LANDTAG DES SAARLANDES 14. Wahlperiode Drucksache 14/708 (14/633) 07.03.2012 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Anke Rehlinger (SPD) Volker Schmidt (SPD) betr.: Maßnahmen zur Verbesserung der Lage von Patienten mit entzündlichrheumatischen Krankheiten Wie viele Saarländerinnen und Saarländer leiden unter rheumatischen Erkrankungen? Zu Frage 1: Zur Anzahl der an Rheuma erkrankten Saarländer gibt es keine detaillierten Angaben. Dies vor dem Hintergrund, dass Rheuma kein geschlossenes definiertes Krankheitsbild ist. Die beste Übersicht gibt die folgende differenzierte Aufzählung: Nach Angaben der Deutschen Rheuma-Liga gehören zum rheumatischen Formenkreis „alle chronisch schmerzhaften und mit dauerhaften Bewegungseinschränkungen verbundenen Störungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Das sind insgesamt mehr als 450 verschiedene Erkrankungen ganz unterschiedlicher Ursachen.“ Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. beantwortet auf ihrer Website die Frage “Was ist Rheuma?” wie folgt: “In der Rheumatologie kennt man mehr als 100 verschiedene rheumatische Krankheiten. Viele rheumatische Krankheiten betreffen nicht nur das Bewegungssystem . Je nach Krankheitsbild können auch die Haut, die inneren Organe oder das Nervensystem beteiligt sein. Rheumatische Krankheiten werden nach den zugrunde liegenden Störungen in vier Hauptgruppen unterteilt: • Entzündlich rheumatische Erkrankungen - wie Rheumatoide Arthritis (RA), Morbus Bechterew, Kollagenosen und • Degenerative rheumatische Erkrankungen - wie Arthrose • Rheumatische Erkrankungen der Weichteile - wie Fibromyalgie • Krankheiten des Bewegungssystems durch Stoffwechselstörungen - z. B. bei Osteoporose, Gicht oder Diabetes. Ausgegeben: 07.03.2012 (17.11.2011) Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 2 - Genaue Daten über die Zahl der Rheumakranken in Deutschland gibt es nicht. Die deutsche Rheuma-Liga schätzt, dass ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Jahr wegen rheumatischer Beschwerden in ärztlicher Behandlung sind (Merkblätter Rheuma, Nr. 6.7, ohne Datumsangabe). 1. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen a) Rheumatoide Arthritis Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) liegt die Prävalenz von rheumatoider Arthritis (RA, oder chronischer Polyarthritis oder „entzündlichem Gelenkrheuma “) als häufigster entzündlicher Gelenkerkrankung bei 0,5 bis 0,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung (Themenheft 49, Entzündlich-rheumatische Erkrankungen ). Demnach wären zwischen 5.000 und 7.000 Menschen im Saarland an rheumatischer Arthritis erkrankt. Frauen erkranken deutlich häufiger an RA als Männer. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 55 und 65 Jahren, wobei Männer später erkranken als Frauen. Beim telefonischen Gesundheitssurvey „Gesundheit in Deutschland aktuell – GEDA“ gaben wesentlich mehr Befragte an, dass ein Arzt eine RA bei ihnen diagnostiziert hat: Saarland Deutschland Männlich 5,1% 3,9% Weiblich 6,1% 7,1% Danach ist die Prävalenz bei den Männern im Saarland etwas höher und bei a laut RKI bei Befragungen Patienten mit anderen Gelenkerkrankungen sehr etrachtet man die Erkrankungshäufigkeit nach Altersgruppen, zeigt sich deut- Saarland Deutschland den Frauen etwas niedriger als im Bundesdurchschnitt. Diese Abweichungen sind allerdings statistisch nicht signifikant. D häufig fälschlicherweise eine RA-Diagnose anführen, ist auch bei GEDA aufgrund der Fragestellung damit zu rechnen, dass der Indikator für chronische entzündliche und rheumatische Gelenkerkrankungen überschätzt wird. B lich, dass das Erkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter ansteigt: 18-29 J. 2,3 % 1,6 % 30-44 J. 7,4 % 6,2 % 45-64 J. 23,6 % 21,7 % Männlich 65+ 33,7 % 30,8 % 18-29 J. 2,2 % 1,6 % 30-44 J. 9,4 % 8,3 % 45-64 J. 31,1 % 29,3 % Weiblich 65+ 52,0 % 49,2 % Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 3 - b) Spondyloarthriden (entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule u. der peripheren Gelenke): Häufigste Erkrankung: