LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/855 (15/758) 04.04.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Biomassepotenziale und Biomasseverwertung an Straßen und Waldwegen Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) betreut rund 2.000 km Straßen im Saarland, davon knapp 250 Kilometer Autobahnen als Auftragsangelegenheit des Bundes. Im Staats- und Kommunalwald des Saarlandes beträgt die Länge an ganzjährig befahrbaren und multifunktional genutzten Waldwegen rund 4.000 km. Für diese Infrastruktur gelten die Grundsätze der Verkehrssicherung und für die Waldwege vor allem auch die Erhaltung des sogenannten Lichtraumprofils. Beides wird durch regelmäßige Rückschnittarbeiten des Straßen- und Wegebegleitgrüns erreicht. Wie das Institut für Zukunftsenergiesysteme IZES in seiner „Biomassepotenzialanalyse für das Saarland “ aus dem Jahre 2011 (Seite 78-83) ermittelt hat, beträgt das im Grunde verfügbare Energiepotenzial alleine aus einer energetischen Verwertung des anfallenden Straßenbegleitgrüns an Straßen die durch den Landesbetrieb für Straßenbau unterhalten werden (holzige Biomasse) zwischen 2.300 – 4.000 MWh jährlich. Damit ließe sich der jährliche Energiebedarf von rund 770 bis zu rund 1.500 Privathaushalten decken. Nach der bisherigen Praxis werden Bäume und Sträucher je nach Stärke des zu entfernenden Materials entweder maschinell, motormanuell oder im kombinierten Verfahren zu Boden gebracht. Die stärkeren, z.B. für den Hausbrand verwertbaren Baumteile werden entnommen und das verbleibende Material wird anschließend in der Regel gehackt und verbleibt an Ort und Stelle. Ausgegeben: 04.04.2014 (10.03.2014) Drucksache 15/855 (15/758) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - So sind landesweit an den Straßen die Haufen an Hackschnitzeln zu sehen, die ungenutzt verrotten und durch ihre dadurch bedingte Düngewirkung das Wachstum des Straßenbegleitgrüns erheblich anregen. Aus Sicht des Naturschutzes wird immer wieder gefordert die anfallende Biomasse zu entnehmen , damit sich diese Bereiche in unserer stark überdüngten Landschaft zu nährstoffarmen Sonderstandorten entwickeln können, mit einer oft selten Flora und Fauna. Eine Nutzung dieser Biomasse wäre daher aus energie- aber auch aus umwelt-politischer Sicht zu begrüßen. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Annahme des Fragestellers, dass die Grundsätze der Verkehrssicherung und der Erhaltung des Lichtraumprofiles durch regelmäßige Rückschnittarbeiten erreicht werden , trifft nur für die Erhaltung des Lichtraumprofiles zu. Die Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers geht weiter. Zur Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht werden Baumkontrollen durchgeführt . Diese Kontrollen sind nach herrschender Rechtsprechung unabdingbar und prägen Urteile zu Schadensfällen durch umgestürzte Bäume und herabfallende Äste. Die Ergebnisse der Baumkontrollen zwingen den Träger der Straßenbaulast zu umfangreichen Gehölzpflegemaßnahmen, die weit über Rückschnittarbeiten hinausgehen . Zudem macht der vorhandene, teils sehr dichte Bewuchs des Straßenrandbereichs eine regelkonforme Baumkontrolle nach der anerkannten VTA-Methode nahezu unmöglich . Die Durchforstung dieser Bestände ist demnach dringend geboten. Die rechtlichen Grundlagen und Anforderungen an den Gehölzrückschnitt ergeben sich aus dem Merkblatt Grünpflege, dem Leistungsheft für den Straßenbetriebsdienst, Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA), Richtlinien für die wegweisende Beschilderung auf Autobahnen (RWBA), Merkblatt Alleen, ZTV-Baumpflege und RAS-LG 2 Grünflächen – Planung, Ausführung, Pflege. Die