Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/432 zu Drucksache 17/175 13. 07. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hedi Thelen (CDU) – Drucksache 17/175 – Sprachförderung Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/175 – vom 17. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach einem Bericht der Rhein-Zeitung vom 20. Mai 2016 über Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen des Gesundheitsamtes ist der Sprachförderbedarf der Erstklässler im Kreis Mayen-Koblenz deutlich gestiegen, von 11,3 Prozent in 2009 auf 16,8 Prozent für 2015/2016. Sprachprobleme von Ausländern und Flüchtlingen und deren Förderbedarf sind hier bereits herausgerechnet. Diese Feststellungen überraschen, da die Landesregierung seit 2006 erhebliche Mittel zur Förderung von Sprachfördermaßnahmen in Kindergärten sowie von Maßnahmen der Vorbereitung des Übergangs vom Kindergarten zur Grundschule investiert. Die landeseigene Evaluation der Sprachförderung aus dem Jahr 2013 kommt zu folgenden Ergebnissen: Es gibt kaum Aktivitäten zur Unterstützung komplexer Denkprozesse der Kinder und die Unterstützung der Sprachfähigkeit der Kinder ist niedrig. Die sprachbezogene Prozessqualität ist in allen untersuchten Bereichen als mittelmäßig einzustufen (Was wirkt wie? Evaluation von Sprachfördermaßnahmen, 2013)? Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch waren die jährlichen Landesausgaben – und wenn der Landesregierung bekannt, die jährlichen Bundesausgaben – für die Sprachförderung in den Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz seit 2006? 2. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über entsprechende Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen anderer Gesundheitsämter in Rheinland-Pfalz vor und wie lauten diese? 3. Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus dem Ergebnis der landeseigenen Evaluation der Sprachförderung mit dem Ergebnis, dass die Anregungsqualität in der Sprachförderung sehr niedrig sei, gezogen? 4. Wo liegen die Fehler im bisherigen Sprachförderkonzept der Landesregierung, dass trotz dieser Ausgaben der Sprachförderbedarf bei den Erstklässlern ansteigt? 5. Sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen der personellen Ausstattung der jeweiligen Kindertagesstätten und der Zahl der Erstklässler mit Sprachförderbedarf aus diesen Kindertagesstätten? 6. Welche Konsequenzen zieht die neue Landesregierung für die künftige Sprachförderung in den Kitas im Land? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 12. Juli 2016 wie folgt beantwortet : Zu Frage 1: Das Land stellt seit 2006 den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) jährlich ein Budget für zusätzliche Sprachfördermaßnahmen zur Verfügung, das diese nach Antragslage in Eigenverantwortung den Kindertagesstätten in ihrem Jugend - amtsbezirk bewilligen. Dies stellt sich wie folgt dar: Förderzeitraum Betrag 2006/2007 bis 2013/2014 je 6,0 Mio. € 2014/2015 5,82 Mio. € 2015/2016 5,76 Mio. € 2016/2017 6,50 Mio. € Drucksache 17/432 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 Zusätzlich wurden Rheinland-Pfalz im Rahmen des Bundesprojekts „Schwerpunktkitas Sprache & Integration“ vom 1. März 2011 bis 31. Dezember 2015 gemäß einem länderbezogenen Verteilungsmaßstab jährlich Mittel in Höhe von rund 4,8 Mio. Euro für Sprachförderkräfte zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des Folgeprogramms „Sprachkitas“ erhält Rheinland-Pfalz vom Bund vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2019 jährlich 4,548 Mio. Euro. Im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS)“ fließen jährlich 4,3 Mio. Euro Bundesmittel nach Rheinland-Pfalz. Seitens des Landes werden hierfür jährlich weitere rund 60 000 Euro aus dem Elementarbereich zur Verfügung gestellt. Die Laufzeit von BiSS endet in 2019. Zu Frage 2: Die bisher mangelnde Standardisierung der Erfassung und Dokumentation der Sprache im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung hat in der Vergangenheit zu erheblichen untersucherabhängigen Schwankungen innerhalb und zwischen den Gesundheitsämtern geführt, sodass belastbare Aussagen zu Sprachauffälligkeiten bisher nicht vorlagen. Eine Arbeitsgruppe zur Standardisierung der Erfassung und Dokumentation der Schuleingangsuntersuchung hat Vorschläge zur Vereinheitlichung, insbesondere beim Thema „Sprache“ erarbeitet. Zahlreiche Gesundheitsämter sind daher derzeit dabei, ihre Erhebungs- und Dokumentationsinstrumente umzustellen . Aktuelle Daten eines Gesundheitsamts sind deshalb nicht mit den Daten der Vorjahre und den Daten anderer Gesundheitsämter vergleichbar. Laut dem Gesundheitsamt Mayen-Koblenz liegt die Quote sprachauffälliger Kinder seit Umstellung der Spracherfassung auf SOPESS (Sozialpädiatrisches Entwicklungsscreening) vor drei Jahren zwischen 15,6 und 16,5 Prozent. Eine Bewertung der Daten im Vergleich zum Landesdurchschnitt ist aus den genannten Gründen derzeit nicht möglich. Im Übrigen hat das Land nur die Möglichkeit , die kommunalen Gesundheitsdaten der Schuleingangsuntersuchung als aggregierten landesweiten Datensatz auszuwerten und darzustellen. Aufgrund der Kommunalisierung der Gesundheitsämter obliegt die Veröffentlichung landkreisbezogener Daten den jeweiligen Landkreisen. Zu Frage 3: Die Ergebnisse zeigen, dass die Qualität in den rheinland-pfälzischen Sprachfördermaßnahmen im Erhebungszeitraum 2009/2010 bezüglich der emotionalen Unterstützung sehr hoch, in Bezug auf die Gruppenführung sogar exzellent war. Qualifizierungsbedarf für die Fachkräfte bestand im Hinblick auf die Verbesserung der Anregungsqualität bzw. Lernunterstützung. Die Interaktion zwischen Kind und Sprachförderkraft war zu gering. Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass eine erfolgreiche Sprachförderung von der Prozessqualität sowohl in der Sprachfördergruppe als auch in der Kindergartengruppe und der Einrichtung abhängig ist. Demnach besteht immer ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Qualität der Sprachbildung im Alltag einer Kita und der Qualität der zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen. Die Landesregierung hat dem zunächst mit einer Änderung der entsprechenden Verwaltungsvorschrift, die die zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen regelt, Rechnung getragen. Zusätzliche Sprachfördermaßnahmen sind seitdem mit der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung der gesamten Einrichtung zu verknüpfen, zudem ist eine flexiblere und individuellere Förderung möglich. Des Weiteren wurden die kommunalen Spitzenverbände, die Evangelische Kirche und die Katholische Kirche sowie die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege über die Ergebnisse in Kenntnis gesetzt. Ebenfalls wurden die Bildungsträger informiert, damit weiterführende Qualifizierungsangebote geschaffen werden konnten. Im Rahmen der genannten Bund-Länder-Initiative BiSS ist Rheinland-Pfalz im Elementarbereich wie auch im Primarbereich mit einem Projekt beteiligt, dessen Ziel die Entwicklung und Erprobung eines auf Sprachförderstrategien und Schlüsselsituationen fokussierten Fortbildungskonzepts für Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte der Grundschule ist. Damit liegt der Schwerpunkt des Projektes auf der Verbesserung der Qualität der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Die zu erlernenden Sprachförderstrategien haben insbesondere die Anregungsqualität im Fokus und können bei Kindern aller Altersstufen im Alltag, aber auch in der additiven Sprachförderung eingesetzt werden. Zu Frage 4: Das bisherige Sprachförderkonzept der additiven Sprachförderung unterstützt Kinder, die in der deutschen Sprache Förderbedarf haben. Es wird auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und in einem ständigen Diskurs der fachlich zuständigen Stellen mit der Praxis weiterentwickelt. Es kann jedoch lediglich ein Zusatz zur alltagsintegrierten sprachlichen Bildung sein, die eine zentrale Aufgabe des gesamten Kita-Teams ist. Sie beginnt beim Eintritt des Kindes in die Einrichtung, setzt an den vorher erworbenen , bereits vorhandenen Aneignungsweisen und Kompetenzen der Kinder an und wirkt als zentrale und dauerhafte Aufgabe während der gesamten Kindergartenzeit. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/432 Zu Frage 5: Der Landesregierung liegen keine Daten vor, um einen möglichen Zusammenhang zwischen der personellen Ausstattung der Kindertagesstätten im Landkreis Mayen-Koblenz und dem Sprachförderbedarf der Erstklässler, die aus diesen Kindertagesstätten kommen, zu bewerten. Zu Frage 6: Die Landesregierung wird die Stärkung der alltagsintegrierten Sprachbildung weiter verfolgen und die pädagogischen Fachkräfte vor Ort in ihrer persönlichen Weiterbildung darin unterstützen. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin 3