LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/277 (15/168) 14.12.2012 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Maßnahmen zur Unterstützung der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf Vorbemerkung der Fragestellerin: „Der im Saarland angestrebte quantitative Ausbau der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf in die Schulen der Regelform stellt an die Schulen besondere Anforderungen. Gerade für die Gemeinschaftsschule , die sich als neue Schulform erst noch finden und entwickeln muss, stellt dies eine doppelte Herausforderung dar.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung ist nicht der Auffassung, dass durch die schulische Inklusion lediglich solche Kinder und Jugendlichen in Schulen der Regelform beschult werden sollen , bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde. Neben dieser Gruppe gibt es weitere Schülergruppen mit besonderen Hilfebedarfen wie z. B. Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen, mit Teilleistungsstörungen sowie Hochbegabte, die an die Regelschule besondere Anforderungen stellen, ohne dass in jedem Fall ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt. Die Landesregierung hat am 17. August 2012 den Saarländischen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Titel "Saarland inklusiv - unser Land für alle" verabschiedet. Im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplanes strebt die Landesregierung an, das von der Bundesregierung anvisierte Ziel einer Inklusionsquote von 50 % bereits bis zum Jahr 2016 deutlich zu überschreiten. Gleichzeitig sichert sie im Bereich der schulischen Bildung den Erziehungsberechtigten ein echtes Wahlrecht zwischen Regelschulen und Förderschulen zu. Ausgegeben: 14.12.2012 (10.10.2012) Drucksache 15/277 (15/168) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Welche Zwischenergebnisse lassen sich bei dem am 18.08.2011 gestarteten Pilotprojekt „Inklusive Schule“ feststellen? Zu Frage 1: Die Schulleiter/innen und Lehrkräfte an den Pilotschulen sehen die Erfahrungen im Modellversuch Inklusion positiv und engagieren sich in besonderem Maße für die Entwicklung einer inklusiven Schule. Besonders zufrieden zeigen sich die Schulen mit der Tatsache, dass bei der Personalisierung mit Förderschullehrkräften die Personalkonstanz gewährleistet ist. Die Möglichkeit, das Anforderungsniveau für ein oder mehrere Fächer zeitnah und evtl. auch nur vorübergehend absenken zu können, wird ebenfalls positiv gesehen und auch so praktiziert. So kann der Druck früher von den Kindern genommen und Erfolgserlebnisse ermöglicht werden. Die kompetenzorientierten Zeugnisse (Grundschulen ) dokumentieren den Lernzu-wachs gemessen an dem jeweils zu Grunde gelegten Anforderungsniveau und wurden deshalb meist positiv, teilweise begeistert von Eltern aufgenommen. Die kompetenzorientierten Beiblätter (weiterführende Schulen), die Schülerinnen und Schüler bei zieldifferentem Unterricht erhielten, wurden sowohl auf Schüler- als auch auf Elternseite positiv bewertet. Die im Pilotprojekt zu inkludierenden Förderbedarfe Lernen, Sprache sowie soziale und emotionale Entwicklung stellen teilweise sehr unterschiedliche Anforderungen an die Lehrkräfte. Beim Förderbedarf soziale und emotionale Entwicklung ist von Fall zu Fall eine stärkere Vernetzung im Bereich der Jugendhilfe sowie des schulärztlichen und schulpsychologischen Dienstes erforderlich. a) Wie interpretiert die saarländische Regierung die UN-Behindertenrechtskonvention in Bezug auf Inklusion? b) Insbesondere: Wie interpretiert die saarländische Regierung Artikel 24 (Bildung) der UNBehindertenrechtskonvention ? Zu Frage 2 a und b: Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist ein sehr sensibles gesellschaftliches Anliegen, das nicht durch überhastetes Agieren gefährdet sein darf. Es bedarf der Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für die Herstellung eines inklusiven Bildungssystems und der Umsetzung in akzeptablen Schritten. Die Interpretation der saarländischen Landesregierung wird durch folgendes Zitat aus dem „Erlass zur Errichtung des Pilotprojekts zur Entwicklung eines inklusiven Förderkonzepts an Regelschulen im Saarland“ vom 14.06.2011, Nr. 1 Ziele des Pilotprojekts dargestellt: „Artikel 24 des seit 2009 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II, S. 1420) verpflichtet die Bundesländer dazu, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die zielgerichtet und wirksam sind, um ein