Ankylosierende Spondylitis (AS, früher: Morbus Bechterew ), über die Prävalenz von AS gibt es verschiedene Schätzungen (von 0,2 bis 0,8 Prozent der Bevölkerung), das RKI geht von 0,5 Prozent aus, danach wären im Saarland rund 5.000 Menschen von AS betroffen. c) Vaskulitiden und Kollagenosen (entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Gefäße und des Bindegewebes): Häufigste Erkrankung: systemischer Lupus erythematodes (SLE). Die Krankheit beginnt typischerweise zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, Frauen sind zehnmal häufiger betroffen als Männer. Die Schätzungen der Prävalenz schwanken stark aufgrund starker ethnischer Differenzen, das RKI geht von 0,1 Prozent der Bevölkerung aus. Demnach wären rund 1.000 Saarländerinnen und Saarländer betroffen. d) Krankheitskosten: Das Statistische Bundesamt kommt in seiner Krankheitskostenrechnung zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2006 für die Behandlung von entzündlichen Polyarthropathien , Systemerkrankungen des Bindegewebes und Spondylopathien Kosten in Höhe von insgesamt rund 3,8 Mrd. Euro entstanden sind. Umgerechnet auf das Saarland wären dies Behandlungskosten in Höhe von rund 50 Mio. Euro (Bevölkerungsquotient). e) Juvenile Arthritiden (entzündlich-rheumatische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter) Betroffen sind laut RKI bundesweit rund ca. 15.000 Kinder und Jugendliche, d.h. rund 200 im Saarland. 2. Degenerativ-rheumatische Erkrankungen Arthrose Arthrose („Verschleißrheuma“) gilt als die weltweit häufigste Gelenkerkrankung. Bei GEDA 2009 geben 26,6 Prozent der Frauen und 17,3 Prozent der Männer an, dass bei ihnen eine Arthrose ärztlich diagnostiziert wurde. Bei beiden Geschlechtern ist die Arthrose vor dem 30. Lebensjahr selten, steigt dann bis zum 45. Lebensjahr auf knapp unter 10 Prozent an und nimmt danach mit dem Alter deutlich zu. Bundesweit berichteten knapp ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer in der Altersgruppe 45-65 Jahre über die ärztliche Diagnose einer Arthrose. In der Gruppe der über 65-Jährigen sind gut die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer betroffen. Im Saarland sind nach GEDA signifikant mehr Männer an Arthrose erkrankt als im Bundesschnitt: Hier gaben 26 Prozent an, dass jemals eine Arthrose bei ihnen diagnostiziert worden ist. Und auch die 12-Monats-Prävalenz lag mit 21,3 Prozent signifikant über dem Bundesschnitt (13,7 Prozent). Die Erkrankungsraten der saarländischen Frauen lagen nur leicht und nicht signifikant über dem Bundesschnitt. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 4 - Arthrose (Arztdiagnose) Saarland Deutschland 18-29 J. 2,2 % 2,3 % männl. 30-44 J. 11,2 % 7,4 % 45-64 J. 35,4 % 23,6 % 65+ 46,4 % 33,7 % 18-29 J. 2,7 % 2,2 % 30-44 J. 11,8 % 9,4 % 45-64 J. 34,8 % 31,1 % weibl. 65+ 47,5 % 52,0 % Demnach wurde bei mehr als einem Drittel der saarländischen Männer im Alter von 45 bis 64 Jahren jemals eine Arthrose diagnostiziert, während dies im Bundesdurchschnitt bei weniger als einem Viertel der Fall war. Und im Saarland war knapp die Hälfte der über 65-jährigen Männer erkrankt, bundesweit dagegen nur ein Drittel. 3. Rheumatische Erkrankungen der Weichteile Häufigste Erkrankung: Fibromyalgie (Ganzkörperschmerzerkrankung mit Dauermüdigkeit ). Fibromyalgie bzw. das Fibromyalgiesyndrom (FMS) hat erst seit dem Jahr 2005 einen eigenen ICD-10-Kodierungsschlüssel – M 79.7. Zuvor zählte die Krankheit zu „Rheumatismus, nicht näher bezeichnet – M 79.0“. Prävalenz Die Schätzungen über die Häufigkeit von Fibromyalgie schwanken stark und reichen von 0,6 Prozent bis zu vier Prozent, wobei Frauen wesentlich häufiger erkranken als Männer (auch hier schwanken die Angaben von 4-7 : 1 bis 9 : 1). In der „Leitlinie zur Diagnose und Therapie des FMS“ werden die Prävalenz mit 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung und das Verhältnis Männer : Frauen mit 4-7 : 1 angegeben . Demnach würden im Saarland zwischen 10.000 und 20.000 an Fibromyalgie Erkrankte leben, zwischen 8.000 und 16.000 davon wären Frauen. 4. Krankheiten des Bewegungssystems durch Stoffwechselstörungen - z. B. bei Osteoporose, Gicht oder Diabetes Nach den Ergebnissen von GEDA gibt es bei Osteoporose keine großen Unterschiede zwischen dem Saarland und Deutschland insgesamt. Die Erkrankungsraten sind im Saarland zwar leicht höher, diese Unterschiede sind aber nicht signifikant . Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 5 - Osteoporose (Arztdiagnose) Saarland Deutschland Männlich 5,2 % 4,3 % Weiblich 17,6 % 16,1 % Die Auswertung nach Altersgruppen zeigt, dass insbesondere bei Frauen die Prävalenz mit zunehmendem Alter stark ansteigt: Gibt es bei den unter 45-Jährigen noch keine Osteoporosekranken, so geben in der Altersgruppe 45 – 64 Jahre rund zehn Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer an, dass bei ihnen schon einmal Osteoporose diagnostiziert worden ist. Bei den über 65-jährigen Frauen steigt die Prävalenz dann auf 25 Prozent; d.h. ein Viertel der älteren Frauen ist von Osteoporose betroffen. Bei den über 65-jährigen Männern steigt die Prävalenz nur noch geringfügig auf sechs Prozent. Osteoporose (Arztdiagnose) Saarland Deutschland 18-29 J. - - 30-44 J. - - 45-64 J. 4,6 % 4,8 % Männlich 65+ 6,1 % 5,7 % 18-29 J. - - 30-44 J. - - 45-64 J. 10,2 % 9,0 % Weiblich 65+ 25,0 % 24,5 % Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um die Prävention, die Diagnostik und die Therapie rheumatischer Erkrankungen zu verbessern und so Erkrankungen so früh als möglich zu erkennen, Krankheitsfolgen und Folgekrankheiten zu verhindern oder zu mindern und den Erhalt der Erwerbsfähigkeit von Rheuma- Patienten zu fördern? Zu Frage 2: Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Krankenhausplan hat die Landesregierung sichergestellt , dass das Saarland über ausreichende stationäre Angebote verfügt. Das Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz unterstützt darüber hinaus durch die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe im Saarland (KISS) eine Vielzahl von Selbsthilfegruppen und Organisationen. Veranstaltungen werden gefördert und durch das Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz unterstützt. In Kürze wird eine neue Auflage des Schmerzführers erscheinen. In Ihm sind alle relevanten Einrichtungen und niedergelassenen Ärzte, die sich mit der Thematik befassen, aufgeführt . Er bietet einen allgemeinen, leicht verständlichen Wegweiser für Betroffene und Angehörige. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 6 - Welche weiteren Maßnahmen wird die Landesregierung in dieser Legislaturperiode ergreifen? Zu Frage 3: Die Legislaturperiode wird bis zum 25. März 2012 andauern. Bis zu diesem Zeitpunkt sind derzeit keine weiteren Maßnahmen der Landesregierung geplant. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung bei entzündlich -rheumatischen Erkrankungen entstehen? Zu Frage 4: Der Landesregierung liegen, ebenso wie der Bundesregierung (siehe Drucksache 17/4762, Seite 6), über die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen entstehen, keine Erkenntnisse vor. Wie hat sich die Zahl der im Saarland niedergelassenen Rheumatologen in den letzten 5 Jahren entwickelt? Zu Frage 5: Den Auftrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder (vgl. § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) übertragen. Dort liegen auch die statistischen Daten vor. Die von der Landesregierung zu der Frage gehörte Kassenärztliche Vereinigung Saarland hat mitgeteilt, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich drei Internisten mit dem Schwerpunkt Rheumatologie zugelassen sind. Weiterhin ist ein Internist mit dem Schwerpunkt Rheumatologie in einem Medizinischen Versorgungszentrum angestellt und insgesamt sind drei Krankenhausärzte für die Erbringung von rheumatologischen Leistungen ermächtigt . Daneben sind insgesamt neun Fachärzte für Orthopädie mit der Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie in der ambulanten Versorgung tätig. In den letzten fünf Jahren wurde eine niedergelassene Rheumatologin im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung neu zugelassen; darüber hinaus hat ein angestellter Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum die Tätigkeit begonnen. Ist nach Ansicht der Landesregierung diese Versorgung ausreichend? Falls nein, was tut die Landesregierung für eine bessere Versorgung? Zu Frage 6: Die Landesregierung hat rechtlich keine Möglichkeit, in die Niederlassungswilligkeit und die Niederlassungsbereitschaft steuernd einzugreifen. Die Landesregierung wird die Voraussetzungen zur Bildung eines „Gemeinsamen Landesgremiums gemäß § 90a SGB V“ schaffen. Dieses neu zu bildende „Gemeinsame Landesgremium“ kann künftig Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben und ist bei der Bedarfsplanung zu beteiligen. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 7 - Nach Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland ist die bestehende Versorgung ausreichend. Hier sei insbesondere ein mit den Hausärzten abgestimmtes Schnittstellenmanagement zu den niedergelassenen rheumatologisch tätigen Fachärzten zu erwähnen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hält ein Verhältnis von mindestens einem internistischen Rheumatologen auf 50.000 erwachsene Einwohner für notwendig. Diese Zahl wird in den Planungsbereichen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland nicht erreicht? Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Versorgungsgrad zu erhöhen? Zu Frage 7: Die Landesregierung hat – wie bereits unter Frage 6 dargelegt – rechtlich keine Möglichkeit , in die Niederlassung steuernd einzugreifen. Die Bedarfsplanung geschieht zudem auf der Basis der Bedarfsplanungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, nicht auf der Basis der Vorstellungen von medizinischen Fachgesellschaften. Sofern Versorgungsprobleme auftreten, bestünde die Möglichkeit, beim Zulassungsausschuss eine Sonderbedarfszulassung zu beantragen. Ist der Facharztnachwuchs im Bereich Rheumatologie zukünftig nach Ansicht der Landesregierung gesichert? Vorbemerkung zu den Fragen 8 und 9: Bei der Bezeichnung „Rheumatologie“ handelt es sich um eine Schwerpunkt- bzw. Teilgebietsbezeichnung, die nicht während der ärztlichen Ausbildung, sondern nur im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung erworben werden kann; die Berechtigung zur Führung dieser Bezeichnung wird im Saarland von der Ärztekammer des Saarlandes verliehen. Der in der Anfrage verwendete Begriff „Facharztausbildung“ wurde daher als „Facharztweiterbildung“ ausgelegt. Zu Frage 8: Im Saarland verfügen 10 Fachärzte bzw. Fachärztinnen für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie, 32 Fachärzte und Fachärztinnen für Orthopädie sowie ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin über die Schwerpunkt- bzw. Teilgebietsbezeichnung „Rheumatologie“. Wenn es um die rheumatologische Versorgung im Saarland geht, muss berücksichtigt werden, dass auch zur Facharztweiterbildung des Internisten ohne Schwerpunkt – des sog. Allgemeininternisten - die Erkennung und konservative Behandlung der rheumatischen Erkrankungen einschließlich der entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen gehört. Berücksichtigt man dies, so stehen in der rheumatologischen Versorgung im niedergelassenen Bereich insgesamt 286 Ärztinnen und Ärzte und im stationären Bereich 57 Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 8 - Aktuell sind damit aus Sicht der Landesregierung keine Versorgungsdefizite zu befürchten . Die zukünftige Entwicklung wird davon abhängen, wie viele Ärztinnen und Ärzte sich für eine Weiterbildung zum Erwerb der Schwerpunkt- bzw. Teilgebietsbezeichnung „Rheumatologie“ entscheiden; hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Wie viele Ärzte befinden sich zur Zeit in der Facharztausbildung zum Rheumatologen? Wie viele Ärzte können in den nächsten 10 Jahren als Rheumatologen im Saarland voraussichtlich praktizieren ? Zu Frage 9: Da Ärztinnen und Ärzte, die sich in Weiterbildung befinden, keiner wie auch immer gearteten diesbezüglichen Melde- oder Registrierungspflicht unterliegen, kann über die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte, die sich derzeit in der Weiterbildung zum Erwerb der Bezeichnung „Rheumatologie“ befinden, keine Aussage getroffen werden. In den letzten Jahren gab es jedoch relativ konstante Anerkennungszahlen. So wurden im Zeitraum 2002 bis 2005 jährlich eine Bezeichnung und in den Jahren 2008, 2009 und 2010 jeweils zwei Bezeichnungen erworben. Lediglich in den Jahren 2006 und 2007 wurde keine Bezeichnung erworben. Inwieweit ist Rheumatologie Gegenstand der Medizinerausbildung in Homburg? Zu Frage 10: Die Rheumatologie ist im Rahmen der ärztlichen Ausbildung Bestandteil • der Vorlesung Pathophysiologie und Innere Medizin • des Seminars Innere Medizin • des Blockpraktikums • des Praktikums Innere Medizin • der Wahlveranstaltung Rheumatologie. Ein- bis zweimal jährlich finden darüber hinaus Fortbildungen für niedergelassene Ärzte statt. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Ausbildung von Rheumatologen in Verbindung mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu stärken? Zu Frage 11: Die Nachwuchssituation ist nicht ohne Weiteres zu beeinflussen, da es sich um eine Unterspezialisierung des Facharztes für Innere Medizin handelt. Die Niederlassung ist prinzipiell zu attraktiven Bedingungen möglich, so dass die Rahmenbedingungen auch nach Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland ausreichend attraktiv sind. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 9 - Welche rheumatologischen Weiterbildungsangebote sind der Landesregierung bekannt und wie beurteilt die Landesregierung diese Kapazitäten? Zu Frage 12: Im Bereich der Inneren Medizin und Rheumatologie verfügt das Saarland über zwei anerkannte Weiterbildungsstätten – eine an der I. Medizinischen Klinik im Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg und eine am Knappschaftskrankenhaus in Püttlingen . Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf das Angebot an Weiterbildungsstätten; dies ist ausschliesslich eine Entscheidung des jeweiligen Leistungsanbieters (also der Klinik bzw. der Arztpraxis). Die Anerkennung als Weiterbildungsstätte erfolgt durch die Ärztekammer des Saarlandes. Wie beurteilt die Landesregierung Forderungen, ähnlich wie z. B. in Großbritannien oder den Niederlanden , u. a. zur Kontrolle der Krankheitsaktivität rheumatisch geschultes nichtärztliches Personal in die Patientenbetreuung zu integrieren? Zu Frage 13: Auch in Deutschland erfolgen Patientenbetreuung und Kontrolle der Krankheitsaktivitäten zusehends durch Behandlungsteams, zu denen auch rheumatisch geschultes, nichtärztliches Personal gehört. Diese Entwicklung wird von der Landesregierung begrüßt . Welche Forschungsprojekte im Bereich rheumatisch -entzündlicher Erkrankungen unterstützt die Landesregierung in welchem Umfang? Zu Frage 14: Durch das Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz wird zurzeit kein Forschungsvorhaben unterstützt. Welche Vereine und Verbände bieten im Saarland Unterstützung und Beratung für Rheumakranke an und wie finanzieren sie sich? Zu Frage 15: Unter dem Dachverband der KISS (Kontakt -und Informationsstelle Saarland) sind im Saarland zahlreiche Selbsthilfegruppen gebündelt, unter anderem auch die Rheuma- Liga Saar. Seit 30 Jahren hat es sich in diesem Kontext die Rheuma-Liga Saar zur Aufgabe gemacht , die Situation rheumakranker Menschen zu verbessern. Hilfe zur Selbsthilfe ist dabei das oberste Ziel der Arbeit. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 10 - Um diese unentbehrliche, wichtige Arbeit zu bewältigen, gibt es seit 1990 in Saarbrücken eine Geschäftsstelle mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer. Im Saarland informiert, berät und unterstützt die Rheuma-Liga in zahlreichen Arbeitsgemeinschaften , die im ganzen Saarland verteilt sind, rheumakranke Menschen. Sie bietet dabei wohnortnahe und konkrete Hilfen an. Die Rheuma-Liga im Saarland vertritt inzwischen über 1900 Mitglieder. In den saarländischen Städten und Gemeinden Saarbrücken, Neunkirchen, Saarlouis, Homburg, Merzig, Lebach, St. Wendel, St. Ingbert, Illingen, Weiskirchen, Völklingen und Nonnweiler gibt es 12 Selbsthilfegruppen, die Kurse und Seminare für die betroffenen Menschen anbieten. In den Kursen und Seminaren lernen die Betroffenen, mit ihren Schmerzen, Behinderungen und den dadurch bedingten Lebensumständen umzugehen. Daneben bieten diese wichtigen Angebote die Möglichkeit zur Begegnung und zum Austausch. Unterstützend zur medizinischen Versorgung werden somit unentbehrliche Hilfe und Selbsthilfeangebote vermittelt. Neben dem Angebot der Geschäftsstelle der Rheuma-Liga Saar sind überwiegend Selbstbetroffene ehrenamtlich tätig und beraten zu allen mit der Erkrankung verbundenen Fragen. Die Deutsche Rentenversicherung Saarland ist seit vielen Jahren Mitglied der Rheuma -Liga Saar. Sie erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die helfen, dass viele an entzündlichem Rheumatismus erkrankte Versicherte heute deutlich länger im Berufsleben verbleiben und somit weiter am öffentlichen Leben teilhaben. Weitere Unterstützung und Informationen erfahren die Betroffenen von: den behandelnden Ärzten und Therapeuten, der Rheuma-Liga Bundesverband, der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, dem Kompetenznetz Rheuma, dem Bundesverband Deutsche Schmerzhilfe, der Deutschen Schmerzliga e.V. sowie den Krankenkassen durch die DMP (Disease-Management-Programme). Finanzierung: Über das Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutzschutz erhält die KISS als Dachverband auch für die Rheuma-Liga Saar für ihre wichtige Arbeit jährlich 188.000 €. Weitere Projektförderungen für besondere Vorhaben, wie beispielsweise Fachtagungen , werden seitens des Gesundheitsministeriums punktuell gewährleistet. Auch über die Krankenkassen ist eine finanzielle Förderung für Projekte möglich. Weitere Fördergelder können beantragt werden bei: Kommunen, Landesorganisationen , Patientenorganisationen, Rententrägern, Unfallversicherungen, Wirtschaftsunternehmen , Sponsoren, Pharmafirmen. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 11 - Wie bewertet die Landesregierung dieses Angebot und wie unterstützt sie diese Vereine und Verbände ? Zu Frage 16: Die Arbeit der Rheuma-Liga Saar ist im Saarland zu einem wichtigen Faktor innerhalb der medizinischen Betreuung der Patientinnen und Patienten geworden. Die stetig steigende Zunahme chronischer Erkrankungen, die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten und die steigende Lebenserwartung, aber auch die Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen, bedingen eine verstärkte Nachfrage nach Selbsthilfegruppen . Hierzu gehört im Saarland als wichtige Einrichtung die Rheuma-Liga Saar. In diesem Zusammenhang geben die saarländischen Selbsthilfegruppen als Experten /innen in eigener Angelegenheit Ratschläge und Hinweise für die Rheumakranken und ihre Angehörigen. Dabei spielt auch der Erfahrungsaustausch über Behandlungsverläufe , neue Therapieangebote, manchmal auch über Irrtümer, eine wesentliche Rolle . Wichtig ist dabei, dass alte Netzwerke, wie zum Beispiel Familien, durch neue Netzwerke ergänzt werden. Dazu leistet die Rheuma-Liga als tragende Säule in der medizinischen Versorgung und Beratung im Saarland einen wesentlichen Beitrag und ist im Bereich der Beratung und Betreuung nicht mehr wegzudenken. Zudem leistet die Rheuma-Liga Saar wichtige Arbeit als Bindeglied zwischen der Selbsthilfe und der Ärzteschaft. Auch hat sich die Deutsche Rheuma-Liga zusammen mit ihren Landesverbänden große Verdienste erworben, indem sie die erforderliche Hilfe und Unterstützung anbieten. Konkrete Unterstützung erfolgt weiterhin durch: behindertengerechten Aus -und Umbau von Straßen -und Verkehrswegen, Schaffung von behindertengerechten Betreuungen mit flächendeckender Versorgung, Erarbeitung sozialer Modelle im Umgang mit Behinderung, effektive Strategien im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, Entwicklung effektiver Strategien zur Bewältigung von Kostenrechnungen und zeitgemäßer Informationstechnologien , Programme zum Erhalt der Erwerbs- und Berufsfähigkeit, Angebote zur Gesundheitserziehung bereits im frühen Kindesalter, Ernährungs - und Schulungsprogramme , Fort- und Weiterbildung von Selbsthilfegruppenleiter/innen, Anpassung von Leitlinien an die Patientenbedürfnisse von chronisch Kranken als Versuch, die Lebenssituation Betroffener zu verbessern. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um den Informationsstand in der Bevölkerung, aber auch bei den Allgemeinärztinnen und –ärzten (im Sinne einer verbesserten Frühdiagnostik) zu verbessern? Zu Frage 17: Hier kommen sowohl die Aufklärung der Bevölkerung durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen (Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer, Patientenvertretungen) als auch der Ausbau des Fort- und Weiterbildungsangebotes für Ärzte in Frage, wobei die letztgenannten Möglichkeiten in den Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und der Ärztekammer des Saarlandes fallen. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 12 - Wie beurteilt die Landesregierung den Zugang von Migrantinnen und Migranten zu Leistungen der Prävention, Diagnostik und Therapie entzündlichrheumatischer Erkrankungen? Zu Frage 18: Die Leistungen zur Prävention, Diagnostik und Therapie sind für Migrantinnen und Migranten mit rheumatischer Erkrankung ebenso zugänglich wie für alle anderen Betroffenen . Oft verhindern aber sprachliche Barrieren, aber auch kulturell bedingte Unterschiede das Verständnis zur Diagnostik und Therapie. Hier gilt es weiterhin Anstrengungen zu unternehmen, mit mehrsprachiger Öffentlichkeitsarbeit in Form von Broschüren und Beratungsstellen Abhilfe zu schaffen. Aber nicht nur der Zugang zur medizinischen Versorgung im Krankheitsfall für Migrantinnen und Migranten soll gewährleistet sein, sondern auch die Partizipation an Gesundheitsförderung und Prävention. Zwar werden Kinder mit Migrationshintergrund durch die zahlreichen vorschulischen und schulischen Maßnahmen erreicht, aber damit diese Maßnahmen auch nachhaltig werden, ist es notwendig die Eltern dieser Kinder zu erreichen. Hierzu müssen adäquate Zugangswege erschlossen werden, die sowohl die sprachlichen als auch die kulturell bedingten Unterschiede berücksichtigen. Ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung wurde dabei mit der Einrichtung des Internetportals MIGESAAR getan. Im Jahr 2007 hat das Saarländische Gesundheitsministerium die Datenbank „Migration und Gesundheit“ (MIGESAAR) ans Netz gebracht. Sie wurde in Kooperation mit den Amtsärzten der Gesundheitsämter, der Arbeitskammer, der kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes, dem VdAK/AEV, dem Diakonischen Werk und dem Innenministerium entwickelt. Ziel dieses Internetportals ist es, den Fachdiensten einen Überblick über die Akteure im Gesundheitswesen des Saarlandes, ihre sprachlichen Kompetenzen sowie über bundesweite Gesundheitsangebote zu geben. Es gilt, den Fachdiensten die Angebote der Gesundheitsdienste von der allgemeinmedizinischen Praxis bis zur Suchtprävention aufzuzeigen. Über dieses Medium soll aber auch die Teilhabe der Migrantinnen und Migranten an einer adäquaten Versorgung im und durch das Gesundheitswesen verbessert werden. Die Datenbank ist aber auch ein Serviceangebot für alle Multiplikatoren/innen aus den Bereichen Gesundheit und Integration. Es dient der Vernetzung der Akteure untereinander . Das Portal ist angegliedert bei der Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung . MIGESAAR ist seit vielen Jahren bestens etabliert und genutzt. Es umfasst inzwischen 127 Einrichtungen mit insgesamt 169 eingetragenen Diensten und verzeichnet mittlerweile über 200 Zugriffe im Monat. Drucksache 14/708 (14/633) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - - 13 - Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssituation von Migrantinnen und Migranten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen fördert die Landesregierung? Zu Frage 19: Es wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. betr.: Maßnahmen zur Verbesserung der Lage von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Krankheiten