LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/372 (15/308) 06.03.2013 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Beratungshilfe im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Eine der wichtigsten Errungenschaften unseres Rechtsstaates ist es, eine effektive Rechtsverfolgung unabhängig von Einkünften oder Privatvermögen grundsätzlich für jedermann zu gewährleisten . Ein Instrument, um den Zugang zum Recht sicher zu stellen, ist hierbei die Übernahme der Beratungshilfe als gesetzliche Verpflichtung. Hierfür verlangt der Gesetzgeber von der Anwaltschaft als Opfer den Verzicht auf die Regelgebühren. Da die Beratungshilfe schon im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewährt werden kann, ist es möglich, dass sich durch die vorprozessuale Einschaltung eines Anwalts eine Austragung des Rechtsstreits vor Gericht vermeiden lässt. Laut Angaben auf der Homepage des saarländischen Ministeriums der Justiz ergebe sich aus der vom Bundesamt für Justiz vorgelegten Beratungshilfestatistik für 2011, dass im Saarland in knapp 17.000 Fällen Beratungshilfe gewährt und hierfür ein Betrag von insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro aufgewandt worden sei.“ In wie vielen Fällen haben Bürgerinnen und Bürger des Saarlandes an Saarländischen Amtsgerichten seit 2007 Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG) persönlich in den Rechtsantragsstellen mündlich oder schriftlich beantragt und wie oft wurde ihnen dort die Beratungshilfe nicht bewilligt? (Bitte nach einzelnen Amtsgerichten , mündlicher oder schriftlicher Antragstellung und Jahren aufschlüsseln) Ausgegeben: 06.03.2013 (23.01.2013) Drucksache 15/372 (15/308) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - a) Bitte nennen Sie die Anzahl der Fälle untergliedert nach Rechtsangelegenheiten (allgemeines Zivilrecht, arbeitsrechtliche Angelegenheiten sowie Angelegenheiten des Verwaltungs -, Verfassungs- und Sozialrechtes). Zu Frage 1: Die Zahl der Anträge wird nicht statistisch erfasst und kann auch im Nachhinein nicht festgestellt werden, da nur bei einer schriftlichen Antragstellung, bei Erteilung eines Beratungsscheins und nach schriftlicher Ablehnung eine Akte angelegt wird. Somit werden alle mündlich gestellten Anträge nicht erfasst, unabhängig davon, ob sie durch die Amtsgerichte selbst gemäß § 3 Abs. 2 BerHG erledigt werden, ein Hinweis auf andere Beratungsmöglichkeiten erfolgt oder ob die Anträge mangels Vorlage der erforderlichen Unterlagen oder aus anderen Gründen abgewiesen werden. Die Zahlen, in denen ein Berechtigungsschein auf unmittelbaren Antrag der/des Rechtssuchenden erteilt wurden, sind in der folgenden Statistik dargestellt: Amtsgericht 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Saarbrücken 2.262 2.779 1.996 2.007 1.735 1.708 Homburg 1.183 973 1.240 1.103 1.133 876 Lebach 437 348 508 667 561 422 Merzig 667 637 731 1.097 1.122 928 Neunkirchen 538 718 805 855 843 884 Ottweiler 278 388 410 482 357 411 Saarlouis 1.166 1.254 1.099 1.125 966 1.017 St. Ingbert 282 298 392 355 348 342 St. Wendel 623 675 1.046 1.066 1.183 1.047 Völklingen 254 319 384 624 560 453 Die Fälle, in denen ein Antrag auf Beratungshilfe schriftlich zurückgewiesen wurde, ergeben sich aus der folgenden Statistik: Amtsgericht 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Saarbrücken 47 50 47 74 105 79 Homburg 0 107 87 3 3 128 Lebach 0 2 0 2 0 37 Merzig 24 22 12 12 6 23 Neunkirchen 33 23 34 62 81 145 Ottweiler 109 79 140 26 165 47 Saarlouis 4 1 2 5 2 103 St. Ingbert 5 0 0 7 1 14 St. Wendel 6 5 1 2 0 4 Völklingen 4 18 19 50 18 11 Drucksache 15/372 (15/308) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zu Frage 1a): Eine Untergliederung nach Rechtsangelegenheiten wäre nur durch eine händige Auswertung jeder einzelnen Rechtsberatungsakte möglich. Eine statistische Erfassung erfolgt nicht. Bei durchschnittlich 17.000 Fällen pro Jahr müsste in etwa in 85.000 Akten Einsicht genommen werden. Die personelle Belastung der Gerichte lässt dies nicht zu. Eine exemplarische Auswertung der Beratungsakten aus drei über das Jahr 2012 verteilten Monaten (977 Akten) beim Amtsgericht Saarbrücken ergab folgende Verteilung nach Rechtsangelegenheiten: Sozialrecht 166 16,9 % Zivilrecht 441 45,1 % Arbeitsrecht 44 4,5 % Verwaltungsrecht 18 1,8 % Verfassungsrecht 0 0,0 % Familienrecht 199 20,3 % Sonstiges 114 11,6 % Unter „Sonstiges“ fallen vor allem: Strafrecht (83 Fälle/8,4 %), Nachlasssachen (13 Fälle/1,3 %) und Insolvenzsachen (8 Fälle/0,8 %). Wie oft und in welchen unterschiedlichen Rechtsgebieten wurde im Zeitraum 2007 bis 2012 saarländischen Anwältinnen und Anwälten die Bewilligung von Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG) nach erteilter Beratung bzw. Beratung und vorgerichtlicher Vertretung nicht gewährt ? [Bitte nach Amtsgerichten, Jahren und Rechtsgebieten (allgemeines Zivilrecht, Arbeitsrecht , Verwaltungsrecht, Verfassungsrecht und Sozialrecht) einzeln aufschlüsseln] Zu Frage 2: Die Fälle, in denen die Bewilligung von Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz nach erteilter Beratung bzw. Beratung und vorgerichtlicher Vertretung nicht gewährt wurde, werden nicht gesondert erfasst. Statistisch festgehalten werden generell nur alle Fälle, in denen ein Antrag auf Erteilung eines Beratungsscheines schriftlich zurückgewiesen wird. Für die Amtsgerichte des Saarlandes stellt sich dies für den Zeitraum 2007 bis 2012 wie aus der in der Antwort zur Frage 1 wiedergegebenen Tabelle dar. Drucksache 15/372 (15/308) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - In wie vielen Fällen wurde durch Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger im Zeitraum 2007 bis 2012 strafrechtlich relevantes Verhalten (insbesondere Betrug gemäß § 263 StGB) bei der anwaltlichen Abrechnung bemerkt und in wie vielen Fällen kam es in der Folge zu einem strafrechtlichen Verfahren ? Zu Frage 3: Beim Amtsgericht Saarbrücken sind für den abgefragten Zeitraum nur drei Fälle erinnerlich , in denen der Verdacht strafrechtlich relevanten Verhaltens von Rechtsanwälten im Zusammenhang mit Beratungshilfe aufgefallen ist. Ein Fall wurde an die Staatsanwaltschaft Saarbrücken abgegeben, ein Fall wird zurzeit noch vom Bezirksrevisor geprüft und in dem dritten Fall kam es zur Einleitung eines Strafverfahrens. Bei den übrigen Amtsgerichten des Saarlandes sind strafrechtlich relevante Fälle der genannten Art nicht bekannt. Liegen dem Ministerium der Justiz im Zeitraum 2007 bis 2012 Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern zur Anwaltschaft und zur Rechtsanwaltskammer des Saarlandes hinsichtlich Verstößen gegen die grundsätzliche Pflicht nach § 49a BRAO zur Übernahme der Beratungshilfe durch Rechtsanwälte vor und wenn ja, welcher Art und in wie vielen Fällen? a) Ist die Rechtsanwaltskammer dabei im Rah- men ihrer Rechtsaufsicht nach § 62 BRAO tätig geworden und wenn ja, in wie vielen Fällen und in welcher Art und Weise? Zu Frage 4: Dem Ministerium der Justiz liegen für den Zeitraum 2007 bis 2012 keine Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern zur Anwaltschaft hinsichtlich Verstößen gegen die grundsätzliche Pflicht nach § 49a BRAO zur Übernahme der Beratungshilfe durch Rechtsanwälte vor. Auf Rückfrage bei der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes wurde mitgeteilt, dass dort nach dem Beschwerdegrund (Verstoß gegen § 49a BRAO) statistisch nicht selektiert werde. Aus der Erinnerung der dortigen Mitarbeiter seien jedoch keine solchen Fälle für den genannten Zeitraum bekannt. Drucksache 15/372 (15/308) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Liegen in allen saarländischen Gerichten Hinweisblätter zur Gewährung von Beratungshilfe für Rechtssuchende aus oder werden Rechtssuchenden Hinweisblätter von Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger zur Verfügung gestellt, ohne dass Rechtssuchende diese Hinweisblätter explizit anfordern müssen, und werden Rechtssuchende auf die Möglichkeit der Erinnerung nach § 6 II BerHG hingewiesen? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 5: Die Amtsgerichte des Saarlandes informieren in unterschiedlicher Form über die Möglichkeit der Beratungshilfe. Teilweise finden sich die jeweiligen Hinweise und Formblätter auf der Homepage der entsprechenden Gerichte, teilweise liegen die Informationen auf den Rechtsantragsstellen der Gerichte aus. Die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger der Rechtsantragstellen weisen auf die Beratungsmöglichkeiten hin und sind beim Ausfüllen der Anträge behilflich. In dem Zurückweisungsbeschluss ist stets die Rechtsmittelbelehrung nach § 6 Abs. 2 BerHG enthalten.