LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/681 (14/658) 23.01.2012 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Ralf Georgi (DIE LINKE.) betr.: Möglichkeiten zur Geltendmachung des Freibetrages nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 ALG II-V beim Einkommen von nicht erwerbstätigen Minderjährigen beim Bezug von Kindergeld und anderen Einkommen Vorbemerkung der Landesregierung: Bei der Beantwortung der Fragen werden folgenden Abkürzungen verwendet: • SGB II Zweites Buch Sozialgesetzbuch • SGB VIII Achtes Buch Sozialgesetzbuch • ALG II-V Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) • RGEB Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz) • FH BA Fachliche Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu den §§ 11, 11a und 11b SGB II – ergänzt um die Randziffer (z. Bsp. FH BA Rz. 11.136) Als Einkommen werden allgemein im SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen bezeichnet (§ 11 Abs. 1 SGB II). Beim Einkommen aus Erwerbstätigkeit handelt es sich um einen besonderen Fall des Einkommens. Einkommen aus Kindergeld wird ausdrücklich als Einkommen des jeweiligen Kindes betrachtet. Ausgegeben: 23.01.2012 (29.11.2011) Drucksache 14/681 (14/658) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Als Pauschbeträge sind abzusetzen: Von dem Einkommen Minderjähriger ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des SGB II, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat (§ 6 Abs. 1Nr. 2 ALG II-V). Insbesondere ist es entsprechend dem Wortlaut der Regelung auch nicht erforderlich, dass das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezogen wird. Nach unserer Auffassung kann die Freibetragspauschale bei Abschluss einer angemessenen Versicherung auch beim Bezug von Kindergeld und anderen Sozialleistungen geltend gemacht werden. Bei Volljährigen im eigenen Haushalt außerhalb einer Bedarfsgemeinschaft ist dies im Übrigen Verwaltungspraxis. Im Unterschied zur Regelung bei Volljährigen wird die Geltendmachung der Freibetragspauschale bei Minderjährigen nach unserer Auffassung lediglich vom tatsächlichen Abschluss einer angemessenen privaten Versicherung abhängig gemacht. Eine Einschränkung auf Minderjährige, die nicht mit volljährigen Hilfsbedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist durch die Änderung des § 6 ALG II-V zum 01.08.2009 entfallen. Mithin müssen nach unserer Auffassung auch minderjährige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, für die Kindergeld gezahlt wird und die sonst kein Einkommen erzielen, bei Abschluss einer angemessenen privaten Versicherung in den Genuss der Absetzpauschale von 30 Euro nach § 6 ALG II-V kommen. Das Gleiche gilt bei anderem Einkommen bei fehlender Erwerbstätigkeit . Wird dieser Auffassung zugestimmt? Zu Frage 1: Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (vgl. § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II). Das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder wird grundsätzlich dem jeweiligen Kind zugerechnet. Dies trifft allerdings nur dann zu, soweit das Kindergeld bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II (Bildung und Teilhabe), benötigt wird (vgl. § 11 Absatz 1 S. 4 SGB II). Der in der ersten Vorbemerkung des Fragestellers getroffenen Aussage, wonach Einkommen aus Kindergeld als Einkommen des jeweiligen Kindes betrachtet wird, kann so nicht gefolgt werden. Vom zitierten Grundsatz des § 11 Absatz 1 Satz 4 SGB II sind zwei Ausnahmen einschlägig: Drucksache 14/681 (14/658) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - • Kindergeld für Kinder, die nicht (mehr) der Bedarfsgemeinschaft angehören, ist grundsätzlich als Einkommen der kindergeldberechtigten Person zuzuordnen. Dies gilt nicht, wenn das Kind außerhalb des Haushaltes lebt und das Kindergeld nachweislich an es weitergeleitet wird (vgl. § 1 Absatz 1 Nr. 8 ALG II-V und FH BA Rz. 11.53). • Erhalten die Pflegeeltern für das Pflegekind/die Pflegekinder Kindergeld, so stellt dies grundsätzlich bei ihnen Einkommen dar, weil es nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Kindes benötigt wird. Dieser ist durch die Leistungen nach § 39 SGB VIII gedeckt (vgl. FH BA Rz. 11.101). Die vom Einkommen abzusetzenden Pauschbeträge werden in § 6 ALG II-V geregelt. Der abzusetzende Pauschbetrag für Minderjährige ergibt sich dabei konkret aus § 6 Absatz 1 Nr. 2 ALG II-V: „Als Pauschbeträge sind abzusetzen von den Einkommen Minderjähriger ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB II, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der oder die Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat“. Diese Formulierung verdeutlicht, dass zur Geltendmachung des Pauschbetrags nicht nur das erzielte Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit ursächlich ist, sondern u. a. auch bei Bezug von Sozialleistungen (Einkommen in sonstigen Fällen, vgl. § 4 ALG II-V) und von Kindergeld (vgl. § 11 Absatz 1 Satz 4 SGB II) der Pauschbetrag von 30 Euro monatlich abzusetzen ist. Grundlegend für die Genehmigung des Pauschbetrags sind die Angemessenheit der privaten Versicherung sowie der Abschluss einer entsprechenden Versicherung durch die minderjährige Person. Der Unterschied zur Regelung des § 6 Absatz 1 Nr. 1 ALG II – V (Pauschbetrag bei Einkommen volljähriger Leistungsberechtigter) liegt darin, dass vom Einkommen minderjähriger Leistungsberechtigter die Pauschale nur abzusetzen ist, wenn diese eine entsprechende Versicherung abgeschlossen haben und damit Versicherungsnehmer sind (vgl. FH BA Rz. 11.135). Die Landesregierung stimmt dem Fragesteller in diesem Punkt zu. Nicht unter die vorgenannte Pauschale fallen Aufwendungen für angemessene Versicherungen , die die Gesundheits- und Altersvorsorge der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sichern, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht unterliegen und die von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Hierzu gehören z. B. freiwillige/private Krankenversicherung, Unfallversicherung oder Lebensversicherung. Diese können in nachgewiesener Höhe abgesetzt werden (vgl. FH BA Rz. 11.136). Die Anwendung des Pauschbetrages i. H. v. 30 Euro gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 ALG II – V gilt ebenfalls bei anderem Einkommen nicht erwerbstätiger Minderjähriger i. S. des § 4 ALG II – V, sofern es sich um zu berücksichtigende Einnahmen handelt (§ 1 ALG II – V). In diesem Punkt stimmt die Landesregierung dem Fragesteller ebenfalls zu. Drucksache 14/681 (14/658) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages gehen Leistungsberechtigte vertragliche und finanzielle Verbindlichkeiten ein. Angesichts des knapp bemessenen Regelsatzes können die Beiträge für private Versicherungen nicht ohne weiteres aus dem Regelsatz bestritten werden. Leistungsberechtigte werden somit auf den Freibetrag verwiesen. In der Folge haben Leistungsberechtigte schon aus Gründen der notwendigen, rechtlichen und finanziellen Sicherheit ein berechtigtes Interesse daran, vor Abschluss eines Versicherungsvertrags zu erfahren, welche Versicherungen nach Grund und Höhe angemessen ist. Welche konkreten Arten von Versicherungen zu welchen Beiträgen sind für Minderjährige als angemessen zu betrachten: 1. allgemein: für Minderjährige, für die Kindergeld gezahlt wird? 2. in der Altersklasse bis sechs Jahren? 3. in der Altersklasse der sechs bis 14-Jährigen? 4. für ältere Minderjährige? Unter welchen Umständen können besondere Versicherungen, die nicht unbedingt als üblich zu betrachten sind, dennoch als angemessen betrachtet werden? Zu Frage 2: Der Gesetzgeber hat den unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“ in Verbindung mit einer nicht abschließenden Aufzählung (vgl. § 11b Absatz 1 Nr. 3 a und b) gewählt, da eine abschließende Aufzählung der Würdigung des Einzelfalls nicht gerecht wird. Grundsätzlich besteht für alle Leistungsberechtigten die Möglichkeit, sich vor dem Abschluss einer Versicherung im Jobcenter individuell beraten zu lassen. Somit kann im Vorfeld geklärt werden, ob der angestrebte Versicherungsabschluss mit Bezug auf die individuellen Gegebenheiten angemessen ist. Zum Begriff der „Angemessenheit“ findet sich in den einschlägigen Gesetzeskommentaren als auch in den FH BA keine Konkretisierung. Die FH BA weisen in Rz. 11.135 darauf hin, dass bei Minderjährigen an die Angemessenheit nach dem Grund der Versicherung (Notwendigkeit) hohe Anforderungen zu stellen sind. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass der Versicherungsschutz (z. B. Haftpflicht, Hausrat) durch Versicherungen der Eltern gedeckt wird. Auch bei der Beurteilung der Angemessenheit besonderer Versicherungen, die nicht unbedingt als üblich zu betrachten sind, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Jobcenter unter Würdigung des Einzelfalles. Offen bleibt bei der Fragestellung , welche „nicht üblichen Versicherungen“ vom Fragesteller gemeint sind. Der Begriff „nicht übliche Versicherung“ lässt bereits den Schluss zu, dass es sich hierbei sehr wahrscheinlich nicht um angemessene (Notwendigkeit) Versicherungen handelt. betr.: Möglichkeiten zur Geltendmachung des Freibetrages nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 ALG II-V beim Einkommen von nicht erwerbstätigen Minderjährigen beim Bezug von Kindergeld und anderen Einkommen 1. allgemein: für Minderjährige, für die Kindergeld gezahlt wird? 2. in der Altersklasse bis sechs Jahren? 3. in der Altersklasse der sechs bis 14-Jährigen? 4. für ältere Minderjährige?