LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/761 (15/663) 07.02.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Teen Dating Violence“ im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Unter Teen Dating Violence versteht man im internationalen Kontext die psychische, körperliche und sexualisierte Gewalt zwischen Jugendlichen bei ersten Verabredungen und Beziehungen. Diese Gewalt in Beziehungen von Jugendlichen kann als prägend für die Wahrscheinlichkeit von Partnergewalt betrachtet werden. Aus diesem Grund ist Gewaltprävention bereits im Teenageralter ein geeignetes Mittel, um einer Entwicklung hin zu partnerschaftlicher Gewalt im Erwachsenenalter entgegenzuwirken. Wie Studien aus den USA und Großbritannien zeigen, ist Teen Dating Violence kein seltenes Phänomen. Im Jahr 2009 gaben 9,8% der im Rahmen des „Youth Risk Behavior Surveillance System“ befragten amerikanischen Schülerinnen und Schüler an, bereits Gewalt durch ihren Partner bzw. ihre Partnerin erfahren zu haben. Eine vergleichbare unter 1.353 britischen Schülerinnen und Schülern im Alter von 13 bis 16 Jahren durch-geführte Studie legt dar, dass 25% der Mädchen und 18% der Jungen Opfer von körperlicher Gewalt in einer Beziehung geworden sind. Da für Deutschland bisher keine vergleichbaren Daten oder Statistiken vorlagen, führte die Hochschule Fulda im Zeitraum vom 01.05.2012 – 31.10.2013 eine Studie durch, bei der eine Zufallsstichprobe von Schülerinnen und Schülern zwischen 14 und unter 18 Jahren ermittelt wurde. Erste Ergebnisse einer Umfrage unter 14 bis 18 Jahre alten Schülern in Hessen zeigen, dass beinahe zwei Drittel der deutschen Jugendlichen in ihrer Beziehung schon Gewalt erlebt haben. Das sind 66% der Mädchen und 60% der Jungen.“ Ausgegeben: 07.02.2014 (06.11.2013) Drucksache 15/761 (15/663) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Liegen der Landesregierung Daten bzgl. „Teen Dating Violence“ für das Saarland vor? a) Wenn ja: Wie hat sich die Anzahl der gemel- deten gewalttätigen Übergriffe im Zeitraum zwischen 2002 und 2012 entwickelt? Bitte nach Jahr und Fallzahl aufschlüsseln. b) Wenn nein: Plant die Landesregierung, eine ähnliche Studie durchzuführen, wie sie in Hessen im Zeitraum 01.05.2012 – 31.10.2013 durchgeführt wurde? Zu Frage 1: a) Daten zur dargestellten Problemlage für das Saarland sind der Landesregierung nicht bekannt. b) Derzeit plant die Landesregierung keine diesbezüglichen Studien. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer , also die Zahl der nicht gemeldeten bzw. angezeigten Übergriffe im o.g. Zeitraum? Zu Frage 2: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . Welche Anlaufstellen für jugendliche Opfer von Gewalt innerhalb von Beziehungen gibt es im Saarland? Bitte einzeln auflisten. Zu Frage 3: Alle Hilfeeinrichtungen und Behörden für direkte Interventionen u.a. für die Zielgruppe der „jugendlichen Opfer“ sind gelistet im öffentlich als Internet-Download zugänglichen Leitfaden „Gewalt gegen Kinder“ (2. Auflage, Stand 2009, http://www.saarland.de/dokumente/ressort_justiz_gesundheit_und_soziales/Leitfaden_ Gewalt_gegen_Kinder.pdf). Dieser wird derzeit überarbeitet und soll neu aufgelegt Mitte 2014 im Internet und als Broschüre zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Anzeigenerstattung bei der Polizei werden sowohl erwachsene als auch jugendliche Verletzte/Geschädigte in Strafverfahren über ein erstes Beratungsund Unterstützungsangebot informiert. In diesem Zusammenhang wird das Merkblatt über Rechte von Verletzten und Geschädigten im Strafverfahren ausgehändigt und es werden folgende Beratungsstellen vorgestellt: Drucksache 15/761 (15/663) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - - WEISSER RING e.V. - Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer Häuslicher Gewalt im Saarland - Frauennotruf Saarland - „Nele“ Verein gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen e.V. - Verkehrsopferhilfe e.V. Außerdem ist im Rahmen des Bundesprogramms TOLERANZ FÖRDERNKOMPETENZ STÄRKEN - die Beratungsstelle für Opfer von Diskriminierung und rechter Gewalt tätig. Ergänzend ist auf die Informationen über landesweite Opferunterstützungs- und Hilfsangebote freier Träger wie auch der örtlichen Träger der Jugendhilfe hinzuweisen, die im Internetangebot der Landesregierung zur Verfügung stehen, das im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie unter http://www.saarland.de/11246.htm laufend aktualisiert wird. Inwiefern gibt es direkte Kooperationen zwischen Polizeidienststellen und Gewaltberatungsstellen im Saarland? Zu Frage 4: Direkte Kooperationen bzw. eine Zusammenarbeit zwischen Polizeidienststellen und Gewaltberatungsstellen existieren zu folgenden Einrichtungen: - WEISSER RING e.V. - „Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt“ in der Träger- schaft des Sozialdienstes katholischer Frauen und des Caritasverbands für Saarbrücken