Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. September 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/830 zu Drucksache 17/689 31. 08. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gordon Schnieder und Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/689 – Reaktionen auf die terroristischen Anschläge in Frankreich und Belgien bei der rheinland-pfälzischen Polizei Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/689 – vom 10. August 2016 hat folgenden Wortlaut: Im Januar und November 2015 begingen islamistische Terroristen Anschläge in Paris, im März 2016 verübten ebenfalls islamistische Terroristen Anschläge in Belgien. Die Täter verwendeten militärische Waffen und ebensolche Munition. Die Ermittlungen ergaben, dass mehrere von ihnen über eine militärische Ausbildung verfügten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wurden von der rheinland-pfälzischen Polizei die Erkenntnisse über die Taten in Frankreich und Belgien – insbesondere die modi operandi und die Ausrüstung der Terroristen – systematisch ausgewertet? 2. In Bayern wurde nach den Terroranschlägen von Frankreich und Belgien die AG TE (Arbeitsgruppe zur Optimierung von Handlungskompetenzen der Bayerischen Polizei bei der Bewältigung von Terrorlagen) geschaffen. Wurde in der rheinland-pfälzischen Polizei bzw. dem Innenministerium eine mit vergleichbaren Aufgaben betraute Institution geschaffen? 3. Die bayerische Polizei entwickelte das Handlungskonzept „lebensbedrohliche Einsatzlagen“, das auf bereits bestehenden Konzepten – unter anderem der Bewältigung sogenannter Amok-Lagen – aufbaut. Wurde ein vergleichbares Konzept auch in Rheinland-Pfalz entwickelt? 4. Als ein mögliches Szenario eines terroristischen Anschlages gelten sogenannte „Body-Bomber“, die bei ihrem Anschlag Schuss - waffen und Handgranaten gegen eine größere Menschenmenge einsetzen. Wurde aufgrund solcher Tatbegehungsszenarien die Aus- und Fortbildung der rheinland-pfälzischen Polizisten verändert? 5. Wie entwickelte sich die Zahl der Dienstposten beim rheinland-pfälzischen Spezialeinsatzkommando seit dem Jahr 2014? 6. Verfügen die rheinland-pfälzischen Streifenbeamten über eine Schutzausrüstung (Schutzklasse 4 der Weste und des Helmes), die auch gegen militärische Munition (Kaliber 7,62 x 39 „Kalashnikov“) schützt, wie sie unter anderem von den Attentätern in Paris verwendet wurde? Wenn ja, für wie viele Beamte steht diese höherwertige Schutzausrüstung zur Verfügung? 7. Ist die Anschaffung neuer Dienstwaffen bei der rheinland-pfälzischen Polizei geplant? Ist dabei vorgesehen, das Gewehr G 3 von Heckler & Koch für die rheinland-pfälzische Polizei zu beschaffen? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 31. August 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Polizei Rheinland-Pfalz analysiert fortlaufend alle in den Phänomenbereichen der Politisch Motivierten Kriminalität gewonnenen Informationen und bewertet diese insbesondere im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für die Gewährleistung der inneren Sicherheit in Deutschland und Rheinland-Pfalz. Dies schließt insbesondere die systematische Auswertung der Erkenntnislage im Bereich des islamistischen Terrorismus ein. Zu den Fragen 2 und 3: Die terroristischen Anschläge – insbesondere in Paris und Brüssel – stellen die deutschen Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen . Vor diesem Hintergrund befassten sich bereits mehrere Bund-Länder-Arbeitsgruppen mit der Thematik und den daraus resultierenden Konsequenzen. Aufbauend auf den Ergebnissen einer Arbeitsgruppe des Unterausschusses Führung, Einsatz Kriminalitätsbekämpfung des Arbeitskreises II der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder wurde speziell zum Thema „Konsequenzen terroristischer Ereignisse für den Einsatz-, Streifen- und Wachdienst sowie die Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes“ in Rheinland-Pfalz die landesinterne Arbeitsgruppe „Herausragende Kriminalitäts- und Einsatzlagen “ (AG KEL) frühzeitig mit der Erarbeitung möglicher Konsequenzen für die rheinland-pfälzische Polizei beauftragt. Die ersten Ergebnisse der AG KEL verdeutlichen entsprechend der bundesweiten Entwicklung einen Bedarf an verbesserter Schutzaus- Drucksache 17/830 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode stattung sowie taktische Anpassungen zur „Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen“ insbesondere für potenzielle Erstinterventionskräfte des Wechselschichtdienstes. Auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse der AG KEL wurde mit Schreiben vom 19. April 2016 eine landesweite Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung einer Einsatzkonzeption „Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen“ beauftragt. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. Zu Frage 4: Im Zusammenhang mit der Bewältigung sogenannter lebensbedrohlicher Einsatzlagen sind verschiedene Szenarien denkbar. Hierunter sind neben Amoktaten, Geiselnahmen und Formen schwerer Gewaltkriminalität auch Anschläge in den verschiedensten Ausprägungen einzuordnen. Die Hochschule der Polizei wurde beauftragt, auf Grundlage der Einsatzkonzeption „Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen“ ein diesbezügliches Aus- und Fortbildungskonzept zu erarbeiten. Ein entsprechender Entwurf befindet sich derzeit in Abstimmung. Zu Frage 5: Die Zahl der Dienstposten beim rheinland-pfälzischen Spezialeinsatz- und Personenschutzkommando (SEK) ist seit Jahren unverändert . Das SEK weist eine Sollstärke von 175 Beamtinnen und Beamten auf. Im Zuge der beabsichtigten Zusammenlegung der Spezialeinheiten, also des SEK, des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) sowie der K 16 der Polizeipräsidien (Observation/Fahndung), wird die Sollstärke – insbesondere orientiert an der Aufgabenstellung der neuen Organisationseinheit – 263 Einsatzkräfte betragen. Hinzu kommen fünf Tarifbeschäftigte. Zu den Fragen 6 und 7: Mit der Beschaffung zur Ausstattung von rund 430 Funkstreifenwagen mit jeweils zwei Schutzwesten mit erhöhter Schutzwirkung und zwei ballistischen Helmen wurde begonnen. Die bereits im Funkstreifenwagen mitgeführte Maschinenpistole MP 5 wird mit einer verbesserten Visiereinrichtung versehen. Mittel- bis langfristig ist eine Modernisierung der Maschinenpistolen bei der rheinland-pfälzischen Polizei vorgesehen. Eine Beschaffung des Gewehrs G 3 des Herstellers Heckler & Koch für den allgemeinen Polizeidienst ist nicht vorgesehen. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär