Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. September 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/629 zu Drucksache 17/429 01. 08. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Louis Schmidt (AfD) – Drucksache 17/429 – Identifikation mit Deutschlandfahne und deren Geschichte Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/429 – vom 7. Juli 2016 hat folgenden Wortlaut: Wir erleben gerade, wie im Zuge eines großen internationalen Fußballturniers neuerlich zahlreiche schwarz-rot-goldene Fahnen das Straßenbild unserer Ortschaften prägen und gerade jüngere Menschen diesem nationalen Symbol voller Sympathie gegenüberstehen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Grünen Jugend, der Nachwuchsorganisation einer an der Regierung beteiligten Partei, die auf ihrer Facebook-Seite eine Anti-Patriotismus-Kampagne gestartet hat, bei der dieses gemeinschaftliche Gefühl mit „nationalistischem Gedankengut“ gleichgestellt und auch die schwarz-rot-goldene Fahne in schlechtes Licht gerückt wird? Am Ende dieses Facebook-Eintrags vom 10. Juni 2016 steht die Forderung „Fußballfans, Fahnen runter!“ 2. In welchem Rahmen ist die Beschäftigung mit unseren schwarz-rot-goldenen Nationalfarben und deren historischen Hintergründen gerade hier in Rheinland-Pfalz (Stichwort Hambacher Fest) aktuell in den schulischen Lehrplänen verankert? 3. Gibt es seitens der Landesregierung angesichts des gestiegenen öffentlichen Interesses und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Identifikation mit unserem Land und dessen Symbolen Pläne, diese Befassung im Schulunterricht auszubauen? 4. Bestehen darüber hinaus konkrete Absichten, dem Themenkomplex „nationale Symbolik/nationale Identität“ auch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landeszentrale für Politische Bildung einen höheren Stellenwert beizumessen? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 29. Juli 2016 wie folgt beantwortet : Vorbemerkung: Schulen sind Orte der politischen Bildung, in denen Demokratie gelebt und als Wert erlebbar wird. Auf diese Weise kann die Bedeu - tung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung erkannt und die Identifikation mit deren Werten gefördert werden. Ein grundlegendes Verständnis demokratischer Prozesse und die Möglichkeit zur Partizipation sind der wirksamste Schutz vor Demokratieverdrossenheit und Extremismus. Gemeinsames Ziel ist es, die Demokratieerziehung noch intensiver und in noch mehr Schulen zu verankern. Auch außerhalb der Schulen werden zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts Angebote der politischen Bildung unterstützt , um zur Akzeptanz unseres gesellschaftlichen Wertekonsenses beizutragen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Nein. Zu Frage 2: Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und damit zusammenhängend auch der historische Hintergrund der Nationalfarben ist in allen Schularten Bestandteil des Unterrichts, insbesondere in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern Geschichte und Sozialkunde aber auch in anderen Fächern wie z. B. Musik. Im Lehrplan für Geschichte für die Sekundarstufe I konzentriert sich das Lernfeld „Von den bürgerlichen Revolutionen zu den Nationalstaaten“ auf Leitgedanken wie: „Wie entsteht eine Nation?“ „Wie prägen Ideen die Nationalstaatsbildung?“ „Das Aufkommen der ‚Deutschen Flagge‘“. Weitere Aspekte sind „Hymnen als Ausdruck staatlichen Selbstverständnisses“ sowie die Begriffe Kultur und Heimat. Das Lernfeld „Die Welt nach 1945“ enthält u. a. das Thema „Identitätsbildung durch sportliche Großereignisse (Wunder von Bern, Olympische Spiele München 1972, Sommermärchen 2006)“. Drucksache 17/629 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Der Lehrplan für Sozialkunde hebt als eine angestrebte zentrale Fachkompetenz hervor, dass Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, eine Wertschätzung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu entwickeln: „Politische Bildung im gesellschaftswissenschaftlichen Lernfeld zielt neben kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten immer auch auf Haltungen