LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/67 (14/35) 21.01.2010 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Isolde Ries (SPD) betr.: Sicherheit von Spielzeug Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die von dem Europäischen Parlament verabschiedete Spielzeugrichtlinie in 2008 hat nicht die erhofften Verbesserungen für die Sicherheit von Kinderspielzeug gebracht. Im Gegenteil, für höchst bedenkliche Schwermetalle wie Arsen, Blei und Quecksilber wurden Schutzvorschriften sogar gesenkt. Im April dieses Jahres hat EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva auf alarmierende Zahlen im EU-Schnellwarnsystem RAPEX hingewiesen. Demnach gibt es heute 16 Prozent mehr gefährliche Produkte des Konsums als noch 2007 und 2008, darunter waren zu einem Viertel Spielzeuge. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten verstärkte Kontrollen zu Weihnachten oder auch besondere Aktionspläne der Landesregierung, um ihre Kinder besser zu schützen.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die europäische Spielzeugrichtlinie 88/378/EWG hat erstmals gleiche Rechtsverhältnisse und Standards für Spielzeuge in allen Mitgliedstaaten geschaffen. Im Jahre 2009 ist die Spielzeugrichtlinie novelliert worden, nachdem über 20 Jahre lang Erfahrungen mit der Fassung von 1988 gesammelt werden konnten. Die Richtlinie wurde nach bis dahin geltendem Vertragsrecht, also mit Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaates, erlassen und ist am 20 Juli 2009 in Kraft getreten. Zwei wichtige Regelungsinhalte dieser Richtlinie sind in die Kritik der Öffentlichkeit geraten. Zum Ersten wird moniert, dass Spielzeuge weiterhin keiner speziellen Zulassung bedürfen, bevor sie in Verkehr gebracht werden. Hierzu wird in Beantwortung der Frage 1 Stellung genommen werden. Der zweite Einwand betrifft Grenzwerte für chemische Stoffe in Spielzeugen, insbesondere für Schwermetalle wie Blei, Arsen, Quecksilber usw., welche zum Teil mit höheren Gehalten als in der Ausgangsrichtlinie von 1988 geregelt zulässig sind. Ausgegeben: 21.01.2010 (10.12.2009) Drucksache 14/67 (14/35) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Hierzu vertreten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die mit der Spielzeugrichtlinie befasste Ratsarbeitsgruppe der Mitgliedstaaten die Auffassung, dass bei der Festlegung von Grenzwerten wissenschaftlichen Grundsätzen und Erkenntnissen ausreichend Rechnung getragen wurde, um die Sicherheit der Kinder, die zutreffend als besonders schutzwürdige Bevölkerungsgruppe bezeichnet wurden, zu gewährleisten. Dies wurde unter anderem dadurch erreicht, dass die genannten Grenzwerte für Schwermetalle und deren Abgabe aus den Spielzeugen auf die Hälfte der sonst in Bedarfsgegenständen als unbedenklich geltenden Gehalte abgesenkt wurden. Die von der Fragestellerin angesprochenen Äußerungen der europäischen Kommissarin für Gesundheit und Verbraucherschutz, Frau M. Kuneva, sind der Landesregierung bekannt. Frau Kuneva hat auch am 12. September 2009 vor dem Europäischen Parlament mitgeteilt, dass sie, wenn überhaupt Probleme mit der Spielzeugrichtlinie bestehen , diese nicht nur bei den Unternehmern, sondern auch bei den Mitgliedstaaten und deren Marktüberwachung sieht. Sie fordert demzufolge die Mitgliedstaaten auf, sich verstärkt um die Verbesserung der Verbrauchersicherheit zu bemühen. Dies ist der Landesregierung bewusst, erklärtes Ziel in der Koalitionsvereinbarung ist die Stärkung des Verbraucherschutzes. Erste Maßnahmen, insbesondere die Zusammenführung der für den Verbraucherschutz zuständigen Referate in einer Abteilung des Ministeriums für Gesundheit und Verbraucherschutz, sind eingeleitet, weitere werden folgen. Welche politischen Konsequenzen hat die Landesregierung aus der unzureichenden Spielzeugrichtlinie gezogen? Zu Frage 1: Die Landesregierung sieht die Mehrzahl der gegen die Spielzeugrichtlinie erhobenen Vorwürfe als nicht gerechtfertigt an. Insbesondere kann die Forderung nicht unterstützt werden, dass alle Spielzeuge vor Markteinführung einem speziellen Zulassungsverfahren unterzogen werden sollten, da dies personell und wirtschaftlich nicht darstellbar ist, und nach objektiven Gesichtspunkten und im Vergleich mit anderen Verbraucherprodukten nicht erforderlich scheint. Das in Analogie