LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/775 (15/564) 11.02.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Neyses (PIRATEN) betr.: Wechsel von Beamten und ehemaligen Politikern in die Wirtschaft Vorbemerkung des Fragestellers: Oftmals wird in der Debatte um den Einfluss wirtschaftlicher Interessengruppen auf politische Entscheidungsprozesse die Kritik geäußert, dass ehemalige Politiker unmittelbar im Anschluss an ihre Politkarriere ein gut dotiertes Arbeitsverhältnis in der Privatwirtschaft eingehen. Regierungspolitikern wird hierbei vorgeworfen, dass sie sich nach dem Ausscheiden aus dem Regierungsamt gerade von den Unternehmen anstellen und bezahlen ließen, welche sie noch während ihrer Amtszeit politisch wie finanziell besonders gefördert und unterstützt hätten. So wurde dieser Tatbestand zuletzt vom Spiegel unter dem Titel „Politik lohnt sich doch!“ (Heft 37/2012) kritisch beleuchtet. Im Aufmacher mit dem Titel „Silberfüchse“ wird ausgeführt, dass die bestehenden Regeln zur Verhinderung von Interessenkonflikten ehemaliger Politikerinnen und Politiker, aber auch Beamtinnen und Beamter in der Praxis oft umgangen würden. Vielfach bleibt bei den oben genannten Debatten unberücksichtigt, dass Interessenvertreter in den vergangenen Jahren den Adressatenkreis zur Einflussnahme auf politische Entscheidungen kontinuierlich ausgebaut haben. So zählen mittlerweile neben den klassischen Ansprechpartnern, den Parlamentariern, zunehmend auch Ministerialbeamte , Referenten und Mitarbeiter der Fraktionen sowie Beamte der Ministerialbürokratie zu dem Kreis von Personen, zudem Lobbyisten den Kontakt heutzutage mindestens genauso gut pflegen, wie den zu Abgeordneten. Ausgegeben: 11.02.2014 (09.07.2013) Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Durch diesen sogenannten „Exekutiv-Lobbyismus“ verspricht man sich in erster Linie eine Einflussnahme auf den Regierungsapparat „durch die Hintertür “ und dadurch zugleich auch eine größere Einflussnahme, was die Umsetzung der eigenen Ziele anbelangt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Großteil der Gesetzesinitiativen mit Erfolgsaussichten , was die tatsächliche Umsetzung angeht, nicht vom Parlament, sondern von der Regierung und damit von den jeweiligen Fachministerien eingebracht wird. Durch gute Kontakte zu einflussreichen Beamten im Ministerium können Lobbyisten also Gesetze schon in der Entstehungsphase in ihrem Sinne beeinflussen, indem sie bereits beim Erstellen des ersten Referentenentwurfs im Ministerium versuchen, dass dieser in ihrem Sinne gestaltet wird. Des Weiteren sprechen Lobbyisten verstärkt Fraktionsreferenten an, da diese oft einen guten Draht zum Fraktionsvorstand oder den jeweiligen Sprechern haben und zudem häufig durch entsprechende Gesetz- oder Antragsentwürfe am parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind. So kann dann über Umwege auch auf die Abgeordneten Einfluss ausgeübt werden. Um den sogenannten „Drehtüreffekt“ zu verhindern , also dass sowohl ehemalige Abgeordnete, Spitzenpolitiker oder Minister direkt nach deren Amtsende als lukratives Dankeschön für lobbyfreundliche politische Haltung auf hochdotierten Positionen in der Wirtschaft beschäftigt werden, sind klare Regelungen vonnöten. Diese Wechselpraxis sollte eingeschränkt werden. Nach § 41 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG) haben Beamtinnen und Beamte im Ruhestand sowie frühere Beamtinnen und Beamte mit Versorgungsbezügen „die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit der dienstlichen Tätigkeit [...] im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, anzuzeigen“. Wenn zu befürchten ist, dass durch die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung „dienstliche Interessen beeinträchtigt werden“, so ist die Tätigkeit laut Gesetz zu untersagen. Beamtinnen und Beamte benötigen somit für jede neue Beschäftigung, die mittelbar oder unmittelbar in Zusammenhang mit ihrer Beamtentätigkeit in den vorangegangenen Jahren in Zusammenhang steht, die Genehmigung ihrer ehemaligen Behörde : Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Im Saarland müssen nach § 93 Absatz 1 SBG Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte sowie frühere Beamtinnen und Beamte mit Versorgungsbezügen für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Beendigung des Beamtenverhältnisses und Ruhestandsbeamte oder frühere Beamtinnen und Beamte, soweit es sich um eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung handelt, die mit der dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses im Zusammenhang steht, die Aufnahme einer Tätigkeit nach § 41 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes anzeigen. Gemäß § 93 Absatz 2 Satz 1 SBG ist das Verbot nach § 41 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes wird durch die letzte oberste Dienstbehörde auszusprechen. Der Spiegel schrieb dazu: „Wenn ‚dienstliche Interessen beeinträchtigt werden‘, im Beamtengesetz die Umschreibung für einen Loyalitätskonflikt, kann der Staat einen Pensionär stoppen. Doch in der Praxis spielt auch dieses Gesetz so gut wie keine Rolle.