LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/777 (15/714) 11.02.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Werkvertrag über die Durchführung der Länderübergreifenden Satellitentelemetrie bei Rotwild im Saarland und Rheinland-Pfalz im Zuge des Lebensraummodellprojektes Rotwild (LMP) Vorbemerkung des Fragestellers: „Unter Verantwortung der damaligen CDULandesregierung wurde im Jahr 2009 das Planungsbüro Petry & Hoffmann GbR beauftragt, das „Raum-Zeit-Verhalten“ des Rotwildes im Grenzgebiet Saarland/Rheinland-Pfalz über die Besenderung von 10 Rotwildindividuen zu untersuchen und eine genetische Differenzierung von ca. 300 Proben im Saarland und Rheinland-Pfalz durchzuführen . Für den Untersuchungszeitraum 2009 bis 2011 wurde eine Vergütung von 129.543,40 € vertraglich vereinbart. Vor einiger Zeit beauftragte der Landesjagdverband Schleswig-Holstein das Planungsbüro Petry & Hoffmann GbR mit einem Gutachten und Monitoringprojekt zur Pflege und Bewirtschaftung von Natura-2000-Gebieten in Ostholstein. Nach einer Berichterstattung in der Deutschen Jagdzeitung, Ausgabe 6/2013, kam es bei der Erstellung des Gutachtens zu erheblichen Mängeln. Insbesondere erhebliche inhaltliche und formale Defizite führten zu einer Rückforderung der an den Landesjagdverband geflossenen Zuwendungen, ein großer Umweltverband stellte in einer Stellungnahme sogar die fachliche Kompetenz der Bearbeiter in Frage. Diese Erfahrungen aus Norddeutschland und die Regressforderungen an den Landesjagdverband Schleswig-Holstein, die dessen Wirtschaftlichkeit gefährden, sind Anlass genug, mit dieser Anfrage Informationen über die gewährten Zuwendungen und Leistungen bzw. Ergebnisse der gutachterlichen Tätigkeit des Planungsbüros im Saarland zu erhalten.“ Ausgegeben: 11.02.2014 (20.12.2013) Drucksache 15/777 (15/714) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung der Landesregierung: Entstehung des Projektes „Satelliten-Telemetrie Rotwild“: Der ursprüngliche Gedanke im Jahr 2003, ein Lebensraum-Modellprojekt (LMP) Rotwild im Saarländischen Hochwald zu gründen, baut auf der Konzeptplanung und den ersten Ergebnissen des LMP Osburg-Saar (Rheinland-Pfalz) auf. Das LMP OsburgSaar wurde im Rotwildgebiet westlicher Hunsrück als Pilotprojekt vom rheinlandpfälzischen Ministerium für Umwelt und Forsten im Jahr 2000 in Auftrag gegeben. Der saarländische Hochwald ist ein bedeutender Teil des Lebensraumes dieser Rotwildpopulation im westlichen Hunsrück. Der Zusammenhang der Gesamtpopulation ist fließend; Barrieren existieren keine. Um für das zusammenhängende Rotwildgebiet in Rheinland-Pfalz und Saarland ein gemeinsames Konzept zur Verbesserung der Lebensgrundlagen durch abgestimmte Maßnahmen (z.B. grenzüberschreitende Gesellschaftsjagden , gemeinsame Bejagungsrichtlinien) zu finden, wurde auch im Saarland im Jahr 2003 das Lebensraum-Modellprojekt (LMP) Saarländischer Hochwald gestartet . Ergänzend zum „Lebensraum – Modellprojekt Rotwild“ wurde dann im Jahr 2009 ein gemeinsames Projekt „Satelliten-Telemetrie Rotwild“ Saarland/Rheinland-Pfalz (2009 – 2011) ins Leben gerufen. Das Projekt „Telemetrie Rotwild“ wurde als Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Saarland und dem Bundesland Rheinland-Pfalz nach öffentlicher Ausschreibung im Amtsblatt