Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. September 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/866 zu Drucksache 17/714 06. 09. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/714 – Übergriffe auf Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/714 – vom 12. August 2016 hat folgenden Wortlaut: Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage – Drucksache 17/32 (vgl. Drucksache 17/189) – vom 21. Juni 2016 wurden u. a. 72 Straftaten zum Nachteil von Lehrern verübt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wurden in allen 72 Fällen, wo Lehrkräfte verletzt wurden, der Verdienstausfall und die Heilbehandlungskosten bei den Schädigern geltend gemacht? Wenn nein, warum nicht? 2. Welche Schulen in Rheinland-Pfalz verfügen über keinen Sozialarbeiter? 3. Welche Sachverhalte liegen den drei Sicherstellungen/Beschlagnahmungen von Drogen an der Pestalozzi-Grundschule I in Alten kirchen zugrunde? 4. Welche Sachverhalte liegen den sechs Straftaten an der Bertha-von-Suttner Realschule plus in Betzdorf zugrunde? 5. Bei welchen Vorfällen sind die Schulleitungen verpflichtet, diese an die Schulaufsicht zu melden? 6. In welcher Form erhalten die Schulen Beratung und Unterstützung durch die Schulaufsicht bei dem Vollzug von Ordnungsmaßnahmen ? 7. Wie viele Maßnahmen wegen Gefährdung der Gesundheit von Schülerinnen und Schülern nach § 92 Übergreifende Schul ordnung (ÜSchO), Ausschluss von allen Schulen einer Schulart und der Ausschluss von allen Schulen des Landes nach § 97 Abs. 2 ÜSchO wurden vollzogen (bitte aufgegliedert nach den Schularten 2014/2015 und 2015/2016)? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 5. September 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Nur zehn der Lehrkräfte, die von den in der Antwort der Landesregierung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage „Vorfälle mit Waffen an rheinland-pfälzischen Schulen“ (Drucksache 17/189) genannten Vorfälle betroffen waren, haben einen Dienstunfall gemeldet. Dies liegt zum einen daran, dass es bei einigen der Vorfälle beim Versuch geblieben ist, sodass es nicht zum Schadenseintritt kam. Zum anderen ist denkbar, dass die Verletzungen der Lehrkräfte nicht so schwerwiegend waren, dass sie zu Heilbehandlungskosten oder Verdienstausfall führten. Außerdem können Beamtinnen und Beamte Dienstunfälle bis zu zwei Jahre nach Unfalldatum anzeigen, sodass möglicherweise noch nicht alle Vorfälle gemeldet wurden. In den zehn genannten Fällen hat die Schadensregulierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Durchführung des Regresses gegen die Verursacherin bzw. den Verursacher geprüft. In einem Fall wurde die Schadensersatzforderung erfolgreich durchgesetzt . In zwei Fällen ist die Regressprüfung noch nicht abgeschlossen. In den anderen Fällen wurde aus rechtlichen Gründen von der Durchsetzung einer Forderung abgesehen. Es konnte kein Vorsatz hinsichtlich des Verletzungserfolgs nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung besondere Bestimmungen dazu bestehen, in welchen Fällen die Unfallkasse bzw. das Land Schadensersatzforderungen bei Verletzungen von Schülerinnen und Schülern untereinander und bei Verletzungen von Lehrkräften durch Schülerinnen und Schüler erheben kann, vgl. §§ 104 bis 106 SGB VII. Danach ist eine Schadensersatzhaftung von Schülerinnen und Schülern für Taten im Bereich der Schule grundsätzlich ausgeschlossen . Etwas anderes gilt nur, wenn die Schülerin bzw. der Schüler bezüglich der Verletzungshandlung und bezüglich des Verletzungserfolges vorsätzlich gehandelt hat. Drucksache 17/866 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 2: Schulsozialarbeit liegt in der Verantwortung der örtlichen Träger der Jugendhilfe. Eine vollständige Aufstellung darüber, an welchen Schulen Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter eingesetzt sind, liegt dem Land deshalb nicht vor. Das Land fördert auf der Grundlage der „Standards der Schulsozialarbeit an allgemeinbildenden Schulen, die den Abschluss der Berufsreife anbieten“ Schulsozialarbeit an der Realschule plus sowie an Integrierten Gesamtschulen. Aktuell nehmen 223 Schulen an diesem Förderprogramm teil. Zusätzlich gibt es an 61 berufsbildenden Schulen vom