LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/536 (14/499) 15.07.2011 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Lothar Schnitzler (DIE LINKE.) betr.: Filmarchivierung im Saarland Vorbemerkung des Fragestellers: „Sammeln, Sichern, Sichten, Sehen. Das Thema einer öffentlichen und wissenschaftlich fundierten Filmdokumentation und -archivierung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Denn die audiovisuellen Medien sind neben Printmedien, Bildmaterialien und Hörfunk-/Hörspielaufnahmen (in der Vorlage werden alle Arten der Erzeugnisse pauschal als Film bezeichnet) für die Öffentlichkeit von wachsendem gesellschaftlichem, historischem und kulturellem Interesse und sollten aus diesem Grunde möglichst vollständig archiviert und erhalten werden. Filme auf den verschiedenen Datenträger für die Nachwelt sichern und die Sorge um die Zukunft der Bilder- und Filmschätze des Landes zu tragen, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Austausch von Informationen über die Entwicklung der Filmarchivierung und Filmrestaurierung , der Weitergabe von Informationen an die von ihnen repräsentierten Einrichtungen, die Probleme der Konservierung von Filmkopien, Videobändern und anderen Trägermaterialien in den Sammlungen und Archiven im Saarland müssen organisiert und ausgebaut werden. Darüber hinaus muss die Öffentlichkeit sensibilisiert werden für die Problematik der Vergänglichkeit von filmischen Werken und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung als nationales und regionales Kulturgut. Das zielgerichtete Sammeln und die sachgerechte Lagerung von Bildmaterial, die einen bedeutenden Teil des kulturellen Erbes unseres Landes darstellen, sind wichtig und unabdingbar. Ausgegeben: 19.07.2011 (25.05.2011) Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Die Bewertung von Archivgut, und dazu gehören auch alle Datenträger mit Bild- und Tonmaterial, ist eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie allein garantiert eine sichere Aufbewahrung auf Dauer. Filmgut (soweit nicht als Sicherheitsverfilmung von Akten verwendet ) gehört zu den ergänzenden Sammlungen der öffentlichen Archive und ist damit auch öffentliches Archivgut. Die finanziellen Ressourcen für die Unterbringung, archivtechnische Bearbeitung, Erschließung und Bereitstellung müssen entsprechend im Haushalt eingestellt werden. Der Bilddatenträger hat im Unterschied zum Aktenstück eine weitere Qualität, die bei der Bewertung berücksichtigt werden muss. Abgesehen von dem Dokumentations- und Informationswert sowie dem Charakter des Unikats kann es sich um ein Kunstwerk handeln. Schnittmaterial, Licht-, Tonspur- und Mixbänder solcher Daten müssen auf Dauer gesichert werden . Die gesammelten Exponate müssen für Zwecke der Wissenschaft und der Bildung nutzbar sein und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Erhaltung ohne die Möglichkeit des Anschauens ist sinnlos. Ein Filmarchiv sollte seine Bestände der Öffentlichkeit zugänglich machen. Zu modernen Filmarchiven gehört eine Kinemathek dazu. Viele Roll- und Videofilme in heute nicht mehr gebräuchlichen Formaten machen es erforderlich, auch die entsprechenden Abspielgeräte mit zu archivieren . Denn die Präsentation von Originalmaterial erfordert besondere Geräte und ein spezielles Handhabungswissen. Nach der Überspielung auf moderne Trägermaterialien ist zwar die Vorführung technisch meist problemlos, aber es bleibt auch dann in jedem Falle zu berücksichtigen, dass die Filme historisch, also in einer bestimmten Zeit, entstanden sind. Es ist daher notwendig, diese, wie andere Quellen auch, in ihren Entstehungsund Wirkzusammenhang zu stellen, ferner deren Bild- und Sprachaussagen vor diesem Hintergrund zu bewerten. So muss der rasanten Entwicklung der Aufnahme- und Wiedergabetechnik Rechnung getragen werden. So gibt es Filmformate von 70 mm bis Normal- und Super 8, CD-ROM- Aufnahmen , nicht mehr verwendete Videosysteme einschließlich Tonband, audiovisuelle Medien wie DVD oder Internetpräsentationen. Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - Die unterschiedlichen Datenträger haben alle eine unterschiedliche Haltbarkeit: • Der chemische Film hält bei kühler Lagerung ca. 100 Jahre, die Bilder bleichen allerdings aus. Filmmaterial aus Acetylzellulose, wie es seit Ende der 1920er Jahre verwendet wird, ist bei unsachgemäßer Lagerung dem Verfall preisgegeben. • Magnetbänder wie VHS, SVHS, Video 2000, Video-8, DV, HDV halten etwa 20 bis 25 Jahre . • CD, HD, DVD, VMD und Blu-ray haben eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren. Gesicherte Erfahrungsberichte liegen allerdings noch nicht vor. • Gesicherte Festplatten haben eine Lebensdauer von ca. fünf Jahren. • Speicherkarten wird eine Lebensdauer 10 bis 20 Jahren zugesprochen. Diese technischen Voraussetzungen machen die Dringlichkeit einer entsprechenden Archivierung deutlich.“ Besteht aus Sicht der Landesregierung bei der Archivierung von Datenquellen mit bewegten Bildern auf unterschiedlichen Datenträgern und Tondatenträgern (des Weiteren als Filmarchivierung bezeichnet ) und dessen Präsentation noch ein großer Nachholbedarf? Stimmt die Landesregierung zu, dass der Wert des Films als Teil des kulturellen Erbes mehr und mehr erkannt wird und entsprechende Anstrengungen unternommen werden müssen, um dieses dauerhaft zu sichern und zugänglich zu halten? Wenn ja, welche Maßnahmen wurden durch die Landesregierung bis jetzt schon eingeleitet und welche sind noch erforderlich? Wenn nein, was gedenkt die Landesregierung (bitte mit Zeitachse und Maßnahmenbeschreibung) zu tun? Welche Stelle in welchem Ministerium wäre für diese Aufgabe zuständig? Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Zu den Fragen 1 und 2: Film- und Tonmaterialien (im Folgenden: AV-Materialien) sind aus Sicht der Landesregierung von hohem dokumentarischen Wert hinsichtlich des historischen und kulturellen Erbes einer Gesellschaft. Sie sind Teil einer breiten Vielfalt von Quellen und Überlieferungen , die künftigen Generationen Aufschluss geben über die historische Wirklichkeit einer jeweiligen Epoche. Die Erfassung, Sammlung und Konservierung dieser Quellen und Überlieferungen zum Zwecke der öffentlichen Verfügbarkeit in der Zukunft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von bleibendem Stellenwert. Die Erfahrung der historischen Forschung hat gezeigt, dass der wissenschaftliche Fortschritt immer wieder neue Formen von Quellen und Überlieferungen ausfindig macht, um zeitspezifischen Fragestellungen an die Vergangenheit nachzugehen. Um welche Formen von Quellen und Überlieferungen es sich dabei in der Zukunft handeln wird, ist aus heutiger Sicht nicht vorauszusehen. Von daher wäre es notwendig, all das heute zu konservieren, was für künftige Generationen möglicherweise einmal von historischem Interesse sein könnte. Dies wäre für eine Gesellschaft jedoch ein kaum erfüllbarer Anspruch. Die Sammlung und Konservierung von Materialien und Dokumenten gleich welcher Art muss mithin immer selektiv erfolgen und sich dabei an Prioritätsund Machbarkeitskriterien orientieren. Ein abstrakter Nachholbedarf in dieser Hinsicht besteht also grundsätzlich und notgedrungen immer. Die Kommunen des Saarlandes wie auch das Land selbst beweisen seit langem, wie sehr sie sich der Bewahrung ihres kulturellen Erbes verpflichtet sehen. Hier sei verwiesen auf die reichhaltige Museenlandschaft in unserem Land, die Industriekultur Saar, die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, die zahlreichen privaten Initiativen, die zum großen Teil öffentliche