Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Juli 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/382 zu Drucksache 17/130 07. 07. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/130 – Aktivitäten von sogenannten Bürgerwehren in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/130 – vom 15. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: In den vergangenen Monaten war zu beobachten, dass Bürgerinnen und Bürger durch gezielte Falschmeldungen vor allem über das Internet über angebliche Straftaten verunsichert werden sollten. Immer wieder wurde dabei mit einer Zunahme von Straftaten argumentiert, wobei ein tatsächlicher Anstieg einer Bedrohung statistisch nicht zu belegen oder sogar eindeutig widerlegbar ist. Wegen der gefühlten Bedrohung gibt es, neben vielen Anträgen auf einen kleinen Waffenschein, auch vermehrt die Bildung von sogenannten Bürgerwehren, die häufig von Rechtsextremen initiiert und unterwandert sind. Diese Entwicklung ist für unseren Rechtsstaat besorgniserregend, da sie darauf abzielt, gezielt Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen zu streuen. Daher frage ich die Landesregierung 1. Wie viele Bürgerwehren gibt es nach Kenntnis der Landesregierung derzeit in Rheinland-Pfalz (bitte nach Ort und ggf. Mitglieder - zahlen auflisten)? 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu Straftaten, Ermittlungsverfahren und Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammen hang mit Bürgerwehren aufgetreten sind? 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zum gezielten Vorgehen von organisierten Rechtsextremen, eigene Mitglieder und Sympathisanten zur Gründung von Bürgerwehren anzuhalten und anzuleiten oder bestehende Bürgerwehren zu unterwandern? 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Internetauftritte oder Auftritte in sozialen Netzwerken sogenannter Bürger - wehren und deren Verbindungen zu rechtsextremen Facebook- und Chatgruppen? 5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über bewusst gesetzte und gestreute Falschmeldungen (sogenannte Hoaxes) von Bürgerwehren? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 7. Juli 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Nach der Medienberichterstattung über die Ereignisse und Straftaten zum Jahreswechsel in Köln verzeichneten die Sicherheitsbehörden in sozialen Netzwerken vermehrt Zusammenschlüsse von Personen zu sogenannten „Bürgerwehren“. Während zu Jahresbeginn noch tagesaktuell Artikel eingestellt, geteilt und kommentiert wurden, befinden sich aktuell auf den meisten Seiten nur noch ältere Beiträge. Eine Aktualisierung findet offensichtlich nicht mehr statt. Mit Stand 22. Juni 2016 liegen den Sicherheitsbehörden ausschließlich aus sozialen Netzwerken stammende Erkenntnisse zu den nachfolgend aufgeführten neun sogenannten „Bürgerwehren“ bzw. bürgerwehrähnlichen Gruppierungen aus Rheinland-Pfalz vor: – „Bürgerwehr Mainz“ Unter diesem Profilnamen sind aktuell vier Gruppierungen mit 29, 21, 19 bzw. 14 Mitgliedern zu finden. – „Bürgerwehr Ludwigshafen und Ortsteile“ Die genaue Mitgliederzahl ist nicht bekannt. – „Trier hilft sich“ Die geschlossene Facebook-Gruppe umfasst derzeit 1 195 Mitglieder. – „Worms wehrt sich…anti bunt“ Die geschlossene Facebook-Gruppe umfasst derzeit 210 Mitglieder. Drucksache 17/382 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode – „Lubewa! Ludwigshafen bewegt was“ Die geschlossene Facebook-Gruppe umfasst derzeit 287 Mitglieder. „Bürgerwehr Kusel“ Die geschlossene Facebook-Gruppe umfasst derzeit 20 Mitglieder. – „Bürgerwehr Kaiserslautern“ Die genaue Mitgliederzahl ist nicht bekannt. – „Bürgerhilfe Mayen“/„Bürgerwehr Mayen – intern“ Die genaue Mitgliederzahl ist nicht bekannt. Neben der „Bürgerhilfe Mayen“ ist in einem sozialen Netzwerk die Gruppierung „Bürgerwehr Mayen – intern“ zu finden. Diese umfasst aktuell 56 Mitglieder. Ob der Personenkreis in beiden Gruppen identisch ist, ist den Sicherheitsbehörden nicht bekannt. – „Lu / Ma passt auf“ Bevor am 25. Januar 2016 die Gruppe eines sozialen Netzwerkes geschlossen wurde, verfügte sie über 1 576 Mitglieder. Aktuell ist die Seite nicht mehr erreichbar. Zu Frage 2: Über das Internet und soziale Netzwerke hinausgehende Aktivitäten, wie z. B. „Spaziergänge“ in Innenstädten oder Stadtteilen, entfalteten lediglich die Gruppierungen „Lu/Ma passt auf“ und „Trier hilft sich“. Diese beschränkten sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auf wenige Einzelfälle im Januar und Februar 2016. Informationen zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Zusammenhang mit sogenannten „Bürgerwehren“ in Rheinland-Pfalz liegen den Sicherheitsbehörden nicht vor. Zu Frage 3: Die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden verfolgen Aktivitäten von sogenannten „Bürgerwehren“ und vergleichbaren Personenzusammenschlüssen auch mit Blick auf eine mögliche Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten. Bislang liegen keine Erkenntnisse über ein gezieltes Vorgehen von Rechtsextremisten in Rheinland-Pfalz vor, zur Gründung sogenannter Bürgerwehren anzuhalten und anzuleiten oder bestehende zu unterwandern. Dies schließt nicht aus, dass sich Rechtsextremisten sogenannten Bürgerwehren angeschlossen haben. Zu Frage 4: Die Gruppierung „Lu/Ma passt auf“ weist nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden personelle Verflechtungen mit der rechtsaffinen Hooligan-Gruppierung „Berserker Pforzheim“ sowie der rheinland-pfälzischen rechtsextremistischen Szene auf. Ein Angehöriger des rechtsextremistischen Spektrums trat als Mitbegründer von „Lubewa! Ludwigshafen bewegt was“ in Erscheinung. Unter den Mitgliedern sind nach Informationen der Sicherheitsbehörden auch Personen mit Bezügen zum rechtsaffinen Teil der gewaltbereiten Hooliganszene. Zu Frage 5: Den rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Roger Lewentz Staatsminister