Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 25. Juli 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3456 zu Drucksache 17/3296 05. 07. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/3296 – Betrug durch russische Pflegekräfte Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/3296 – vom 14. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Rund 230 russisch-eurasische ambulante Pflegedienste stehen Medienberichten zufolge im Ver dacht, bundesweit ein System für Abrechnungsbetrug aufgebaut zu haben. Dabei seien im Zu sammenspiel mit Patienten und Ärzten auch gar nicht erbrachte Leistungen abgerechnet worden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Gegen wie viele russisch-eurasische Pflegedienste und Personen (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten) aus Rheinland- Pfalz wird wegen Abrechnungsbetrug er mittelt? 2. Was für Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um gegen den Missbrauch von Abrechnungsbetrug bei Pflegediensten vorzugehen? 3. Wird die Landesregierung eine landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage schaffen, um Berufsausübenden die Ausübung des Berufes als Altenpflegehelferin oder Altenpflege helfer in bestimmten Fällen zu untersagen, wie es in anderen Bundesländern schon längst der Fall ist? Wenn nein, warum nicht? 4. Wie kann verhindert werden, dass Personen, die nicht mehr als Altenpfleger oder Altenpflegehelfer arbeiten dürfen, nicht weiterhin tätig sind, wenn sie ein Pflegedienst z. B. als Hilfskraft beschäftigt? 5. Findet eine Identitätsprüfung von Pflegebedürftigen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen statt? Wenn nein, warum nicht? 6. Wird die Landesregierung eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einbringen, wonach der Medizinische Dienst der Krankenversicherung auch die Leistungen der Kranken kasse mitprüfen darf? Wenn nein, warum nicht? 7. Wird immer noch vor dem Hintergrund des organisierten Abrechnungsbetruges bei Pflegediensten eine Person für den Entzug von Erlaubnisurkunden gemäß § 2 Abs. 2 Altenpflegegesetz bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als ausreichend angesehen ? Wenn ja, warum? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 4. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die justiziellen Statistiken weisen Verfahren des Abrechnungsbetrugs in der Pflege nicht gesondert aus. Auch in den EDV-Systemen der Staatsanwaltschaften werden Verfahren nicht unter dieser Begrifflichkeit erfasst, ebenso wenig die Bezeichnung „russischeurasische Personen“. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaften sind derzeit vier Verfahren gegen Pflegedienste anhängig, deren vier Verantwortliche die deutsche und die russische Staatsangehörigkeit haben. Ein Verfahren richtet sich gegen einen Pflegedienst, dessen Verantwortliche aus der Ukraine stammt. Ein weiteres Verfahren richtet sich gegen einen aus Lettland sowie einen aus der Ukraine stammenden Beschuldigten , der sowohl die lettische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Die drei Verantwortlichen in einem weiteren Verfahren sind jeweils moldawische Staatsangehörige. In zwei Verfahren sind die insgesamt drei Beschuldigten deutsche Staatsangehörige . Zu Frage 2: Die Landesregierung sieht derzeit keine Notwendigkeit, spezielle Maßnahmen zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug bei Pflegediensten in Rheinland-Pfalz zu ergreifen. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz ist die Abrechnung der Leistungen expliziter Bestandteil der Qualitätsprüfungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch geworden. Drucksache 17/3456 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 3: Die Landesregierung prüft, ob im Zuge anstehender Novellierungen der entsprechenden Rechtsvorschriften eine solche Ermächtigungsgrundlage geschaffen wird. Zu Frage 4: Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch beinhaltet keine Regelung, die die Beschäftigung entsprechender Personen unmittelbar verhindert. Mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz wurde der Regelungsrahmen für die Landesrahmenverträge nach § 75 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch erweitert um Fragen der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung. Diese Änderung soll dem Ausbau des Schutzes vor unlauteren Anbietern auf dem Pflegemarkt dienen. Neben der in der Begründung des Gesetzentwurfs beispielhaft genannten Bestimmung von Kriterien zur Geeignetheit und Zuverlässigkeit des Inhabers, des Gesellschafters, des Geschäftsführers oder der verantwortlichen Pflegefachkraft könnten auch Regelungen zur Geeignetheit und Zuverlässigkeit weiterer Kräfte vereinbart werden. Somit könnte auch vereinbart werden, dass die in der Frage angesprochenen Personen nicht als Hilfskraft in einem Pflegedienst beschäftigt werden. Vertragsparteien für die ambulante Pflege sind nach § 75 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. die Landesverbände der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der ambulanten Pflegeeinrichtungen. Die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe sind als Vertragspartei am Vertragsschluss zu beteiligen; das Land ist hier kein Vereinbarungspartner. Das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) regelt in § 8 der dazu erlassenen Durchführungsverordnung (LWTGDVO), dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Einrichtungen nach §§ 4 oder 5 LWTG beschäftigt sind, die dazu erforderliche fachliche und persönliche Eignung besitzen müssen. Die Ausschlussgründe für die persönliche Eignung sind in § 9 LWTGDVO benannt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer der vorgenannten Einrichtungsarten, die einen Tatbestand nach § 9 LWTGDVO erfüllen, dürfen von Trägern der Einrichtungen nach §§ 4 und 5 LWTG nicht beschäftigt werden. Überprüfbar ist diese Zuverlässigkeit für die Träger durch die Vorlage eines entsprechenden Führungszeugnisses. Insofern muss die Leitung eines ambulanten Pflegedienstes, der in Einrichtungen nach § 5 LWTG Leistungen erbringt, sich selbst davon überzeugen und sicherstellen, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die er in diesen Wohneinrichtungen einsetzt, die Vorgaben der §§ 8 und 9 LWTGDVO (Zuverlässigkeit) erfüllen. Zu Frage 5: Im Rahmen der Qualitätsprüfungen findet mangels gesetzlicher Grundlage keine Identitätsprüfung der einbezogenen Versicherten durch den MDK Rheinland-Pfalz statt. Nach Auskunft des MDK bieten die Verfahren in dieser Hinsicht wenig Missbrauchspotenzial , da die Einrichtungen bedingt durch die sogenannte „Zufallsstichprobe“ nicht abschätzen können, welche Personen in die Stichprobe einbezogen werden. Durch die schriftliche Einverständniserklärung zur Teilnahme muss die einbezogene Person mit Namensnennung und Unterschrift bestätigen, dass sie an der Prüfung teilnimmt – wenn hier durch andere Personen betrogen würde, käme dies einer Dokumentenfälschung gleich. Auch ist durch die Einbeziehung diverser Aufzeichnungen (Pflegedokumentation , medizinische Befunde, Arztbefunde und auch die ärztlichen Verordnungsformulare für häusliche Krankenpflege mit Angeben von Diagnosen, Personendaten, Adresse usw.) das System der Daten so komplex, dass ein Betrug durch Austausch der geprüften Person schwer plausibel und glaubhaft zu machen wäre. Zu Frage 6: Im Rahmen der Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI werden durch den MDK bereits seit Bestehen der Qualitätsprüfungsrichtlinie Leistungen der Krankenversicherung (häusliche Krankenpflege) mit geprüft. Voraussetzung zur Teilnahme des Pflegebedürftigen an der Qualitätsprüfung ist zunächst der Sachleistungsbezug nach § 36 SGB XI (Pflege wie zum Beispiel Waschen, Anziehen usw.). Nur wenn die in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen zusätzlich auch Leistungen der Krankenversicherung erhalten (häusliche Krankenpflege wie zum Beispiel Spritzen, Medikamentengabe, Verbände usw.), werden diese im Rahmen der Qualitätsprüfung mitgeprüft. Seit 1. Oktober 2016 werden neben der Überprüfung des Personaleinsatzes, Qualifikation der Pflegenden und fachlich korrekter Erbringung der Pflegeleistungen zusätzlich auch die Abrechnungen der Pflegeleistungen nach SGB XI und SGB V geprüft. Das Dritte Pflegestärkungsgesetz hat seit Anfang 2017 die gesetzliche Basis geschaffen, dass Qualitätsprüfungen auch bei Pflegediensten und Versicherten erfolgen können, die keine Pflegesachleistungen nach SGB XI erbringen/beziehen, sondern ausschließlich Leistungen der Krankenversicherung nach SGB V. Hierzu entwickelt der Spitzenverband der Medizinischen Dienste und der GKV-Spitzenverband eine „Qualitätsprüfungsrichtlinie häusliche Krankenpflege gemäß § 275 SGB V“. Diese wird nach derzeitigem Kenntnisstand in der zweiten Jahreshälfte die Genehmigungsverfahren durchlaufen und voraussichtlich zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Damit ist dann gewährleistet, dass die Pflegeleistungen der Krankenversicherung für sich allein und unabhängig von Leistungen nach SGB XI geprüft werden können. Zu Frage 7: Für den Entzug von Erlaubnisurkunden gemäß § 2 Abs. 2 Altenpflegegesetz wird derzeit eine Person bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als ausreichend angesehen. In Vertretung: David Langner Staatssekretär