LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/747 (15/331) 28.01.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dr. Simone Peter (B90/Grüne) betr.: Organtransplantationen im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Erneut wurde das Vertrauen in die Transplantationsmedizin in Deutschland zu Beginn dieses Jahres durch schwere Missstände an der Universitätsklinik in Leipzig erschüttert. Bei 37 der 182 Patienten , denen in den Jahren 2010 und 2011 eine Spenderleber transplantiert wurde, wurden Daten manipuliert, um die Patienten schwerer erkrankt erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich waren. Sie bekamen infolge der bewusst fehlerhaften Angabe ihres Gesundheitszustandes von der Organvermittlungsstelle Eurotransplant schneller eine neue Leber zugeteilt. Diesen aktuellen Manipulationen voraus gingen Vorwürfe der Bevorzugung von Wartelisten-PatientInnen aufgrund manipulierter Angaben an den Universitätskliniken Göttingen , Regensburg und München sowie der Verdacht einer Bevorzugung von PrivatpatientInnen bei der Vergabe von Spenderlebern im vergangenen Jahr. Der Bericht der Bundesregierung zur Situation der Transplantationsmedizin in Deutschland zehn Jahre nach Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes zeigt zudem weitere Bereiche auf, in denen sich die Organverteilung grundsätzlich als manipulationsanfällig erweist (siehe Bundestags -Drucksache 16/ 13740, S.66 f). Die zögerliche Wahrnehmung der Kontrollfunktionen durch die vorhandenen Institutionen führte in der Vergangenheit dazu, dass Rechtsverstöße letztlich geduldet und nicht sanktioniert wurden. Die Spendenbereitschaft der Bevölkerung ist daraufhin deutlich zurückgegangen, da Unsicherheit und Skepsis gegenüber den Vergabeverfahren herrschen . Ausgegeben: 28.01.2014 (31.01.2013) Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 2 - Am 01.11.2012 trat das „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ in Kraft. Damit wird die bisherige erweiterte Zustimmungsregelung in eine sogenannte Entscheidungsregelung umgewandelt. Jeder Versicherte wird künftig regelmäßig von den Krankenkassen dazu aufgefordert, seinen Willen zum Thema Organspende zu dokumentieren. Ein Andauern des herrschenden negativen Trends bezüglich der Spendenbereitschaft ist angesichts der nicht enden wollenden Serie von Unzulänglichkeiten beim Vergabeverfahren von Spenderorganen zu befürchten .“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die Entnahme von Organen verstorbener Spender einschließlich der Vorbereitung von Entnahmen, Vermittlung und Übertragung ist nach dem Transplantationsgesetz eine gemeinschaftliche Aufgabe der Transplantationszentren und der Entnahmekrankenhäuser in regionaler Zusammenarbeit. Zur Organisation dieser Aufgabe errichten oder beauftragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam eine geeignete Einrichtung, eine sog. Koordinierungsstelle. Die Aufgaben der Koordinierungsstelle sind im Transplantationsgesetz geregelt. Seit 2000 ist die Deutsche Stiftung Organtransplantation die bundesweite Koordinierungsstelle für Organspende. Sie hat bundesweit sieben Regionen gebildet, die jeweils ein Bundesland oder mehrere Bundesländer umfassen. Das Saarland gehört gemeinsam mit Hessen und Rheinland-Pfalz zu der Region Mitte. Die Koordinierungsstelle erstellt und veröffentlicht jährlich einen Bericht, der die Tätigkeiten der Entnahmekrankenhäuser und der Transplantationszentren im vergangenen Kalenderjahr nach einheitlichen Vorgaben darstellt. Seit dem Jahr 2004 wird dieser Tätigkeitsbericht von der Deutschen Stiftung Organtransplantation im Internet veröffentlicht. In diesem Zusammenhang wurden aus personen - und datenschutzrechtlichen Gründen bei Gruppen, die nur aus 5 oder aus weniger als 5 Personen