- 7 - LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/609 (15/556) 28.08.2013 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Astrid Schramm (DIE LINKE.) betr.: Einstellungspraxis in der saarländischen Staatskanzlei Vorbemerkung der Landesregierung: Nachfolgend werden entsprechend der Fragestellungen ausschließlich Neueinstellungen in der Staatskanzlei (ohne die Universität des Saarlandes, die Hochschule für Technik und Wirtschaft, das IT-Innovationszentrum und das Landesarchiv) berücksichtigt , d. h. die erstmalige Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder eines Arbeitsverhältnisses. Damit sind Abordnungen oder Versetzungen innerhalb der Landesverwaltung oder von anderen Dienstherren nicht erfasst. Trifft es zu, dass im Bereich der saarländischen Staatskanzlei zwischen März 2013 und Juni 2013 bis zu acht Personen neu eingestellt worden sind? - Wenn ja: Nach welchen Entgelt-/Besoldungs- gruppen werden die entsprechenden Personen bezahlt? Um welche Form des Arbeitsverhältnisses (verbeamtet, angestellt, unbefristet, befristet , Elternzeitvertretung etc.) handelt es sich bei den neu eingestellten Personen? Lagen allen Einstellungen öffentliche Stellenausschreibungen zugrunde (Text der Stellenausschreibung , Veröffentlichungsort und Zeitraum)? Wie viele Personen wurden jeweils zu Einstellungsgesprächen eingeladen? Wie vereinbart sich eine solche Einstellungspraxis in der Staatskanzlei mit den Einsparzielen der Landesregierung in der saarländischen Landesverwaltung? Ausgegeben: 28.08.2013 (01.07.2013) Drucksache 15/609 (15/556) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - - Wenn nein: Wie viele Personen wurden zwischen März 2013 und Juni 2013 im Bereich der Staatskanzlei eingestellt? Nach welchen Entgelt -/Besoldungsgruppen werden die entsprechenden Personen bezahlt? Um welche Form des Arbeitsverhältnisses (verbeamtet, angestellt , unbefristet, befristet, Elternzeitvertretung etc.) handelt es sich bei den neu eingestellten Personen? Lagen allen Einstellungen öffentliche Stellenausschreibungen zugrunde (Text der Stellenausschreibung, Veröffentlichungsort und Zeitraum)? Wie viele Personen wurden jeweils zu Einstellungsgesprächen eingeladen? Zu Frage 1: Ja. Zu Teilfrage 1: Die neu eingestellten Personen werden nach E 6 TV-L, E 13 TV-L, A 13 und E 13 TV-L bezahlt. Zu Teilfrage 2: Die neu eingestellten Personen wurden, soweit es sich um Arbeitsverhältnisse handelt, teils unbefristet, teils befristet (Elternzeitvertretung) eingestellt. Ansonsten erfolgte die Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Zu Teilfrage 3: Im ersten Fall (E 6 TV-L) wurde aufgrund einer längeren Erkrankung einer Mitarbeiterin auf eine vorliegende Bewerbung zurückgegriffen. Im zweiten Fall (E 13 TV-L) wurde die Stelle am 20.07.2012 ausgeschrieben. Der Text der Stellenausschreibung ist Anlage 1 zu entnehmen. Die Stellenausschreibung wurde im Amtsblatt des Saarlandes Teil II vom 02.08.2012, Teil B, Seite 790, Ziff. 858, veröffentlicht . Im dritten Fall (A 13 h. D,) wurde die Stelle am 05.03.2013 ausgeschrieben. Der Text der Stellenausschreibung ist Anlage 2 zu entnehmen. Die Stellenausschreibung wurde im Amtsblatt des Saarlandes Teil II vom 14.03.2013, Teil B, Seite 285, Ziff. 386, veröffentlicht . Im vierten Fall (E 13 TV-L, Elternzeitvertretung) wurde auf eine/n geeignete/n Bewerber /in aus einem anderen Auswahlverfahren des höheren Dienstes zurückgegriffen. Zu Teilfrage 4: Im ersten Fall (E 6 TV-L) wurde eine Person zum Einstellungsgespräch eingeladen. Im zweiten Fall (E 13 TV-L) wurden sechs Personen zum Einstellungsgespräch eingeladen . Im dritten Fall (A 13 h. D.) fand mit vier Personen ein Einstellungsgespräch statt. Im vierten Fall (E 13 TV-L) gab es zwei Einstellungsgespräche. Drucksache 15/609 (15/556) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zu Teilfrage 5: Einsparziele schließen Neueinstellungen nicht aus. Vielmehr ist es im Rahmen einer demografiefesten Einstellungspolitik auch geboten, qualifizierte Nachwuchskräfte zu akquirieren. Vor jeder Einstellung wird aber geprüft, ob durch interne Maßnahmen (Aufgabenkritik, Umorganisation, Prozessoptimierung, Automation, etc.) auf eine Stellenbesetzung verzichtet werden kann. Dies belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass die vom Ministerium für Finanzen und Europa festgelegte Stelleneinsparquote eingehalten wird. Damit erbringt die Staatskanzlei einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung . Trifft es zu, dass bereits Einstellungen bei Stellen vorgenommen wurden, welche derzeit mit Personen besetzt sind, die erst in den nächsten zwei bis drei Jahren ihren Dienst quittieren werden? Zu Frage 2: Nein. Sind derzeit Umsetzungen aus Bereichen des Kultusministeriums in die Staatskanzlei geplant? Wenn ja: Um wie viele Personen handelt es sich und aus welchen Bereichen sollen die jeweiligen