Nummer 28 vom 17.07.2008, an das Büro für Naturschutz und Landschaftsökologie , BNL Petry & Hoffmann GbR, vergeben. Das Projekt wurde vollständig aus der Jagdabgabe finanziert. Bei der Jagdabgabe handelt es sich um Gelder der Jäger, die bei der Lösung des Jahresjagdscheines erhoben werden und nach § 18 des Saarländischen Jagdgesetzes zweckgebunden zu verwenden sind. Hat der Auftragnehmer alle im Leistungskatalog vertraglich vereinbarten Leistungen erfüllt? Zu Frage 1: Es wurden im Projekt insgesamt 223 Proben von Rotwildindividuen isoliert. Im Vertrag wurde vereinbart, dass „ca. 300“ Proben in die Untersuchung einfließen. Aufgrund der geringen genetischen Differenzierung war durch eine weitere Ausweitung der Probenzahl nicht mit zusätzlichen Erkenntnissen zu rechnen, so dass ein Mehrgewinn für das Projekt durch die Erfüllung der Gesamtprobenzahl nicht erwartet werden konnte. Stattdessen wurden 14 Individuen besendert, statt der im Vertrag vorgesehenen 10 Tiere. Der geringere Leistungsumfang in der genetischen Differenzierung hat einen finanziellen Gegenwert laut Vertrag von 2.059,75 €. Je Individuum kann für den Aufwand der Besenderung (Ansitzstunden, Anlegen der Sender) je Tier mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand von ca. 30 Stunden gerechnet werden. In der Regel waren 2 Personen in die Ansitze eingebunden, mindestens hielt sich jedoch eine zweite Person in Bereitschaft, um im Falle einer Narkotisierung direkt vor Ort sein zu können. Drucksache 15/777 (15/714) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Bei einem vereinbarten Stundenentgelt von 50 € ergibt sich für die zusätzliche Besenderung von 4 Tieren insgesamt ein Mindeststundenaufwand von 120 Stunden. Der finanzielle Gegenwert einer zusätzlichen Besenderung von 4 Tieren beläuft sich demnach auf mindestens 6.000 €. Dieser Mehraufwand wurde durch den Auftragnehmer getragen. Ursprünglich war im Vertrag vorgesehen, dass je Woche eine Arbeitsstunde für den Datenabruf der GPS-Informationen anfällt. Neben dem reinen Datenabruf muss auch stets eine Aktualisierung der Datenbank erfolgen, so dass der wöchentliche Aufwand hierfür der realen Tätigkeit entspricht. Durch die Verlängerung der Projektlaufzeit um ein Jahr erhöht sich dieser turnusmäßige Arbeitsaufwand um ca. 52 h. Auch diese Mehrarbeit wurde durch den Auftragnehmer getragen, was wiederum einem finanziellen Äquivalent von ca. 2.600 € entspricht. Neben zusätzlichen Arbeitskosten entstehen bis heute beim Auftragnehmer Kosten für die Mobiltelefonfunktion in den Halsbandsendern. Monatlich bedeutet dies derzeit noch einen finanziellen Aufwand ca. 120 € (ca. 1.440 €/Jahr), was weiterhin ohne Mehrkosten für den Auftraggeber durch den Auftragnehmer zu tragen ist. Im Vertrag wurden zwischen den Parteien die Abgabe eines Zwischenberichtes und eines Abschlussberichtes vereinbart. Durch die vereinbarte Verlängerung der Projektlaufzeit wurden auf Kosten des Auftragnehmers zwei Zwischenberichte vorgelegt und es bestand darüber hinaus ein regelmäßiger Informationsfluss über den jeweils aktuellen Projektstand. Die Abgabe des endgültigen Abschlussberichtes wurde für den 31.08.2014 vereinbart, da mit Ablauf des Jahres 2013 noch drei Individuen mit funktionsfähigen Sendern Daten lieferten. Weiterhin konnte ein