inklusives Bildungssystem zügig aufzubauen (progressive Verwirklichung)“ - 2 - Drucksache 15/277 (15/168) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Inklusive Bildung erstrebt - von vornherein eine Ausrichtung der Schule auf die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler, deren Inklusion und individuelle Förderung, - für alle Schülerinnen und Schüler – unabhängig von ihren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen oder Behinderungen sowie von ihrer ethnischen, kulturellen oder sozialen Herkunft – einen grundsätzlich gleichberechtigten ungehinderten Zugang zu den Bildungsangeboten und eine barriere- und diskriminierungsfreie Teilhabe am Unterricht und am Schulleben, - daher in einem fortwährenden Prozess den Abbau aller Barrieren, die Schülerinnen und Schüler daran hindern, in der schulischen Gemeinschaft mit anderen in gegenseitigem Respekt zusammen-zuleben, gemeinsam zu lernen und zusammenzuarbeiten. a) Zitat: „Das Rad sollte nicht in allen 16 Bundesländern neu erfunden werden“. Wie gestaltet das Ministerium für Bildung und Kultur, im Kontext des Ausbaus der Inklusion, den Austausch mit den anderen Ländern? b) Stichwort: Sinnvoller Föderalismus - Bewährtes aus anderen Ländern zeitnah im Saarland einführen : Welche Lösungen, Methoden und Strategien im Bereich der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung hat das Saarland aus anderen Bundesländern übernommen? Zu Frage 3 a und b: Das Saarland ist in verschiedenen bundesweiten Gremien sowie bei bundesweiten Tagungen vertreten und somit im regelmäßigen Austausch mit Vertretern anderer Bundesländer. Die Vorgehensweisen in anderen Bundes-ländern werden für das Saarland geprüft und, falls sie geeignet erscheinen, innerhalb des Pilotprojekts „Inklusion“ erprobt. Eine konkrete Verbindung zu anderen Bundesländern besteht außerdem über die Unterarbeitsgruppe „Inklusion“ der Kultusministerkonferenz, in welcher das Saarland ebenfalls vertreten ist. Diese Arbeitsgruppe erstellte die Empfehlungen „Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen“ vom 20.10.2011, die eine gemeinsame verbindliche Grundlage für die weiteren Regelungen in den Ländern sind. Die Schulrechtsreferenten der Bundesländer treffen sich regelmäßig zu verschiedenen Schulrechtsthemen; Fragen der Inklusion haben hier eine große Bedeutung. Das Saarland hat vielfältige Erfahrungen (seit 1986) mit der Unterrichtung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen. Bereits im Jahre 1998 wurden in allen Landkreisen Förderschulen durch die Einrichtung von regionalen sonderpädagogischen Förderzentren ausgebaut. Seitdem gründen andere Bundesländer ebenfalls Förderzentren, von denen aus Förderschullehrkräfte an Regelschulen abgeordnet werden. Die Beratungen über das weitere Vorgehen im Rahmen der Inklusion sind innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen. - 3 - Drucksache 15/277 (15/168) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Besteht die Absicht, zusätzlich zur Stelle des Beauftragten für die Inklusion weitere Personalstellen für Beratungs- und Koordinierungsaufgaben einzurichten? a) Wenn ja: Welche Stelle bzw. welche Stellen sollen mit welchem Aufgabenprofil neu geschaffen werden? b) Wo werden diese Stellen ausgeschrieben? Zu Frage 4 a und b: Derzeit besteht keine Absicht, zusätzlich zu den bisherigen Stellen für die Inklusion weitere Personalstellen einzurichten. Zurzeit beraten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Referate im Ministerium für Bildung und Kultur und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) in den Fragen zur Inklusion und ihrer Umsetzung im Bereich Bildung. Im Schuljahr 2011/12 wurden 25 Inklusionsberaterinnen und -berater berufsbegleitend ausgebildet. Diese Beraterinnen und Berater sollen künftig die Schulen bei den neu entstehenden Aufgaben unterstützen. Den Inklusionsberaterinnen und –beratern standen im Schuljahr 2011/12 wöchentlich für Fortbildung und Beratung fünf Deputatsstunden zur Verfügung. Ab dem Schuljahr 2012/13 stehen ihnen wöchentlich drei Deputatsstunden für Beratung zur Verfügung, was insgesamt rund drei Vollzeitlehrerstellen entspricht. Ihre fachliche Anbindung findet an den Förderschulen mit Förderzentrum statt. Die Förderzentren werden in Fragen der sonderpädagogischen Förderung als Kompetenzzentren angesehen und in Fragen der Inklusion weiterentwickelt. - 4 - betr.: Maßnahmen zur Unterstützung der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf