-Gas, Batteriespeicher usw.) bestehen derzeit in Rheinland-Pfalz und wie hat sich ihr Ausbau seit dem Jahr 2002 entwickelt? Im Netzregelgebiet der Amprion GmbH, zu dem auch Rheinland-Pfalz gehört, befindet sich im luxemburgisch-rheinland-pfälzischen Grenzgebiet das luxemburgische Pumpspeicherkraftwerk Vianden, das mit einer im Jahr 2014 auf 1 290 MW noch einmal erweiterten Turbinenleistung zu den größten Speicheranlagen in Europa gehört. Mit dem Verbundprojekt Westeifel der Kommunale Netzte Eifel AöR (KNE), das auch auf die Speicherung von Biogas im Gasnetz abzielt, ist auch in einem anderen Technikbereich eine Speicherlösung in Vorbereitung. Als Beispiele für innovative Regelenergie- und Speicheranlagen in Rheinland-Pfalz, die in den zurückliegenden Monaten erfolgreich in das Energieversorgungssystem integriert wurden, können z. B. die flexibel steuerbaren Biogasanlagen der Kläranlagen in Kaiserslautern und in Trier, die Biomethan-Anlage in Pirmasens und die Power-to-Gas-Anlage in Mainz genannt werden. Zusätzlich zu solchen größeren Anlagen steigt auch der Einsatz von Hausbatteriespeicheranlagen für Ein- und Mehrfamilienhäuser stark an. Dieser Trend wird sich mittelfristig noch deutlich verstärken, da die Batterie-Preise zuletzt deutlich gesunken sind und die Speicherung für den Eigenverbrauch nach Auslaufen der EEG-Förderung älterer Anlagen eine wesentliche, wirtschaftliche Alternative zur direkten Einspeisung ins Stromnetz sowie zum Strombezug aus der allgemeinen Versorgung bietet. Entsprechend den unterschiedlichen Speicheranforderungen in den jeweiligen Anwendungsfeldern ist davon auszugehen, dass sich im Ergebnis des technologieoffenen Wettbewerbs weitere Speichertechnologien am Markt etablieren werden. 29. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um die Entwicklung und den Ausbau von Speichertechnologien in Rheinland-Pfalz zu unterstützen? In 2014 und 2015 sind über die Forschungsinitiative des Landes, d. h. im Rahmen der Forschungsprofilbildung der rheinlandpfälzischen Hochschulen, jeweils rund 740 000 Euro in Forschungsschwerpunkte geflossen, die in Teilaspekten allgemeine Forschungsfragen der Energieforschung berühren. Darüber hinaus werden Forschungsfragen der Energieforschung auch im Rahmen der jeweiligen spezifischen Forschungsausrichtung der Forschungseinrichtungen auch institutionell bearbeitet. Seitens des rheinland-pfälzischen Energieministeriums wurden Projekte zur Erforschung und Weiterentwicklung von Energiespeichertechnologien im Jahr 2014 mit finanziellen Mitteln des Landeshaushalts in Höhe von rund 0,58 Mio. Euro sowie in 2015 mit rund 1,04 Mio. Euro unterstützt. Zu den vom Land unterstützten Speicherprojekten zählen u. a.: – Pilotanlage zur Methanisierung von Kohlendioxid mit Wasserstoff im Energiepark Pirmasens-Winzeln Zur Optimierung des Verfahrens zur Biosynthese von Methan aus Kohlendioxid und Wasserstoff werden in der Pilotanlage des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V. (PFI) im Energiepark Pirmasens-Winzeln umfangreiche Versuchsreihen zur Verfahrensoptimierung durchgeführt. Ziel ist es, die Technologie weiter zu entwickeln und bis zur Schwelle großtechnischer Anwendung zu skalieren. – Modellprojekt „myPowerGrid“ des Fraunhofer ITWM, Kaiserslautern Das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) entwickelte im Rahmen des myPowerGrid-Projekts moderne Softwaretechnologien zur Realisierung sowie ein Businessmodell zur wirtschaftlichen Umsetzung eines verteilten, batteriegestützten Stromspeichers. „MyPowerGrid“ ermöglicht über eine Internetplattform die Vernetzung einer Vielzahl von dezentral installierten Stromspeichern zu einer virtuellen Großbatterie. – Projekt „Vevide“ (Transferstelle Bingen und Kooperationspartner) In dem Gemeinschaftsprojekt „Vevide“ der Transferstelle Bingen, der EWR Netz GmbH, der Technischen Werke Ludwigshafen AG, der DEEnO Energie AG und der SP EnergyControl GmbH wird aus unterschiedlichen, in der Wirtschaft in hoher Anzahl bereits vorhandenen Energiespeichern, wie z. B. Druckluftspeichern oder Kälte- bzw. Wärmespeichern in Kombination mit KWK- Anlagen oder Wärmepumpen, aber auch elektrischen Zusatzheizanlagen in Wärmenetzanlagen oder Wasserpumpenanlagen mit Hochspeichern, ein großer virtueller Energiespeicher geschaffen. – Cluster StoREgio Energiespeichersysteme e. V. mit Sitz in Ludwigshafen Der Cluster StoREgio unterstützt die Etablierung und Anwendung von Energiespeichersystemen als wesentliche Option zur Bereitstellung von Flexibilität in Energiesystemen auf Basis erneuerbarer Energien. Dabei richtet sich der Cluster an Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen und bietet diesen eine Plattform, um im vorwettbewerblichen Bereich wertschöpfungskettenübergreifend gemeinsam an den dazu erforderlichen Entwicklungen zu arbeiten. Im Fokus des Clusters StoREgio stehen intelligente, stationäre Energiespeichersysteme als kooperative Leistungen der High-Tech-Branchen Energie und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie ihrer Zulieferindustrien als Entwickler und Hersteller innovativer Materialien und Komponenten. Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 30 30. Welche bundesgesetzlichen Weichenstellungen hält die Landesregierung für notwendig, um den Ausbau und die Entwicklung von Regel- und Speichertechnologien zu erhöhen? Die mit der weiteren Umsetzung der Energiewende verbundene zunehmend notwendige Flexibilisierung unseres Energieversorgungssystems kann durch die uns heute technologisch bereits zur Verfügung stehenden Speicher- und Regelungstechnologien sicher umgesetzt werden. Das schließt aber nicht aus, dass diese Technologien noch weiteres Entwicklungs- und Optimierungspotenzial besitzen oder das ganz neue Regelungs- und Speichertechnologien einen zusätzlichen positiven Impuls für eine dynamische und kosteneffiziente Umsetzung der Energiewende geben könnten. Im Bereich der Forschung und Entwicklung von Speicher- und Regeltechnologien sowie für deren Markteinführung ist die Bundesregierung aufgefordert, im erforderlichen Umfang finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Für den weiteren Ausbau von Energiespeicherung und Regelung müssen bestehende Hindernisse im Energiewirtschaftsrecht abgebaut werden. Hierzu gehört insbesondere die Streichung aller Letztverbraucherabgaben, -umlagen, -entgelte sowie -steuern für alle Energiespeicher . Im Bereich der Bioenergie als regenerativer Energiespeicher muss die Deckelung des Flexibilisierungszuschlags für Biogas aufgehoben und der Bonus für die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan wieder eingeführt werden. Darüber hinaus muss Eigenstrom aus neuen und bestehenden EE-Anlagen sowie flexibel regelbaren hocheffizienten Erdgas-KWK- Anlagen wieder vollständig von der Zahlung der EEG-Umlage befreit werden. Darüber hinaus gilt es, günstige Rahmenbedingungen für die effiziente Kopplung der Energienetze (Strom, Gas, Wärme) durch Power-to-gas, Power-to-heat oder EE-Gasverstromung in KWK zu schaffen. G. Strompreise 31. Wie hat sich der Börsenstrompreis für die Erzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien seit 2002 entwickelt? Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der durchschnittlichen Preise für Baseload-Strom an der Strombörse EPEX-Spot je Quartal (KWK-Index, üblicher Strompreis nach KWK-Gesetz) für den Zeitraum 2002 bis 1. Quartal 2017 sowie des durchschnittlichen Anteils der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Deutschland in diesem Zeitraum. Da regenerativ erzeugter Strom an den Strombörsen zu sehr geringen Grenzkosten gehandelt wird, werden mit steigendem Anteil von EE-Strom in zunehmenden Maße fossile Kraftwerke mit hohen Grenzkosten als preissetzende Anbieter (Merit Order) aus dem Handel an der Strombörse verdrängt. Als Folge dieser Entwicklung sanken die Börsenstrompreise, wie es im Zeitraum 2011 bis 2015 deutlich zu beobachten war. Die Höhe des durchschnittlichen Börsenstrompreises ist aber auch von einer Vielzahl weiterer Faktoren (z. B. Wirtschaftswachstum oder -krisen, volatile Preise für Importenergieträger etc.) mit sich teilweise stark überlagernden Auswirkungen abhängig. Zudem steigt durch die immer enger werdende Vernetzung der europäischen Strommärkte die Anzahl der strompreisbestimmenden Faktoren (u. a. Verfügbarkeit des Kraftwerksparks in Nachbarländern) weiter an. Wirkungen einzelner Faktoren, wie z. B. der strompreissenkende Effekt von regenerativ erzeugtem Strom, können dadurch zeitweise überdeckt werden. So kann der Anstieg der Börsenstrompreise ab dem 3. Quartal 2016 auf umfangreiche zeitweise Stilllegungen französischer Atomkraftwerke ab Sommer 2016 und einem damit verbundenen erhöhten Bedarf an Stromimporten aus Deutschland zurückgeführt werden. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 31 Eine zwingende Korrelation zwischen dem Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Stromsektor und den durchschnittlichen Börsenstrompreisen kann daher für den betrachteten Zeitraum nicht sicher abgeleitet werden. Im Zeitraum von 2002 bis 2016 hat sich in Deutschland der Bruttostromverbrauch von 587,4 Mrd. kWh auf 594,7 Mrd. kWh und die Bruttostromerzeugung von 586,7 Mrd. kWh auf 648,4 Mrd. kWh erhöht. Dem gegenüber steht ein starker Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 45,1 Mrd. kWh in 2002 auf 188,3 Mrd. kWh in 201611). 32. Wie hat sich die EEG-Vergütung für die einzelnen Erneuerbare-Energien-Anlagen seit 2002 entwickelt? Eine detaillierte Auflistung der EEG-Vergütungen für die einzelnen EE-Anlagen seit 2002 würde aufgrund der komplexen Ausgestaltung der Fördersätze, u. a. nach Leistungsklassen, für die eingesetzten regenerativen Energieträger oder technischen Anlagenspezifika sowie aufgrund der zahlreichen EEG-Novellierungen in den zurückliegenden Jahren die zeitaufwändige Erstellung umfangreicher Datensätzen notwendig werden lassen, was im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage nicht möglich ist. Daher wird in der nachfolgenden Tabelle an den Beispielen onshore-Windkraftanlage, PV-Dachanlage sowie PV-Freiflächenanlage die Entwicklung der EEG-Einspeisevergütung aufgezeigt. Ergänzend dazu enthält die Tabelle aktuelle Ergebnisse der Ausschreibungen zur onshore-Windkraft und Freiflächen-PV12). IV. Wärmewende in Rheinland-Pfalz 33. Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff „Wärmewende“? Um die international gesteckten Klimaschutzziele einhalten zu können, müssen die Treibhausgasemissionen in allen Sektoren – Strom, Wärme und Mobilität – umfassend gesenkt werden. Dabei ist insbesondere der Wärmesektor von großer Bedeutung. Denn die Bereitstellung von Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme hat in Deutschland einen Anteil von rund 40 Prozent an den energiebedingten CO2-Emissionen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeerzeugung liegt deutschlandweit bei nur rund 13 Prozent. Auch in Bezug auf den Energieverbrauch spielt der Wärmesektor eine bedeutende Rolle. Rund 56 Prozent des Endenergieverbrauchs entfallen in Deutschland ebenso wie in Rheinland-Pfalz auf den Anwendungsbereich Wärme und Kälte. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger liegt im Bereich der Wärme und Kälte in Rheinland-Pfalz bei rund 11 Prozent. Die Herausforderungen werden darin bestehen, den Wärmebedarf im für den Klimaschutz erforderlichen Umfang zu senken und die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. Im Koalitionsvertragt hat die Landesregierung vor diesem Hintergrund einen stärkeren Fokus auf den Wärmemarkt festgeschrieben. Mit dem vom Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten erarbeiteten Wärmekonzept für Rheinland-Pfalz werden die verstärkten Anstrengungen im Wärmebereich gebündelt. 34. Wie viel Endenergie wird durch die Bereitstellung von Wärme bzw. Kälte in Rheinland-Pfalz verbraucht und wie setzt sie sich zusammen ? Die Informationen über die Bereitstellung von Wärme/Kälte beziehen sich auf den Bruttoendenergieverbrauch. Hierbei handelt es sich um eine Berechnungsgröße entsprechend der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Richtlinie 2009/28/EG). Es liegen nur vorläufige Daten für das Jahr 2014 vor. Energiestatistische Daten zum Bruttoendenergieverbrauch zur Wärme- und Kälteerzeugung sowie zu den dabei eingesetzten Energieträgern sind in nachfolgender Tabelle zusammengestellt. 11) Quelle: Energiestatistik BMWi: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/energiedatengesamtausgabe.html 12) Quellen: https://www.erneuerbare-energien.de/EE/Redaktion/DE/Dossier/eeg.html?cms_docId=401818 https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/ Anlagenregister/Anlagenregister_ https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/ Ausschreibungen/AusschreibungenEEG_node.html Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 32 (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Auftrag des MUEEF: Berechnung nach einer Methodik des Länderarbeitskreises Energiebilanzen auf Basis der Energiebilanz für Rheinland-Pfalz.) 35. Welchen Anteil an Treibhausgasemissionen hat der Wärmesektor an den Gesamtemissionen in Rheinland-Pfalz? Hierzu liegen keine vollständigen Informationen vor. Eine Abschätzung lässt sich lediglich für die energiebedingten CO2-Emissionen vornehmen. Im Rahmen einer Anfrage des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten vom Frühjahr 2017 wurde vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz eine Sonderauswertung der verfügbaren Daten erstellt. Demnach liegt der Anteil der CO2-Emissionen im Wärmebereich an den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen in Rheinland-Pfalz als Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014 zwischen 44 und 48 Prozent13). 36. Welche Handlungsfelder und Maßnahmen bietet das Wärmekonzept der Landesregierung? Mit dem Wärmekonzept für Rheinland-Pfalz werden acht Schwerpunktbereiche vorgestellt, die für die Umsetzung der Wärmewende in Rheinland-Pfalz von herausgehobener Bedeutung sind: 1. Energetische Quartiersentwicklung, 2. Nahwärmenetze und Wärmespeicher, 3. Bioenergie, 4. Energetische Gebäudesanierung, 5. Regenerative Heiz- und Kühltechnik, 6. Nutzerverhalten/ Energieberatung, 7. Nachhaltige Baumaterialien, 8. Verknüpfung von Strom und Wärme Speicherung und Regelung (Sektorkopplung). 13) Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistische Berichte „Energiebilanz und CO2-Bilanz“, Tabelle 5.4, Aktuelle Ausgabe abrufbar im Internet unter: http://www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/berichte/E4123_201400_1j_L.pdf , Stand: 29. Mai 2017, Schätzung auf Basis von Daten der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 33 In den einzelnen Schwerpunktbereichen werden Instrumente und Maßnahmen beschrieben, die zur Senkung des Wärmebedarfs und zur Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien beitragen. Dabei ist das Konzept dynamisch angelegt, sodass künftige Prozesse und Entwicklungen in diesem Berücksichtigung finden können. Das Wärmekonzept kann auf den Internetseiten des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten heruntergeladen werden: https://mueef.rlp.de/fileadmin/ mulewf/Publikationen/Waermekonzept_fuer_Rheinland-Pfalz.pdf. 37. Wie hat sich der Ausbau von hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Anlagen) seit 2002 entwickelt? Die Entwicklung des Ausbaus der Kraft-Wärme-Kopplung in Rheinland-Pfalz im Zeitraum von 2002 bis 2014 kann anhand der Bruttostromerzeugung der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Daten für die KWK-Stromerzeugung des Landes in 2015 liegen noch nicht vor. Die in KWK erzeugte Strommenge hat sich von 4,7 Mrd. kWh in 2003 auf ca. 9,1 Mrd. kWh in 2008 nahezu verdoppelt. Seitdem ist tendenziell ein leichter Rückgang der KWK-Stromerzeugung in Rheinland-Pfalz zu verzeichnen. Da die KWK-Stromerzeugung in Rheinland-Pfalz stark auf der industriellen Eigenstromerzeugung beruht, wirken sich konjunkturelle Einflüsse insbesondere in der chemischen Industrie merklich auf die KWK-Stromerzeugung aus. Als Folge des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Stromsektor ist der prozentuale Anteil der KWK an der Stromerzeugung deutlich rückläufig. 38. Welche bundesgesetzlichen Änderungen sind aus Sicht der Landesregierung notwendig, um den dezentralen Ausbau von KWK- Anlagen zukünftig zu stärken? Der Bundesgesetzgeber hat in den zurückliegenden Jahren mit der Novellierung des KWKG in 2015, dem KWKG-EEG-Änderungsgesetz in 2016 sowie dem aktuellen Entwurf des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes grundlegende Einschnitte in der Förderung von neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen vorgenommen. So wurde das bisherige Ausbauziel von 25 Prozent Anteil der KWK an der Stromerzeugung bis 2020 durch die Umstellung auf das Mengenziel für 2020 von 110 Mrd. kWh KWK-Strom deutlich abgesenkt. Die Förderung der Eigenstromerzeugung in KWK wurde bis auf wenige Ausnahmen für kleine Erzeugungsanlagen , Kundenanlagen und geschlossene Verteilnetze sowie stromkostenintensive Unternehmen erheblich eingeschränkt. Die Höhe der Förderung von KWK-Strom im Leistungssegment von 1 bis 50 MWel wird zukünftig durch Ausschreibungen ermittelt. Die Teilnahme von Eigenstromerzeugungsanlagen an den Ausschreibungen ist dabei ausgeschlossen. Durch die vorgesehene Abschaffung der Zahlung vermiedener Netznutzungsentgelte für Strom aus neuen dezentralen KWK- Anlagen ab 2021 sowie die vorgesehene schrittweise Absenkung der Zahlung vermiedener Netznutzungsentgelte für bestehende KWK-Anlagen bis 2030 ist zu erwarten, dass die zukünftigen Erlöse für KWK-Strom sinken werden und Investitionen in hocheffiziente KWK-Anlagen neu zu bewerten sind. (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz im Auftrag des MUEEF: Energiebilanzen für Rheinland-Pfalz.) Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 34 Die erheblichen Änderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die KWK lassen negative Auswirkungen für den weiteren Ausbau dieser Hocheffizienztechnologien befürchten. Daher hat sich die rheinland-pfälzische Landesregierung im Rahmen der Bundesratsbefassung zu den KWKG-Novellierungen in 2015 und 2016 mit eigenen Anträgen für eine Beibehaltung des vorherigen KWK-Ausbauziels für 2020, gegen die Schlechterstellung der Eigenstromerzeugung bei der Förderung nach dem KWKG, für eine Verdopplung des Ausschreibungsvolumens im KWK-Leistungssegment von 1 bis 50 MWel sowie für die Beibehaltung der Regelungen zur Zahlung vermiedener Netznutzungsentgelte sowohl bei neuen als auch bestehenden KWK-Anlagen ausgesprochen. 39. Welches Potenzial sieht die Landesregierung in Nahwärmenetzen und wie kann dies in der Fläche befördert werden? Nahwärmenetze unter Einbezug von Wärmespeichern können in vielen Fällen ein geeignetes Instrument zur Umsetzung der Wärmewende vor Ort sein. Sie bieten die Möglichkeit, erneuerbare Energien und Effizienztechnologien in lokale Versorgungssysteme zu integrieren. In Rheinland-Pfalz sollen vorhandene effiziente Wärmenetzstrukturen weiterentwickelt, der Ausbau neuer effizienter Wärmenetze gefördert sowie die Einspeisung von Wärme aus erneuerbaren Energien und Abwärme gestärkt werden. Dazu werden im Rahmen des Programms „Zukunftsfähige Infrastruktur – ZEIS“ der Bau und Ausbau von Wärmenetzen und Wärmespeichern sowie Investitionen gefördert, durch die erneuerbare Energien für die Wärmeversorgung aktiviert werden, gefördert. Des Weiteren unterstützt die Energieagentur Rheinland-Pfalz interessierte Akteure durch Fachveranstaltungen im Rahmen der Informationsoffensive Nahwärme und mit praxisnahen Informationsmaterialien wie dem Nahwärmeleitfaden, der Anregungen und Hilfestellungen für die Planung und Realisierung von Wärmenetzen vermittelt. V. Verkehrswende in Rheinland-Pfalz 40. Wie hoch ist der Anteil des Verkehrssektors (mit und ohne den Teilbereich Transport) an den gesamten Treibhausgasemissionen? Es liegen ausschließlich Informationen über die energiebedingten CO2-Emissionen, nicht aber über die gesamten Treibhausgas- Emissionen des Verkehrs vor. Eine Differenzierung nach Güter- und Personentransport ist nicht möglich. Daten zu den energiebedingten CO2-Emissionen im Verkehrssektor in Rheinland-Pfalz sind in nachfolgender Tabelle aufgeführt: 41. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um den ÖPNV in Rheinland-Pfalz attraktiver zu gestalten? 42. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um das Angebot im ÖPNV auszubauen? 44. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um den Individual- mit dem öffentlichen Verkehr (im Sinne einer Mobilitätskette) besser zu verknüpfen? Die Fragen 41, 42 und 44 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung ist es ein großes Anliegen, den ÖPNV/SPNV im Land als echte Mobilitätsalternative zu positionieren. Dabei ist zu beachten, dass ÖPNV/SPNV ein komplexer Bereich und eine Langfristaufgabe ist. Vor diesem Hintergrund kann das politische Ziel, die Fahrgastzahlen zu steigern und den Marktanteil des ÖPNV/SPNV zu erhöhen, nur erreicht werden, wenn ein langfristiges Konzept besteht, das Schritt für Schritt umgesetzt wird. Hierbei sieht die Landesregierung die einzelnen Bestandteile nicht isoliert, sondern den ÖPNV/SPNV als vernetztes Gesamtsystem, in dem die einzelnen Teilbereiche aufeinander abgestimmt umgesetzt werden. Die Kunden wünschen zunehmend Lösungen aus einer Hand. Es ist daher zwingend notwendig sowohl im ÖPNV als auch im SPNV gute Lösungen und Angebote zu bieten, wenn beide Bereiche auf Dauer erfolgreich sein sollen. Dies ist zum einen ein attraktives, nahezu ständig verfügbares Grundangebot in all seinen Facetten und zum anderen die Einbettung dieses Angebotes in ein gesamthaftes Verkehrsangebot, das alle Mittel der Digitalisierung nutzt. CO2-Emissionen aus dem Endenergieverbrauch (Verursacherbilanz) im Verkehrssektor 2010 bis 201414) Jahr Insgesamt darunter: Verkehr 1 000 t CO2 Prozent 2010 38 710 9 323 24,1 2011 37 870 9 384 24,8 2012 37 422 9 112 24,3 2013 38 483 9 122 23,7 2014 36 412 9 284 25,5 14) Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistische Berichte „Energiebilanz und CO2-Bilanz“, Tabelle 5.3, Aktuelle Ausgabe abrufbar im Internet unter: http://www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/berichte/E4123_201400_1j_L.pdf, Stand: 29. Mai 2017. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 35 In den vergangenen Jahren hat die Landesregierung – gemeinsam mit den Partnern in der Branche – über eine Vielzahl von Projekten erreicht, dass die Grundlagen für einen verbesserten Nahverkehr gelegt wurden. Dies gilt insbesondere für das direkte Angebot für den Kunden. Auf der Schiene ist das Projekt Rheinland-Pfalz-Takt 2015 (RPT 2015) zu nennen, dass den SPNV auf eine neue Angebotsstufe und eine neue Fahrzeugqualität gehoben hat. Die Landesregierung hat das Projekt initiiert, gemeinsam mit den Partnern konzipiert und im Rahmen von wettbewerblichen Verfahren in Verbindung mit Infrastrukturprojekten umgesetzt. Im Busbereich sind insbesondere die ÖPNV-Konzepte Nord und RNN zu nennen. Diese Konzepte stellen eine komplette Revision des Angebotes dar und werden schrittweise zu einer deutlichen Verbesserung des Busverkehrs und der Verknüpfung mit dem SPNV auch im ländlichen Raum führen. Auch hier ging der Impuls vom Land aus, die Umsetzung erfolgt gemeinsam mit den lokalen Partnern. Mit der Echtzeitinitiative ist zudem der Einstieg in das Thema Digitalisierung/Nahverkehr 4.0 gelungen. Die zunehmende Ausrüstung der Unternehmen mit den für die Echtzeit notwendigen Systemen ist eine der Grundlagen, um hier zu einer echten Weiterentwicklung zu kommen. Es wird in den nächsten Jahren darauf ankommen, die mit den bisherigen Projekten gelegte Basis weiterzuentwickeln. Die Landesregierung wird dabei den Weg weitergehen, zukünftig Mobilitätsangebote aus einer Hand anbieten zu können. Hierzu werden auf allen Ebenen die notwendigen Projekte angegangen, um dieses Ziel zu erreichen und den Anteil des ÖPNV/SPNV zu steigern. Beispiele für derartige Projekte sind die Überarbeitung des Nahverkehrsgesetzes, um die Organisationsstruktur im ÖPNV/SPNV zukunftsfähig zu machen und die Finanzierung langfristig zu sichern, des Weiteren die konsequente Fortsetzung der ÖPNV-Konzepte und die Überarbeitung des Rheinland-Pfalz-Taktes mit dem neuen Projekt RPT 2030. Für die Bereiche Digitalisierung & Mobilitätsangebote aus einer Hand werden Strategien entwickelt, die die jetzigen klassischen Verkehrsangebote auf eine neue Stufe für den Nahverkehr 4.0 stellen und die mit dem Kern ÖPNV/SPNV den Kunden einen Mobilitätsmix bzw. Mobilitätsalternativen aus einer Hand (inkl. beispielsweise Carsharing, Mitnahme, Mietfahrräder, Park & Ride 2.0) anbieten. Ziel der Landesregierung ist es, im gesamten Land die Attraktivität des ÖPNV/SPNV zu steigern und für mehr Menschen zu einer attraktiven Mobilitätsalternative zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern dabei einen einfachen Zugang zur Mobilität aus einer Hand zu geben. 43. Welche Maßnahmen sind geplant, um das nachhaltige Mobilitätsmanagement bei der Landesverwaltung zu verbessern und wann werden diese Maßnahmen angegangen? Bei den Dienstfahrzeugen des Landes wird bis zum Jahr 2020 das Ziel eines deutlich höheren Anteils energieeffizienter, emissionsarmer Fahrzeuge weiter verfolgt. Es besteht die Absicht, den Anteil an E-Fahrzeugen / Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen weiter zu erhöhen. Mit einem Pilotprojekt wird in der Landesverwaltung ein nachhaltiges Mobilitätsmanagement unter Einbindung alternativer Antriebe, Car-Sharing, E-Bikes und Job-Tickets erarbeitet. 45. Welche Verbesserungen im Rad- und Fußverkehr strebt die Landesregierung an? Die Ziele des Landes hinsichtlich des Radverkehrs sind im Koalitionsvertrag auf den Seiten 53/54 festgehalten. Weitere Einzelheiten, auch die des finanziellen Engagement des Landes, sind in der Antwort zur Kleinen Anfrage 17/2862 „Alltagsradverkehr in Rheinland -Pfalz“ vom 24. April 2017 enthalten. Was den Fußverkehr angeht, so hält die Landesregierung es grundsätzlich für zielführend, wenn die Kommunen hierfür im Rahmen ihrer Planungshoheit Konzepte entwickeln und die Infrastruktur verbessern. Das Land unterstützt entsprechende Baumaßnahmen im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Förderung kommunaler Verkehrswegeinvestitionen. 46. Wie viele Elektroladesäulen für Pkw (bitte aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Ladearten) waren in Rheinland-Pfalz bis zum 31. Dezember 2016 installiert, wie viele wurden zum Stichtag 30. April 2017 beantragt oder genehmigt und welche Unterstützung leistet die Landesregierung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur? Am 31. Dezember 2016 gab es nach Angabe des Bundesverbandes Energie, Wasser und Abwasser (BDEW) in Rheinland-Pfalz 293 öffentlich zugängliche elektrische Ladestationen. Zu einer Aufschlüsselung aller in Rheinland-Pfalz vorhandenen Ladepunkte nach Art der Ladeeinrichtung liegen der Landesregierung keine belastbaren statistischen Zahlen vor. Überschlägige Informationen können den auf dem Markt befindlichen Internetportalen und Smartphone-Applikationen entnommen werden. Für öffentlich zugängliche Ladepunkte im Sinne der Ladesäulenverordnung, die nach dem 17. März 2016 errichtet wurden, wird die Art der Ladeeinrichtung in der Übersicht der Bundesnetzagentur aufgeschlüsselt 15). Die Errichtung öffentlich zugänglichen Ladepunkte an sich bedarf keiner öffentlich-rechtlichen Genehmigung mit entsprechender Antragstellung, da diese auch auf Privatgrundstücken errichtet werden können. § 4 der Ladesäulenverordnung regelt insoweit nur eine Anzeigepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur. 15) https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/HandelundVertrieb/ Ladesaeulenkarte/Ladesaeulenkarte_node.html Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 36 Eine Antragstellung ist jedoch für eine finanzielle Förderung von Ladeinfrastruktur nach Maßgabe der Förderrichtlinie des Bundes zur Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland erforderlich. Die Antragsphase für den ersten Aufruf zur Antragseinreichung endete am 28. April 2017. Der Landesregierung liegen noch keine Informationen vor, in welchem Umfang in Rheinland -Pfalz aus diesem Förderprogramm öffentlich zugängliche Ladestationen errichtet werden. Um den weiteren Handlungsbedarf für einen zielgerichteten Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur in Rheinland-Pfalz abzuleiten , fördert die Landesregierung das Forschungsvorhaben „Tankstelle 2.0 – Strategie zur nachhaltigen Versorgung von Kraftfahrzeugen mit alternativen Antrieben in Rheinland-Pfalz“. Die Ergebnisse sollen Mitte 2018 vorliegen. Die Energieagentur Rheinland-Pfalz berät Kommunen bei dem Aufbau elektrischer Ladeinfrastruktur auf der kommunalen Ebene. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Anlagen, die im Verbund mit einer regenerativen Erzeugung elektrischer Energie entstehen sollen. VI. Sektorenkopplung 47. Welche Möglichkeiten der Sektorenkopplung gibt es aus Sicht der Landesregierung in Rheinland-Pfalz? Die Sektorenkopplung, d. h. die Verknüpfung von Strom-, Wärme-, Erdgas- und Verkehrssektor, ist bereits jetzt ein Bestandteil unseres Energieversorgungssystems. Wesentliche Technologien für eine effiziente Sektorenkopplung sind bereits heute verfügbar und werden in der Praxis erfolgreich angewendet. Verknüpfungen von Strom- und Wärmeversorgung bestehen durch die Kraft-Wärme-Kopplung bei der Produktion von Strom und der gleichzeitigen Erzeugung von industrieller Prozesswärme, Raumwärme oder Warmwasser. Weitere Beispiele für eine eingeführte Sektorenkopplung sind u. a. Induktionsöfen in der Metallurgie oder im Gebäudebereich der Einsatz von Wärmepumpen. Elektrisch betriebene Schienenfahrzeuge stellen bereits heute eine etablierte Verknüpfung von Strom- und Verkehrssektor dar. Power-to-Gas-Anlagen verbinden den Stromsektor mit der Erdgasversorgung. Biogas- oder Erdgas-KWK-Anlagen verbinden mit Strom, Wärme und Biogas-/Erdgas sogar drei Energiesektoren auf hocheffiziente Weise miteinander. Es ist zu erwarten, dass mit der weiteren Umsetzung der Energiewende und zum Erreichen der klimaschutzpolitischen Zielsetzungen weitere Anwendungsfelder für die Sektorenkopplung hinzukommen werden. 48. Welche Potenziale bestehen für den Ausbau und die Nutzung der Sektorenkopplung? Mit der weiteren Umsetzung der Energiewende und der klimaschutzpolitischen Zielsetzungen auf der Ebene des Landes und des Bundes wird die Sektorenkopplung neu ausgerichtet werden und weiter an Bedeutung gewinnen. Während in der Vergangenheit elektrische Energie u. a. aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aufgrund prozesstechnischer Vorteile in anderen Verbrauchssektoren eingesetzt wurde, muss die Sektorenkopplung zukünftig einen stärkeren Beitrag zur Integration der erneuerbaren Energien in unser Energieversorgungssystem und zum Erreichen der klimaschutzpolitischen Zielstellung , insbesondere im Wärme- und Verkehrssektor leisten. Dabei beschränkt sich die Sektorenkopplung nicht nur auf die kosteneffiziente Nutzung von regenerativ erzeugtem Überschussstrom, sondern muss verstärkt gezielt für eine Substitution fossiler Brennstoffe bzw. Kraftstoffe eingesetzt werden. Eine erste Abschätzung der Potenziale der Sektorenkopplung im Land erfolgte im Rahmen der Verteilnetzstudie Rheinland-Pfalz16), die im Auftrag des Landes erstellt und in Jahr 2014 veröffentlicht wurde. Die Verteilnetzstudie weist ein Potenzial für Power-to-Heat von 3 100 MW bzw. 6 000 Mio. kWh sowie für Power-to-Gas von 200 MW bzw. 400 Mio. kWh aus. 49. Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? 50. Welche Hindernisse bestehen aus Sicht der Landesregierung für eine bessere Verknüpfung der Sektoren? Die Fragen 49 und 50 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wesentliches Hemmnis für eine breite Anwendung der Sektorenkopplung ist derzeit die geringe Wettbewerbsfähigkeit von Strom gegenüber fossilen Energieträgern, wie z. B. Erdgas oder Heizöl. Als Folge staatlich induzierter Preisbestandteile (Steuern, Abgaben, Entgelte und Umlagen) ist die Verwendung von Strom insbesondere im Wärmesektor auch trotz tendenziell sinkender Börsenstrompreise mit Ausnahme von industriellen Sonderanwendungen in der Regel nicht wirtschaftlich darstellbar. Allerdings würde eine generelle Befreiung von Strom, der in Sektorenkopplung eingesetzt wird, von allen staatlich induzierten Preisbestandteilen die Kostenbelastung weiterhin auf den Stromsektor konzentrieren und dort zusätzlich erhöhen. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen für regenerativ erzeugten Strom und fossile Brennstoffe bzw. Kraftstoffen im Wärme- oder Verkehrssektor, ggf. auch in industriellen Prozessen zu schaffen, wäre zu prüfen, wie die Belastungen, die sich aus dem Ausbau der erneuerbaren Energien ergeben, angemessen auf alle Verbrauchssektoren verteilt werden könnten. Alternative Konzepte könnten beispielsweise unmittelbar an den vermiedenen CO2-Emissionen anknüpfen. Die gesetzgeberische Kompetenz für die Umsetzung dieser o. g. Möglichkeiten zur Schaffung wirtschaftlich tragfähiger Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Sektorenkopplung liegt beim Bund. 16) https://mueef.rlp.de/fileadmin/mulewf/Themen/Energie_und_Strahlenschutz/Energie/Verteilnetzstudie_RLP.pdf Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 37 Die Erfordernisse für den weiteren Ausbau der Sektorenkopplung sind bei der geplanten Neuregelung staatlich induzierter Preisbestandteile zu berücksichtigen. VII. Wertschöpfung und Arbeitsplätze durch die Energiewende 51. Wie viel Wertschöpfung wird in Rheinland-Pfalz durch die Energiewende generiert (bitte aufgeschlüsselt nach Energiequellen)? 52. Wie viel Wertschöpfung konnte durch den Aufbau und die Installation von Energieanlagen in Rheinland-Pfalz generiert werden (bitte aufgeschlüsselt nach Energiequellen und Jahren seit 2002)? Die Fragen 51 und 52 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Antwort schlüsselt die Wertschöpfung nach den einzelnen Arten der regenerativen Stromerzeugung auf. Die Erzeugung regionaler Wertschöpfung ist ein wichtiger Grund für lokale und regionale Akteure, sich für den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung vor Ort zu engagieren. Dadurch verbleibt Kapital in der Region und weniger finanzielle Mittel fließen für Energieimporte ab. Neben einmalig anfallenden Wertschöpfungsgewinnen durch Investitionen in erneuerbare Energien (z. B. Windenergieanlagen, Photovoltaik) spielen – auf die Gesamtlaufzeit bezogen – jährlich wiederkehrende Wertschöpfungseffekte aus dem Anlagenbetrieb die größere Rolle. Hierzu gehören neben den Einnahmen der Betreiber u. a. auch die Einnahmen aus der Verpachtung von Grundstücken, durch Wartungsarbeiten sowie steuerliche Einnahmen der Kommunen. Solche kommunalen Wertschöpfungs - und Beschäftigungseffekte sind jedoch schwer zu beziffern. Aus diesem Grund liegen sowohl für die Bundes- wie auch die Landesebene nur relativ wenige aussagekräftige Zahlen zur Wertschöpfung durch die Energiewende vor. Eine detailliertere Auswertung der Wertschöpfung hat der Rhein-Hunsrück-Kreis durchgeführt. Bis Ende 2015 waren im Rheinhunsrückkreis 252 Windenergieanlagen mit insgesamt 631 MW Leistung, 4 182 Photovoltaikanlagen mit 86 MW Leistung und Biomasse, Anlagen mit 6,2 MW Leistung installiert. Berechnungen des Rhein-Hunsrück Kreises kommen zu dem Ergebnis, dass bis zum Jahr 2015 insgesamt 1,36 Milliarden in die Errichtung von EEG-Anlagen im Kreis investiert wurden. Dadurch wurden ca. 102 Mio. Euro als einmalige direkte regionale Wertschöpfung generiert. Hinzu kommt eine regionale, jährliche Wertschöpfung von ca. 43,5 Millionen Euro aus Wartung und Betrieb, Pachteinnahmen