und Einstellungen des – zukünftigen – mündigen Bürgers ab. Die zentrale Leitkompetenz ist die Demokratiekompetenz. Die darin zum Ausdruck kommende Demokratievorstellung gründet auf den funda mentalen Normen und Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz“. Im Fach Gesellschaftslehre enthält der Themenbereich „Persönlichkeitsentwicklung im gesellschaftlichen Kontext“ u. a. den Aspekt „Aufbau und die kritische Reflexion von Ich-Identität im Hinblick auf regionale Zugehörigkeiten und Traditionen“. Im Themenbereich „Geteiltes Land – geeintes Land: Deutschland im Wandel“ werden Nationalsymbole verglichen. In der gymnasialen Oberstufe steht im Lehrplan Gemeinschaftskunde (Grundfach und Leistungsfach, mit den Schwerpunkten Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde) die Entwicklung der Demokratie in Deutschland an zentraler Stelle. Im Lehrplanteil Geschichte ist hier vor allem das Thema „Deutschlands Weg zur Demokratie“ mit den Teilthemen „Das Ringen um eine Demokratie in Deutsch land“, „Deutschland zwischen Demokratie und Diktatur“ und „Die Durchsetzung der Demokratie in Deutschland“ zu nennen. In diesem Thema geht es u. a. um das Hambacher Fest, die Weimarer Republik, das Entstehen und Scheitern der ersten Demokratie in Deutschland und die Situation in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg. Zentrale Aspekte sind Grundwerte und De mokratie als Aufgabe. Die Beiträge des Faches Sozialkunde sind vor allem im Thema „Politische Ordnung“ mit den Teilthemen „Demokratie als Zumutung und Herausfor derung“, „Der politische Prozess im Regierungssystem“, „Politisches Entscheiden und poli tische Beteiligung“, „Demokratisches Selbstverständnis: Entstehung – Ausprägung – Ent wicklung“ und „Demokratie als Herausforderung und Zumutung“ verortet. Grundlage für das Thema „Politische Ordnung“ ist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, in dessen Artikel 22 festgelegt ist: „Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold“. Zu Frage 3: Demokratieerziehung und die Befassung mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und ihren Symbolen sind unabhängig von aktuellen Ereignissen Kernelemente schulischen Lernens und seit Langem in den Lehrplänen verankert. Wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur theoretisch, sondern auch im Schulleben ganz praktisch die Möglichkeit haben, Funktionsweise und Bedeutung einer Demokratie kennenzulernen. Dies kann in der Kita beginnen und in der Schule fortgesetzt werden. Wenn Kinder behutsam in Entscheidungsprozesse eingebunden werden oder Verantwortung übernehmen dürfen, erfahren Sie auf diesem Weg persönliche Wertschätzung und treten für das Ergebnis ein. Beispiele für die Demokratieerziehung in unseren Schulen sind Klassenräte, Jahrgangsstufenversammlungen, Schulparlamente, Schülervertretung und der Schülerlandtag. Demokratieerziehung in diesem Sinne soll noch intensiver und noch mehr in Schulen verankert werden. Zu Frage 4: In der Anordnung der Landesregierung vom 13. Dezember 1993 wird als ein Arbeitsschwerpunkt der Landeszentrale für politische Bildung genannt: „ein durch die elementaren Verfassungsprinzipien bestimmtes politisches Weltbild als Grundlage für das Verständnis aktueller Vorgänge und für politisches Handeln in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu vermitteln.“ In diesem Sinne befasst sich die Landeszentrale für politische Bildung regelmäßig in Veranstaltungen und Veröffentlichungen mit dem Thema „Nationale Symbolik/Nationale Identität“. In dieses Bildungsangebot werden verschiedene Symbole und Ereignisse einbezogen, die nationale Bedeutung haben wie z. B. das Hambacher Fest, das Reichstagsgebäude als Sitz des Deutschen Bundestages, den Mauer - fall und die Deutsche Einheit sowie landesspezifische Symbole. Alle diese Aspekte werden in der Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung auch künftig eine Rolle spielen und entsprechend weiterentwickelt. Es gibt keinen Anlass, dem Thema „nationale Symbolik/nationale Identität“ darüber hinaus einen höheren Stellen wert als bisher einzuräumen. In Vertretung: Hans Beckmann Staatssekretär