LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/363 (14/318) 08.12.2010 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Rolf Linsler (DIE LINKE.) betr.: Landesweite Einführung einer Ehrenamtskarte Vorbemerkung des Fragestellers: „Im Jahr 2008 hat die damalige Landesregierung die Einführung einer Ehrenamtskarte angekündigt, durch welche jene Menschen, die sich im Saarland ehrenamtlich engagieren , Vergünstigungen erhalten sollen. Diese Karte sollte im Sommer 2009, so die Landesregierung damals, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Weder die Vorstellung noch eine Einführung einer solchen Karte sind jedoch bisher erfolgt.“ Von Seiten der Landesregierung wird darauf verwiesen, dass die Thematik der Einführung einer landesweit gültigen Ehrenamtskarte Gegenstand der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport am 6. Oktober 2010 war. Unter TOP 4 wurde von Seiten der Landesregierung ausführlich über die Genese und den aktuellen Sachstand berichtet. Ausgegeben: 08.12.2010 (11.11.2010) Drucksache 14/363 (14/318) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Wie steht die Landesregierung generell zum Thema Ehrenamtskarte? Welche Aktivitäten plant sie diesbezüglich kurz-, mittel- und langfristig? Zu Frage 1: Das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger ist die wertvolle Basis für die Arbeit der Verbände und Vereine im Sport-, Kultur-, Sozial- und Umweltbereich. Im Saarland beteiligen sich 76 Prozent der ab 14-jährigen Bevölkerung in Gruppen, Vereinen und Organisationen oder in öffentlichen Institutionen und Einrichtungen, also der so genannten „Zivilgesellschaft“. Das Saarland verfügt über die höchste Vereinsdichte Deutschlands. Vor diesem Hintergrund hat für die saarländische Landesregierung die Verbesserung der Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement sowohl auf Bundesals auch auf Landesebene eine sehr hohe Bedeutung. Mit der LAG „Pro Ehrenamt“ und den Ehrenamtsbörsen in jedem Landkreis bzw. im Regionalverband Saarbrücken verfügt das Land über leistungsfähige und bürgernahe Strukturen im Bereich der Ehrenamtsförderung. Neben diesen Beratungs- und Serviceangeboten hat die Landesregierung auch bei der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige und bei der Stärkung der Anerkennungskultur wichtige Akzente gesetzt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Versicherungsschutz im Ehrenamt, die Neuregelungen beim Gesetz über Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit und die Stiftung der Saarländischen Ehrenamtsnadel . In diesem Zusammenhang sieht die Landesregierung in der Einführung einer Ehrenamtskarte einen weiteren wichtigen Impuls, um ehrenamtlich Tätige, die sich in besonderem Maße für das Gemeinwohl engagieren, auszuzeichnen. Neben Vergünstigungen auf öffentliche Angebote des Landes und der teilnehmenden Kommunen und Kommunalverbände soll mit der Karte auch aktiv für bürgerschaftliches Engagement geworben werden. Insofern hält die Landesregierung nach wie vor an der Einführung einer Ehrenamtskarte fest. Wieso wurde die Ehrenamtskarte bislang weder vorgestellt noch eingeführt? Welche Gründe gab es für die bisherigen Verzögerungen? Zu Frage 2: Da bürgerschaftliches Engagement sowie die Nutzung vergünstigender Angebote in erster Linie auf kommunaler Ebene erfolgen, hält es die saarländische Landesregierung als Initiator der Ehrenamtskarte für geboten, diese flächendeckend im Land einzuführen , d.h., unter Beteiligung aller Kommunen und Kommunalverbände sowie unter Einbindung der LAG „Pro Ehrenamt“. Drucksache 14/363 (14/318) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - Nachdem alle 52 saarländischen Städte und Gemeinden sowie die Landkreise bzw. der Regionalverband Saarbrücken mit der Bitte angeschrieben wurden, mitzuteilen, ob sie sich an der Einführung einer Ehrenamtskarte beteiligen möchten, erklärten 33 Kommunen, 4 Landkreise sowie der Regionalverband Saarbrücken ihre grundsätzliche Bereitschaft, sich der Initiative der Landesregierung anzuschließen. Da sich nahezu 20 Kommunen aus unterschiedlichen Gründen nicht an der Ehrenamtskarte beteiligen wollten, war eine flächendeckende Einführung nicht gewährleistet. Es war weiterer Sondierungs- und Abstimmungsbedarf mit diesen Städten und Gemeinden notwendig. Ein Umstand, der die Umsetzung verzögerte. Parallel dazu ist das Land - angesichts der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise - nach wie vor gezwungen, an seiner sparsamen und restriktiven Ausgabenpolitik mit einer strikten Prioritätensetzung für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung , Familien und Umwelt festzuhalten. Sieht die Landesregierung derzeit von der Einführung einer Ehrenamtskarte ab? Wenn ja: Was sind die Gründe? Stehen sie im Zusammenhang mit geplanten Sparmaßnahmen der Landesregierung im Landeshaushalt ? Hält es die Landesregierung für vertretbar , im Bereich der Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten Einsparungen vorzunehmen ? Welche Kosten würde die Einführung einer Ehrenamtskarte im Landeshaushalt voraussichtlich verursachen? Zu Frage 3: Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 wurden die Oberbürgermeisterin, die Oberbürgermeister , die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Landrätinnen und Landräte sowie der Regionalverbandsdirektor von Seiten des Ministeriums für Arbeit, Familie , Prävention, Soziales und Sport schriftlich darüber informiert, dass angesichts der äußerst angespannten Haushaltssituation eine Entscheidung der Landesregierung über den Zeitpunkt der Einführung einer Ehrenamtskarte erst im Zuge der Beratungen zum Etat 2011 möglich sein werde. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 erläutert, hat die saarländische Landesregierung bis dato eine ganze Reihe von erheblichen Verbesserungen für ehrenamtlich Tätige auf den Weg gebracht und umgesetzt. Keine dieser Maßnahmen werden in Frage gestellt oder zurückgenommen. Insofern werden im Bereich der Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten auch keine Einsparungen vorgenommen. Bei der Einführung der Ehrenamtskarte handelt es sich um eine zusätzliche Förderung. Nach vorläufigen Berechnungen belaufen sich die Kosten für die Einführung einer Ehrenamtskarte auf voraussichtlich 180.000 Euro. Die Gesamtkosten für die „technische Realisierung“ (Kartenproduktion, Werbelinie etc.) werden auf ca. 30.000 Euro geschätzt . Hinzu kommen die „Einnahmeausfälle“, die in Zusammenhang mit der Gewährung von Vergünstigungen durch Landeseinrichtungen entstehen. Tangiert wären in erster Linie die Kultureinrichtungen des Landes (u.a. das Saarländische Staatstheater, die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz oder das Weltkulturerbe Völklinger Hütte). Drucksache 14/363 (14/318) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Was den Umfang der potenziellen „Einnahmeausfälle“ anbetrifft, kann dies nur grob geschätzt werden, da dies von unterschiedlichen Faktoren abhängt: - von der Anzahl der ausgegebenen Karten; - von der Einsatzhäufigkeit der Karte; - vom Umfang der Vergünstigung. Seit der flächendeckenden Einführung sind in Hessen (rund 6 Millionen Einwohner) rund 13.000 Karten ausgestellt worden. Übertragen auf das Saarland wären dies - bei großzügiger Rechnung - etwa 2.500 Karten. Eine Nutzerbefragung in Hessen hat ergeben, dass die Karte im Durchschnitt einmal pro Monat eingesetzt wird. Der Umfang der Vergünstigungen kann unterschiedlich hoch ausfallen und wäre im Einzelfall festzulegen. Ein 25-prozentiger Nachlass wäre sicherlich das Minimum, eine 50-prozentige Rabattierung wünschenswert. Vorausgesetzt alle 2.500 Karten-Inhaber würden jeweils alleine einmal pro Jahr die um 50 Prozent reduzierten Angebote der o.g. Einrichtungen nutzen, entstünden „Einnahmeausfälle “ in Höhe von ca. 150.000 Euro pro Jahr, die von den landeseigenen Einrichtungen zu tragen wären. Von Seiten des saarländischen Sparkassen- und Giroverbandes wurde signalisiert, die Einführung der Ehrenamtskarte einmalig mit einem Betrag von bis zu 20.000 Euro zu unterstützen. Befindet sich die angekündigte Ehrenamtskarte derzeit in der Vorbereitung durch die Landesregierung? Wenn ja: Was ist der derzeitige Stand der Vorbereitungen? Wann ist die Einführung der Karte geplant? Welche Vergünstigungen erhalten ihre künftigen Besitzerinnen und Besitzer? Welche Kenntnisse hat die Landesregierung bisher bezüglich der operativen Ausgestaltung (Kreis der Bezieherinnen und Bezieher, Vergünstigungen, Dauer etc.) der Ehrenamtskarte? Zu Frage 4: Bislang entwickelt wurde ein landeseinheitlicher bzw. kommunalspezifischer Kriterienkatalog sowie in Zusammenarbeit mit der Saarland-Öffentlichkeitsarbeit in der Staatskanzlei - auf Grundlage einer Ausschreibung - eine landeseinheitliche CD-Linie. Drucksache 14/363 (14/318) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 5 - Alle aktuell praktizierten Modelle der Ehrenamtskarte, eine solche existiert bislang in neun Bundesländern (Stand: Juni 2010), gehen davon aus, dass bestimmte Anforderungen landesweit verbindlich geregelt sein müssen. Dadurch erhält die Ehrenamtskarte eine kommunal übergreifende Identität und erzielt eine höhere Öffentlichkeitswirksamkeit . Zu diesen Anforderungen zählen u.a.: - Ein überdurchschnittliches bürgerschaftliches Engagement von mindestens 5 Stunden pro Woche oder 250 Stunden pro Jahr; - Ausschlusskriterium ist eine pauschale Aufwandsentschädigung (Kosten- oder Auslagenersatz ist dagegen erlaubt!); - Eine Geltungsdauer der Ehrenamtskarte von mindestens 2 Jahren und Gültigkeit für Angebote des Landes, der eigenen Kommune bzw. des Landkreises /Regionalverbandes; - Entwurf einer einheitlichen Karte sowie eines einheitlichen Logos und Layouts; - Neben landesweit einheitlichen Kriterien soll den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden, zusätzliche Bedingungen an die Vergabe der Ehrenamtskarte zu knüpfen, um den Kreis der Karteninhaber selbst zu bestimmen. Dazu zählen u.a. eine Mindestdauer der Tätigkeit oder der Wohnsitz. Was den Zeitpunkt einer möglichen Einführung und den Umfang der Vergünstigungen angeht, wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. betr.: Landesweite Einführung einer Ehrenamtskarte