Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. August 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/546 zu Drucksache 17/301 22. 07. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Sylvia Groß (AfD) – Drucksache 17/301 – Auswirkungen der Migrationskrise auf das Gesundheitswesen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/301 – vom 30. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Rheinland-Pfalz allein hat im Jahr 2015 etwa 52 000 Immigranten aufgenommen. Laut Robert Koch-Institut (5. Oktober 2015) nimmt die Zahl der Tbc-Erkrankungen unter den Immigranten rasant zu, ebenso die Zahl der HIV-Neudiagnosen (Robert Koch- Institut, 6. Juli 2015, Epidemiologisches Bulletin Nr. 27). Zusätzlich erschweren Sprach- und Kulturbarrieren medizinische Untersuchungsvorgänge . Auch ist Gewalt in der Notaufnahme keine Seltenheit, so das Deutsche Ärzteblatt am 22. März 2016. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die Prävalenz in absoluten Zahlen der an Tbc erkrankten registrierten Immigranten 2015/2016 in Rheinland-Pfalz? 2. Welche Kosten für Therapie, Versorgung und Nachsorge von an Tbc erkrankten Immigranten mussten bisher (2015/2016) aufgebracht werden? 3. Wie hoch sind allein die Dolmetscherkosten, mit denen die Kliniken 2015/2016 in Vorleistung zu gehen hatten/haben? 4. Wie viele Fälle meldepflichtiger Infektionskrankheiten wie Hepatitis B, Hepatitis C, HIV und Skabies in der Immigranten-Gruppe wurden 2015/2016 dem Gesundheitsamt gemeldet? 5. Welche zusätzlichen Kosten werden kalkuliert, wenn die Kommunen von der – im KV befürworteten Einführung – eGK (elektronische Gesundheitskarte) an die Immigranten Gebrauch machen? 6. Wie hoch sind die Fallzahlen von verbaler und tatsächlicher Gewalt ausübenden Migranten in medizinischen Einrichtungen 2015/2016? 7. Welche Sanktionen wurden diesbezüglich in der Vergangenheit getroffen, aufgeschlüsselt nach Anzahl und Art? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 22. Juli 2016 wie folgt beantwortet: Der Landesregierung sind die zur Begründung der Kleinen Anfrage zitierten Artikel im Deutschen Ärzteblatt „Gewalt in der Notaufnahme ist keine Seltenheit“ und auch die in diesem Artikel angesprochene Ausarbeitung „Gewalt an Mitarbeitern in der Notaufnahme “ bekannt. In beiden Publikationen finden weder Flüchtlinge Erwähnung, noch wird ein Zusammenhang zwischen Vorkommnissen in Notaufnahmen der Krankenhäuser mit dort medizinische Hilfe suchenden Flüchtlingen, Asylsuchenden oder auch ausländischen Mitbürgern hergestellt. Zu 1.: Die Fallmeldungen enthalten erst ab der 42. Kalenderwoche Angaben, ob es sich bei den gemeldeten Fällen um Asylbegehrende handelt. Im Jahr 2015 wurden ab der 42. Kalenderwoche 69 Fälle von Tuberkulose bei Asylbegehrenden gemeldet sowie 48 Fälle im Jahr 2016 (Stand: 30. Juni 2016). Die Zahlen basieren auf der Referenzdefinition des Robert Koch-Instituts. Zu 2.: Die Aufwendungen für die TBC-Erkrankungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende werden nicht gesondert statistisch erfasst. Eine nachträgliche Filterung des Haushaltsprogramms ist nicht möglich, da dort keine Diagnosen erfasst werden. Zu 3.: Ob überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe Kliniken in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2015 und 2016 mit Dolmetscherkosten in Vorleistung getreten sind, ist der Landesregierung nicht bekannt. Dolmetscherkosten gehören nicht zu den in der Statistik „Kosten Drucksache 17/546 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode der Krankenhäuser“ erfassten Kosten. Sie sind auch nicht in den Pflegesätzen, vollpauschalierten Entgelten und Zu- und Abschlägen , mit denen Krankenhausbehandlungen finanziert werden, enthalten. Stattdessen sind sie von den jeweiligen Patientinnen und Patienten selbst oder gegebenenfalls von eventuellen Sozialleistungsträgern (Sonderregelungen für Leistungsberechtigte nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) zu tragen. Auch die Nachfrage bei der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz führte zu keinem anderen Ergebnis. Zu 4.: Auch hier enthalten die Fallmeldungen erst ab der 42. Kalenderwoche Angaben, ob es sich bei den gemeldeten Fällen um Asylbegehrende handelt. Gemäß der Referenzdefinition wurden im Jahr 2015 seit der 42. Meldewoche zwei Fälle von Hepatitis B und zwei Fälle von Hepatitis C gemeldet. Für HIV besteht gemäß § 7 des Infektionsschutzgesetzes eine nicht namentliche Meldepflicht direkt an das Robert Koch-Institut, eine Untersuchung erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Gesonderte Zahlen gemäß Asylstatus liegen nicht vor. Laut Robert Koch-Institut wurden in Deutschland im Jahr 2015 insgesamt 3 674 und im Jahr 2016 bisher 949 HIV-Diagnosen gemeldet. Krätze ist nach §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes nicht meldepflichtig. Daher liegen der Landesregierung hierzu keine Zahlen vor. Zu 5.: Die Landesregierung hat mit den gesetzlichen Krankenkassen auf der Basis eines unter aktiver Beteiligung von Vertretern der Kommunen und der Kassenärztlichen sowie der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erarbeiteten Textes einen Rahmenvertrag abgeschlossen . Die Landkreise und kreisfreien Städte Rheinland-Pfalz können als zuständige Behörden diesem Rahmenvertrag beitreten , woraufhin eine gesetzliche Krankenkasse an die in diesen Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten aufgenommenen Asylbewerberinnen und Asylbewerber eine elektronische Gesundheitskarte ausgeben würde. Mit der Ausgabe einer solchen elektronischen Gesundheitskarte würden die beitretenden Kommunen deutliche Vorteile in der medizinischen Versorgung der Asyl - suchenden, unter anderem beim Personaleinsatz, in der Abrechnung medizinischer Leistungen und in der medizinischen Betreuung, nutzen können. Sie würden nicht nur unmittelbar Geld sparen, sondern auch von einem Bürokratieabbau und von den Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung profitieren. Die Erfahrungen in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen haben gezeigt, dass es dort zu Einsparungen gekommen ist. In Nordrhein-Westfalen haben zwischenzeitlich 20 Kommunen und in Niedersachsen eine Kommune ihren Beitritt zu den dortigen Rahmenverträgen erklärt. Auch für die Asylsuchenden ergeben sich deutliche Verbesserungen, da nicht länger Mitarbeiter in den Kommunen über eine Behandlungsnotwendigkeit entscheiden müss - ten, die hierfür in den wenigsten Fällen über das notwenige medizinische Fachwissen verfügen. Eine Einschaltung der örtlichen Amtsärzte würde entfallen und ein Zugang zu einer medizinischen Versorgung erleichtert. Damit wäre die Gefahr einer Chronifi - zierung von Erkrankungen und kostenintensiverer Behandlungen verringert. Auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte würden mit der elektronischen Gesundheitskarte von Bürokratie in den Praxen entlastet. Den gesetzlichen Krankenkassen würden durch die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte und die Betreuung der Asylsuchenden keine Mehrkosten entstehen, da die entstandenen Leistungsausgaben für Asylsuchende weiterhin nicht durch die Solidargemeinschaft der GKV-Versicherten, sondern durch die öffentliche Hand – hier die Kommunen – sowie durch eine Verwaltungsgebühr für die sogenannten Overheadkosten abgedeckt wären. Zu 6.: Die Polizei in Rheinland-Pfalz trifft belastbare Aussagen zur Kriminalitätsentwicklung auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Sie ist bundesweit gültig und unterliegt einheitlichen Erfassungsparametern und Qualitätskriterien. Anderweitige Statistiken stehen zur Beantwortung der Frage 6 nicht zur Verfügung. Die Begrifflichkeit „Migrant“ ist in der PKS nicht vorhanden. Deshalb wird dem Sinn der Anfrage entsprechend der Terminus „Zuwanderer “ gleichgesetzt. Unter Zuwanderer in diesem Sinne sind – bezogen auf das Jahr 2015 – tatverdächtige Personen mit dem Aufenthaltsstatus Asylbewerber, Duldung, Kontingent-/Bürgerkriegsflüchtling oder unerlaubter Aufenthalt zu verstehen. Zum 1. Januar 2016 erfuhr die PKS eine weitere Untergliederung in Form der Rubrik Asylberechtigte, die bei der Bewertung der Fallzahlen in 2016 zu berücksichtigen ist. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der beiden angefragten Jahre eingeschränkt. Ferner werden in der PKS zwar Tatorte registriert, jedoch keine nähere Beschreibung im Sinne einer Tatörtlichkeit „medizinische Einrichtung“. Daher erfolgte die Recherche in der PKS nach der Opferspezifik „sonstiger Rettungsdienst“. Dies bedeutet, dass es sich bei den in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Fällen ausschließlich um solche handelt, bei denen Rettungsdienstmitarbeiter als Opfer erfasst sind. Dies gilt nicht für verbale Gewalt, da sie nicht im Sinne der Opferspezifik gekennzeichnet ist. Diese Bedingungen sind bei der Interpretation der Fallzahlen in der nachfolgenden Tabelle zu berücksichtigen. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/546 3 Zu 7.: Zu den Sanktionen bezüglich dieser verübten Straftaten liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin Fälle – Tatverdächtige Zuwanderer Opferspezifik „sonstiger Rettungsdienst“ 2015 Januar bis Juni 2016*) Fälle insgesamt, davon 4 8 Körperverletzung insgesamt, davon 4 4 Vorsätzliche einfache Körperverletzung 4 3 Gefährliche Körperverletzung – 1 Bedrohung – 3 Exhibitionistische Handlungen – 1 *) Es ist darauf hinzuweisen, dass unterjährige Tabellenwerte grundsätzlich vorläufiger Natur sind. PKS-Datensätze unterliegen im laufenden Berichtsjahr Datenqualitätsprüfungen, was sich in vielfältiger Weise auf den Datenbestand auswirken kann.