LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/390 (14/361) 26.01.2011 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Heiko Maas (SPD) Elke Eder-Hippler (SPD) betr.: Maßnahmen zur Reduzierung des militärischen Fluglärms Vorbemerkung der Landesregierung: Die Gesetzgebungskompetenz über Angelegenheiten der Verteidigung und des Luftverkehrs liegt ausschließlich beim Bund, vgl. Artikel 71 und 73 des Grundgesetzes. Nach dieser verfassungsmäßigen Kompetenzaufteilung entscheidet die Bundesregierung und hier der Bundesminister der Verteidigung über Umfang und Ausmaß des militärischen Flugbetriebes in Deutschland. Damit liegt dort auch die Entscheidungsbefugnis über die militärische Nutzung des zeitweise reservierten Luftraums TRA LAUTER, der sich teilweise über das Saarland erstreckt. Die Bezeichnung ergibt sich aus der Abkürzung TRA für Temporary Reserved Airspace; LAUTER ist ein Eigenname zur näheren Bezeichnung dieses Luftraumes. Die Ausweisung einer TRA hat zur Folge, dass dieser geographisch eingegrenzte Luftraum für militärischen Übungsflugbetrieb durch einen konkreten Nutzer (Bundeswehr oder Alliierte) für einen fest gebuchten Zeitraum reserviert und gleichzeitig für zivilen Flugbetrieb gesperrt wird. In den übrigen Zeiträumen sind solche Lufträume auch für den zivilen Flugbetrieb freigegeben. Der militärische Flugbetrieb alliierter Streitkräfte im Luftraum über Deutschland erfolgt auf der Grundlage völkerrechtlicher Vereinbarungen, insbesondere dem NATO- Truppenstatut und den hierzu ergangenen Ausführungsgesetzen unter Beachtung luftverkehrsrechtlicher Bestimmungen. Diese völkerrechtlichen Verträge und gesetzlichen Vorgaben bilden die rechtlichen Rahmenbedingungen für militärischen Flugbetrieb in Deutschland für alle militärischen Nutzer. Der saarländischen Landesregierung stehen in Fragen der Verteidigung und des Luftverkehrs nach dem Grundgesetz keine Kompetenzen zu. Eine gesetzliche Handhabe zur Beeinflussung oder gar Abschaffung militärischen Flugbetriebes über dem Saarland besteht somit nicht. Gleichwohl nimmt die saarländische Landesregierung die Sorgen und Belastungen der vom militärischen Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger sehr ernst; wie bereits in der Vergangenheit wird sie sich auch in Zukunft in Gesprächen mit den zuständigen Behörden sowie mit politischen Verantwortlichen auf Bundesebene sowie mit Initiativen gegenüber den zuständigen Stellen der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte für eine Verbesserung der Situation einsetzen. Ausgegeben: 26.01.2011 (08.12.2010) Drucksache 14/390 (14/361) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Wie bewertet die Landesregierung die derzeitige Situation für von Fluglärm betroffene Bürgerinnen und Bürger im Land? Zu Frage 1: Die saarländische Landesregierung ist sich der Tatsache bewusst, dass neben anderen Lärmquellen auch Fluglärm, der seine Ursache in militärischem Übungsflugbetrieb hat, für Bürgerinnen und Bürger eine Belastung darstellt. Sie setzt sich seit langem für die Belange aller Bürgerinnen und Bürger, die durch Lärmbelastungen aus militärischem Übungsflugbetrieb betroffen sind, politisch ein. In regelmäßigem Kontakt zu den zuständigen Stellen auf Bundesebene und mit den in Deutschland stationierten Streitkräften werden gemeinsam Möglichkeiten gesucht, die geeignet sind, zur Reduzierung der Lärmbelastung durch militärischen Übungsflugbetrieb beizutragen. Welche Maßnahmen zur Reduzierung des Fluglärms wurden bisher ergriffen? Zu Frage 2: Im Mai 2007 wandte sich die damalige Innenministerin des Saarlandes unter Hinweis auf die Belastung der saarländischen Bevölkerung durch militärischen Fluglärm an den Bundesminister der Verteidigung mit der Bitte, durch eine zeitliche Reduzierung des Flugbetriebes in den Abendstunden eine Verminderung dieser Beeinträchtigung zu erreichen. In seinem Antwortschreiben vom August 2007 hat Herr Bundesminister Dr. Jung nach Abschluss der Untersuchungen mitgeteilt, dass der Zeitpunkt der Beendigung des Flugbetriebes in der TRA LAUTER in den Monaten Mai bis einschließlich September grundsätzlich von 23.30 Uhr auf 21 Uhr vorgezogen wird. Angesichts der Zahl von Fluglärmbeschwerden hat der damalige saarländische Innenminister im Jahr 2008 mehrfach die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger des Saarlandes zum Anlass genommen, um beim Bundesminister der Verteidigung auf die Situation betreffend Fluglärm im Saarland