Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/3510 zu Drucksache 17/3313 11. 07. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Ganster (CDU) – Drucksache 17/3313 – Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes durch die Landesregierung Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/3313 – vom 19. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Das vom Deutschen Bundestag am 7. Juli 2016 verabschiedete Prostituiertenschutzgesetz wird ab 1. Juli 2017 in Kraft treten. Bis dahin kommt der Landesregierung die Aufgabe zu, entsprechende Regelungen für die Anwendung in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Regelungen zur angemessenen Anwendung des Bundesgesetzes sieht die Landesregierung vor? 2. Welche Maßnahmen, über die vom Bundestag verabschiedeten Regelungen hinaus, will die Landesregierung umsetzen? 3. Wie soll der durch das Bundesgesetz zukünftig vorgeschriebene Beratungsbedarf für Prostituierte in Rheinland-Pfalz konkret gewährleistet werden? 4. Sieht die Landesregierung über das Bundesgesetz hinaus Handlungsbedarf, um konkret gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Prostitution Minderjähriger in Rheinland-Pfalz vorzugehen? We·nn ja, mit welchen Instrumenten? 5. In welchem finanziellen Umfang wird die Landesregierung zukünftig mehr in den Schutz und die Beratungs- und Hilfeleistungsangebote für Prostituierte investieren? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 11. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Am 7. Juli 2016 wurde vom Bundestag das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) beschlossen. Es ist am 1. Juli 2017 in Kraft getreten. Die Bundesländer haben angesichts der sehr umfassenden und höchstkomplexen Aufgabe frühzeitig und wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Umsetzung des Gesetzes zum 1. Juli 2017 aufgrund der zu kurzen Vorlaufzeit nicht realisierbar ist. Stattdessen baten die Länder darum, dass das Gesetz erst zum 1. Januar 2018 in Kraft tritt. Dem hat der Bund nicht entsprochen. Einwände der Länder im Bundesrat wurden abgewehrt. Der Antrag von Rheinland-Pfalz, den Vermittlungsausschuss anzurufen mit der Bitte, das Inkrafttreten des Gesetzes in den Ländern bis 1. Januar 2018 zu verlängern, fand leider keine ausreichende Mehrheit . Nach derzeitigem Kenntnisstand haben nur drei Bundesländer das Prostituiertenschutzgesetz zum 1. Juli 2017 tatsächlich umgesetzt . Die Federführung für die Umsetzung des Gesetzes liegt beim Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz . Die Zuständigkeit für die gesundheitliche Beratung nach § 10 ProstSchG liegt bei den Gesundheitsämtern der Landkreise . Das Frauenministerium beabsichtigt, das Gesetz durch eine Rechtsverordnung zeitnah umzusetzen. Zu Frage 2: Derzeit wird zusätzlich zu der Beratungsstelle ROXANNE in Koblenz eine zweite Beratungsstelle für Prostituierte in Trägerschaft von pro familia in Ludwigshafen eingerichtet. Die neue Prostituiertenberatungsstelle wird im Herbst ihre Tätigkeit aufnehmen. Mit ihrem mobilen Beratungskonzept durch die Einrichtung eines Wohnmobils als Beratungsraum ist es möglich, Prostituierte auch im Umfeld von Ludwigshafen zu beraten. Zu Frage 3: Dem Frauenministerium ist es ein großes Anliegen, die Situation von Menschen im Prostitutionsgewerbe zu verbessern. Der Beratung und Aufklärung Prostituierter im Rahmen der Anmeldung und Gesundheitsberatung kommt dabei ein hoher Stellenwert zu. Das Beratungsangebot soll bei Bedarf durch Sprachmittlerinnen und Sprachmittler oder Dolmetscherinnen und Dolmetscher unterstützt werden und die Informationsmaterialien sollen in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen. Drucksache 17/3510 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 4: Im Bereich des Strafrechts hat der Bund von seiner Kompetenz zur Gesetzgebung Gebrauch gemacht. Daher besteht insoweit keine Möglichkeit, auf Landesebene zusätzliche, über das Bundesgesetz hinausgehende Straftatbestände im Bereich Menschenhandel , Zwangsprostitution oder bzgl. der Prostitution Minderjähriger zu erlassen. Im Bereich des Opferschutzes hat Rheinland- Pfalz bereits umfangreiche Maßnahmen