zum Lebensmittelrecht bestehende Erlaubnisprinzip mit Verbotsvorbehalt sollte beibehalten werden. Dies kann allerdings nur dann mit Erfolg fortgesetzt werden, wenn eine wirksame Marktüberwachung stattfindet, die einen ausreichend abschreckenden Effekt auf Unternehmerinnen und Unternehmer ausübt, wenn diese die gesetzlichen Regelungen zu umgehen versuchen. Als politische Konsequenz prüft die Landesregierung deshalb, welche Möglichkeiten bestehen, um die Wirksamkeit der Marktüberwachung weiter zu verbessern. Ein zweiter häufig genannter Einwand gegen die Spielzeugrichtlinie betrifft das in den festgelegten Grenzwerten zum Ausdruck gebrachte Schutzniveau. Die Auffassung, dass dieses in der Spielzeugrichtlinie nicht hoch genug angesetzt sei, wird aus den oben genannten Gründen nicht unterstützt. Drucksache 14/67 (14/35) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - Wird die Überwachungspraxis bei Spielzeug verbessert ? a) Wenn ja, in welcher Weise? b) Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 2: Ja. Dies wird zunächst dadurch erreicht werden, dass Synergieeffekte zwischen den jetzt in einem Haus zusammengeführten Ressorts des wirtschaftlichen, technischen und lebensmittelbezogenen Verbraucherschutzes gehoben werden. Sollte dies nicht ausreichend wirksam sein, wobei der Erfolg nicht alleine anhand der Anzahl von Beanstandungen , sondern auch anhand des Zeitbedarfs für die durchgeführten Probenahmen und Kontrollen zu bemessen ist, werden zusätzliche Maßnahmen wie weitere Nachpersonalisierung erwogen werden. Verstärkte Kontrolltätigkeit an den Grenzeingangsstellen wäre theoretisch eine weitere Möglichkeit, die Präsenz der Marktüberwachung zu steigern, da der Großteil der Spielzeuge nicht in der Europäischen Union hergestellt, sondern importiert wird. Dies ist allerdings im Saarland nicht zielführend, da hier keine Grenzeingangsstellen lokalisiert sind. Wie viele Kontrollen gab es in 2009 bei Spielzeug? Bitte Datum, Produkte und Kontrollergebnisse auflisten. Zu Frage 3 im Saarland wurden im Jahr 2009 bislang 82 Spielzeugproben erhoben und in insgesamt 1691 Einzelanalysen chemisch untersucht. Pro Spielzeug wurden also im Durchschnitt 20 Parameter geprüft. Spielzeugarten und Beanstandungsgründe ergeben sich aus der nachfolgenden Liste. Nur eine einzige der Proben wurde wegen zu hohen Gehaltes an Chemikalien beanstandet, die übrigen 6 Beanstandungen hatten sich auf die Kennzeichnung der Produkte bezogen. Diese Beanstandungsquote ist als niedrig anzusehen . Offizielle Statistiken über die Beanstandungshäufigkeiten bei Spielzeug existieren leider nicht, so dass auch keine echten Vergleiche mit anderen Bundesländern oder anderen Staaten gezogen werden können. Neben den genannten 82 Proben wurden von der bis Dezember 2009 dem Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr unterstehenden Gewerbeaufsicht in weiteren 158 Fällen Spielzeugprodukte auf dem Markt gesucht und auf Beanstandungen oder den im Europäischen Schnellwarnsystem RAPEX für Produkte einschließlich Spielzeuge ausgesprochenen Rückruf hin überprüft. In 71 Fällen war dieser Rückruf ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Spielzeuge waren im Handel nicht mehr erhältlich. In 70 Fällen waren bei durch die Gewerbeaufsicht geprüften Spielzeugen keine Beanstandungen feststellbar. In 17 Fällen allerdings war die mechanische Sicherheit nicht gewährleistet oder Kennzeichnungsmängel mussten behoben werden. Insgesamt ergibt sich damit seit Beginn des Jahres 2009 bis jetzt eine Rate von 24 Beanstandungen bei 240 Überprüfungen, die über das ganze Jahr verteilt waren. Einzelheiten finden sich ebenfalls in der nachfolgenden Tabelle. Die Mehrzahl der Beanstandungen betraf Kennzeichnungsmängel. Drucksache 14/67 (14/35) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Datum Spielzeug Beanstandungsgrund 2009 Ergebnisse LM-Überwachung 9.2.09 Geschenkset „For You“ Kennzeichnung 18.2.09 Plüschherz Paul Kennzeichnung 16.7.09 6 Gelwachsmalstifte Kennzeichnung 20.7.09 Federballset Kennzeichnung 20.7.09 Badmintonset Kennzeichnung 27.7.09 Mini-Ball Kennzeichnung 10.9.09 Magic-Hopper Phthalat (Weichmacher) 2009 Ergebnisse Gewerbeaufsicht 1.12.09 Spielwürfel Kennzeichnung 1.12.09 Scrabble-Spiel Kennzeichnung 1.12.09 Kaufladen Kennzeichnung 1.12.09 Kinderschirm Kennzeichnung 1.12.09 