LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/286 (15/205) 02.01.2013 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (DIE LINKE.) betr.: Windkraftanlagen in der Biosphäre Bliesgau Vorbemerkung der Fragestellerin: „Bis 2011 war laut Landesentwicklungsplan Umwelt die Errichtung von Windenergieanlagen in der Biosphäre Bliesgau nicht möglich. Das änderte sich mit der Aufhebung der landesplanerischen Ausschlusswirkung der Vorranggebiete durch die saarländische Landesregierung im Herbst 2011. Die Kommunen stehen seitdem vor der Aufgabe, die Planungen und den Bau von Windkraftanlagen in ihrem Gebiet in die eigene Hand zu nehmen, wobei sich das enorm erschwert, sofern die Kommune Teil eines Biosphärenreservats ist.“ Ist die Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat nach Meinung der Landesregierung ein grundsätzlich bedenkenswertes Ausschlusskriterium für den Bau von Windkraftanlagen? Zu Frage 1: Das MAB-Nationalkomittee , also das Nationalkomitee zum UNESCO-Programm „Man and the Biosphere“ (der Mensch und die Biosphäre), hat in seinem Positionspapier vom 05.09.2012 dargelegt, dass die Energiewende für die deutschen Biosphärenreservate eine gute Chance zu ihrer Weiterentwicklung darstellt. Eine effiziente, dezentrale Energieversorgung könne beispielsweise erheblich zu einer nachhaltigen Wertschöpfung im ländlichen Raum beitragen. Zugleich stelle die Energiewende die Biosphärenreservate auch vor neue Herausforderungen, da mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich größere Raumnutzungsansprüche verbunden sind. Daher gelte es, die Flächeninanspruchnahme so zu steuern, dass die Biosphärenreservate ihre internationalen Verpflichtungen, die sie mit der Anerkennung durch die UNESCO eingegangen sind, auch weiterhin erfüllen könnten. Ausgegeben: 07.01.2013 (07.11.2012) Drucksache 15/286 (15/205) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Insofern ist die Anerkennung kein grundsätzliches Ausschlusskriterium für den Bau von Windkraftanlagen. Sie ist aber bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraft und bei der Genehmigung der Errichtung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen . Welche sind in der Biosphäre Bliesgau die Kernzonen , Pflegezonen, Vorranggebiete für Naturschutz und Vorranggebiete für Freiraumschutz, die keinesfalls mit Windkraftanlagen bebaut werden dürfen? Zu Frage 2: In Kernzonen und Pflegezonen der Biosphäre Bliesgau sowie in den Vorranggebieten für Freiraumschutz und für Naturschutz (entsprechend Landesentwicklungsplan Umwelt ) dürfen keine Windkraftanlagen errichtet werden. Im Übrigen wird hier auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Welche Standorte sind nach Ausschluss der unter 2. genannten Zonen zur Erbauung von Windkraftanlagen erlaubt? Zu Frage 3: Die Festlegung, welche Flächen mit Windkraftanlagen bebaut werden dürfen und welche nicht, wird derzeit von vielen Kommunen im Rahmen der Änderung ihrer Flächennutzungspläne getroffen. Diese Flächennutzungspläne üben eine Ausschlusswirkung aus, d.h. sobald sie rechtskräftig sind, dürfen außerhalb der in ihnen festgelegten Konzentrationszonen keine Windkraftanlagen errichtet werden. Bei der Auswahl der Konzentrationszonen richten sich die Kommunen nach einer Reihe von Kriterien, die von unterschiedlichen Seiten vorgegeben bzw. von der Kommune selbst ausgewählt werden. Hierzu zählen beispielsweise Schutzstatus der Flächen (Naturschutzgebiet, Natura 2000, Landschaftsschutzgebiet, …), artenschutzrechtliche Regelungen, Vorgaben der Flugsicherung, etc. Daher können beide Fragen erst nach Abschluss der Verfahren zur Änderung der Flächennutzungspläne verbindlich beantwortet werden. Gibt es Pläne der Landesregierung, die Biosphäre Bliesgau aus der Pflicht zur Windkraft zu entlassen , um den wertvollen Status als Biosphärenreservat nicht zu gefährden? Zu Frage 4: Eine nachhaltige Nutzung der Windkraft in der Entwicklungszone gefährdet den Status als UNESCO-Biosphärenreservat nicht. Ob auf die Anlage von WKA in der gesamten Biosphäre verzichtet werden soll, wird derzeit auf allen Ebenen ergebnisoffen diskutiert . Drucksache 15/286 (15/205) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Ist die Biosphäre Bliesgau ein zur Windenergie geeignetes Gebiet oder sollte schon auf Grund der zu geringen Windstärke darauf verzichtet werden? Zu Frage 5: Gemäß Masterplan Energie bzw. der ihm vorangegangenen Untersuchungen gibt es in der Biosphäre Bliesgau Flächen, die auf Grund ihrer Windhöffigkeit grundsätzlich zur Nutzung der Windenergie geeignet sind. Plant die Landesregierung der Biosphäre Bliesgau die Möglichkeit zu eröffnen, statt der Nutzung von Windenergie andere erneuerbare Energiequellen zu erproben und wenn ja, welche könnten dies auf Grund der regionalen Besonderheiten sein? Zu Frage 6: Die Biosphäre Bliesgau sieht sich – im Kontext der UNESCO-Anforderungen – als Modellregion für eine nachhaltige Entwicklung und möchte daher bei einem solch globalen Problem wie dem Klimaschutz mit modellhaften und innovativen Lösungsansätzen Zeichen setzen. Daher hatte sie sich erfolgreich um Bundesmittel zur Erstellung eines Masterplans 100 % Klimaschutz beworben. Im Rahmen dieses Masterplans werden Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen unter der besonderen Prämisse der Anforderungen eines Biosphärenreservates und der lokalen Gegebenheiten erarbeitet werden. Wie sind nach Ansicht der Landesregierung Windkraftanlagen und die zum Bau und Betrieb herzustellende Infrastruktur mit dem zu schützenden Landschaftsbild einer Biosphäre vereinbar? Zu Frage 7: Gemäß Positionspapier des MAB-Nationalkomitees soll das Schutzgut Landschaftsbild so weit wie möglich berücksichtigt werden. Es wird aber nicht als Ausschlusskriterium benannt. Durch die geplanten Windkraftanlagen wird ein für die Region völlig neuer Wirtschaftszweig der industriellen Energieerzeugung geschaffen. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts dieser Tatsache die Möglichkeit der Einhaltung des UNESCO-Kernkriteriums, dass das wirtschaftliche Hauptentwicklungsziel einer Biosphärenregion der naturverträgliche Tourismus auf Grundlage der regionalen traditionellen Wirtschaftsformen sein soll? Zu Frage 8: Biosphärenreservate verstehen sich als Modellregionen für nachhaltige Entwicklung. Die Etablierung eines naturverträglichen Tourismus auf Grundlage regionaler Wirtschaftsformen und regionaler Produkte ist dabei ein wichtiges Aufgabengebiet, aber nicht das einzige. Auch die Entwicklung von Möglichkeiten zur nachhaltigen Nutzung regionaler Ressourcen gehört dazu. Drucksache 15/286 (15/205) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Da auch das MAB-Nationalkomitee eine nachhaltige Energiewende und das Thema Klimaschutz grundsätzlich als Chance und Aufgabe der Biosphärenreservate ansieht, steht eine nachhaltige Nutzung der Windkraft nicht im Widerspruch zu den Anerkennungskriterien . Sind entsprechende Leitungskapazitäten vorhanden bzw. welche Planungen bestehen bezüglich der Schaffung von neuen Leitungskapazitäten zum Weiterleiten der erzeugten Strommengen? Zu Frage 9: Erst nach Abschluss der Änderung der Flächennutzungspläne lässt sich der potentielle Bedarf einschätzen. Grundsätzlich ist es aber so, dass Leitungskapazitäten geschaffen werden können, wenn ein entsprechendes Begehren vorliegt.