hinzuweisen und um Abhilfe zu bitten. Als Ergebnis der durch das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) durchgeführten Untersuchungen wurde im Oktober 2008 durch den Bundesminister der Verteidigung eine gemeinsame Bund-/Länderarbeitsgruppe eingerichtet. Diese hat einvernehmlich mit der US Air Force Vorschläge erarbeitet, die der Bundesminister der Verteidigung aufgegriffen und im März 2009 in Kraft gesetzt hat. Die Maßnahmen sehen wie folgt aus: • Taktische Übungsflüge (unter 3.000 Meter) werden auf das zwingende Maß begrenzt und nach Möglichkeit auch in andere Regionen verlagert. Übungen innerhalb der TRA Lauter (oberhalb 3.000 Meter bis ca.10.000 Meter), der POLYGONE und über dem Truppenübungsplatz Baumholder bleiben unberührt. • Bei Flügen über Zielgebiet (unter 3.000 Meter) wird die maximale Übungs- /Verweildauer auf 20 Minuten über dem Zielgebiet begrenzt. Danach erfolgt eine Verlagerung um mindestens 28 Kilometer. Drucksache 14/390 (14/361) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - • Spangdahlen: Im Umkreis von 28 Kilometern und unterhalb 600 Meter Höhe („local area“) sind keine taktischen Luftübungen mehr zulässig, nur noch Starts, Landungen und Platzrunden. • Abflüge Ramstein: Bei gleich bleibendem Steigwinkel und gleichem Schub werden Abflüge auf eine größere Flughöhe weiter „durchgeleitet“. Auf diese Weise wird die Lärmbelastung am Boden unter diesem Bereich vermindert. (Bisher mussten diese Flugzeuge die TRA Lauter unter einem gewissen Level „unterfliegen“). • Fluglärm-Info im Internet: Statistiken und Erläuterungen zum Flugbetrieb, Flughöhen, Ankündigung besonderer Übungen und Übungsdauer werden transparenter und bürgerfreundlicher (www.luftwaffe.de). Ergänzend ist anzumerken, dass den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Fluglärm im vergangenen Jahr ein Prototyp der neuen Galaxy C-5 M vorgestellt wurde, die technisch überarbeitet und mit leistungsfähigeren, aber leiseren Turbinen ausgestattet werden. Bis 2012 werden 12 Maschinen des neuen Typs im Einsatz sein. Die bislang in Ramstein stationierten 16 veralteten Hercules C-130E wurden durch 14 Maschinen der technisch neuen Version des Typs C-130J ausgetauscht. Durch die neue Bordtechnik des Typs C-130J ist es nunmehr möglich, ca. 50 % der Übungsflüge im engen Sichtmuster (durch enge Kurven) ausschließlich im Luftraum über der Air Base Ramstein stattfinden zu lassen. Dies hat ebenfalls zu einer deutlichen Verringerung der Lärmemission geführt. Welche Maßnahmen zur weiteren Reduzierung des Fluglärms beabsichtigt die Landesregierung in welchem Zeitraum noch zu ergreifen? Zu Frage 3: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Wo sind die Grundlagen zur Genehmigung des reservierten Luftraums TRA LAUTER geregelt? Sind Planungs- und Genehmigungsunterlagen ggf. auch einsehbar? Zu Frage 4: Der militärische Flugbetrieb der deutschen Streitkräfte geschieht in Ausführung des Artikels 87a des Grundgesetzes. Luftsperrgebiete und Beschränkungsgebiete in Deutschland werden gemäß Luftverkehrsordnung (LuftVO) durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) auf Antrag des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) eingerichtet und in den offiziellen Luftfahrtveröffentlichungen (MilAIP – www.mil-aip.de - und Nachrichten für Luftfahrer – NFL) bekannt gegeben. Drucksache 14/390 (14/361) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Wie sind die aktuellen Betriebszeiten im reservierten Luftraum TRA LAUTER? Zu Frage 5: Grundsätzlich ist die TRA LAUTER in der Zeit von Montag bis Donnerstag von 08:00 Uhr bis 23:30 Uhr und Freitag von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr Ortszeit nutzbar. Zur weiteren Reduzierung der Belastungen der betroffenen Bevölkerung durch militärische Übungsflüge ist seit 2007 im Rahmen einer freiwilligen Selbstbeschränkung der Zeitpunkt der Beendigung des Flugbetriebs in der TRA LAUTER in den Monaten Mai bis einschließlich September von 23:30 Uhr auf 21:00 Uhr Ortszeit vorverlegt. Wie sehen die aktuellen Betriebszeiten in vergleichbaren Lufträumen im Bundesgebiet aus? Zu Frage 6: Über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existieren derzeit acht (8) zeitweilig reservierte Lufträume (TRA), die, wie die TRA-LAUTER, grundsätzlich in der Zeit von Montag bis Donnerstag von 08:00 Uhr bis 23:30 Uhr und Freitag von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr Ortszeit nutzbar sind. Hinzu kommt eine (9.) Werkstatt - TRA „Frankenalb“, die der Nutzung im Rahmen der Wartung und Erprobung von Militärischem Fluggerät dient; diese TRA hat andere Öffnungszeiten und kann auch an Samstagen genutzt werden. Wie beurteilt die Landesregierung eventuell bestehende Diskrepanzen und daraus resultierende Nachteile für das Saarland? Was gedenkt sie dagegen zu tun? Zu Frage 7: Nach Auskunft des Bundesministers der Verteidigung sind alle TRA’s im Jahresdurchschnitt annähernd gleichmäßig ausgelastet; soweit geringfügige Unterschiede bestehen, sind diese auf deren unterschiedliche Größen und Strukturen und damit auf unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten für die verschiedenen Ausbildungs- und Übungszwecke zurückzuführen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. Drucksache 14/390 (14/361) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 5 - Wie viele Beschwerden wegen militärischem Fluglärm gab es in den Jahren 2000 bis 2010? Bitte nach Jahren geordnet auflisten Zu Frage 8: Die Gesamtzahl der in diesem Zeitraum im Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten des Saarlandes statistisch registrierten Beschwerden über militärischen Fluglärm im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Beschwerdeführer verteilt sich über diese Jahre wie folgt: Jahr Gesamtzahl der Beschwerden Gesamtzahl der Beschwerdeführer 2000 8 7 2001 14 13 2002 13 12 2003 11 10 2004 30 27 2005 86 62 2006 338 76 2007 467 112 2008 810 206 2009 799 106 2010 * 903 1, 2, 3, 4 76 * (Stand 16.12.2010 1 davon 155 Beschwerden von einem Beschwerdeführer 2 davon 152 Beschwerden von einem zweiten Beschwerdeführer 3 davon 135 Beschwerden von einem dritten Beschwerdeführer 4 davon 121 Beschwerden von einem vierten Beschwerdeführer Dass das Beschwerdeaufkommen trotz der von der Arbeitsgruppe erarbeiteten und vom Bundesminister der Verteidigung angeordneten Maßnahmen seit 2007 angestiegen ist, hängt auch damit zusammen, dass einige der Beschwerdeführer grundsätzlich jeden einzelnen beobachteten Überflug oder Vorbeiflug einer Militärmaschine melden. Bei der Beschwerdestelle im Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten treffen regelmäßig per Mail mehrere Beschwerden über ein und dasselbe Flugereignis mit identischem Wortlaut, aber von unterschiedlichen Personen aus dem immer gleichen Personenkreis ein. Von den im Jahr 2010 bislang 903 eingegangenen Beschwerden (Stand: 16.12.2010) wurden ca. 85,5 % von 10 Beschwerdeführern, die sich nahezu täglich z. T. mehrfach melden, vorgebracht. Dabei kommen die unter 1,2,3,4 vorgenannten 4 Beschwerdeführer allein zusammen auf ca. 62 % der Beschwerden. Die übrigen ca.14,5 % verteilen sich auf 67 Beschwerdeführer. Im Jahr 2009 wurden von 799 Beschwerden 80,6 % von 12 Beschwerdeführern vorgebracht, die restlichen 19,4 % verteilen sich auf die übrigen 94 Beschwerdeführer. Ungeachtet dieser Beschwerdepraxis erkennt die Landesregierung weiterhin an, dass Fluglärm damit nach wie vor für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern objektiv eine Belastung darstellt. Drucksache 14/390 (14/361) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 6 - Besteht der in der 13. Wahlperiode eingeführte „Runde Tisch“ zum Thema Fluglärm weiterhin? Zu Frage 9: Es handelt sich hier um die „Arbeitsgruppe Fluglärm“, die nach wie vor besteht. Wann hat der „Runde Tisch“ zum letzten Mal getagt? Zu Frage 10: Die letzte Sitzung der „Arbeitsgruppe Fluglärm“ fand am 30.06.2010 im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn statt. Dort wurde vereinbart, dass die nächste Sitzung bei Bedarf im Winter 2010/11 oder anlassbezogen stattfinden soll. Ein neuer Termin soll demnächst vereinbart werden. Wer nimmt an diesen Sitzungen teil? Zu Frage 11: Die „Arbeitsgruppe Fluglärm“ setzt sich zusammen aus Vertretern: - des Bundesministeriums der Verteidigung, Inspekteur der Luftwaffe, - des Bundeswirtschaftsministeriums als Oberster Luftaufsichtsbehörde des Bundes, - der Innenministerien Rheinland-Pfalz und Saarland, - des Luftwaffenamtes – Abteilung Flugbetrieb der Bundeswehr (FLIZ) sowie - der US Air Force Europe (USAFE), Oberkommando. Welche konkreten Ergebnisse sind durch die Arbeit erzielt worden? Zu Frage 12: Die von der Bundesländer-Arbeitsgruppe einvernehmlich mit der US-Air Force erarbeiteten Vorschläge sind als Maßnahmen zur Reduzierung des Fluglärms in der Antwort zu Frage 2 aufgezeigt. betr.: Maßnahmen zur Reduzierung des militärischen Fluglärms