“ (Vgl. Ralf Beste/Jürgen Dahlkamp: „Silberfüchse“. In: Der Spiegel, Ausgabe 37/2012 vom 10.09.2012, S. 64 ff.) Wie oft haben (frühere) Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im Saarland seit 2005 eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nach § 41 BeamtStG angezeigt bzw. hierfür um Genehmigung gebeten? (Bitte nach Kalenderjahren, zuständiger Behörde, Anzahl der Beamtinnen und Beamten sowie jeweiliger Besoldungsgruppe aufschlüsseln .) Zu Frage 1: Bei dem Ministerium für Finanzen und Europa, dem Ministerium für Inneres und Sport, dem Ministerium der Justiz, dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dem Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Bildung und Kultur haben keine früheren Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im Saarland seit 2005 eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nach § 41 BeamtStG angezeigt bzw. hierfür um Genehmigung gebeten. Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Für die übrigen Ressorts wird die Frage wie folgt beantwortet: Ressort Behörde Jahr Anzahl der Bediensteten Besoldungsgruppe Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Ministerium 2007 1 B 8 (wurden der zentralen Besoldungsstelle angezeigt ) Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Ministerium 2009 1 B 8 Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Ministerium 2010 1 B 4 (Ruhestand ab 04/2012) Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Ministerium 2012 1 B 8 (wurden der zentralen Besoldungsstelle angezeigt ) Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Ministerium 2013 1 B 4 (Ruhestand ab 06/2013) Staatskanzlei Vertretung des Saarlandes beim Bund 2007 1 A 15 Beamtinnen und Beamte der Universität des Saarlandes, des Universitätsklinikums des Saarlandes, der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes sowie der Gemeinden, Gemeindeverbände und Zweckverbände sind im Hinblick auf deren Selbstverwaltung nicht in der Antwort erfasst. Um welche Art von Erwerbstätigkeit oder sonstiger Beschäftigung wurde jeweils nach dem Ausscheiden der Beamtinnen und Beamten aus dem höheren Dienst ausgeübt? (Bitte nach Anzahl und neuem Arbeitgeber untergliedern) Zu Frage 2: Da beim Ministerium für Finanzen und Europa, beim Ministerium für Inneres und Sport, beim Ministerium der Justiz, beim Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, beim Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und beim Ministerium für Bildung und Kultur keine Erwerbstätigkeiten oder sonstigen Beschäftigungen gemäß § 41 BeamtStG angezeigt wurden (vgl. Antwort zu Frage 1), entfällt die Beantwortung dieser Frage. Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Für die übrigen Ressorts wird die Frage wie folgt beantwortet: Ressort Art der Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung Anzahl Arbeitgeber Ministerium für Wirtschaft , Arbeit, Energie und Verkehr Führungstätigkeit 1 Stahlbranche (Rückkehr zur früheren Beschäftigungs - stelle Beratungstätigkeit 1 Baustoffe Ministerium für Wirtschaft , Arbeit, Energie und Verkehr Selbstständiger Unternehmer 2 - Beratungsund Innovationsmanage - ment - nicht bekannt Ministerium für Wirtschaft , Arbeit, Energie und Verkehr Geschäftsführer 1 außeruniversitäre Forschungsein - richtung Staatskanzlei Niederlassung als Rechtsanwalt 1 Freier Beruf des Rechtsanwalts In welchen bzw. in wie vielen Fällen wurde diese Nachfolgetätigkeit von den zuständigen Behörden jeweils untersagt, nachdem die neue Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung angezeigt wurde? Zu Frage 3: Beim Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Ministerium für Finanzen und Europa, dem Ministerium für Inneres und Sport, dem Ministerium der Justiz, dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dem Ministerium für Bildung und Kultur, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr sowie bei der Staatskanzlei wurden keine Nachfolgetätigkeiten von den zuständigen Behörden untersagt , nachdem die neue Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung angezeigt wurde. Wie lang war jeweils der Zeitraum zwischen der Stellung des Genehmigungsantrags und der Entscheidung durch die zuständige Behörde? (Falls hierzu keine Daten vorliegen, schätzen Sie bitte.) Zu Frage 4: Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes für frühere Beamtinnen und Beamte keiner Genehmigungspflicht, sondern lediglich einer Anzeigepflicht unterliegt. Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Im Hinblick auf die Beantwortung der Frage 2 und der Frage 3 entfällt eine Beantwortung dieser Frage für das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das Ministerium für Finanzen und Europa, das Ministerium für Inneres und Sport, das Ministerium der Justiz, das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie und das Ministerium für Bildung und Kultur. Für die übrigen Ressorts wird die Frage wie folgt beantwortet: Ressort Bearbeitungszeitraum zwischen Antragstellung und behördlicher Entscheidung Ministerium für Wirtschaft , Arbeit, Energie und Verkehr Einer Genehmigung bedurfte es in keinem der aufgeführten Fälle. Staatskanzlei Einer Genehmigung bedurfte es nicht Wie lang war der zeitliche Abstand zwischen Ausscheiden aus dem Amt und Aufnahme der neuen Tätigkeit? Zu Frage 5: Im Hinblick auf die Beantwortung der vorangegangenen Fragen entfällt eine Beantwortung dieser Frage für das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das Ministerium für Finanzen und Europa, das Ministerium für Inneres und Sport, das Ministerium der Justiz, das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie und das Ministerium für Bildung und Kultur. Für die übrigen Ressorts wird die Frage wie folgt beantwortet: Ressort Zeitlicher Abstand zwischen Ausscheiden aus dem Amt und Aufnahme der neuen Tätigkeit Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr In einem der Fälle wurde die Tätigkeit bereits während des aktiven Beamtenverhältnisses als Nebentätigkeit ausgeführt. In zwei Fällen wurde die Tätigkeit in unmittelbarem Anschluss an das aktive Beamtenverhältnis bzw. an das Ausscheiden aus dem Amt aufgenommen. In den übrigen Fällen ist nicht bekannt, wann die Tätigkeit aufgenommen wurde. Staatskanzlei 3 Monate Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 7 - Bitte listen Sie, soweit die Daten verfügbar sind, auf, welcher Tätigkeit, nach Berufsbildern und Branchen sortiert, die seit 2003 aus der Landesregierung bzw. dem Landtag ausgeschiedenen Personen nachgehen. Zu Frage 6: Der Landesregierung liegen keine Angaben über aus dem Landtag ausgeschiedene Personen vor. Für den Zuständigkeitsbereich der Landesregierung wird mitgeteilt, dass dem Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Ministerium für Inneres und Sport, dem Ministerium der Justiz sowie dem Ministerium für Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie keine Informationen darüber vorliegen, welcher Tätigkeit, nach Berufsbildern und Branchen sortiert, die seit 2003 aus der Landesregierung ausgeschiedenen Personen nachgehen. Trotz Fehlens einer dem § 4 MinG SL entsprechenden Anzeige- und Genehmigungspflicht für ehemalige Mitglieder der Landesregierung wurden von den übrigen Ressorts folgende Tätigkeiten in der Wirtschaft bzw. in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen angezeigt: Ressort Ausgeschie - dene Person Jahr Tätigkeit Berufsbild Branche Staatskanzlei 1 2011 Selbständigkeit Beratung Beratung Ministerium für Finanzen und Europa 1 2012 Geschäftsführer Saartoto /Spielbank Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr 1 2007 Arbeitskräftevermittlung in Bezug auf Auslaufen des Bergbaus Aufsichtsrats und Verwaltungs - ratstätigkeit ehrenamtliche Tätigkeit Dienstleistung im Auftrag des Landes SIKB und SaarLB Ministerium für Wirtschaf, Arbeit, Energie und Verkehr 1 2009 Aufsichtsratsund Ausschuss - tätigkeit, Unternehmensbera - tung Medien, Kirche, Schule, SIKB Unternehmensberatung Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr 1 2013 Führungstätigkeit Unterneh nehmensbe - ratung Finanzsektor außerhalb des Saarlandes Ministerium für Bildung und Kultur 1 2007 Geschäftsführer Saartoto Drucksache 15/775 (15/564) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 8 - Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass es sich ausschließlich um Fälle handelt , in denen ehemalige Mitglieder der Landesregierung nach ihrem Ausscheiden eine neue Tätigkeit in der Privatwirtschaft aufgenommen haben. Sind seit 2005 Fälle bekannt, in denen trotz der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen eine neue Erwerbstätigkeit bzw. oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes von (früheren ) Beamtinnen und Beamten des höheren Dienstes im Saarland nicht angezeigt wurde? Wenn ja, nennen Sie bitte für jeden einzelnen Fall Kalenderjahr, zuständige Behörde, Besoldungsgruppe , Art der an-genommenen Erwerbstätigkeit sowie von der zuständigen Behörde eingeleitete Maßnahmen. Zu Frage 7: Dem Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Ministerium der Justiz, Ministerium für Finanzen und Europa, dem Ministerium für Inneres und Sport, dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dem Ministerium für Bildung und Kultur, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr sowie der Staatskanzlei sind seit 2005 keine Fälle bekannt, in denen trotz der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen eine neue Erwerbstätigkeit bzw. oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes von (früheren) Beamtinnen und Beamten des höheren Dienstes im Saarland nicht angezeigt wurde.