Förderung erfahren, und nicht zuletzt auch auf die kommunalen Archive, das Archiv der Universität und das Landesarchiv. Die Aufgaben des Landes in Bezug auf die Archivierung von Archivgut sind im Saarländischen Archivgesetzt klar geregelt. Dabei muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen den archivwürdigen Unterlagen, zu deren Archivierung das Land laut SArchG verpflichtet ist, und denen, für die eine solche Verpflichtung nicht besteht. Die für die Archivaufgaben zuständige Einrichtung des Landes ist das Landesarchiv. Laut § 7 Abs. 1 SArchG obliegt dem Landesarchiv „die Archivierung des Archivguts der Verfassungsorgane , Behörden, Gerichte und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes einschließlich ihrer Rechts- und Funktionsvorgänger.“ Zudem übernimmt laut § 7 Abs. 2 SArchG das Landesarchiv „gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes vom 6. Januar 1988 die archivwürdigen Unterlagen von nachgeordneten Stellen des Bundes, die ihren Sitz im Saarland haben.“ Beide Aufgaben werden vom Landesarchiv ordnungsgemäß wahrgenommen. In so fern sieht die Landesregierung in der Erledigung ihrer Archivaufgaben keinen Nachholbedarf. Darüber hinaus räumt das Saarländische Archivgesetz dem Landesarchiv (§ 7 Abs. 4) im Rahmen einer „Kann-Bestimmung“ die Möglichkeit ein, auch privates Archivgut zu archivieren, „soweit daran ein öffentliches Interesse besteht.“ In diesem Rahmen ist es dem Landesarchiv erlaubt, auch Film- und Tonmaterial zu archivieren. Dies ist jedoch aufgrund der personellen und sächlichen Ausstattung des Landesarchivs bei weitem nicht leistbar. Maßnahmen zur Archivierung von Archivgut, die über diejenigen des Landesarchivs hinausgehen, hat die Landesregierung nicht ergriffen. Sie wird dies aufgrund der Haushaltssituation des Landes auch nicht tun. Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 5 - Hat die Landesregierung eine Übersicht über die Situation der Archivierung von Filmmaterial im Saarland? Wenn ja, um welche Bestände handelt es sich, wer ist Träger des jeweiligen Archivs und sind diese für die Öffentlichkeit zugänglich? Zu Frage 3: Die Landesregierung hat keinen genauen Überblick über die Archivierung von Filmmaterial im Saarland. Bekannt ist, dass der Saarländische Rundfunk seine eigenen Produktionen aufwändig archiviert. Darüber hinaus dürfte auch die Landesbildstelle über einen umfangreichen Fundus von AV-Materialien verfügen. Frau Krebs hat für den Verein „Saarländisches Filmarchiv“ ebenfalls eine größere Filmsammlung zusammengetragen , die zu einem großen Teil in den Kellerräumen des Landesarchivs lagert. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer zentralen Datenbank über Filmmaterialien im Saarland, um einen zentralen Nachweis und eine zentrale Verwaltung der Filmdaten mit entsprechender Archivierung und Lagerung des Materials sicherzustellen? Wie steht die Landesregierung zur Einrichtung einer Filmdatenbank, die zunächst die (meist) von Vereinen und Privatpersonen (sogenannte „Amateurfilmer“) gemachten Filme des Saarlandes erfasst, erschließt und kopiert? Zu Frage 4: Die Einrichtung einer zentralen Datenbank, wie sie in der Frage beschrieben ist, käme der Einrichtung eines Filmarchivs sehr nahe. Aus diesem Grund wäre sie nur dann sinnvoll, wenn man den letzten Schritt zum Archiv, nämlich die Eröffnung eines Zugangs für die Öffentlichkeit, ebenfalls tätigen würde. Eine Notwendigkeit im Rahmen der gesetzlichen Pflichtaufgaben des Landes sieht die Landesregierung darin nicht. Im Saarland existieren einige private und öffentliche „Filmarchive“, deren Bestände jedoch nicht zentral verzeichnet und archiviert sind. Auch ist zum größten Teil weder bekannt, ob sich bei kleineren Archiven oder bei privaten Sammlern noch Filmmaterial befinden könnte, das unter das Themengebiet Saarland fällt und von öffentlichem Interesse ist, noch in welchem Zustand sich dieses Material befindet. Sieht die Landesregierung einen öffentlichen Auftrag , diese Quellen zu erschließen und dauerhaft zu sichern? Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 6 - Zu Frage 5: Nach den Informationen der Landesregierung existieren im Saarland außer dem Archiv des Saarländischen Rundfunks keine weiteren Filmsammlungen, die man korrekter Weise als Archive bezeichnen könnte. Wie reichhaltig das Material ist, das sich in allen privaten wie nicht privaten Sammlungen befindet, kann die Landesregierung nicht einschätzen . Gleiches gilt für alle anderen Arten von Dokumenten und Quellen (zum Beispiel Fotosammlungen, Audiomaterial, Tagebücher, Aufzeichnungen bis hin zu persönlichen Erinnerungen), die es verdienen würden, erfasst und konserviert zu werden. So wünschenswert dies wäre, kann es jedoch aus der Sicht der Landesregierung nicht der öffentliche Auftrag sein, das alles zu erschließen und dauerhaft zu sichern. Wie steht die Landesregierung zu einem Arbeitskreis , der sich mit der systematischen Archivierung und systematischen Erfassung von Filmen beschäftigt ? Besteht ein solcher Arbeitskreis schon? Wenn nein, gedenkt die Landesregierung einen solchen Arbeitskreis einzurichten? Welche Stelle in welchem Ministerium wäre für diese Aufgabe zuständig? Zu Frage 6: Analog zur Antwort auf Frage 4 wäre ein solcher Arbeitskreis nur dann sinnvoll, wenn er als Vorarbeit zur Einrichtung eines Filmarchivs tätig wäre. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, ein zentrales Archiv für Filme einzurichten, die im Saarland erstellt werden bzw. über alle Bereiche des Saarlandes berichten? Zu Frage 7: Die Landesregierung sieht die Wünschbarkeit, nicht aber die Notwendigkeit im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben, ein zentrales Archiv für Filme einzurichten. Da im Saarland kein zentrales Archiv für „landeseigene “ Filmproduktionen oder Produktionen über das Saarland existiert, frage ich die Landesregierung , ob die im Saarland existierenden staatlichen, öffentlichen und privaten „Filmarchive“, deren Bestände nicht zentral verzeichnet und archiviert sind, erfasst und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können? Zu Frage 8: Siehe Antwort auf Frage 5! Drucksache 14/536 (14/499) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 7 - Wie steht die Landesregierung zu einem Digitalisierungsprojekt , das Filme als wichtigen Bestandteil der Kultur besser sichert, systematisch sammelt und professionell archiviert? Wie können aus Sicht der Landesregierung Filme als Dokument einer Epoche vor dem Verfall geschützt werden und der Nachwelt somit dauerhaft erhalten bleiben? Zu Frage 9: Eine Langzeitarchivierung von Filmmaterialien setzt ihre rechtzeitige Digitalisierung voraus. In der Regel werden die betreffenden Konservierungsmaßnahmen so organisiert , dass Hand in Hand mit der Digitalisierung eine Reinigung und Sanierung der Originaldokumente erfolgt, um auch diese so lange wie möglich zu erhalten. Kostenmäßig schlägt jede Minute Filmmaterial, die auf diese Weise gesichert wird, mit 20-30 Euro plus Mehrwertsteuer zu Buche. Die Digitalisierung eines 90-minütigen Films würde demzufolge 2000 bis 3000 Euro kosten. Bereits die Digitalisierung von 50 90-Minuten-Filmen verursacht Kosten von über 100.000 Euro. Allerdings sind nicht nur Filme, sondern auch Papiere, die in den Archiven lagern, tonnenweise von Zerfall bedroht. Entsprechende Massenentsäuerungsverfahren sind sehr aufwendig, so dass es hier gilt, verschiedene Gefährdungen und Notwendigkeiten, die sich im Archivbereich stellen, nach Prioritätsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen . betr.: Filmarchivierung im Saarland