Gehölzpflege ist aus naturschutzrechtlichen Gründen auf den Zeitraum von Oktober bis Februar beschränkt. Die ungewöhnlich harten Winter der letzten Jahre - mit Ausnahme der Winterperiode 2011/2012- haben zu einem Pflegestau geführt, weil verkehrssicherheitsbedingte Einschränkungen wie Nebel und Schneefall sowie arbeitssicherheitsbedingte Einschränkungen, insbesondere Trittsicherheit bei Schneebzw . Eisauflage in Böschungsbereichen, die geplanten Arbeiten vielfach unmöglich machten. Die aktuelle Witterungslage erlaubt erstmals seit Jahren, in Art und Umfang notwendige Maßnahmen durchzuführen, um die Straßenränder in einen richtlinienkonformen Zustand zu versetzen. Drucksache 15/855 (15/758) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - In der Winterperiode 2012/13 wurde im Bezirk der Straßen- und Autobahnmeisterei (SAM) Dillingen ein Konzept zur Durchführung von umfangreichen Gehölzpflege- und –rückschnittmaßnahmen an Saarlands Autobahnen, Bundes- und Landstraßen in Zusammenarbeit mit dem SaarForst Landesbetrieb (SFL) und dem Landesamt für Umwelt - und Arbeitsschutz (LUA) erstellt und begleitend während der Umsetzung betreut. Dieses Pilotprojekt wird in der laufenden Winterperiode 2013/14 fortgeführt und bei der SAM Dillingen weiterhin vom SFL und LUA betreut. Das Konzept ist in der Winterperiode 2013/14 saarlandweit ausgedehnt worden und wird bei den übrigen Außenstellen des LfS durch den SaarForst Landesbetrieb begleitet. Aufgrund der Wetterbedingungen in den Wintermonaten der vergangenen Jahre, bei denen Glättebekämpfung und Schneebeseitigung auf saarländischen Straßen im Vordergrund standen, konnten Gehölzrückschnittarbeiten nicht in dem notwendigen Umfang durchgeführt werden. Daher gibt es hierin einen großen Nachholbedarf, um die Verkehrssicherheit und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Dies bedeutet derzeit einen großen Aufwand, der sich aber in der Zukunft reduziert, wenn die begonnenen Maßnahmen wie geplant durchgeführt und in den kommenden Jahren ordnungsgemäß weitergeführt werden. Der hohe Aufwand ist gerechtfertigt, weil durch weiträumige Durchführung der Gehölzpflege in späteren Jahren Verkehrsbeeinträchtigungen vermieden werden, sowie entsprechender Aufwand zur Gehölzbeseitigung und somit letztendlich Geld eingespart werden kann. Wie viele laufende Meter Straßenbegleitgrün (holzig ) hat der Landesbetrieb für Straßenbau im Jahr 2013 behandelt und welche Kosten hat dies verursacht , und mit welchen Kosten wird für die kommende Pflegeperiode gerechnet? Zu Frage 1: Der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) behandelt in der Pflegeperiode 2013/14 insgesamt 960 laufende Kilometer Straßenbegleitfläche (davon 560 Kilometer in Eigenregie und 400 Kilometer mit Hilfe von Fremdunternehmen). Die Kosten für die Maßnahmen belaufen sich auf 3.450.000 €. In der kommenden Pflegeperiode werden die Kosten voraussichtlich 3.800.000 € betragen. Wie viele laufende Meter Waldbegleitgrün (holzig) hat der Saarforst Landesbetrieb im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht und der allgemeinen Wegeunterhaltung (Lichtraumprofil) behandelt und welche Kosten hat dies verursacht, und mit welchen Kosten wird für die kommende Pflegeperiode gerechnet? Wie hoch war der Anfall des Hackgutes und der stärkeren Baumteile? Zu den Fragen 2 und 3: SaarForst Landesbetrieb (SFL): Verkehrssicherung an Waldwegen im Wald findet nach dem Grundsatzurteil des BGH vom Herbst 2012 nur noch im Ausnahmefall statt und wird nicht gesondert erfasst. Der Begriff des „Waldwegebegleitgrüns“ ist auch nicht gebräuchlich. Drucksache 15/855 (15/758) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Das bei Verkehrssicherungsmaßnahmen an Waldwegen anfallende verwertbare Holz geht entweder (bei Stammholz) an die gewerblichen Kunden des SFL oder bei schwächeren Sortimenten an private (und gewerbliche) Brennholzselbstwerber. Holz, das unter 10 cm Durchmesser hat, wird wo und wann immer möglich dem Nährstoffkreislauf zugeführt, d.h. im Wald verrotten gelassen. Waldböden sind allerdings alles andere als „überdüngt“; Aussagen für Straßengrün sind ergo auf Waldböden nicht übertragbar. Das Öffnen der Lichtraumprofile an den Waldwegen erfolgt nach Bedarf und im Regelfall in Verbindung mit Holzerntemaßnahmen in den angrenzenden Waldbeständen und wird als Holzernte verbucht, also nicht gesondert erfasst. D.h. eine Aussage, welcher finanzielle Aufwand für Verkehrssicherung an Waldwegen betrieben wird, ist nicht möglich, aus Sicht des SFL auch nicht nötig. Die Nutzung des anfallenden Holzes erfolgt analog dem oben Gesagten. Eine Prognose für 2014 ist also nicht möglich. Zu Frage 3: LfS: Der Anteil des Hackgutes in der aktuellen Pflegeperiode wird sich auf ca. 13.000 Schüttraummeter belaufen. An stärkeren Baumteilen werden voraussichtlich 8.500 Festmeter anfallen. Die Schätzungen basieren auf den ausgeschriebenen Massen und den in Eigenregie der Meistereien erzielten Mengen. Der verwertbare Anteil der anfallenden Massen reduziert sich bei der Durchführung des Gehölzrückschnittes erheblich, weil der überwiegende Anteil des brennholzfähigen Holzes aus Weichhölzern wie Birke, Weide, Pappel besteht und es bekanntermaßen kaum einen Absatzmarkt für diese Baumarten gibt. Weiterhin sieht der LfS in waldartigen Böschungsbereichen das Belassen von Gehölz auf den Flächen vor. Demnach bleiben viele Gehölze zur Verrottung liegen und werden nicht gehäckselt, da der Bergungsaufwand in aller Regel sehr hoch und wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Warum wird das Hackgut nicht in einem Nachläufer gesammelt und einer energetischen Verwertung zugeführt? Zu Frage 4: SFL: Siehe zu Frage 5. LfS: Sammlung und energetische Verwertung sind bis dato nicht vorgesehen, weil die Qualität des Hackgutes als ungenügend angesehen worden ist (hoher Anteil an Feinreisig und Rindenanteilen sowie energetisch minderwertige Baumarten). Zudem entstünde durch Sammlung und energetische Verwertung ein hoher logistischer Aufwand und damit offenbar auch eine insgesamt negative Ökobilanz. Diese Einschätzung leitet der LfS aus den Ergebnissen aller bisherigen Kontakte zu den Betreibern von thermischen Energieverwertungsanlagen, zu Dienstleistern zur Versorgung dieser Anlagen mit Biomasse und zum Institut für Zukunftsenergiesysteme (IZES) ab. Drucksache 15/855 (15/758) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Alle bisherigen Bemühungen des LfS um die energetische Verwertung des gehäckselten Materials verliefen bisher im Sande. Alle Ansprechpartner kamen zu dem Schluss, dass das aus der Landschaftspflege im Bereich des Straßenbegleitgrüns gewonnene Material - laut IZES kaum mehr als 2.365 MWh - mit Blick auf den zu hohen Bergungsaufwand und das für die Erfassung der Materialien erforderliche effiziente Logistikkonzept weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll zu verwerten ist. Wohin werden die stärkeren Baumteile verbracht die regelmäßig bei den Arbeiten anfallen? Zu Frage 5: SFL: Der SFL führt das anfallende Holz entweder, wie dargelegt, einer stofflichen Nutzung als Stammholz oder einer energetischen Nutzung als klassisches Brennholz zu. Dies hat für die Selbstwerber von Brennholz den Vorteil, dass das aufzuarbeitende Holz direkt am Weg lagert. LfS: Die stärkeren Baumteile sind Bestandteil