Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. September 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/742 zu Drucksache 17/598 18. 08. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) – Drucksache 17/598 – Medieneinsatz und Medienkompetenz an Schulen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/598 – vom 27. Juli 2016 hat folgenden Wortlaut: Bessere Präsentationsmöglichkeiten von Unterrichtsinhalten, ein hohes Maß an Motivation und eine Vielzahl von Interaktionsmöglichkeiten für Schüler und Vorteile für den Lehrer beim Vorbereiten und Speichern der Unterrichtsinhalte bietet das interaktive Whiteboard. Letztendlich können mithilfe von interaktiven Whiteboards alle Medien wie Text, Grafik, Bilder, Animationen, Töne und Filme präsentiert werden. Studien zeigen, dass Schüler durch den Einsatz von digitalen Tafeln besser motiviert und auch positivere Lernergebnisse erzielen können. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Erfahrungen gibt es im Land mit interaktiven Whiteboards im Vergleich zu Kreidetafeln oder analogen Weißwandtafeln? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Vor- und Nachteile des pädagogischen Nutzens der Whiteboards? 3. Wie viele interaktive Whiteboards gibt es bereits an den Schulen und wie viele werden noch benötigt (nach Schulart getrennt)? 4. In welchem Umfang werden die Schulträger vom Land bei diesen Beschaffungen unterstützt? 5. Welche weiteren Anstrengungen unternimmt das Land bezüglich der Digitalisierungsentwicklungen, IT-Ausbildung und Medienkompetenz an den Schulen? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. August 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 4: Im Rahmen des Landesprogramms „Medienkompetenz macht Schule“ wurden seit 2009 520 Medienkompetenzschulen mit insgesamt 1 521 interaktiven Whiteboards (IWB) mit einem Gesamtwert von rund 5,3 Millionen Euro ausgestattet und mit Schulungen zur technischen Handhabung, zur Nutzung der Software und zum didaktischen Einsatz der Whiteboards unterstützt. Über einen Zeitraum von drei Jahren fanden bzw. finden für alle beteiligten Schulen halbjährlich Arbeitstagungen statt, auf denen Möglichkeiten zum Einsatz des Mediums diskutiert und Arbeitsergebnisse ausgetauscht werden. Zusammenfassend lassen sich folgende, daraus resultierende Erfahrungen festhalten: Interaktive Whiteboards können in allen Schulformen und Klassenstufen eingesetzt werden. Sie lassen sich mit der vom Hersteller gelieferten Software, selbst gestalteten Vorlagen, aber auch mit klassischer Lernsoftware, interaktiven Webseiten, Produkten von Verlagen oder zur reinen Medienwiedergabe nutzen. Ihr Einsatz ist sowohl im klassischen Lehrervortrag wie auch in schülerzentrierten Szenarien wie dem Stationenlernen, beim gemeinsamen (kooperativen wie kollaborativen) Erarbeiten von Themen oder bei der Präsentation von Gruppenarbeitsergebnissen möglich. Im Zusammenspiel mit Online-Lernplattformen oder im Unterricht genutzten Notebooks oder Tablets stellen sie ein wichtiges Bindeglied dar, das einen durchgehenden Einbezug digitaler Medien in den Unterricht ohne Medienbrüche ermöglicht. Auch lassen sie sich unter dem Gesichtspunkt der Inklusion gut an die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler anpassen. Damit werden IWB – pädagogisch sinnvoll eingesetzt – zu einem hilfreichen Element des mediengestützten Unterrichts. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von interaktiven Whiteboards an Schulen ist es, deren Einführung und weitere Nutzung auf konzeptioneller, personeller und technischer Ebene abgestimmt anzugehen: Die Basis für den Einsatz der Boards bildet ein schulisches Medienkonzept, in dem die dafür vorgesehenen Einsatzszenarien, die Vorkenntnisse und Schulungsbedarfe der Lehrkräfte, das Zusammenspiel mit der übrigen Ausstattung der Schule, Finanzierungs-, Wartungs-, Sicherheits- und Haftungsfragen, geeignete Räumlichkeiten und Verantwortlichkeiten bedacht werden. Darauf aufbauend kann die Entscheidung für ein geeignetes Produkt gefällt werden. Drucksache 17/742 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Von großer Relevanz sind weiterhin die vom Land finanzierten Schulungen der Lehrkräfte in der Anwendung der Technik, in der zum IWB gehörenden Software wie auch in der methodisch-didaktisch sinnvollen Nutzung der Tafeln (ggf. auf die jeweilige Schulform und das jeweilige Fach angepasst) sowie nach Möglichkeit ein regelmäßiger Austausch über Einsatzmöglichkeiten und Unter - richtsszenarien. Hierbei kann auch auf die Angebote des Pädagogischen Landesinstituts zurückgegriffen werden. Aus technischer Sicht ist es hilfreich, IWB mit beschreibbaren Seitentafeln oder einem herkömmlichen Whiteboard zu kombinieren , und so die Möglichkeiten des klassischen Tafelanschriebs mit denen der digitalen Technik zu verbinden. Auch sollte auf Höhenverstellbarkeit geachtet werden, um allen Schülerinnen und Schülern die Arbeit am Board zu ermöglichen. Fahrbare Wandtafeln haben sich als störanfällig (durch Erschütterungen und Zusammenstöße beim Transport) erwiesen, eine feste Montage ist vorzuziehen . Die Technik muss regelmäßig gewartet werden, um ihre Lebensdauer zu erhöhen. Auch sollte der Support klar geregelt sein – eine verlässliche Verfügbarkeit der Tafeln ist Voraussetzung für ihre Akzeptanz durch die Lehrkräfte. Zu Frage 2: Nach den Erfahrungen im Rahmen von „Medienkompetenz macht Schule“ sind als Vorteile der pädagogischen Nutzung von interaktiven Whiteboards folgende Punkte zu nennen: – Die Nutzung von IWB knüpft an die Gewohnheiten von Schülerinnen und Schülern bei der Mediennutzung an und wirkt moti - vierend auf sie. – IWB können multimedial genutzt werden und erweitern bzw. vereinfachen dadurch die Möglichkeiten, beim Lernen verschiedene Sinne anzusprechen. – Das Spektrum an Unterrichtsmethoden, das Lehrkräften zur Verfügung steht, wird durch die Möglichkeiten von Lern- und Boardsoftware (z. B. dynamische Tafelbilder) erweitert. – Als Schnittstelle zu Online-Lernplattformen, zu anderen Internetangeboten oder den Notebooks und Tablets der Schülerinnen und Schüler erleichtern sie den Einsatz digitaler Medien im Unterricht, heben Medienbrüche auf und bieten (z. B. durch das Sichtbarmachen von Arbeitsständen oder -ergebnissen Einzelner für alle und deren weiterer Bearbeitung) neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Unterricht. Auch vereinfacht der fehlende Medienbruch für Lehrkräfte die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts am Computer bzw. das Abspeichern des Arbeitsstands die Fortsetzung der Arbeit in der nächsten Unterrichtsstunde . Dem stehen folgende Nachteile gegenüber: – Die IWB verführen dazu, vor den Schülerinnen und Schülern mit den Möglichkeiten der Software zu „zaubern“ und den Show - effekt über den eigentlichen Inhalt zu stellen. Auch können sie bestehende Tendenzen von Lehrkräften unterstützen, einen ausschließlich frontalen, lehrerzentrierten Unterricht statt schülerzentrierter, individualisierender Lernszenarien zu geben. – Technik stellt teilweise eine Hemmschwelle für Lehrkräfte dar, so auch die IWB. Das erhöht die Möglichkeit, dass die Tafeln nicht genutzt werden, bzw. macht einen großen Schulungs- und Supportaufwand erforderlich. – Im Vergleich zur herkömmlichen Tafel sind die Anschaffungskosten, aber auch laufende Kosten für Strom, Wartung (Reinigung der Luftfilter) und Ersatzteile (Lampe) bei IWB höher als bei einer Kreidetafel. Die Lebensdauer ist – auch bei guter Wartung – geringer. Mit Blick auf die Notwendigkeit, die Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern in einer von Medien durchdrungenen Welt zu fördern, sind IWB ein mögliches, pädagogisch nützliches Instrument in einer Lernumgebung, die auf diese Belange eingeht. Zu Frage 3: Insgesamt werden bereits 6 677 IWB in rheinland-pfälzischen Schulen eingesetzt. An Grundschulen gibt es im Schnitt zwei IWB, an Realschulen plus (inkl. Fachoberschulen, Grund- und Realschulen plus, Grund- und Hauptschulen, Realschulen, Hauptschulen) acht IWB, an Integrierten Gesamtschulen zwischen 14 und 15 IWB, an Gymnasien zehn IWB, an Förderschulen vier IWB und an berufsbildenden Schulen zwischen acht und neun IWB. Der jeweilige Bedarf der Schulen kann sich aufgrund der Klassenzahlen, der Art der Gerätebereitstellung (fahrbar/fest montiert) und der schulischen Organisation ändern. Zu Frage 5: Die Landesregierung unternimmt große Anstrengungen im Hinblick auf die informatische Bildung der Schülerinnen und Schüler aller Schularten. Informatik wird als Grundfach und als Leistungsfach in der gymnasialen Oberstufe der Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen angeboten und kann in der Beleg- und Einbringverpflichtung die zweite Fremdsprache oder die zweite Naturwissenschaft ersetzen. Informatik kann die Naturwissenschaft im mathematisch-naturwissenschaftlichen Abiturprüfungsprofil ersetzen. In den 9-jährigen Gymnasien kann Informatik als Wahlfach in den Klassenstufen 9 und 10, in den 8-jährigen Gymnasien als Wahlpflichtfach in den Klassenstufen 8 und 9 belegt werden und ist damit eine Alternative zur dritten, fakultativen Fremdsprache und zum Fach Naturwissenschaft. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/742 Die Realschulen plus können im Rahmen ihrer Profilbildung u. a. ein schuleigenes Wahlpflichtfach Informatik anbieten oder Profil - stunden für informatische Bildung verwenden. An den Integrierten Gesamtschulen kann ebenfalls Informatik als schuleigenes Wahlpflichtfach und als Wahlfach angeboten werden . Im Schuljahr 2015/2016 gab es an 32 Standorten eine Fachoberschule im organisatorischen Verbund mit einer Realschule plus, sieben davon mit dem Schwerpunkt Technische Informatik. Im Bereich der berufsbildenden Schulen gibt es verschiedene Fachrichtungen und Schwerpunkte, die gezielt Informatik-Kompetenzen fördern, z. B. das Berufliche Gymnasium Technik mit dem Schwerpunkt Informationstechnik oder die Höhere Berufsfachschule mit den Fachrichtungen Automatisierungstechnik oder IT-Systeme, die Fachschule mit der Fachrichtung Informationsverarbeitung und Informationsmanagement und mit der Fachrichtung Elektrotechnik, Schwerpunkt Informationstechnik. Durch diese vielfältigen Angebote erhält ein nicht unerheblicher Anteil der Schülerinnen und Schüler im Verlauf der Schulzeit Informatikunterricht. Im Schuljahr 2015/2016 war an etwa 50 Gymnasien ein Wahlfach oder Wahlpflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I eingerichtet . In der gymnasialen Oberstufe gab es über die drei Jahrgangsstufen hinweg an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen zusammen 40 Informatik-Leistungskurse und 732 Informatik-Grundkurse. Der Grundkurs Informatik wurde von 22 Prozent aller Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen belegt. Um dem Mangel an Informatik-Lehrkräften entgegenzuwirken, werden z. B. Quer- und Seiteneinsteiger eingestellt und beim Pädagogischen Landesinstitut regelmäßig Weiterbildungskurse in Informatik eingerichtet. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase der Lehrkräfteausbildung ist Medienbildung verpflichtender Bestandteil. Während des lehramtsbezogenen Studiums wird in den „Curricularen Standards der Studienfächer in lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen“ im Modul 2 „Didaktik, Methodik, Kommunikation und Medien“ des Faches Bildungswissenschaften für alle Lehrämter reflexiver, selbstbestimmter und kreativer Umgang mit Medien unter technischen, praktischen, ästhetisch-bildenden und emanzipatorischen Aspekten verbindlich festgelegt. Digitale Bildung und Medienkompetenz sowie Medienentwicklung und Konzepte der Medienpädagogik sind Gegenstand von Lehrveranstaltungen. Im Vorbereitungsdienst ist die Medienkompetenz in der „Curricularen Struktur der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung im Vorbereitungsdienst“ an vielen Stellen verbindlich verankert . Beispielsweise ist in Modul 3 „Kommunikation und Medien“ Einsatz und Wirkung von Medien unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Mediennutzung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen als verpflichtender Inhalt definiert, in Modul 4 „Unterricht“ wird Einsatz und Wirkung von Medien in Lehr-Lern-Prozessen festgeschrieben. Darüber hinaus gibt es in der Lehrkräfteausbildung eine Vielzahl von Maßnahmen zur Medienkompetenz. Im Studium stehen an jeder Universität eine Vielzahl von Projekten und Forschungsvorhaben (z. B. Nützlichkeit und Mehrwert von digitalen Medien für den Einsatz im Unterricht , auf Schule und Hochschule zugeschnittene Lehr-Lern-Szenarien sowie fachbezogene Online-Netzwerke, eLearning, Blended- Learning, Virtual-Reality-Experimente) im Mittelpunkt. Im Vorbereitungsdienst lassen sich die Maßnahmen zur Medienkompetenz wie folgt thematisch bündeln: „Digitale Medien als nützliche Werkzeuge erfahren“ (z. B. Moodle), „Digitale Medien als Unterrichtsmedien nutzen“ (z. B. zielorientierte Internetrecherche), „Teilhabe an medienpädagogischen Aktivitäten des Landes“ (z. B. Medienscout-Projekt), „Kinder- und Jugendmedienschutz“ (z. B. Ambivalenz sozialer Netzwerke) und „Kooperationen und innovative Einzelprojekte“ (z. B. „Podcast-Mindmap“). Die Landesregierung wird die Schulen bei der Vermittlung digitaler Bildung weiter unterstützen und dabei das erfolgreiche Landes - programm „Medienkompetenz macht Schule“ fortentwickeln. Hierbei werden wir in den nächsten Jahren einen besonderen Fokus auf den Grundschulbereich legen mit dem Ziel, die Vermittlung digitaler Kompetenzen auszuweiten und digitale Bildung von Anfang an umzusetzen. Des Weiteren soll Online-Lehren und -Lernen Standard werden an allen weiterführenden Schulen und die digitale Bildung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften intensiviert werden. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin 3