LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/249 (15/112) 05.12.2012 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (DIE LINKE.) betr.: Windkraftanlagen im Saarland Vorbemerkung des Fragestellers: „Im Zuge der Aufhebung der landesplanerischen Ausschlusswirkung der Vorranggebiete für Windenergie ist ein Wildwuchs von Windkraftanlagen zu befürchten, der sich zu Lasten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vor Ort, des Landschaftsschutzes sowie der Tourismusindustrie und nicht zuletzt nachteilig für Ökosysteme auswirkt.“ Wie viele Windkraftanlagen wurden im Saarland seit der Aufhebung der landesplanerischen Ausschlusswirkung der Vorranggebiete errichtet (Anzahl + MW)? Zu Frage 1: Auch nach umfassender Recherche kann die Landesregierung hierzu keine verbindliche Antwort geben. Hintergrund ist die Tatsache, dass es zwar eine Melde-pflicht der Windkraftanlagen- Betreiber (WKA) gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) gibt und auch der ÜNB zur Weiterleitung an die Bundesnetzagentur (BNA) verpflichtet ist. Diese Meldung der 4 ÜNB in Deutschland erfolgt zum Stichtag Jahresende bis zum 31.05. des Folgejahres und die BNA erstellt daraufhin bis zum September eine Gesamtliste . Die Auswertung zum Stichtag 31.12.2011 hat jedoch eine Reihe fehlerhafter Zuordnungen ergeben. So ist für den Netzanschlusspunkt Homburg z.B. der Windpark Martinshöhe mit 20 MW WKA seit Ende 2007 gemeldet und dem Saarland zugeordnet. Der Windpark befindet sich jedoch jenseits der Landesgrenze in Rheinland-Pfalz. Gleichermaßen sind für das Saarland weitere Flächen in Berschweiler (3 Anlagen mit 3,6 MW), Eckersweiler (2 Anlagen mit 4,6 MW), Gimbweiler (2 Anlagen mit 4 MW), Mosberg (4 Anlagen mit 6 MW) und Fohren-Linden (2 Anlagen mit 9,2 MW) registriert. In Summe wurden dem Saarland somit fälschlicherweise in der offiziellen Statistik 39,2 MW zu viel zugewiesen. Unklar ist, ob umgekehrt auf Saarländischem Boden installierte Anlagen der Statistik für Rheinland- Pfalz zugewiesen wurden. Ausgegeben: 06.12.2012 (04.09.2012) Drucksache 15/249 (15/112) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Zudem sind weiterhin für den Windpark Freisen in Summe 3,8 MW für 7 Anlagen aus den Jahren 1995, 1996 und 2001 in der Auflistung der BNA enthalten, die Ende 2011 im Zuge des dortigen Repowering zurückgebaut wurden. Andererseits fehlen 3 neue Anlagen mit zusammen 6,6 MW in der Aufstellung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass trotz ausreichender Zeit (bis Ende Mai des Folgejahres) weitere An- und Abmeldungen nicht korrekt erfasst wurden. Mit den obigen erkannten Korrekturen verringert sich die ursprüngliche Meldung der BNA zum Stichtag 31.12.2011 von 89 Anlagen mit 153 MW auf 74 Anlagen mit 117 MW elektrischer Gesamtleistung. Demgegenüber weist das Deutsche Windinstitut (DEWI) in seiner halbjährlichen Statistik zum 31.12.2011 für das Saarland 127 MW auf. Diese Angaben wurden zu Anfang 2012 im Rahmen einer Herstellerbefragung erhoben. Sie weisen für das Saarland in 2011 einen Anstieg um 9 Anlagen mit einer Leistung von 15,6 MW auf obige 127 MW, die sich auf insgesamt 89 Anlagen verteilen. Ob die zurückgebauten Altanlagen im Zuge des Repowering von Freisen erfasst sind, bleibt unklar. Das DEWI hat im Juni/Juli 2012 erneut eine Halbjahresumfrage bei den Herstellern durchgeführt: Danach gab es in den ersten 6 Monaten 2012 im Saarland den Zubau von 2 Anlagen mit 4 MW. Dies deckt sich auch mit Antworten auf Rückfragen bei Anlagenbetreibern im Saarland . Die Unternehmen warten ab, bis die Kommunen Anfang 2013 ihre neuen Vorranggebiete ausweisen. Sie nutzen jedoch gleichzeitig die Zeit, um die benötigten Gutachten (z.B. Erhebungen zu Beeinträchtigungen von bedrohten Vogel- oder Fledermausarten über einen Zeitraum von fast einem Jahr) zu