Umsetzungen erfolgen? Zu Frage 3: Eine in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen vielfach praktizierte Versetzung eines Beamten aus dem Ministerium für Bildung und Kultur in die Staatskanzlei wurde zugunsten einer Ausschreibung der zu besetzenden Stelle aufgegeben. Das Ergebnis des Auswahlverfahrens bleibt abzuwarten. Bestehen nach Kenntnis der Landesregierung familiäre /verwandtschaftliche Beziehungen der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Staatskanzlei zu Abgeordneten des saarländischen Landtages? Wenn ja: Wie steht die Landesregierung vor dem Hintergrund der „Verwandtenaffäre“ im Freistaat Bayern zu der Auffassung, dass durch eine solche Einstellungspraxis der öffentliche Eindruck eines „saarländischen Weges“ der Verwandtenaffäre entsteht? Zu Frage 4: Nach Kenntnis der Landesregierung besteht im dritten Fall (A 13 h. D.) eine familiäre /verwandtschaftliche Beziehung zu einem Abgeordneten des saarländischen Landtags . Die Einstellung erfolgte nach vorheriger Ausschreibung und mit Zustimmung des örtlichen Personalrats, der Frauenbeauftragten sowie nach Beratung im Ministerrat. Drucksache 15/609 (15/556) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Die in Bayern ausgeübte Praxis ist mit der Vorgehensweise der saarländischen Staatskanzlei nicht zu vergleichen. In Bayern haben die Abgeordneten ihre Angehörigen selbst eingestellt. Eine Kontrolle erfolgte nicht. In der Staatskanzlei ist dagegen niemand, der mit den Entscheidungen bei den Neueinstellungen in der Staatskanzlei betraut ist, in einem familiären/verwandtschaftlichen Verhältnis zu der jeweilig eingestellten Person (vgl. auch § 20 SVwVfG). Der Prozess der Einstellung unterliegt diversen , auch vom Gesetzgeber vorgegebenen, Kontrollmechanismen wie der Beteiligung der Personalräte, der Frauenbeauftragten sowie der Kenntnisnahme und Beratung durch den Ministerrat. Bei den Einstellungen der Staatskanzlei wurden und werden Personen eingestellt, die die entsprechende Eignung, Befähigung und fachliche Leistung nachweisen können. Um dies festzustellen, werden die Bewerbungsunterlagen geprüft, die relevanten Gremien einbezogen und Vorstellungsgespräche durchgeführt. Ob ein/e Bewerber/in verwandt oder verheiratet mit einem/einer Abgeordneten oder Lebensgefährte/in einer /eines Abgeordneten ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz, daher den beteiligten Personen auch nicht zwingend bekannt. Aber selbst wenn diese Kenntnis im Einzelfall vorliegen sollte, darf daraus weder ein Vorteil noch ein Nachteil erwachsen . Dies ergibt sich hinsichtlich der Bewerberin bzw. des Bewerbers bereits aus allgemeinen Gleichheitserwägungen. Ob im Beamtenrecht oder im Arbeitsrecht: In beiden Fällen würde eine Bevorzugung oder Benachteiligung gegen den Gleichheitssatz verstoßen , da eine Anknüpfung an verwandtschaftliche Beziehungen insoweit ein unsachgemäßes Differenzierungskriterium darstellt. Angehörigen von Abgeordneten zu verbieten , eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst – und damit auch in der Staatskanzlei – aufzunehmen, käme in letzter Konsequenz einem Berufsverbot in der öffentlichen Verwaltung gleich und wäre mit Art. 12 GG und Art. 2 SVerf nicht zu vereinbaren. Aber auch hinsichtlich der Abgeordneten besteht die Gefahr einer zumindest mittelbaren Diskriminierung, die mit dem Wahlrecht und dem verfassungsrechtlich garantierten Status des Abgeordneten nicht in Einklang zu bringen ist. Zum einen darf das passive Wahlrecht nicht ohne verfassungsrechtlich zulässigen Grund eingeschränkt werden. Wenn aber Bürger, die sich zur Wahl des saarländischen Landtages aufstellen lassen möchten, befürchten müssten, dass ihre Angehörigen im Falle einer Wahl bei Bewerbungsverfahren für den öffentlichen Dienst ausgeschlossen sind, könnte dies den Effekt einer demokratiegefährdenden Zurückhaltung bewirken. Zum anderen wäre ein Ausschluss aus Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst für Angehörige von Abgeordneten auch nicht mit dem Status des gewählten Abgeordneten , insbesondere dem Prinzip des freien Mandats, zu vereinbaren. Denn zum freien Mandat gehört auch, frei zu entscheiden, ob das Mandat ausgeübt oder niedergelegt wird. Hier könnte ein unzulässiger faktischer Druck zur Mandatsniederlegung entstehen , nur um den jeweiligen Angehörigen einen Weg in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen . Schließlich läge, sofern es sich bei den betroffenen Personen um Eheleute handelt, auch ein Eingriff in den Schutzbereich der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 22 SVerf vor. Eine an die Ehe anknüpfende Diskriminierung ist unzulässig. Aus diesen rechtlichen Gründen bestehen keine Bedenken, wenn Verwandte, Ehegatten oder Lebensgefährten von Landtagsabgeordneten in der Landesverwaltung beschäftigt sind oder dort nach einem ordentlichen Bewerbungsverfahren eingestellt werden.