defektes Halsband am 08.12.2013 durch Erlegung eines besenderten Hirsches zurückgewonnen werden. Die Nutzung der noch ausstehenden Daten aus der Besenderung sollen aus fachlicher Sicht in den endgültigen Abschlussbericht eingearbeitet werden. Mit Abgabe des Schlussberichtes am 31.08.2014 werden die vertraglich vereinbarten Leistungen voraussichtlich erfüllt sein. Welche Ergebnisse und neuen Erkenntnisse ergaben sich aus der Untersuchung, die die hohen Kosten begründen? Zu Frage 2: Die Aufgabenstellung dieses Freiland-Projektes begründet die Kosten. Es wurde aufwandsorientiert vergütet und nicht ergebnisorientiert. Wurden der Zwischenbericht und Schlussbericht form- und fristgerecht vorgelegt und haben diese alle inhaltlichen Erwartungen erfüllt? Zu Frage 3: Bisher wurden zwei Zwischenberichte und ein 145 Seiten umfassender vorläufiger Abschlussbericht vorgelegt. Nach Vorlage des endgültigen Abschlussberichtes am 31.08.2014 werden die Daten ausgewertet werden, um die gewonnenen neuen wissenschaftliche Erkenntnisse auch in der Praxis umsetzen zu können. Drucksache 15/777 (15/714) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Gab es während der Laufzeit des Vertrages Beanstandungen , wenn ja, in welcher Weise wurde den Mängeln abgeholfen? Zu Frage 4: Die zeitliche Durchführung des Telemetrie-Projektes war von Anfang an gefährdet, da es dem Auftragnehmer auch nach einem Jahr noch nicht gelungen war, ein Stück Rotwild mit einem Sender zu versehen. Bisher lagen Besenderungserfahrungen von Rotwildindividuen aus sogenannten Wintergattern im Hochgebirge vor. Die Besenderung von Rotwild in heimischen Revieren stellte sich aber als weitaus schwieriger dar, da mit Narkosegewehren nur bis zu einer Entfernung von höchstens 25 Meter geschossen werden konnte. Auch konnten aus Tierschutzgründen keine hochtragenden oder führenden Stücke (Alttiere mit Kalb) besendert werden. Da für die Narkotisierung und Besenderung der 10 Tiere ein Zeitbedarf von 320 Stunden vorgesehen war und nach abgerechneten 303 Stunden kein Stück Rotwild besendert werden konnte, war das gesamte Projekt im ursprünglich vorgesehenen Zeitrahmen nicht mehr durchführbar. Im Juli 2010 wurde ein Besprechungstermin mit dem Auftragnehmer und der obersten Jagdbehörde anberaumt, bei der auch der damalige Staatssekretär, Herr Klaus Borger , persönlich anwesend war, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Es wurde anschließend in Absprache mit Vertretern der oberen Jagdbehörde Rheinland -Pfalz vereinbart, den Zeitrahmen zur Durchführung des Projektes, in Absprache mit dem Bundesland Rheinland-Pfalz und dem Büro BNL Petry & Hoffmann GBR, ohne Mehrkosten für beide Bundesländer zu erweitern. In einem Nachtragsvertrag wurde vereinbart, dass das vertragsgemäß erarbeitete Werk mit der Abgabe des Schlussberichtes und Beobachtung von 10 Stück telemetrierten Rotwildindividuen über einen Zeitraum von 24 Monaten als hergestellt gilt. Bis 05.05.2011 konnten 5 weibliche und 2 männliche Tiere besendert werden. Rückschläge gab es dadurch, dass besenderte Tiere versehentlich erlegt wurden. Letztendlich gelang es dann nach erheblichen Mühen und Zeitaufwand, sogar 14 Stücke Rotwild zu telemetrieren. Über den weiteren Fortgang wurde bereits in der Antwort zu Ihrer Frage Nr. 1 berichtet .