bestehen, keine exakten Zahlenangaben gemacht, da hier der Persönlichkeitsschutz der Patienten einer detaillierten Aufschlüsselung nach Subgruppenangaben entgegensteht. Die Deutsche Stiftung Organspende zeichnet jährlich gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium ein Krankenhaus aus, das sich in besonderer Weise der Gemeinschaftsaufgabe Organspende annimmt. Die Auszeichnung soll alle Mitarbeiter des Krankenhauses aber auch weitere Kliniken anspornen und motivieren, sich auf diesem Gebiet einzusetzen. Am 08.03.2013 erhielten der Transplantationsbeauftragte und die ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter der Intensivstationen des Universitätsklinikums des Saarlandes diese Auszeichnung für ihr besonderes Engagement für die Organspende. Gesundheitsminister Andreas Storm und die Geschäftsführende Ärztin der DSO für die Region Mitte, Frau Dr. med. Undine Samuel, überreichten im Rahmen der Veranstaltung „Organspende Transplantation – Emotionen und Fakten“ die Auszeichnung stellvertretend an den Inhousekoordinator für Transplantationen des Universitätsklinikums, Herrn PD Dr. med. Ketter. Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 3 - Wie viele Organe wurden in den Jahren 2002 bis 2012 im Transplantationszentrum der Universitätsklinik des Saarlandes jeweils transplantiert (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln)? Zu Frage 1: Das Transplantationszentrum am Universitätsklinikum des Saarlandes hat nachfolgende Zahlen mitgeteilt. Organ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Niere 17 27 27 26 19 18 12 23 31 18 17 Herz 1 1 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 0 ≤ 5 ≤ 5 0 0 Lunge 8 8 12 10 11 12 22 14 15 23 15 Leber 4 6 ≤ 5 12 12 19 12 10 30 15 11 Wie viele dieser postmortalen Organspenden gingen in den Jahren 2002 bis 2012 im Transplantationszentrum Homburg jeweils an privat versicherte und wie viele an gesetzlich versicherte Empfänger (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln )? Zu Frage 2: Das Transplantationszentrum am Universitätsklinikum des Saarlandes hat nachfolgende Zahlen mitgeteilt. Organ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Niere gesetzlich 13 20 n.e. 25 13 15 11 21 26 16 16 privat 3 1 n.e. ≤ 5 6 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 < 5 Herz gesetzlich 0 1 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 0 ≤ 5 ≤ 5 0 0 privat 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Lunge gesetzlich 6 6 ≤12 ≤10 ≤10 8 21 12 13 22 14 privat 2 2 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 < 5 Leber gesetzlich 3 6 ≤ 5 10 12 19 10 7 30 15 7 privat 1 0 0 ≤ 5 0 0 ≤ 5 ≤ 5 0 0 < 5 n.e.: nicht erfasst, keine Angabe möglich Wie viele postmortale Organe wurden in Homburg im Zeitraum von 2002 bis 2012 im sog. beschleunigten Verfahren als „Zentrumsangebote“ vermittelt (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln )? Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 4 - Zu Frage 3: Das Transplantationszentrum am Universitätsklinikum des Saarlandes hat nachfolgende Zahlen mitgeteilt. Organ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Herz ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 Niere 6 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 6 ≤ 5 < 5 Leber ≤ 5 ≤ 5 6 5 6 6 18 7 5 Lunge ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 < 5 Wie viele dieser im sog. beschleunigten Verfahren vermittelten postmortalen Organspenden gingen im saarländischen Transplantationszentrum an private und wie viele an gesetzlich versicherte Empfänger (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln)? Zu Frage 4: In den Jahren zwischen 2002 und 2012 war bei allen Organarten die Anzahl der im Rahmen von sog. Beschleunigten Verfahren vermittelten postmortalen Organspenden an privat versicherte Personen ≤ 5. Die genauen Zahlen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Organ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Herz ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 Niere ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 Leber ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 Lunge ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 Wie viele postmortale Organe wurden im Transplantationszentrum Homburg im Zeitraum von 2002 bis 2012 an Organempfänger mit sog. highurgency -Status vermittelt (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln)? Zu Frage 5: In den Jahren zwischen 2002 und 2012 war bei den Nierentransplantationen die Gesamtanzahl der an high-urgency-Patienten vermittelten postmortalen Organspenden ≤ 5. Für die anderen Organarten steht die Übermittlung der genauen Zahlen durch Eurotransplant noch aus. In den nicht offiziellen Listen, welche am Transplantationsbüro vorliegen, liegt für alle anderen Organarten die Gesamtanzahl der an high-urgencyPatienten vermittelten postmortalen Organspenden ebenfalls bei ≤ 5. Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 5 - Wie viele dieser an high-urgency-Patienten vermittelten postmortalen Organspenden gingen im Transplantationszentrum Homburg an privat und wie viele an gesetzlich versicherte Empfänger (bitte nach Jahren und Organarten aufschlüsseln)? Zu Frage 6: In den Jahren zwischen 2002 und 2012 lag bei allen Organarten die Anzahl der an privat versicherte high-urgency-Patienten vermittelten postmortalen Organspenden bei  5. Wie viele postmortale Organe wurden im Transplantationszentrum Homburg im Zeitraum von 2002 bis 2012 an Menschen aus anderen Ländern , sog. Non-Residents, vermittelt (bitte nach Jahren und Organ-arten aufschlüsseln)? Zu Frage 7: In den Jahren 2002 bis 2012 wurden je Organart nie mehr als 5 postmortale Organe an Patienten aus anderen Ländern, sog. Non-Residents, vermittelt. Wie viele gesetzlich und nicht-gesetzlich Versicherte befanden sich zum 1.1.2009, 1.1.2010, 1.1.2011 und 1.1.2012 und 1.1.2013 auf den Wartelisten des Transplantationszentrums Homburg (bitte nach Organen aufschlüsseln)? Zu Frage 8: Das Transplantationszentrum am Universitätsklinikum des Saarlandes hat folgende Zahlen mitgeteilt: 2009 2010 2011 2012 2013 GKV Privat GKV Privat GKV Privat GKV Privat GKV Privat Herz ≤ 5 ≤ 5 ≤ 5 0 ≤ 5 0 0 0 Niere 71 ≤ 5 67 ≤ 5 70 ≤ 5 67 ≤ 5 Leber 18 ≤ 5 35 ≤ 5 37 ≤ 5 33 ≤ 5 Lunge 45 6 53 ≤ 5 59 ≤ 5 58 0 Die Daten geben den Stand zum 31.12. des Vorjahres. a) Sind der saarländischen Landesregierung Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten oder Auffälligkeiten im Transplantationszentrum Homburg bekannt geworden? Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 6 - Zu Frage 9a: Im Rahmen des Spitzengesprächs zum Organspendeskandal vom 27.08.2012 wurde auch beschlossen, dass die Jahresberichte der Prüfkommission und der Überwachungskommission sowohl dem Bundestag als auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Dies erfolgte über eine Veröffentlichung auf der Homepage der Bundesärztekammer unter http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3285.10746. Ebenfalls veröffentlicht wurde unter http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3285.10747 eine Dokumentation der Prüfung von Allokationsauffälligkeiten bis dato (abgeschlossene Fälle). Nicht veröffentlicht , aber am 22. August auf Arbeitsebene versendet, wurde die Aufschlüsselung, welche laufende Prüfungsnummer welchem Transplantationszentrum zugeordnet ist. Dabei hat sich gezeigt, dass das Transplantationszentrum am Universitätsklinikum im Zeitraum von 2000 bis 2011 drei Mal Inhalt einer Meldung war, die von der Prüfungskommission geprüft wurde. b) Wenn ja, um welche Vorwürfe handelte es sich dabei, welche Ermittlungen wurden in den jeweiligen Fällen eingeleitet und welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus den Ermittlungsergebnissen gezogen? Zu Frage 9b: Folgende drei Fälle waren in o.g. Zeitraum von 2000 bis 2011 Inhalt einer Meldung, die von der Prüfungskommission geprüft wurde: 2004 2004 informierte Eurotransplant (ET) über die Abmeldung eines Homburger TPZ („Abmeldung eines TPZ für einen Tag, da „No transplant surgeon available.