Geburtstagskerzen Kennzeichnung 1.12.09 Ball Kennzeichnung (Druckangabe) 1.12.09 Minibob Verkaufsstop (Quetschgefahr) 8.12.09 Puppe Kennzeichnung 8.12.09 Geschicklichkeitsspiel Kennzeichnung (Warnhinweis) 8.12.09 Puppe Kennzeichnung 8.12.09 Geschicklichkeitsspiel Kennzeichnung (Warnhinweis) 8.12.09 Puppe Kennzeichnung 8.12.09 Minibob Verkaufsstop (Quetschgefahr) 9.12.09 Puppe Kennzeichnung 9.12.09 Fluffi groß Verkaufsstop 9.12.09 Fluffi klein Verkaufsstop 14.12.09 Minibob Verkaufsstop (Quetschgefahr) Gab es verstärkte Kontrollen vor Weihnachten oder wird es sie noch geben? Bitte Kontrolldaten, Produkte und Ergebnisse auflisten. Zu Frage 4: Ja, hier sind insbesondere im Zeitraum zwischen dem 1. und 17. Dezember von der Gewerbeaufsicht durchgeführte 85 Marktüberwachungsmaßnahmen zu nennen sowie 18 von der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung gezogene Proben. Die dabei festgestellten Beanstandungen finden sich in der obigen Tabelle. Drucksache 14/67 (14/35) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 5 - Wie viele der Kontrolleure kontrollieren Spielzeug? Nach welchen Krebs erregenden, erbgut- und fortpflanzungsschädigenden Stoffen wurde gesucht ? Zu Frage 5: Keine der 41 in der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung eingesetzten Beschäftigten kümmert sich ausschließlich um Spielzeuge, vielmehr sind hier die Zuständigkeiten nach Regionen aufgeteilt. In der Abteilung Lebensmittelchemie des LSGV sind 3 Personen (1 Lebensmittelchemikerin, 2 Laboranten) mit der Untersuchung von Bedarfsgegenständen einschließlich Spielzeug betraut. In der Gewerbeaufsicht des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz wird die Marktüberwachung von Spielzeug von 2 Personen durchgeführt. Anlassbezogen wird auf folgende Parameter , ggf. auch auf eine Auswahl davon geprüft: Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Quecksilber, Arsen; Chrom, Kupfer, Selen, Nickel; Stoffe mit carcinogenem Potential wie Benzo-a-Pyren oder andere polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PaK), Formaldehyd, Benzol und andere monozyklische Kohlenwasserstoffe wie Toluol und Xylol, Weichmacher wie Phthalate, allergene und toxische Stoffe wie Dimetylfumarat, Azetophenon, Azofarbstoffe, Dispersionsfarbstoffe u.a.m. Die Notwendigkeit, auf andere Stoffe wie Antimon, Barium usw., die in der Spielzeugrichtlinie ebenfalls vermerkt sind, zu prüfen, hat sich bislang noch nicht ergeben. Hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um Käuferinnen und Käufer von Kinderspielzeug vor gefährlichen Produkten im Weihnachtsgeschäft zu schützen? Zu Frage 6: Ja; die wichtigste Maßnahme hierbei ist die Marktüberwachung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen wie Ergänzung von Kennzeichnungselementen, Verkaufstop und Meldungen an das europäische Schnellwarnsystem RAPEX sowie das Gefahrstoff-Warnsystem der Länder. Dies ist nach Angaben aus dem Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr im Jahr 2009 sechs Mal geschehen. Über RAPEX werden dann die übrigen Bundesländer und die Mitgliedstaaten informiert, die die weitere Marktüberwachung durchführen. In besonders dringlichen Fällen wird die Öffentlichkeit über die Tagespresse informiert. Dies war jedoch im Jahr 2009 nicht erforderlich. Die Maßnahmen insgesamt werden ganzjährig und nicht nur im Weihnachtsgeschäft durchgeführt. Drucksache 14/67 (14/35) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 6 - Wie können sich Verbraucherinnen und Verbraucher über gefährliches Kinderspielzeug informieren ? Zu Frage 7: In den Jahresberichten des LSGV wird regelmäßig über die Sicherheit von Spielzeug berichtet. Sie sind im Internet unter der Adresse http://www.saarland.de einsehbar. Anlassbezogen unterrichten die Bundesländer und das Bundesinstitut für Risikobetrachtung über besondere Problemfälle. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich an Verbraucherzentralen wie die Verbraucherzentrale des Saarlandes wenden oder mit besonderen Fragestellungen auch die Verbraucherschutzhotline des Gesundheitsministeriums (0681/501-3196) ansprechen. Schließlich geben zahlreiche Internetangebote von den Bundesoberbehörden sowie von privaten Verbraucherschutzorganisationen Antworten zu praktisch allen Sicherheitsfragen bei Spielzeug. betr.: Sicherheit von Spielzeug