ergriffen, insbesondere durch die Umsetzung der Vorgaben zur psychosozialen Prozess - begleitung mit Erlass des Landesgesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (AGPsychPbG) vom 21. Oktober 2016 (GVBl. S. 549) und der Landesverordnung über die Anerkennung von Aus- oder Weiterbildungen in psychosozialer Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 5. Dezember 2016 (GVBl. S. 592). Gemäß § 406 g Abs. 3 in Verbindung mit § 397 a Abs. 1 Nr. 1 und 5 der Strafprozessordnung steht seit dem 1. Januar 2017 minderjährigen oder besonders schutzbedürftigen erwachsenen Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung zu. Zur aktiven Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution hat Rheinland-Pfalz schon früh reagiert und entsprechende Handlungsmechanismen entwickelt. Die Landesregierung setzt dabei insbesondere auf eine enge Kooperation und Koordination zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei, Ausländerbehörden und weiteren Behörden sowie den einschlägigen Fachberatungsstellen . Aus dieser Zusammenarbeit ist das seit 2004 bestehende Kooperationskonzept „Schutz und Hilfen für Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und zur Ausbeutung der Arbeitskraft“ hervorgegangen, das in enger Kooperation mit SOLWODI e.V. ressortübergreifend und unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände entwickelt worden ist und zuletzt im Jahr 2015 überarbeitet wurde. Das Konzept bietet die Möglichkeit, Opferzeuginnen und Opferzeugen unter Berücksichtigung aufenthaltsrechtlicher Regelungen bei der Sicherung des Lebensunterhalts unbürokratisch zu unterstützen, anonym und geschützt unterzubringen sowie durch Fachberatungsstellen beraten und begleiten zu lassen. Es soll weiterhin dazu beitragen, – einen adäquaten Schutz für die Opfer zu bieten und Gefahren für die Opfer abzuwehren, – eine schnelle und effektive finanzielle Hilfe sicherzustellen, – eine effektive Bekämpfung von Straftaten zu ermöglichen, – die Opfer von Menschenhandel soweit zu stärken, dass sie als Zeuginnen oder Zeugen in Strafverfahren aussagen können, – Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein koordiniertes, strukturiertes und konsequentes Vorgehen aller beteiligten Stellen bei der Bekämpfung des Menschenhandels ermöglichen, – Netzwerke zwischen den Beteiligten zu stärken. Finanziert werden die im Rahmen dieses Konzepts durchgeführten Maßnahmen aus dem beim Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz eingerichteten Sozialfonds „Schutz und Hilfen für Opfer von Menschenhandel“. Den Kommunen des neuen Unterbringungsortes werden Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) so lange erstattet, bis die Frage der Zuständigkeit geklärt ist. Im Falle der Minderjährigkeit werden die Kosten durch die Kinder- und Jugendhilfe (Jugendamt, SGB VIII) übernommen. Darüber hinaus werden schon seit vielen Jahren die Beratungsstellen von SOLWODI e. V. in Mainz, Koblenz, Ludwigshafen und Boppard-Hirzenach, die auch von Menschenhandel und Zwangsprostitution betroffene Frauen und Mädchen beraten, gefördert. Im Doppel haushalt 2017/2018 sind dafür pro Jahr 77 600 Euro vorgesehen. Weiterhin erhält SOLWODI e. V. 2017 und 2018 zusätzlich 20 000 Euro für eine pädagogische Fachkraft im neu gegründeten Solwodi-Schutzhaus für geflüchtete Frauen, die auch Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sein können. Zu Frage 5: Seit 2009 wird die Prostituiertenberatungsstelle ROXANNE in Koblenz in Trägerschaft von pro familia gefördert. Die gerade neu eingerichtete Beratungsstelle für Prosituierte in Ludwigshafen wird ebenfalls durch das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz finanziert. Beide Prostituiertenberatungsstellen bieten den Prostituierten rund um Ludwigshafen und Koblenz auch im Rahmen von Streetwork psychosoziale Beratung und Krisenintervention, rechtliche Informationen, gesundheitsbezogene Hilfen, Ausstiegsberatung und die Vermittlung anderer Hilfen, wie z. B. Schuldnerberatung, an. Im Doppelhaushalt 2017/2018 stehen für beide Beratungsstellen jährlich jeweils 59 000 Euro zur Verfügung. In Vertretung: Dr. Christiane Rohleder Staatssekretärin