Land geförderte Stellen für Schulsozialarbeiterinnen bzw. Schulsozialarbeiter . Darüber hinaus finanzieren die Kommunen Schulsozialarbeit an weiteren Schulen in unterschiedlichem Umfang. Zu Frage 3: Beamte der Polizeiinspektion Altenkirchen kontrollierten mehrere Personen auf dem Gelände der Pestalozzi-Grundschule. Dabei stellten sie Gegenstände sicher, die zum Verkauf von Betäubungsmitteln verwendet werden. Gegen drei Beschuldigte wurden getrennte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Handels mit Betäubungsmitteln eingeleitet. Zu Frage 4: Wie der Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage (Drucksache 17/189) zu entnehmen ist, registrierte die Polizei an der Bertha-von Suttner-Realschule plus in Betzdorf fünf Straftaten, bei denen Schuss-, Stichwaffen oder gefährliche Gegenstände mitgeführt oder verwendet wurden. Es handelt sich um eine gefährliche Körperverletzung und vier Bedrohungen. Irrtümlich wurde bei der Beantwortung der Frage 2 der seinerzeitigen Anfrage der Datensatz zu einer Bedrohung mit zwei geschädigten Schülern dupliziert. Hier registrierte die Polizei tatsächlich lediglich eine gefährliche Körperverletzung und vier Bedrohungen. Dabei handelt es sich im Einzelnen um folgende Sachverhalte: a) Gefährliche Körperverletzung: Unbekannte(r) Täter(in) versprüht in der Schule Pfefferspray. Drei Schüler werden durch eine Reizung der Atemwege und der Augenschleimhäute verletzt. b) Bedrohung: Ein strafunmündiger Schüler bedroht zwei Mitschülerinnen im Rahmen eines Streits mit einer Schere. c) Bedrohung: Der unter b) genannte Schüler gibt in seiner Anhörung an, seinerseits von einer strafunmündigen Mitschülerin mit einer Schere bedroht worden zu sein. d) Bedrohung: Der unter b) genannte Schüler bedroht vier weitere Mitschülerinnen mit einer Schere. e) Bedrohung: Ein strafunmündiger Schüler bedroht Mitschülerinnen mit einem Klappmesser. Zu den Fragen 5 und 6: Das Verhältnis der Schulen zu ihren jeweiligen Schulaufsichtsbeamtinnen bzw. Schulaufsichtsbeamten ist von enger Zusammenarbeit und Austausch geprägt. Deshalb ist es selbstverständlich, dass die Schulleitung die Schulbehörde über alle wesentlichen Geschehnisse an der Schule informiert. Schwere Straftaten müssen den zuständigen Behörden gemeldet werden. Hierauf wird auch in der „Handreichung für den Umgang mit Krisensituationen an Schulen“ hingewiesen, die jeder Schule zur Verfügung steht und die einen Beitrag für die Beratung der Schulen für die Bewältigung von Krisensituationen darstellt. In der Handreichung werden Informationen zum Thema Krise und zu Unterstützungssystemen gegeben und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt . Außerdem werden Checklisten und eine Zusammenstellung der wichtigsten Rechtsvorschriften zur Verfügung gestellt. In den „Organisatorischen und personalrechtlichen Handreichungen für Schulleitungen und Lehrkräfte“, die die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion herausgibt und an die Schulen verschickt, sind im Kapitel „Schulrecht/Ordnungsmaßnahmen“ praxisorientierte Hilfestellungen zu schulischen Ordnungsmaßnahmen enthalten. Die entsprechenden Grundlagen des Schulgesetzes, der §§ 57 ff. der Schulordnungen für die öffentlichen Grundschulen und die §§ 97 ff. der Übergreifenden Schulordnung werden erläutert. Darüber hinaus beraten die Juristinnen und Juristen der Schulabteilung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Schulleitungen auf Nachfrage. Zu Frage 7: Die Maßnahmen wegen der Gefährdung der Gesundheit von Schülerinnen und Schülern gemäß § 92 der Übergreifenden Schulordnung werden von den Schulen im Benehmen mit dem Gesundheitsamt getroffen. Hierbei können Schülerinnen und Schüler vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, um andere Schülerinnen und Schüler vor ansteckenden Krankheiten zu bewahren. Diese Maßnahmen werden statistisch nicht erfasst. In den Schuljahren 2014/2015 und 2015/2016 hat es keinen Ausschluss von allen Schulen einer Schulart und keinen Ausschluss von allen Schulen des Landes gegeben. Ordnungsmaßnahmen müssen von erzieherischen Gesichtspunkten bestimmt sein. Deshalb stehen andere – weniger schwere – Ordnungsmaßnahmen im Vordergrund. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin