LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/110 (15/64) 04.09.2012 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Lehrkräfte-Entgeltordnung L-ego Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die Eingruppierung der tarifbeschäftigten Lehrkräfte erfolgt in allen Bundesländern über einseitig von den zuständigen Ministerien erlassene Eingruppierungsrichtlinien und nicht durch eine tarifvertraglich vereinbarte Eingruppierungsordnung. Das Saarland stellt hier keine Ausnahme dar. Maßgeblich für die Eingruppierung der Lehrkräfte sind hier die Richtlinien des Ministeriums für Inneres über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte des Landes. Die Gewerkschaften fordern seit langem, diese Richtlinien-Praxis aufzuheben und stattdessen die Eingruppierung der Lehrkräfte über einen Tarifvertrag zu regeln. Neben dem Ziel, den tariflosen Zustand zu beenden, möchten die Gewerkschaften Benachteiligungen angestellter Lehrkräfte gegenüber allen anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes überwinden sowie diskriminierende Regelungen in der Eingruppierung für die Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis („Angestellte“) erreichen . Nachdem in der letzten Tarifrunde 2011 keine Einigung über eine tarifliche Eingruppierung von Lehrkräften erzielt werden konnte, haben die Gewerkschaften die TdL Anfang des Jahres aufgefordert , schnellstmöglich die Verhandlungen über einen Eingruppierungstarifvertrag wieder aufzunehmen . Die TdL hat offenbar auf ihrer letzten Klausursitzung die Wiederaufnahme der Verhandlungen vorerst abgelehnt.“ Ausgegeben: 05.09.2012 (27.06.2012) Drucksache 15/110 (15/64) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung Landesregierung: Im Saarland gilt für die Eingruppierung der tariflichen Lehrkräfte der Erlass des Ministers für Bildung betreffend die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen im Saarland vom 15. Dezember 1970 (GMBl. S. 144/71), zuletzt geändert durch Erlass vom 4. Januar 2008 (Amtsbl. S. 136). In den Jahren 2009 und 2010 wurden im Zuge der in der Tarifrunde 2009 vereinbarten Verhandlungen zu einer neuen Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffenlichen Dienst der Länder (TV-L) auch Sondierungsgespräche mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der dbb tarifunion bezüglich der Tarifierung einer Entgeltordnung für Lehrkräfte geführt. Eine Einigung konnte in diesen Verhandlungen jedoch nicht erreicht werden. Gleichwohl hat die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in der Entgeltrunde 2011 ein Angebot für eine tarifvertragliche Regelung zur Eingruppierung vorgelegt, welches von der GEW abgelehnt wurde. In der Folge haben die Tarifvertragsparteien dann darauf verzichtet, eine Entgeltordnung für die Lehrkräfte zu tarifieren. Durch diesen Verzicht wurde die in der Entgeltrunde erzielte Einigung – insbesondere die deutliche Entgelterhöhung – erst möglich gemacht. Die in der Einigung von 2009 vereinbarten Verhandlungen sind somit mit diesem Ergebnis vorerst beendet worden. Die in der Vorbemerkung der Fragestellerin angesprochene Zielsetzung der Gewerkschaften „diskriminierende“ – gemeint sind wohl nicht diskriminierende – Regelungen in der Eingruppierung für Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis (Angestellte) zu erreichen, kann nicht nachvollzogen werden. Welche Position haben die Vertreter der Landesregierung auf der Klausurtagung der Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vom 21. bis 23. Mai bei der Abstimmung über die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen zu einer Entgeltordnung für Lehrkräfte eingenommen ? Zu Frage 1: Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 an den Vorsitzenden des Vorstandes der TdL hat die GEW die Arbeitgeber aufgefordert, die Tarifverhandlungen zu Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte wiederaufzunehmen. Im Rahmen der darauf folgenden TdL-Klausurtagung vom 21. bis 23. Mai 2012 wurde das Petitum der GEW von den Mitgliedern intensiv erörtert. Auf dieser Klausurtagung hat sich der Vertreter des Saarlandes dafür ausgesprochen, dass in einem ersten Schritt gegenüber den Gewerkschaften die Möglichkeit eines Gespräches eröffnet werden soll. Zwar unterstützte das Saarland die Linie in der TdL, dass eine unmittelbare Wiederaufnahme von Tarifverhandlungen in Anknüpfung an die bisherige Haltung der GEW nicht angezeigt war. Ungeachtet dessen stellten die Mitglieder nochmals klar, dass sich die TdL als ein Spitzenarbeitgeberverband gerade dadurch auszeichnet , keine Blockadehaltung an den Tag zu legen, sondern sich jederzeit gesprächsoffen und kompromissbereit zu zeigen. Drucksache 15/110 (15/64) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Mitgliederversammlung hielt es jedoch vor einer abschließenden Entscheidung für erforderlich, in einem Vorgespräch in „kleinem Kreis“ zunächst zu erörtern, ob die gegenseitigen Positionen sich in einer Weise angenähert haben, die eine Wiederaufnahme der Verhandlungen gerechtfertigt erscheinen ließen. Ein entsprechendes Gesprächsangebot wurde den Gewerkschaften, vertreten durch den Geschäftsführer der TdL, mit Schreiben vom 30. Mai 2012 unterbreitet. Am 17. Juli 2012 fand sodann das Vorgespräch mit der GEW und der dbb tarifunion statt. Dabei machten die Vertreter der TdL deutlich, dass eine Wiederaufnahme der Verhandlungen nur auf Basis des TdL-Angebots 2011 für sinnvoll erachtet wird. Als Ergebnis der Gespräche wurden folgende Vorschläge der Gewerkschaften als eine mögliche Struktur für das weitere Vorgehen fixiert, die auch geeignet ist, landesspezifische Grundsätze und Besonderheiten zu erhalten: - Lehrkräfte, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für eine Über- nahme in ein Beamtenverhältnis erfüllen, werden entsprechend Teil A. Nummer 1 Lehrer-Richtlinien der TdL in die Entgeltgruppe eingruppiert, die der Besoldungsgruppe entspricht, in der sie eingestuft wären, wenn sie im Beamtenverhältnis stünden. - Lehrkräften, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis nicht erfüllen, werden unter Definition eines am Grad der Qualifikation orientierten Abstands zur jeweiligen landesspezifischen Beamtenregelung eingruppiert. Der Vertreter des Saarlandes hat den Beschluss, den Vorschlag der Gewerkschaften in einer Arbeitsgemeinschaft der TdL zu prüfen und auf der nächsten Klausurtagung Anfang September zu erörtern, auf der Mitgliederversammlung am 18./19. Juli 2012 mitgetragen. Wie begründet die Landesregierung diese Position? Zu Frage 2: Das bisherige Forderungspaket der GEW war insbesondere wegen der damit verbundenen Mehrkosten inakzeptabel. Die GEW musste ihre Bereitschaft erkennen lassen, von ihren länderseitig unerfüllbaren Forderungen abzurücken. Ansätze hierfür hat das Gespräch vom 17. Juli 2012 auf Seiten der GEW und der dbb tarifunion nunmehr gezeigt . Ob weitere Verhandlungen letztendlich im Ergebnis zu einer erstmaligen Tarifierung der Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte führen, ist noch offen. Eine wesentliche Fragestellung wird hierbei zum einen auch die Tatsache einer länderspezifischen Bildungspolitik beinhalten. Zum anderen werden auch die unterschiedlichen Regelungssystematiken im Laufbahnrecht der Länder und die länderspezifischen Differenzierungen im Besoldungsbereich von Bedeutung sein, zumal in den alten Bundesländern im Gegensatz zu den neuen Bundesländern die weit überwiegende Zahl der Lehrkräfte in einem Beamtenverhältnis steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Saarland als Nehmerland im Länderfinanzausgleich hierbei keine Vorreiterrolle übernehmen kann und sich im Geleitzug der übrigen Bundesländer wird bewegen müssen. Drucksache 15/110 (15/64) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Sieht die Landesregierung in der in der Mitgliederversammlung der TdL eingenommenen Position einen Widerspruch zu Verpflichtung des Staates, die Tarifautonomie zu fördern und zu schützen? Zu Frage 3: Das Saarland wird im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der TdL den Reformprozess bezüglich eines neuen Tarifrechts aktiv mitgestalten. Das Saarland selbst führt keine eigenen Tarifverhandlungen sondern ist vielmehr als eines von derzeit 14 Mitgliedsländern in die TdL eingebunden, die ihrerseits für ihre Mitglieder einheitliche Tarifverhandlungen führt. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Tarifbeschäftigten des Saarlandes weder hinsichtlich des Entgelts noch ihrer sonstigen wesentlichen Arbeitsvertragsbestandteile auch in Zeiten angespannter Haushaltslage von den anderen Bundesländern abgekoppelt werden. Die TdL ist eine Gemeinschaft, die mit ihren Verhandlungspartnern, den Gewerkschaften , so vor allem der dbb tarifunion und ver.di, in fairen Verhandlungen dafür Sorge trägt, dass der öffentliche Dienst sich auch zukünftig weiter zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen entwickelt, das seinen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie motivierten Berufseinsteigern attraktive Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und damit grundsätzlich eine sichere Lebensgrundlage bietet. Was will die Landesregierung zukünftig unternehmen , um die strukturelle Benachteiligung der Tarifbeschäftigten gegenüber den Beamten bei der Bezahlung zu überwinden? Zu Frage 4: Bei der Eingruppierung der Lehrkräfte im Bereich der TdL hat sich der Grundsatz des Gleichklangs zwischen Lehrkräften im Beamtenverhältnis und Lehrkräften, die aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigt werden, seit ca. 50 Jahren bewährt. Dieser Grundsatz trägt der Tatsache Rechnung, dass 85% der Lehrkräfte im Tarifgebiet West in einem Beamtenverhältnis beschäftigt werden. Er stellt auch zukünftig sicher, dass Veränderungen im Beamtenbereich, wie sie derzeit in allen Ländern auch im Zusammenhang mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses auf den Weg gebracht werden, auf die tariflichen Lehrkräfte übertragen werden. Noch im Jahr 2006 wurde diese Regelung auch durch die Tarifvertragsparteien des TV-L ausdrücklich in § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) bestätigt. Eine Veränderung der Lebens - und Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte, die eine abweichende Beurteilung durch die Tarifvertragsparteien erfordert, ist seit 2006 nicht eingetreten. Drucksache 15/110 (15/64) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Welche Maßnahmen wird die Landesregierung künftig ergreifen, um die Schlechterstellung der angestellten Lehrkräfte, für die als größte und einzige Beschäftigtengruppe keine tarifvertragliche Eingruppierungsregelung existiert, gegenüber allen anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu beseitigen? Zu Frage 5: Der Behauptung der GEW, dass im Gegensatz zu den anderen Länderbeschäftigten beschäftigte Lehrkräfte keinen Tarifvertrag hätten, der ihr Einkommen regelt, ist entgegenzutreten . Für Lehrkräfte gilt der TV-L mit seinen Regelungen zum Entgelt, z.B. zum Tabellenentgelt und zur Jahressonderzahlung. Übergeleitete Lehrkräfte werden vom TVÜ-Länder erfasst, der die Besitzstände aus dem BAT sichert (frühere familienbezogene Vergütungsbestandteile, Strukturausgleiche usw.) Resultierende unterschiedliche Nettoeinkommen beruhen auf den Statusunterschieden und können weder bei Lehrkräften noch bei anderen Berufsgruppen durch eine höhere Bezahlung beseitigt werden. Strebt die Landesregierung perspektivisch die Ablösung der Eingruppierungsrichtlinien für Lehrkräfte durch eine tarifvertraglich geregelte Entgeltordnung für Lehrkräfte an? Zu Frage 6: Einer vernünftigen und der Haushaltssituation des Landes Rechnung tragenden Regelung wird sich das Saarland nicht verschließen. Das Saarland wird sich jedoch in dieser Frage als Mitgliedsland der TdL wie bisher im Geleitzug der Länder bewegen.