Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. September 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/873 zu Drucksache 17/711 06. 09. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/711 – Ausweisung ausländischer Staatsangehöriger Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/711 – vom 15. August 2016 hat folgenden Wortlaut: Ein 24-jähriger somalischer Staatsangehöriger verübte im Juli 2015 in Kirn einen versuchten Mord und versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wurde dafür vom Bad Kreuznacher Landgericht zu einem sechsjährigen Aufenthalt in der forensischen Abteilung in der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey verurteilt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele ausländische Staatsangehörige wurden wegen einer Straftat i. S. d. § 53 und § 54 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 in Rheinland-Pfalz verurteilt (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 2. Wie viele Ausweisungen von ausländischen Staatsangehörigen wurden nach § 53 und § 54 AufenthG in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 in Rheinland-Pfalz verfügt (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 3. Wie viele Ausweisungen von ausländischen Staatsangehörigen wurden nach § 55 AufenthG in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 in Rheinland-Pfalz verfügt (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 4. In wie vielen Fällen erfolgt keine Ausweisung von ausländischen Staatsangehörigen, obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 53, 54 und 55 AufenthG vorlagen und was waren die Gründe dafür? 5. Wie hoch betragen die monatlichen Kosten für einen Aufenthalt in der forensischen Abteilung der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey? 6. Warum erfolgte im o. g. Fall keine Abschiebung? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 6. September 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die angefragten statistischen Daten liegen hier nicht vor. Gemäß § 53 Absatz 1 und Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist die Ausweisungsentscheidung aufgrund einer Interessenabwägung zu treffen. § 54 AufenthG enthält Abwägungsdirekti ven, die als Regeltatbestände ausgestaltet sind, wobei zwischen einem besonders schwerwiegenden (§ 54 Absatz 1) und einem schwerwiegenden (§ 54 Absatz 2) Aus weisungsinteresse differenziert wird. Soweit hierfür das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung maßgeblich ist (§ 54 Absatz 1 Ziffer 1 bis 1 a und Absatz 2 Ziffer 1 bis 2 AufenthG), setzen die Abwägungsdirektiven neben einer Straftat das Vorliegen weiterer Kriterien wie Vorsatz, die Verletzung bestimmter Rechtsgüter, eine bestimmte Handlungsweise, eine bestimmte Höhe der Freiheits- oder Jugendstrafe oder eine bestimmte Rechtsfolge voraus. Die der Strafverfolgungsstatistik zugrunde liegende Datenstruktur des Statistischen Landesamtes ist ausschließlich an den Straftatbe ständen des Strafgesetzbuchs und den hierin normierten Tatbestandsmerkmalen orientiert. Demnach wäre eine differenzierende statistische Auswertung der in den genannten Jahren erfolgten Verurteilungen von Ausländern in Abstimmung mit dem Statistischen Landesamt zwar anhand der Kriterien Staatsangehörigkeit, Straftatbestand und Strafmaß, nicht jedoch anhand der in § 54 Absatz 1 Ziffer 1 bis 1 a und Absatz 2 Ziffer 1 bis 2 AufenthG aufgeführten weiteren Voraussetzungen möglich. Denn diese weiteren in § 54 AufenthG genannten Kriterien sind nicht in allen Fällen Tatbestandsmerkmale der genannten Straftaten und werden folglich statistisch nicht erfasst. Zu den Fragen 2 und 3: Die Anzahl der in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 verfügten Aus weisungen kann der Anlage entnommen werden. Nach Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist eine Auswertung des Ausländerzentralregisters nach den einzelnen Rechtsgrundlagen nicht möglich. Drucksache 17/873 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 Zu Frage 4: Eine Statistik, in wie vielen Fällen keine Ausweisung von ausländischen Staatsange hörigen erfolgte, obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 53, 54 und 55 AufenthG vorlagen, wird nicht geführt. Zu Frage 5: Die monatlichen Kosten der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung, Unter bringung und Sicherung einschließlich der Nebenkosten (unter anderem somatische Krankenbehandlung) pro Patient belaufen sich derzeit in der forensischen Abteilung der Rheinhessen Fachklinik Alzey auf ca. 8 600 Euro. Zu Frage 6: Bei dem somalischen Staatsangehörigen handelt es sich um einen anerkannten Flüchtling. Anerkannte Flüchtlinge genießen einen besonderen Ausweisungsschutz i. S. v. § 53 Abs. 3 AufenthG. Danach dürfen anerkannte Flüchtlinge nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwer wiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Die zuständige Ausländerbehörde prüft derzeit pflichtgemäß die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens und ob aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Betracht kommen. Aufgrund der mangelnden Kooperation des somalischen Staates sind Rückführungen derzeit aus rein tatsächlichen Gründen nicht möglich. Anne Spiegel Staatsministerin Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/873 Anlage Anzahl der Ausländer mit einer Ausweisungsverfügung nach Entscheidungsjahr hier: Rheinland-Pfalz 3 Staatsangehörigkeit Entscheidungsjahr 2012 2013 2014 2015 2016 Afghanistan 1 Ägypten 1 Albanien 3 3 2 7 8 Algerien 4 1 2 2 1 Argentinien 1 1 Armenien 1 2 2 Aserbaidschan 2 1 1 Australien 1 Bolivien 1 Bosnien und Herzegowina 1 3 7 1 Brasilien 2 1 2 Bulgarien 1 1 Chile 1 China 3 2 3 3 Dominikanische Republik 4 4 Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) 1 Gambia 1 Georgien 1 1 5 5 1 Griechenland 1 Guinea 1 1 2 3 Indien 3 1 1 Irak 5 Iran, Islamische Republik 2 2 3 Israel 1 Italien 2 Jamaica 1 Jugoslawien (ehemals) 2 1 1 Kasachstan 1 1 Kosovo 2 6 5 12 6 Kroatien 6 Libanon 2 Libyen 1 Mali 1 Marokko 2 3 7 Mauretanien 1 Mazedonien 5 9 1 5 1 Mexico 1 Moldau (Republik) 2 2 2 Montenegro 1 3 2 Drucksache 17/873 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 4 Staatsangehörigkeit Entscheidungsjahr 2012 2013 2014 2015 2016 Mosambik 1 1 Niederlande 1 Nigeria 2 5 5 4 1 Ohne Angabe 1 Pakistan 2 1 3 2 Peru 1 Philippinen 2 Rumänien 1 Russische Föderation 2 4 3 Senegal 1 Serbien 10 7 6 4 6 Serbien (ehemals) 2 Serbien und Montenegro (ehemals) 2 Seychellen 1 Sierra Leone 1 1 Somalia 1 1 Syrien, Arabische Republik 1 4 Thailand 1 Tschechische Republik 1 Tunesien 2 1 Türkei 11 7 5 7 3 Ukraine 2 4 2 5 2 Ungeklärt 1 1 1 1 Venezuela 1 1 Vereinigte Staaten von Amerika 2 1 1 1 Vietnam 9 4 1 6 1 Weißrußland 2 Gesamt 100 89 65 94 54 (Quelle: Ausländerzentralregister zum Stichtag 31. Juli 2016.)