und Umgebung e.V. Das Beratungsangebot der beiden Einrichtungen richtet sich nicht ausschließlich an Minderjährige. Der WEISSE RING steht allen von Gewalt betroffenen Personen, die Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt steht allein den Opfern häuslicher Gewalt zur Verfügung. Die Vernetzung/Kooperation mit der Polizei ist grundsätzlich ein integraler Bestandteil der Arbeit aller Opferunterstützungseinrichtungen und Beratungsstellen im Kontext Gewalt gegen Frauen, häusliche und/oder sexualisierte Gewalt. Eine enge Zusammenarbeit gibt es diesbezüglich zum Beispiel beim Frauennotruf Saarland im Arbeitskreis „Justiz und Polizei“ sowie im Rahmen der Kooperation aller mit dem Thema befassten Stellen am „Runden Tisch gegen häusliche Gewalt“. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten des „Runden Tisches gegen Menschenhandel und Zwangsverheiratung“ wird durch die Zusammenarbeit der Polizeibehörden mit den Beratungsstellen ebenfalls eine strukturierte und verstetigte Vernetzung generiert. Für den Bereich Zwangsverheiratung besteht im Rahmen des Handlungskonzeptes „Nein zu Zwangsheirat“ zwischen der Landespolizeidirektion und der spezialisierten Fachberatungsstelle ebenfalls eine formelle Kooperationsvereinbarung. Drucksache 15/761 (15/663) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Welche Programme oder Aufklärungskampagnen bietet die Landesregierung an? Bitte einzeln auflisten . Zu Frage 5: Aufklärungskampagnen der Landesregierung in Zusammenhang mit „Teen Dating Violence" gibt es nicht. Im März dieses Jahres wurde von der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes in Kooperation mit dem WEISSEN RING die Broschüre „Missbrauch verhindern “ vorgestellt und die Internetseite www.missbrauch-verhindern.de freigeschaltet . Durch die Kampagne soll ein größeres Unrechtsbewusstsein bei potenziellen Tätern und eine höhere Immunisierung bei potenziellen Opfern erreicht werden. Die Beratungsstelle für Opfer von Diskriminierung und rechter Gewalt - die im Rahmen des Bundesprogramms TOLERANZ FÖRDERN-KOMPETENZ STÄRKEN gefördert wird und im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen angesiedelt ist, bietet auch jugendlichen Opfern von Gewalt Unterstützung an und zwar bei Ausgrenzungs - und Gewalterfahrungen wegen ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, Geschlecht, sexueller Identität oder Zugehörigkeit zu einer sozial benachteiligten Gruppe. Sofern derartige Gewaltmotive auch in Paarbeziehungen unter Jugendlichen eine Rolle spielen, kann dieses Beratungsangebot angefragt werden. Angeboten wird: Direkte, unbürokratische Hilfe vor Ort; Beratung zur persönlichen Situation und den rechtlichen Möglichkeiten; Begleitung zu Behörden, Polizei, Anwältinnen und Anwälten und Ärztinnen und Ärzten; Hilfe bei der Beantragung von finanziellen Unterstützungen; Kooperation mit anderen Beratungsstellen. Anknüpfungspunkte zum Bereich „Teen Dating Violence" gibt es außerdem bei den Maßnahmen zur Umsetzung des Präventionskonzeptes des Landes zum sexuellen Missbrauch, bei der Durchführung sexualpädagogischer Präventionsmaßnahmen sowie der Umsetzung der neuen Richtlinien zur Sexualerziehung an den Schulen des Saarlandes (Stand: Februar 2013). Auch die Durchführung von Anti-Gewalt-Trainings an Schulen wie bspw. das Projekt „Cool statt gewalttätig“ tangiert Handlungsfelder zum Thema „Teen Dating Violence". Ebenfalls präventiv wirkt das Landesprogramm Schoolworker, ein Programm zur Förderung der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule. Im Herbst 2003 kamen die ersten Schoolworker im Saarland zum Einsatz. Im Jahr 2013 sind insgesamt 85 Schoolworker mit 60 Personalstellen an 200 Schulen im Saarland eingesetzt. Die Personalkosten werden hälftig vom Land und hälftig von den Kreisen finanziert. Im Jahr 2013 sind 1.603.000 Euro im Haushalt des Landes für die Schoolworker eingestellt. Schoolworker beraten Schülerinnen und Schüler und deren Eltern in Problemsituationen und Krisen, vermitteln an kompetente Fachberatungsstellen, beraten Lehrkräfte bei besonderen Problemlagen in der Klasse oder bei einzelnen Kindern und Jugendlichen . Sie initiieren und führen Projekte durch, vor allem Sozialkompetenztrainings und zu den Themen Mobbing, Gewalt- und Suchtprävention und Sexualerziehung. Schoolworkerinnen und Schoolworker bieten Mediationsgruppen an und sind auch in Konfliktsituationen im Bereich der Streitschlichtung tätig. Schoolworker arbeiten an der Förderung von sozialen Kompetenzen, an der Entwicklung eines positiven Klassenklimas und dem Erlernen konstruktiver Konfliktlösungsstrategien und wirken damit auch im Problemfeld „Teen Dating Violence“. Drucksache 15/761 (15/663) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Bei wie viel Prozent der gewaltsamen Übergriffe handelt es sich um sexuelle Übergriffe? Zu Frage 6: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.