der Ausschreibung. Das Holz geht ins Eigentum des Auftragnehmers über. Der wirtschaftliche Vorteil, den der Auftragnehmer hierbei erzielt, ist bereits bei der Auftragsvergabe angemessen berücksichtigt. Die Entnahme des Holzes - wie auch die Entnahme der übrigen Gehölzbestandteile - erfolgt auf Weisung und unter Kontrolle der Bauüberwachung vor Ort. Dabei wird vom Auftragnehmer verlangt, dass er im Intensivbereich - dem unmittelbar an die Straße angrenzenden Bereich - das gesamte anfallende Holz in sein Eigentum übernimmt und von der Baustelle entfernt. Das Kronenholz mit weniger als 10 Zentimetern Durchmesser kann er mitnehmen oder nach Absprache mit der Bauaufsicht des LfS in den Gehölzbestand verblasen. Brennholzfähiges Material mit geringem Bergungsaufwand, das bei Maßnahmen in Eigenregie des LfS anfällt, wird auf Lagerflächen des LfS verbracht und dort an Interessenten verkauft. Warum führt die Landesregierung diese hochwertige Bio-masse nicht einer energetischen Nutzung zu? Zu Frage 6: SFL: Der weitaus größte Teil des anfallenden Holzes wird einer energetischen Nutzung durch die Bürger des Landes zugeführt. Dabei stellt die Abgabe an Brennholzselbstwerber die betriebswirtschaftlich günstigste Variante dar. LfS: Siehe Antwort zu Frage 4. Drucksache 15/855 (15/758) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand, dass durch die Belassung des Hackgutes und die dadurch bedingte Erhöhung der Nährstoffversorgung das Wachstum des Straßenbegleitgrüns verstärkt wird? Zu Frage 7: LfS: Diese Frage zielt auf eine biologisch-wissenschaftliche Betrachtung. Sie ist nicht Gegenstand der betrieblichen Landschaftspflege beim LfS. Der LfS ist allerdings der Auffassung , dass es sich über den Lebenszyklus des Gehölzes gesehen um einen düngetechnisch neutralen Eingriff in den Biohaushalt der Fläche handelt, weil an gleicher Stelle wieder eingetragen wird, was die Pflanze dem Boden während ihres Heranwachsens entzogen hat. Könnte die Entnahme des Hackgutes dazu beitragen , diese Straßenrandflächen zu ökologische hochwertigen, nährstoffarmen Sonderstandorten zu entwickeln, die insbesondere auch als Nahrungsbiotope für pollen- und nektarsammelnde Insekten dienen? Zu Frage 8: LfS: Der Anregung zur Bereitstellung ökologisch wertvoller Straßenrandflächen wird bereits Rechnung getragen. Dabei gilt es, den Begriff „Straßenrandfläche“ differenziert zu betrachten. So mäht der LfS lediglich im Intensivbereich - also bis zur Entwässerungsmulde - zweimal pro Vegetationssaison. Der verbleibende, bis zu sechs Meter breite und an den Gehölzbereich grenzende Grünstreifen wird hingegen nur einmal ab August gemäht. Folglich kommen in diesem Bereich Blüten bildende Gräser und Blumen zur Ausblüte und dienen Insekten zur Nahrung. Auch der vom Fragesteller kritisierte stärkere Rückschnitt im vorderen Gehölzstreifen dient der Erhaltung und gegebenenfalls der Verbreiterung dieses Grünstreifens. Umfasste der Liefervertrag für das Biomasseheizkraft -werk im Warndt aus dem Jahre 2008 auch das anfallende Hackgut aus der Pflege des o.g. Straßen- und Waldwegebegleitgrüns? Zu Frage 9: SFL: Der Liefervertrag aus dem Jahre 2008 umfasste NawaRo-Bonus-fähige Brennstoffe aus naturbelassenem Frischholz aus der Forstwirtschaft, der Landschaftspflege oder aus Rodungsmaßnahmen. Aus der Produktion des SFL wurden überwiegend Hackschnitzel aus Industrieholzsortimenten und zu einem geringeren Teil Hackschnitzel aus Käfer- und Sturmwurfhölzern angedient. Darüber hinaus lieferte der SFL von Dritten angekaufte Hackschnitzel aus unterschiedlicher Herkunft an STEAG. Von der gesamten gelieferten Hackschnitzelmenge waren ca. 2/3 Waldhackschnitzel.