und Grundsteuer. Für Windenergieanlagen kommt die Auswertung von Erfahrungswerten des Rhein-Hunsrück-Kreises zu dem Ergebnis, dass jede installierte Anlage zu direkten, regionalen Investitionen in Höhe von mindestens 200 000 bis 2011 und von mindestens 250 000 Euro ab 2012 führt (berücksichtigt sind Ausgaben für Wegebau, Herrichtung Montageflächen, Fundamentaushub, Lieferung Fundamentbeton , Leitungsgräben, Objektsicherung Sicherheitsfirma, Netzanbindung mit dem Bau der Übergabestationen und Umspannwerke , Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, lokale Planungskosten, Vermessung, Genehmigungsgebühren, Gastronomie und Übernachtungskosten ). Auf Rheinland-Pfalz bezogen würde dies bedeuten, dass bei 1 612 (Stand 2016) installierten Windenergieanlagen direkte, mit dem Bau verbundene, regionale Investitionen von mindestens 322 400 000 Euro in den rheinland-pfälzischen Kommune generiert werden konnten. Auch hier kommt zusätzlich eine jährlich regionale Wertschöpfung z. B. durch Wartung, Pacht oder Gewerbesteuer hinzu, deren Höhe abhängig von Größe und Ertrag der jeweiligen Anlage ist. Nach Berechnungen des BMU wurden im Jahr 2013 deutschlandweit insgesamt 16,1 Mrd. Euro (2012: 20,2 Mrd. Euro) in die Errichtung neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen investiert. In ihrem 5. Fortschrittsbericht zur Energiewende gibt die Bundesregierung an, dass der geschätzte dämpfende Effekt durch erneuerbare Energien auf die Importnachfrage nach fossilen Brennstoffen im Jahr 2015 rechnerisch 8,8 Mrd. Euro netto betragen haben dürfte. Hinzu kommen Einsparungen durch den effizienzbedingten Rückgang des Energieverbrauchs, die für das Jahr 2015 auf rund 16 Mrd. Euro geschätzt werden. Dieses Kapital steht für zusätzliche Investitionen in den Regionen und Unternehmen zur Verfügung. Die Studie „Quantifizierung der Potenziale der Energiewende für den rheinland-pfälzischen Mittelstand“ benennt allein für das Jahr 2012 direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte sowie Wertschöpfungseffekte durch Exportaktivitäten von Erneuerbare- Energien-Unternehmen in Rheinland-Pfalz in Höhe von knapp 1,4 Mrd. Euro durch den Ausbau und den Bestand erneuerbarer Energien in Rheinland-Pfalz. Im selben Jahr wurde durch erneuerbare Energien im Strom- und Wärmesektor eine direkte Gesamtwertschöpfung in Höhe von ca. 875 Mio. Euro erzielt. Davon entfielen 432 Mio. Euro auf die Photovoltaik, 225 Mio. Euro auf die Windenergie sowie 40 Mio. Euro auf die Bioenergie im Strombereich. Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat Ende 2016 die Agentur für erneuerbare Energien und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung zusammen mit sieben weiteren Bundesländern mit der Erhebung der Umsätze und Beschäftigungseffekte bei erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz beauftragt. Die Umsätze von Anlagen- und Komponentenherstellern im Bereich erneuerbare Energien lagen im Jahr 2015 bei 210 Mio. Euro. Die Kosten für Betrieb und Wartung summierten sich in Rheinland-Pfalz auf 360 Mio. Euro. Über 60 Prozent der Umsätze stammen aus dem bestehenden regenerativen Kraftwerkspark. Den größten Beitrag zu den Umsätzen leistete mit 270 Mio. Euro die Windenergie. Die Solarindustrie steuerte 70 Mio. Euro bei. Deutlich überdurchschnittlich war der Beitrag der übrigen regenerativen Energiequellen mit 230 Mio. Euro. Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 38 Im Zeitraum der Jahre 2013 bis 2015 gingen die Umsätze durch erneuerbare Energien um 5 Prozent zurück. Deutschland verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Rückgang von 6,75 Prozent. Hauptsächlicher Grund für den Rückgang ist vor allem die im Jahr 2012 beginnende Krise der deutschen Solarwirtschaft, von der Rheinland-Pfalz im Vergleich unterdurchschnittlich betroffen war, da große Komponentenhersteller vor allem in anderen Bundesländern betroffen waren. Zudem blieb auch die Entwicklung der Bioenergie auch bedingt durch die gesetzlichen Veränderungen hinter den im EEG gesetzten Zielen zurück. 53. Wie viele Arbeitsplätze wurden durch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz geschaffen? Laut dem 5. Monitoringbericht „Energie der Zukunft“ des BMWi aus 2016 bot die konventionelle Stromversorgung im Jahr 2015 ca. 117 000 Personen Beschäftigung. Dieser Beschäftigungsstand bewegt sich etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Die erneuerbaren Energien boten im Jahr 2015 rund 330 000 Personen und damit fast dreimal so vielen Menschen Beschäftigung. In Rheinland-Pfalz waren nach den neuesten vorliegenden Zahlen im Jahr 2015 insgesamt 9 980 Menschen durch den Ausbau erneuerbarer Energien beschäftigt (Quelle: „Erneuerbar Beschäftigt – Umsätze und Beschäftigung durch erneuerbare Energien“, GWS, AEE, April 2017). Der Anteil aus Betrieb und Wartung betrug 33,1 Prozent und war damit bundesweit der höchste. Die Anteile verteilen sich wie folgt auf die unterschiedlichen Energiequellen: Windenergie: 3 580, Solarenergie: 1 260, Bioenergie: 4 280, Wasserkraft: 280, Geothermie: 580. 54. Wie hoch beziffert die Landesregierung das Energieeinsparpotenzial der Unternehmen in Rheinland-Pfalz in GWh? 55. Wie hoch beziffert die Landesregierung das Energieeinsparpotenzial der Unternehmen in Rheinland-Pfalz in Euro? Die Fragen 54 und 55 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der 11. Energiebericht des Landes Rheinland-Pfalz weist für das Bilanzjahr 2013 einen Endenergiebedarf für den Sektor Industrie von 42,4 Mrd. kWh aus. Unternehmen aus den Bereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) verbrauchten 2013 zusammen mit den Haushalten 51,4 Mrd. kWh. Eine differenziertere Erfassung der Unternehmen erfolgte in diesem Sektor nicht. Durch die sehr heterogene Struktur der Unternehmen in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen und die daraus resultierenden vielfältigen Möglichkeiten der Energieeinsparungen in Abhängigkeit von den jeweiligen individuellen Prozessen ist der Landesregierung eine Bezifferung der großen Energieeinsparpotenziale nur sehr begrenzt möglich. Besondere Effizienzgewinne und daraus resultierende Einsparungen sind im Rahmen der Sektorenkoppelung zu erwarten, wenn regionale Energieerzeugung den Bedarf bspw. für Wärme und Kälte mit abdecken kann. Die Studie „Quantifizierung der Potenziale der Energiewende für den rheinland-pfälzischen Mittelstand“ aus dem Jahr 2014 ergab, dass der rheinland-pfälzische Mittelstand je nach zugrunde gelegtem Szenario bis zum Jahr 2020 zwischen 4 556 bis 7 223 Mio. kWh Endenergie einsparen kann, was in etwa einem Einsparvolumen von 370 Mio. Euro bis knapp 600 Mio. Euro entspricht. Damit könnten bis zu 21,1 Prozent der Endenergie eingespart werden. Umgerechnet auf die Anzahl der Beschäftigten liegt das Einsparpotenzial bei 630 Euro/Beschäftigten. Das notwendige Investitionsvolumen der bis zum Jahr 2020 vom Mittelstand erreichbaren Energieeinsparpotenziale kann auf 1,1 Mrd. Euro bis 1,7 Mrd. Euro beziffert werden. Die Studie weist darauf hin, dass die im Rahmen der Quantifizierung errechneten Potenziale für den rheinland-pfälzischen Mittelstand sich bis zum Jahr 2020 realisieren lassen. Ab diesem Zeitpunkt gelten die oben aufgezeigten Einsparpotenziale jährlich. 56. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um dieses Potenzial zu heben? Im gesamten Unternehmenssektor besteht ein großes Potenzial zur Minderung des Energieverbrauchs, zur Senkung der CO2-Emissionen und dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien. Zahlreiche Unternehmen haben bereits aus wirtschaftlichem und ökologischem Interesse heraus Maßnahmen ergriffen, um Ressourcen zu schonen und CO2-Emissionen zu vermeiden. Die Landesregierung kann an dieser Stelle anknüpfen und mit beratenden Angeboten und der Bereitstellung von Informationen das Bewusstsein sowie das Interesse von Entscheidungsträgern in Unternehmen an der Durchführung investiver Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz weiter stärken. Die Landesregierung ergreift daher vielfältige Maßnahmen, um Unternehmen Hilfestellungen bei der Hebung von Effizienzpotenzialen zu geben. Bereits seit 2005 steht mit dem Effizienznetz Rheinland -Pfalz (EffNet), das vom Landesamt für Umwelt und der Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH getragen wird, ein zentraler Ansprechpartner für Ressourceneffizienz, Energie und Umwelt zur Verfügung. Mit dem EffCheck, einem Projekt des EffNet, unterstützt die Landesregierung insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen aus Rheinland-Pfalz bei der Durchführung von Analysen mit dem Ziel, wesentliche Einsparpotenziale beim Einsatz von Energie, Roh-, Betriebs- und Hilfsstoffen aufzuzeigen. Seit Anfang 2017 bündelt die Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH ihre Informationsangebote im vom Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten geförderten Projekt „Zukunftsperspektive Unternehmen - Profitieren durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien“. Ziel des Projekts ist es, die rheinland-pfälzischen Unternehmen noch besser in die Lage zu versetzen, existierende Potenziale zur Erhöhung der Ressourcen- und Energieeffizienz in ihren Betrieben besser zu nutzen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Entsprechende zielführende Maßnahmen sollen durch die gegebenen Informationen umgesetzt werden. Das Projekt umfasst deshalb Maßnahmen zum Abbau von Informationsdefiziten in Unternehmen in Bezug auf Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 39 allgemeine Verbesserungsmöglichkeiten der betrieblichen Energie- und Ressourceneffizienz, Aktivitäten zur Etablierung von Akteursnetzwerken zum Informations- und Erfahrungsaustausch und die Bestandsaufnahme und -analyse zur Vorbereitung von branchenspezifischen Konzepten zur Einsparung und Effizienzsteigerung. Alle Maßnahmen bauen aufeinander auf und geben konkrete Hilfestellung zur eigenverantwortlichen Umsetzung der Maßnahmen in den Unternehmen. Unabhängig von den genannten Instrumenten unterstützt die Energieagentur Rheinland-Pfalz Unternehmen dabei, die für sie passenden Förderprogramme zu finden. In den Bereichen Forschungsförderung und EU-Förderung informiert die Energieagentur Rheinland-Pfalz über Fördermittelmodalitäten und die einzelnen Schritte bei der Antragsstellung. Darüber hinaus sind die Themenbereiche Energieeinsparung und -effizienz wichtige Themen in Veranstaltungen der Energieagentur , wie z. B. dem Jahreskongress. Die Energieagentur unterstützt zudem als regionaler Koordinator die bundesweite Initiative Energieeffizienz-Netzwerke. Bei diesen Themen arbeitet die Landesregierung zudem eng mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern zusammen. Die Arbeitsgemeinschaften der IHK und HWK in Rheinland-Pfalz sind als Mitglieder des Energiebeirates und des Klimaschutzbeirates eng in die Arbeit der beiden Gremien eingebunden, in denen diese Themen eine wichtige Rolle spielen. Die Energieagentur ist zudem durchgängig an Fachveranstaltungen der Kammern beteiligt bzw. tritt als Mitveranstalter auf. 57. Wie haben sich der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Gewinne bei der Energieeinsparung auf die Energie-Importe in Rheinland-Pfalz seit 2002 ausgewirkt? Als Maß für die Energieabhängigkeit lässt sich der Anteil des Saldos aus Bezügen und Lieferungen am Primärenergieverbrauch heranziehen. Bei dem Saldo aus Bezügen und Lieferungen handelt es sich in Rheinland-Pfalz um einen Importüberschuss. Der Primärenergieverbrauch des Landes Rheinland-Pfalz, der sich zusammensetzt aus dem Verbrauch an Steinkohle, Braunkohle, Mineralölen und Mineralölprodukten, Erdgas, erneuerbare Energien, Strom sowie Abfall und Reststoffen (ohne biogene Fraktionen), ist im Zeitraum 2002 bis 2014 um ca. 9,4 Prozent gesunken. Die Abhängigkeit des Landes Rheinland-Pfalz von Energieimporten verringerte sich insbesondere infolge des Ausbaus der erneuerbaren Energien von 97,2 Prozent in 2002 auf 83,2 Prozent in 2014. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch hat sich von ca. 1,9 Prozent in 2000 auf ca. 11,8 Prozent in 201417) mehr als versechsfacht. Betrachtet man isoliert den Stromsektor, so stieg der Anteil der bilanziellen Selbstversorgung (also der Anteil der Bruttostromerzeugung am Bruttostromverbrauch) in Rheinland-Pfalz – maßgeblich getragen vom Ausbau der erneuerbaren Energien – von lediglich 28,7 Prozent in 2000 auf 65,4 Prozent in 2013 an. VIII. Rückzug aus klimaschädlichen Investitionen 58. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung einer Divestment-Strategie, welche Schwerpunkte möchte sie darin setzen und für welche Landesbeteiligungen soll diese Strategie gelten? 60. Wie sieht der Zeitplan der Divestment-Strategie der Landesregierung von der Entwicklung bis zur Umsetzung aus? Die Fragen 58 und 60 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung hat die Beteiligungen mit Sitz in Rheinland-Pfalz, an denen das Land mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist, um die Beachtung des Landtagsbeschlusses vom 15. September 2016 (Drucksache 17/901) gebeten. Insbesondere wurden die Beteiligungen aufgefordert, die bestehenden Finanzinvestitionen am vorgenannten Landtagsbeschluss zu messen. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass diese Investitionen nicht der Beschlusslage des Landtags zuwiderlaufen. Im Zweifel sollte kritisch im Einzelfall über deren Fortführung entschieden werden. Um die Überprüfungen auf finanziell relevante Finanzinvestitionen zu beschränken , wurden dabei Geldanlagen zur Liquiditätssteuerung im Rahmen des Finanzmanagements und einer Laufzeit von weniger als fünf Jahren und einer Anlagesumme von weniger als 10 Mio. Euro ausgenommen. Aufgrund dieser Prüfungen waren keine Maßnahmen durch die Landesbeteiligungen erforderlich. Damit ist gewährleistet, dass sowohl vorhandene als auch künftige Finanzinvestitionen der o. g. Einrichtungen nicht den Zielen der Klimaneutralität zuwiderlaufen. Darüber hinaus wird die Landesregierung entsprechend des o. g. Landtagsbeschlusses zu gegebener Zeit prüfen, inwieweit der von der Stadt Berlin erarbeitete Nachhaltigkeitsindex auch in Rheinland-Pfalz Anwendung finden kann. 59. Sieht die Landesregierung die Möglichkeit, die Divestment-Strategie so zu entwickeln, dass sie auch in Kommunen verwendet werden kann, bzw. könnte ein Teil der Divestment-Strategie eine Art Musterstrategie für Kommunen sein? Es obliegt den Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit zu entscheiden, ob sie für sich und ihre kommunalen Beteiligungen einen vergleichbaren Weg wie die Landesregierung einschlagen wollen. 