“). Mit ET wurde von der Kommission folgende Regelung vereinbart: Die Kommission ist erst dann zu informieren, wenn Transplantationsprogramme länger als eine Woche oder mehrmals innerhalb eines Halbjahres abgemeldet werden. 2007 2007 berichtete ET, ein Auditor habe Auffälligkeiten im Zuge eines Urgency (U-) – Meldeverfahrens zur Lungentransplantation (Lungen-Tx) festgestellt. Bei Einreichung von Originaldokumenten eines TPZ zur Verlängerung des U-Status zur Lungen-Tx seien Veränderungen in den Kopien der Originalunterlagen bemerkt worden. Vergleiche der vom TPZ bei ET eingereichten Originaldokumente mit Kopien, die für die Verlängerung des U-Status eingereicht worden seien, deuteten auf eine Datenmanipulation hin. Die Kommission hat hierzu eine Stellungnahme des Organsachverständigen angefordert und auch die Ärzte im TPZ hierzu angehört und die Folgen von fahrlässiger oder absichtlich unzutreffender Angaben in entsprechenden Anträgen sowie die Dokumentationsverpflichtungen klargestellt. Das TPZ hat nach der Anhörung durch die Kommission die Durchführung organisatorischer Maßnahmen zur künftigen Vermeidung ähnlicher Vorkommnisse bestätigt. Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 7 - Laut Kommissionsbeurteilung handelt es sich formal um einen bußgeldbewehrten Allokationsverstoß ; die Möglichkeiten anderer rechtlicher Sanktionsmöglichkeiten sollen überprüft werden. Nach Anhörung der zuständigen Ärzte erfolgte folgende abschließende Beurteilung durch die Kommission: Der Sachverhalt wird den Direktoren der zuständigen Kliniken, dem Direktor des Klinikums und dem Leiter des Medizinischen Controllings als jeweils leitenden Verantwortungsträgern zugeleitet, um sie auf ihre Aufsichtspflichten hinzuweisen. 2010 Ein Auditor berichtet, er habe Auffälligkeiten im Zuge einer Re-Evaluierungs-anfrage des U-Status zur Lungen-Tx festgestellt: Es seien über längere Zeiträume keine Laboranalysen erfolgt. Das TPZ habe jedoch angegeben, der Patient befinde sich - den Voraussetzungen entsprechend - in intensivstationärer Behandlung. Tatsächlich sei der Patient ausschließlich zur Erstellung der erforderlichen Diagnostik stationär aufgenommen und zum Zeitpunkt des U-Re-Evaluierungsantrags bereits wieder entlassen worden. Die Kommission hat eine Stellungnahme des Organsachverständigen Beraters angefordert als auch das TPZ zur Stellungnahme aufgefordert. Das TPZ teilt mit, der Empfänger sei zunächst im U-, dann HU- Status (High-Urgency) und aufgrund der Stabilisierung des Zustands im U-Status gemeldet. Zwischenzeitlich wurde eine 24h intensivmedizinische häusliche Betreuung durch Pflegefachkräfte mit Heimbeatmungstherapie ermöglicht. Zur Reevaluation sei die stationäre Aufnahme erfolgt, die verlängert habe werden müssen. Das TPZ gibt an, in die Reevaluationsunterlagen die vorherige Epikrise aufgenommen zu haben, so dass nicht ersichtlich geworden sei, dass die Patientin durch eine häusliche Intensivpflege versorgt worden sei. Dies sei jedoch nicht in Täuschungsabsicht der Auditoren geschehen. Der Organsachverständige Berater teilt mit, die nicht-stationäre Behandlung stellt einen eindeutigen Verstoß gegen die Richtlinien zur Dringlichkeitslistung dar. Die Kommission beurteilt abschließend, dass ein Verstoß gegen die Allokationsrichtlinie vorliegt. Erläuternd zu den Fällen aus 2007 und 2010 sei auf die Richtlinien zur Organtransplantation gemäß § 16 TPG (Vermittlung Herz-Lungen und Lungen) verwiesen, hierzu ein entsprechender Auszug: „1.2.2. Dringlich (urgency - U) Bei Patienten auf der Warteliste, die aufgrund ihrer Erkrankung oder deren Folgen lebensbedrohlich gefährdet sind und stationär behandelt werden müssen, besteht eine erhöhte Dringlichkeit zur Transplantation. Sie werden daher vorrangig vor den elektiven Patienten auf der Warteliste transplantiert. Die Zuordnung eines Patienten in diese Dringlichkeitsstufe muss besonders begründet werden. Patienten, die diese Kriterien erfüllen, werden in der Regel seit mehr als einem Monat auf der Warteliste geführt , ihr Zustand hat sich trotz optimaler konservativer Therapie verschlechtert. Es droht Beatmungspflichtigkeit oder die Atmung wird bei eingetretener respiratorischer Insuffizienz bereits maschinell unterstützt oder ersetzt. […]“ Fachliche Bewertung: Die reguläre Vorgehensweise bei der Feststellung von Verstößen ist, dass die Prüfungskommission (PK) das aufsichtführende Ministerium benachrichtigt. Im Bericht der PK für das Amtsjahr 01.07.2009-30.06.2010 wird aufgeführt, dass mit den Vertretern der GMK vereinbart wurde, die zuständigen Landesministerien über jede Allokationsauffälligkeit zu informieren. Dies hätte somit für den Fall aus 2010 gelten müssen. Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 8 - Im seit dem 01.08.2012 geltenden Transplantationsgesetz (TPG) wird sowohl für die PK als auch für die Überwachungskommission (ÜK) folgendes Vorgehen in §§ 11 und 12 vorgesehen: „Die Kommission ist verpflichtet, Erkenntnisse über Verstöße gegen dieses Gesetz und auf Grund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnungen an die zuständigen Behörden der Länder weiterzuleiten.“ Aus fachlicher Sicht ist der Fall aus 2004 zu vernachlässigen , da es sich hier nur um eine Abmeldung eines Zentrums für einen Tag handelt und zwischen Kommission und Eurotransplant besprochen wurde, dass die Prüfungskommission erst bei Abmeldungen ab einer Woche informiert werden muss. Im September 2012 wurde das Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) um Stellungnahme zu den beiden Fällen aus 2007 und 2010 gebeten. Ebenfalls noch im September erfolgte die Stellungnahme des UKS zu dem Fall vom 2010, hieraus ergab sich, dass der festgestellte Richtlinienverstoß ohne Folgen blieb, da bereits eine RL-Änderung geplant war, nach der High Urgency-Patienten auch zu Hause auf eine Transplantation warten dürfen (trat 2011 in Kraft). Aus fachlicher Sicht ist diese Stellungnahme, die sich mit der Stellungnahme der Prüfungskommission deckt, ausreichend und bedarf keiner weiteren Nachforschungen. Die Prüfung der Auffälligkeit aus 2007 verzögerte sich, da auf Grund einer irrtümlich falschen Angabe der Kommission (es handele sich um eine Lebertransplantation, zutreffend war aber, dass es sich um eine Lungentransplantation handelte) zuerst keine klare Zuordnung des Falles möglich war. Im Januar 2013 nahm die UKS dann auch zu dem Vorfall von 2007 Stellung: Hieraus ergab sich, dass die handschriftliche Änderung einer für die Dringlichkeitseinstufung wichtigen Angabe nicht mehr rekonstruiert werden konnte. Allerdings wurde als Konsequenz aus diesem Vorgang festgelegt, dass nur noch gedruckte Dokumente und nicht mehr handschriftliche Eintragungen als Entscheidungsgrund -lage für Dringlichkeitseinstufungen akzeptiert werden. Von der Prüfungskommission wurde festgestellt, dass sich durch diese Manipulation allerdings kein Schaden für andere Patienten auf der Warteliste ergeben hat. Aus fachlicher Sicht ist diese Stellungnahme, die sich mit der Stellungnahme der Prüfungskommission deckt, insofern nicht befriedigend, da der eigentliche Vorfall nicht aufgeklärt werden konnte, dennoch auf Grund der gezogenen Konsequenzen ausreicht und keiner weiteren Nachforschungen bedarf. Nach Auskunft des Transplantationszentrums des Universitätsklinikums des Saarlandes gibt es nachfolgende aktuelle Entwicklung: Am 03.09.2013 wurde von der Bundesärztekammer der Bericht der Überwachungskommission gem. § 11 Abs. 3. S. 4 TPG und der Prüfungskommission gem. § 12 Abs. 5 S. 4 TPG Seite 4 von 20 vorgestellt, in dem die im Jahre 2012 und 2013 erfolgte Überprüfung aller Lebertransplantationsprogramme offengelegt wurden. Im Saarland wurde diesbezüglich das Lebertransplantationsprogramm visitiert. Die Visitation fand am 14. Mai 2013 statt. Die Kommission hat für die Jahre 2010 und 2011 stichprobenartig Akten und Fälle überprüft. Sie hat bei dieser Überprüfung keine Anhaltspunkte für systematische Richtlinienverstöße oder gar Manipulationen im Rahmen des Lebertransplantationsprogrammes am Transplantationszentrum des Universitätsklinikums des Saarlandes gefunden. Durch die am Standort Homburg zum Jahreswechsel 2012/13 erfolgte Implementierung des in den neuen Richtlinien der BÄK geforderten 8-Augenprinzips bei der Aufnahme von Patienten auf die Lebertransplantationswarteliste, sind zwischenzeitlich auch Strukturen geschaffen worden, welche solche Richtlinienverstöße verhindern helfen. Drucksache 15/747 (15/331) Landtag des Saarlandes ___- 15. Wahlperiode - - 9 - Welche Maßnahmen wird die saarländische Landesregierung ergreifen, um dem Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Organvergabe zu begegnen und somit die Spendebereitschaft zukünftig wieder zu erhöhen? Zu Frage 10: Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sieht sich in der Verantwortung über das Thema Organspende und Organtransplantation ergebnisoffen aufzuklären und hierfür zu sensibilisieren. Entsprechend erfolgt ein regelmäßiger Austausch zwischen den im Saarland in diesem Bereich engagierten Vereinen und dem Ministerium. Der jährlich stattfindende Tag der Organspende und der damit verbundene Stand in der Bahnhofstraße in Saarbrücken werden seit Jahren traditionell durch den zuständigen Minister oder Staats-sekretär/Staatssekretärin vor Ort unterstützt. Herr Minister Storm hat hierbei im vergangenen Jahr sowie auch in diesem Jahr intensiv für das Ausfüllen eines Organspendeausweises geworben und ist auch selbst Inhaber eines solchen Ausweises. Darüber hinaus veranstaltet das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) Ehrungen der Krankenhäuser, die sich besonders engagiert in die Organspende, sprich in die Aufklärung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Betreuung von Angehörigen, einbringen. Im vergangenen Jahr wurde das Marienhaus Klinikum Saarlouis -Dillingen geehrt, in diesem Jahr wurde das Universitätsklinikum des Saarlandes geehrt. Darüber hinaus wurde in diesem Jahr ebenfalls in Zusammenarbeit mit der DSO eine Angehörigenehrung durchgeführt, bei der den Angehörigen von Organspendern Dank für ihre Entscheidung ausgesprochen wurde. Seit das novellierte TPG in Kraft getreten ist, ist es die Aufgabe der Krankenkassen, alle Mitglieder ab dem 16. Lebensjahr über Organspende zu informieren. Aus Sicht der Landesregierung ist es wichtig, dass diese Informationen nicht den Erstkontakt der Jugendlichen mit dem Thema Organspende darstellen. Deshalb hat das Ministerium Möglichkeiten geprüft, hier noch verstärkt zu informieren und zu sensibilisieren. Herr Minister Storm hat gemeinsam mit Herrn Minister Commerçon ein Anschreiben an alle Schulleiterinnen und Schulleiter von weiterführenden Schulen verfasst, in dem u.a. auch auf die entsprechenden Unterrichtsmaterialien, die von der BZgA zur Verfügung gestellt werden, hingewiesen wird.