erstellen. Welche Windkraftanlagen sind nach Informationen der Landesregierung aktuell im Bau und/oder im Genehmigungsverfahren (bitte mit jeweiliger Angabe der konkreten Standorte)? Inwieweit sind Standorte betroffen, die bereits zur Erzeugung von alternativen Energien heran-gezogen werden? Inwieweit sind Standorte betroffen, die außerhalb von Vorranggebieten für Windenergie liegen? Bei wie vielen Maßnahmen wurde seit der Aufhebung der landesplanerischen Ausschlusswirkung der Vorranggebiete die Zulässigkeit im Einzelfall verneint und mit welcher Begründung? Zu Frage 2: Wie sich aus der Antwort zu Frage 1 bereits ergibt, gibt es keine zentrale Meldestelle im Saarland, an die die Errichter von Anlagen die Inbetriebnahme oder Außerbetriebnahme melden müssen. Daher fehlt das entsprechende Datenmaterial. Näherungsweise kann mit Angaben des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) gearbeitet werden, das als Genehmigungsbehörde Standorte für Windkraftanlagen genehmigt. Danach waren bis Ende September 2012 insgesamt 102 Anlagen mit rund 155 MW Anschlussleistung genehmigt. Drucksache 15/249 (15/112) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zu berücksichtigen ist jedoch einerseits, dass auch in dieser Auflistung nicht unterschieden wird, ob Teile des Windparks nicht mehr auf saarländischem Boden errichtet werden, weil der Netzanschlusspunkt des gesamten Windparks im Saarland liegt. Dies gilt z.B. für den Repowering-Windpark Freisen. Auch kann nicht daraus geschlossen werden, dass die Anlagen nach Genehmigung auch gebaut werden, wenn sich die Finanzierung verzögert oder in einem weiteren Genehmigungsantrag WKA mit höheren Leistungen vorgesehen werden. Über diese genehmigten Standorte hinaus befindet sich das LUA aktuell in 8 laufenden Genehmigungsverfahren mit insgesamt 20 Anlagen und einer Gesamtanlagenleistung von 45 MW. Weiter ist aufgrund von Voranfragen bekannt, dass ca. 70 Anlagen mit etwa 150 MW elektrischer Leistung in 16 Gemeinden im Saarland geplant sind. Weitere Details sind dem vierseitigen Anhang zu entnehmen. Bis auf den bereits realisierten Windpark in Freisen sind keine weiteren Standorte bekannt , die am gleichen Netzverknüpfungspunkt angeschlossen sind. Die Zulässigkeit von Standorten wurde in den letzten beiden Jahren nicht verneint. Ist im Saarland sichergestellt, dass zukünftig keine Wind-kraftanlagen mehr genehmigt werden, bei denen die empfohlenen Abstände zum nächsten Nest/Horst einer der seltenen Vogelarten unterschritten werden (z.B. 1.500 m zum Rotmilanbruthorst )? Zu Frage 3: Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem BImSchG werden gerade auch die Artenschutzbelange berücksichtigt. Diese gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden weiterhin beachtet. Dabei sind die artenschutzfachlichen Erfordernisse zu beachten , um damit erhebliche Beeinträchtigungen für Arten- und Lebensgemeinschaften zu vermeiden. Abstände zu Brutstandorten sind von der jeweiligen Art abhängig. Mindestabstände zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen sind als aktuelle „Grenzwerte“ zu verstehen , auf der Basis neuester Erkenntnisse aus diversen Monitoring- Ergebnis-sen im Umfeld bestehender Anlagen. Infolge dieser Monitoring- Erhebungen gibt es immer wieder Anpassungen aufgrund von Erkenntnissen z.B. zu Fluchtdistanzen geschützter bzw. bedrohter Arten. Zuständige Genehmigungsbehörde im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist das LUA. Diese lässt die vorgenannten Erkenntnisse in ihre jeweiligen Stellungnahmen einfließen. Sofern Abweichungen von den empfohlenen Abständen erfolgen, geschieht dies auf Grundlage von zusätzlichen Untersuchungsergebnissen und fachgutachterlichen Einschätzungen. Insoweit wird aus Sicht der Landesregierung der Artenschutz angemessen berücksichtigt.