17) http://www.statistik.rlp.de/de/wirtschaftsbereiche/energie/zeitreihen-land/tabelle-1/ Drucksache 17/3425 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 40 IX. Atom- und Kohleausstieg in Deutschland 61. Welche möglichen Konsequenzen hätte ein GAU in den grenznahen AKW für Rheinland-Pfalz? Ein schwerer Unfall in einem grenznahen belgischen oder französischen Atomkraftwerk würde auch in Rheinland-Pfalz gravierende Auswirkungen haben. Für Teile der rheinland-pfälzischen Bevölkerung würden Katastrophenschutzmaßnahmen notwendig werden. Hierzu gehören die Durchführung einer Jodblockade der Schilddrüse mit Jodtabellen, die Anordnung zum Verbleiben im Haus sowie die Evakuierung von Teilen der Bevölkerung. Zudem müsste mit Verzehr- und Vermarkungsverboten von landwirtschaftlichen Produkten gerechnet werden. Das renommierte Wiener Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften hat in einer aktuellen Studie aufgezeigt, dass bei einem schweren Unfall im AKW Tihange bei ungünstiger Wetterlage in der Region Aachen mit vergleichbaren Auswirkungen zu rechnen ist wie innerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone von Fukushima. Die Wahrscheinlichkeit für eine Bodenkontamination in Rheinland- Pfalz, die in Tschernobyl zu einer Umsiedlung geführt hat, würde etwa 5 Prozent betragen. 62. Welche Maßnahmen hat Rheinland-Pfalz seit 2011 ergriffen, um zur Abschaltung der grenznahen AKW und zu einem europaweiten Atomausstieg beizutragen? Die Landesregierung hat sich bezüglich der Atomkraftwerke Cattenom, Fessenheim, Tihange und Doel wiederholt an höchste deutsche und ausländische Stellen gewandt und die baldmöglichste und endgültige Abschaltung diese Anlagen gefordert. Um einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie zu unterstützen, ist Rheinland-Pfalz zudem im Jahr 2015 der „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ beigetreten. Bezüglich des AKW Cattenom hatte sich die Landesregierung in den Jahren 2011 und 2012 gemeinsam mit Luxemburg und dem Saarland mit einem eigenen Beobachter am Stresstest beteiligt. Die Ergebnisse mündeten in einen Bericht, der wesentliche Mängel am AKW Cattenom aufzeigte und Forderungen für die Verbesserung der Sicherheit formulierte. Zudem hat die Landesregierung im Jahr 2016 gemeinsam mit dem Saarland ein Rechtsgutachten beauftragt, das die Möglichkeiten einer Betriebseinstellung auf dem Klageweg prüfen soll. Hierbei soll die Frage geklärt werden, vor welchem Gericht, in welcher Klageform und durch wen geklagt werden kann. Am 30. Juni 2017 wurden die Ergebnisse des Rechtsgutachtens bei einer Pressekonferenz des MUEEF in Trier vorgestellt . Danach ist eine Klage nur dann erfolgversprechend, wenn ein schwerwiegendes Risiko für Mensch und Umwelt durch den Reaktorbetrieb des AKW Cattenom nachgewiesen werden kann. Zur Prüfung der Frage, inwieweit ein schwerwiegendes Risiko nachgewiesen werden kann, wurde vom MUEEF gemeinsam mit dem Saarland ein sicherheitstechnisches Gutachten beim Öko- Institut in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse werden im Herbst diesen Jahres erwartet. Bezüglich des AKW Tihange hat das Land Rheinland-Pfalz am 12. August 2016 beim belgischen Raad van State den Antrag auf Beitritt zur Klage der StädteRegion Aachen gegen die Genehmigung zum Wiederanfahren des von Rissebefunden betroffenen AKW Tihange 2 gestellt. Diesem Antrag wurde mittlerweile stattgegeben. Somit ist der Beitritt des Landes Rheinland-Pfalz erfolgt. Damit soll die derzeit anhängige Klage der StädteRegion Aachen unterstützt werden, die über die Aufhebung der Genehmigung zum Wiederanfahren die Betriebseinstellung des Atomkraftwerks erreichen will. Die kürzlich entdeckten 70 weiteren Risse im Reaktordruckbehälter von Tihange 2 unterstreichen für die Landesregierung die Dringlichkeit einer Betriebseinstellung des AKW Tihange. Am 22. Dezember 2016 hat die StädteRegion Aachen erneut gegen den belgischen Staat, die belgische Atomaufsichtsbehörde sowie gegen den Betreiber von Tihange 2 Klage erhoben, diesmal vor dem belgischen Gericht Erster Instanz in Brüssel. Hierbei wird vorgetragen, dass die belgischen Behörden nicht alle Anstrengungen unternommen hätten, die erforderlich und geboten sind, die Bevölkerung und die Umwelt vor den Folgen eines nuklearen Unfalls zu schützen. Die vom Land Rheinland-Pfalz und von Nordrhein-Westfalen beauftragte belgische Rechtsanwaltskanzlei hat am 19. Juni 2017 entsprechend dem rheinland-pfälzischen Kabinettsbeschluss vom 7. März 2017 und dem nordrhein-westfälischen Kabinettsbeschluss vom April diesen Jahres für die beiden Länder jeweils einen Schriftsatz für den Beitritt zur Klage der StädteRegion Aachen beim belgischen Gericht Erster Instanz in Brüssel eingereicht. Gegen die Laufzeitverlängerung für die belgischen Atomkraftwerke Tihange 1, Doel 1 und Doel 2 hat Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen eine Beschwerde sowohl bei der Europäischen Kommission als auch beim ESPOO Implementation Committee bei der UN ECE über das ESPOO Sekretariat in Genf wegen unterlassener grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfungen eingelegt. Die Landesregierung wird auch zukünftig alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um die baldmöglichste und endgültige Abschaltung der grenznahen Atomkraftwerke zu erreichen. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/3425 41 63. Wie viel Tonnen Kohle (aufgeschlüsselt nach Braunkohle und Steinkohle) wird in Kohlekraftwerken in Deutschland pro Jahr verbrannt und wie viele Treibhausgase und andere Schadstoffe (z. B. Schwefeldioxid oder Quecksilber) werden hierbei emittiert? (Quelle: Umweltbundesamt, Nationales Emissionsinventar, Stand: 15. April 2017.) 64. Für welchen Anteil an den deutschen CO2-Emissionen sind Kohlekraftwerke in Deutschland verantwortlich? Für die Berechnung des Anteils wurden die Daten des Nationalen Emissionsinventars sowie die Nationalen Trendtabellen des Umweltbundesamtes herangezogen, vgl. nachfolgende Tabelle: (Quellen: Umweltbundesamt: Nationales Emissionsinventar, Endstand 15. April 2017, National Trend Tables for the German Atmospheric Emission Reporting 1990 bis 2015.) Ulrike Höfken Staatsministerin 18) https://www.umweltbundesamt.de/dokument/nationale-trendtabellen-fuer-die-deutsche-2, Stand: 29. Mai 2017. Anteil der Kohlekraftwerke an den energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland 2010 bis 201518) Jahr Energiebedingte CO2-Emissionen Insgesamt Braunkohle Steinkohle Braunkohle und Steinkohle Prozent 2010 784 236 113 159 073 651 107 990 863 267 064 514 34,1 2011 763 943 913 164 188 332 104 163 982 268 352 313 35,1 2012 769 365 924 174 101 368 105 979 599 280 080 967 36,4 2013 787 758 211 171 498 211 116 366 496 287 864 707 36,5 2014 746 942 786 166 626 240 108 052 421 274 678 661 36,8 2015 744 325 564 165 162 156 103 060 939 268 223 095 36,0