LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/469 (14/440) 06.05.2011 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Isolde Ries (SPD) betr.: Reform der Sexualerziehung Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die Tatsache, dass jeder siebte schwule Mann und jede zehnte lesbische Frau Opfer von Gewalttaten werden, lassen einen großen Nachholbedarf in Sachen „Aufklärung“ deutlich hervortreten . Die Bezeichnungen als „Lesbe“ oder „Schwuler“ gehören zu den stärksten Schimpfwörtern auf Schulhöfen, Fußballplätzen und in öffentlichen Sporteinrichtungen. Die Richtlinien zur Sexualerziehung an den Schulen des Saarlandes wurden letztmalig im Jahr 1990 aktualisiert. Mithin sind hier weitreichende gesellschaftliche Veränderungen aus den vergangenen 20 Jahren überhaupt nicht mehr berücksichtigt .“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die Problematik mangelnder Toleranz oder sogar von Gewalttaten gegenüber Menschen die „anders“ sind, besteht nicht nur in Bezug auf Homosexualität, sondern in vielen Bereichen, zum Beispiel auch in Bezug auf Menschen anderer Hautfarbe oder Menschen mit anderem Glauben. Um Abhilfe zu schaffen kommt neben der Repression vor allem der Prävention eine entscheidende Bedeutung zu. Aufklärung, so wichtig sie auch ist, reicht jedoch nicht aus. Wichtig ist darüber hinaus eine Werteerziehung, die auf Toleranz, Achtung und Respekt abzielt und die zu einer möglichst gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz von Homosexualität und homosexuellen Lebensgemeinschaften führt. Schule kann dazu jedoch lediglich einen Teil-Beitrag leisten. Ausgegeben: 06.05.2011 (01.04.2011) Drucksache 14/469 (14/440) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - Sollen die Themen Homosexualität, eingetragene Lebenspartnerschaften, Regenbogenfamilien, Diskriminierung und Gleichstellung feste Bestandteile der saarländischen Lehrpläne werden? Zu Frage 1: Die in Frage 1 genannten Inhalte sind in den geltenden saarländischen Lehrplänen enthalten und werden auch bei der derzeit stattfindenden Überarbeitung der Lehrpläne berücksichtigt. Ist das Thema „Homosexualität“ Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Pädagogen? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 2: Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für die verschiedenen Lehrämter sehen vor, dass fächerübergreifende Aspekte der Erziehung in die allgemeine und fachliche Unterweisung der Anwärter/-innen einbezogen werden sollen. Das Thema „Sexualerziehung“ wird hier ausdrücklich genannt. Dabei findet die in den geltenden „Richtlinien zur Sexualerziehung an den Schulen des Saarlandes“ formulierte Aufgabe schulischer Sexualerziehung Berücksichtigung, wonach den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben ist, „sich mit unterschiedlichen sexualethischen Anschauungen auseinanderzusetzen, um ihnen eine persönliche Normenfindung und Lebensgestaltung zu ermöglichen.“ Schulische Sexualerziehung soll „zur Achtung vor der Würde und Eigenart des Mitmenschen, zur Toleranz und gegenseitigen Rücksichtnahme erziehen, auch wenn sich die Sexualität des Mitmenschen von der eigenen sexuellen Identität unterscheidet.“ Das Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) bietet regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zur Sexualpädagogik in den verschiedenen Altersstufen an. Die beim LPM angesiedelte Mediendatenbank stellt den Lehrkräften der saarländischen Schulen zahlreiche Filme, Hörmedien und andere Arbeitsmaterialien zum Thema „Homosexualität“ zur Verfügung. Gibt es im Saarland bereits Schulbücher, die den Alltag auch gleichgeschlechtlicher Partnerschaften darstellen? Zu Frage 3: Aus Aktualitätsgründen wird beispielsweise das im Lehrplan Politik, Sekundarstufe II, enthaltene Thema „Pluralisierung von Lebensformen“ häufig mit Hilfe von Materialien behandelt, welche durch die unterrichtende Lehrkraft selbst erarbeitet bzw. didaktisiert werden. Ergänzend dazu kommen häufig auch Materialien der Bundeszentrale für politische Bildung, hier insbesondere der Informationen zur politischen Bildung, zum Einsatz. Schulbücher, die eine umfangreiche Einbettung der Thematik „gleichgeschlechtliche Partnerschaften“ aufweisen, sind nicht bekannt. - 2 - Drucksache 14/469 (14/440) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - Wie positioniert sich die Landesregierung, die Sexualrichtlinien zu überarbeiten und gleichgeschlechtliche Partnerschaften zukünftig stärker in Schulbüchern zu berücksichtigen? Welche Maßnahmen wird sie hierzu ergreifen? Zu Frage 4: Die Landesregierung beabsichtigt, die „Richtlinien zur Sexualerziehung an den Schulen des Saarlandes“ zu überarbeiten und dabei die aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die Inhalte der Schulbücher werden von den jeweiligen Schulbuchverlagen festgelegt, die sich dabei in der Regel an den rechtlichen Vorgaben, z.B. Lehrpläne und Richtlinien, orientieren. Was unternimmt die Landesregierung, um die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Schulen zu unterbinden? Zu Frage 5: Um die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Schulen zu unterbinden, setzt die Landesregierung einerseits auf Maßnahmen zur Aufklärung der Schülerinnen und Schüler. Entsprechende Inhalte sind in den Lehrplänen enthalten und sollen auch bei der Lehrplanüberarbeitung in angemessener Weise berücksichtigt werden. Darüber hinaus gehört es zum Auftrag von Schulen eine werteorientierte Erziehung im Sinne des Grundgesetzes zu vermitteln, die auf Toleranz, Achtung und Respekt abzielt. Neben dem Fachunterricht z.B. in Religion und Ethik sollen Initiativen und Projekte zur Verbesserung des Schulklimas dazu beitragen, die Qualität des sozialen Lebens in der Schule zu stärken. Die von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen zur Schulentwicklung und zur Qualitätssicherung zielen ausdrücklich auch auf die auf Respekt und Toleranz fördernde Gestaltung des Lebensraumes Schule hin. Darüber hinaus wird auf die zahlreichen Initiativen, Programme und Maßnahmen zur Prävention von Mobbing und Gewalt verwiesen, die in vielen Schulen umgesetzt werden. Informationen und Hilfestellung durch Beratung und Fortbildung bieten vor allem das Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) sowie das Landesinstitut für Präventives Handeln (LPH). Ist der Landesregierung bekannt, dass die Selbstmordrate unter homosexuellen Jugendlichen um ein Vielfaches höher liegt als bei Heterosexuellen? Wenn ja, was unternimmt sie dagegen? Zu Frage 6: Der Landesregierung sind Berichte bekannt, wonach die Suizidrate bei homosexuellen Jugendlichen, insbesondere bei männlichen Jugendlichen, vier- bis siebenmal höher sein soll als bei heterosexuellen. Ungeachtet der Frage der Validität der in den entsprechenden Presseberichten angeführten Zahlen, ist die Landesregierung der Auffassung, dass alle erforderlichen Anstrengungen unternommen werden müssen, um Suizide – egal aus welchem Grund - in jedem Fall zu verhindern. Als maßgebliche Ursachen für den Suizid vor allem von homosexuellen Jugendlichen werden häufig Ausgrenzung, Mobbing oder Scham angegeben. Insofern besteht Grund zu der Annahme, dass eine Stärkung der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz von Homosexualität dazu beitragen kann, die Selbstmordrate bei ihnen zu verringern. Die Beiträge, die im Bereich der Schulen dazu geleistet werden, sind den Antworten zu den Fragen 1 bis 5 zu entnehmen. - 3 -