LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/949 (15/922) 18.06.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Tamiflu-Vorräte im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Tamiflu ist das Grippemittel, welches weltweit am meisten verkauft wurde. Aus Angst vor einer Grippe -Epidemie haben viele Länder dieses Medikament in großen Mengen eingelagert. Nun berichtete die Presse, dass der Nutzen dieses Grippemittels laut einer groß angelegten Studie fraglich sei. Tamiflu und ein weiteres Grippemittel namens Relenza können laut Studie die Dauer von grippeartigen Symptomen zwar um etwas mehr als einen halben Tag verringern, dafür nehmen die Patienten allerdings einige Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen in Kauf. Und auch der immer wieder behauptete Schutz vor schweren Komplikationen konnte nicht nachgewiesen werden. Seit Jahren ist der Nutzen von Tamiflu und anderen Neuraminidase -Hemmern umstritten, unter anderem weil viele Studiendaten der Hersteller nicht zugänglich waren. Je mehr Daten für Analysen zur Verfügung gestellt wurden, desto mehr habe laut Presse der therapeutische Nutzen von Tamiflu abgenommen. 2009 gaben die Landesregierungen Milliardenbeträge aufgrund der sogenannten Schweinegrippe H1N1 für Vorräte dieses Medikaments aus, da darauf vertraut wurde, dass es die Ausbreitung von Grippeviren im Körper von infizierten Patienten hemmt. In Deutschland begann man aufgrund der sich von Asien nach Europa ausbreitenden Vogelgrippe bereits in den Jahren 2007 und 2008 mit der Einlagerung.“ Ausgegeben: 18.06.2014 (22.05.2014) Drucksache 15/949 (15/922) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung Landesregierung: Alle Länder haben für den Fall einer Influenza-Pandemie zur Vorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger prozentual sog. Neuraminidase-Hemmer gekauft und eingelagert. Dies erfolgte aufgrund der wissenschaftlichen Bewertung der auf dem Markt befindlichen Medikamente. Die Bewertung der Neuraminidase-Hemmer lag und liegt weiterhin darin, dass die Erkrankungsdauer und Erkrankungsintensität bis zur Verfügbarkeit von entsprechendem Influenzaimpfstoff verkürzt bzw. gemildert wird. Wie hoch ist der Betrag, den das Saarland insgesamt für das Grippemittel Tamiflu ausgegeben hat und wie viele Dosen des Medikaments wurden im Saarland eingelagert? Zu Frage 1: Die Kosten für die Beschaffung des Grippemittels Tamiflu betrugen im Saarland rund 1.062.400,00 €. Eingelagert sind 59.481 Dosen Tamiflu. Tamiflu ist 7 Jahre haltbar: Wie oft wurde das Grippemittel im Saarland seit 2009 nachbestellt? Bitte angeben, wie oft und in welchen Mengen nachbestellt wurde. Zu Frage 2: Die Landesregierung hat das Grippemittel Tamiflu nicht nachbestellt. Wie und durch wen wird Tamiflu im Saarland entsorgt? Zu Frage 3: Die Landesregierung beabsichtigt, weiterhin das Grippemedikament Tamiflu zu bevorraten. Eine Entsorgung ist vorerst nicht vorgesehen. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Ergebnissen der in den Presseberichten erwähnten Studie über die Wirkung von Tamiflu? Zu Frage 4: Der Landesregierung sind die aktuellen Veröffentlichungen der Cochrane Collaboration über Studiendaten aus saisonalen Grippewellen bekannt. In diesen Studien werden Zweifel an der Wirksamkeit sogenannter Neuraminidase- Hemmer wie Tamiflu und Relenza geäußert. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Robert Koch-Institut (RKI) sind mit einer Überprüfung der Studien beauftragt worden. Nach den bisherigen Erkenntnissen und Bewertungen der Zulassungsbehörden gibt es bislang keine den in Deutschland zugelassenen Neuraminidase- Hemmern überlegenen alternativen medikamentösen Therapiemaßnahmen für den Fall einer schwerwiegenden Influenzapandemie. Drucksache 15/949 (15/922) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Zulassungsbehörden bewerten diese Arzneimittel nach wie vor mit einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis und sehen auf der Basis der gesamten aktuell vorliegenden Daten keine Veranlassung, diese Einschätzung zu widerrufen. Nach allen wissenschaftlichen Bewertungen sind keine medikamentösen Behandlungen bekannt, die den Zeitraum bis zur Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe effektiver überbrücken könnten. Bei einer Grippepandemie entsteht ein neues Influenzavirus, gegen das ein Impfstoff erst entwickelt werden muss. Bis der Impfstoff vorliegt, gelten Neuraminidase-Hemmer wie Tamiflu als wirksame Vorbeugung. Die Landesregierung hält es deshalb für nicht vertretbar, auf eine Vorsorge mit Neuraminidase -Hemmer zum Schutz der Bevölkerung gänzlich zu verzichten.