LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1005 (15/843) 17.07.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Tätigkeiten der SBB Saarland Bau und Boden Projektgesellschaft mbH (SBB) Vorbemerkung des Fragestellers: „Die SBB Saarland Bau und BodenProjektgesellschaft mbH (SBB) zeigt in den vergangenen Jahren vermehrt Engagement für im Saarland ansässige Unternehmen in Problemlagen , indem sie sie beispielsweise durch Kauf und Rückvermietung von Immobilien finanziell stützt. Prominente Beispiele hierfür sind Praktiker und Höll. Laut Jahresabschluss zum 31.12.2012 wird die SBB im Zusammenhang mit einer im Jahresabschluss beschriebenen bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheit „voraussichtlich künftig zunehmend im Rahmen ihrer immobilienwirtschaftlichen Kompetenzen als Instrument zur Begleitung von Standortsicherungskonzepten für Unternehmen durch den Gesellschafter Saarland genutzt.“, so der Ausblick des Jahresabschlusses 2012. Laut Jahresabschluss 2012 hat die SBB hierzu zusammen mit dem Land im Jahr 2009 ein Programm zur immobilienwirtschaftlichen Stützung von Restrukturierungen für Unternehmen mit Liquiditätsproblemen erarbeitet. 2010 wurde der Gesellschaft hierfür ein Kreditrahmen von 50 Mio. Euro eingeräumt, der durch eine entsprechende Landesbürgschaft gesichert ist.“ Ausgegeben: 17.07.2014 (19.03.2014) Drucksache 15/1005 (15/843)___Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Welchen Inhalt hat das im Jahr 2009 erarbeitete Programm zur immobilienwirtschaftlichen Stützung von Restrukturierungen für Unternehmen mit Liquiditätsproblemen ? (Bitte um Vorlage!) Zu Frage 1: Anlass für die Verabschiedung des Programms „Immobilienwirtschaftliche Stützung von Restrukturierungen“ durch den Ministerrat war die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008. Diese hatte bei einer Vielzahl von Unternehmen akute Liquiditätsprobleme verursacht, die, gekoppelt mit schwierigen Prozessen bei notwendigen Kreditaufnahmen , zu existenzbedrohenden Situationen führte. Der Fortbestand der betroffenen saarländischen Produktionsstandorte war gefährdet und damit verbunden war der mögliche Verlust zahlreicher Arbeitsplätze. Meist konnten bei den betroffenen Unternehmen jedoch stille Liquiditätsreserven vor allem im Immobilien- und Grundbesitz festgestellt werden. Das immobilienwirtschaftliche Stützungsprogramm sieht vor, diese vorhandenen Reserven im Anlagevermögen für die Unternehmen über einen Verkauf der Immobilien und Grundstücke an die SBB mit anschließender Rückmietung zu aktivieren. Für die Unternehmen können über diese Veräußerungen neue Liquiditätsspielräume eröffnet werden, die zur Abwendung drohender Insolvenzen und damit zur Sicherung des Fortbestandes des Betriebes genutzt werden können . Bei der SBB wurde für diese Aktivitäten ein Budgetrahmen von 50 Mio. € eingerichtet, der über eine entsprechende Globalbürgschaft des Gesellschafters Saarland abgesichert ist. Welche Tätigkeiten wurden innerhalb dieses Programms seit Verabschiedung bis zum heutigen Tage vollzogen? (Bitte um Auflistung der jeweiligen konkreten Tätigkeit (Kauf eines Grundstücks /einer Immobilie oder/und Bau einer Immobilie ) mit dem jeweiligen Investitionsvolumen!) Zu Frage 2: Bisherige immobilienwirtschaftliche Tätigkeiten der SBB im Rahmen des Programms: Art des Engagements Projekt Volumen Restschuld 1 Kauf Grundstück/Immobilie MAT Foundries, Neunkirchen 5,3 Mio. € 5,3 Mio. € 2 Kauf Grundstück/Immobilie Saargummi, Büschfeld 11,5 Mio. € 8 Mio. € 3 Kauf Grundstück/Immobilie Höll, Saarbrücken 4,1 Mio. € 3,46 Mio. € 4 Kauf Grundstück/Immobilie Praktiker, Kirkel 11,0 Mio. € 10,55 Mio. € 5 Kauf Grundstück/Immobilie, Bau einer Produktionshalle Decoma, Neunkirchen 21,4 Mio. € 21,4 Mio. € Drucksache 15/1005 (15/843)___Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Welche immobilienwirtschaftlichen Tätigkeiten wurden außerhalb dieses Programms durch die SBB seit 2009 vollzogen? (Bitte um Auflistung der jeweiligen konkreten Tätigkeit (Kauf eines Grundstücks /einer Immobilie oder/und Bau einer Immobilie ) mit dem jeweiligen Investitionsvolumen!) Zu Frage 3: Art des Engagements Projekt Volumen 1 Kauf Grundstück und Bau einer Produktionshalle Nemak, Dillingen 17,7 Mio. € 2 Erweiterung Produktionshalle Nemak, Dillingen 7 Mio. € 3 Kauf Grundstück und Bau einer Produktionshalle Bosch/BESG, Neunkirchen 16,1 Mio. € 4 Kauf Grundstück Höll, ehem. Produktionsstätte Illingen 1,5 Mio. € 5 Kauf Grundstück/Immobilie Logistikimmobilie Konz, Neunkirchen 5,0 Mio. € Wie sieht die Vertragsgestaltung zwischen der SBB und den Unternehmen im Fall einer Tätigkeit der SBB (innerhalb und außerhalb dieses Programms ) aus? a) Wie viel Prozent der Investitionssumme wer- den durch die in den Mietverträgen beschlossenen Vereinbarungen zur (Rück)mietung jeweils refinanziert? (Bitte um Auflistung für die jeweiligen einzelnen Tätigkeiten!) b) Spielt bei der Berechnung des Anteils der In- vestitionssumme, die durch die (Rück)mietung refinanziert wird, das Risiko einer vor Ablauf des Mietvertrags einsetzenden Insolvenz des Unternehmens eine Rolle? Wenn ja, wie wird dies berechnet? Wenn nein, warum nicht? c) Welche Vereinbarungen sehen die Mietver- träge für eine vor Ablauf des Mietvertrags stattfindende Insolvenz vor? Zu Frage 4: Zwischen den betroffenen Unternehmen und der SBB wurden jeweils langfristige Mietverträge abgeschlossen. Im Fall der Logistikimmobilie Konz hat die SBB einen bestehenden Mietvertrag mit GLS übernommen und langfristig verlängert. Die Mietverträge haben eine Laufzeit zwischen 10 und 20 Jahren und sehen eine mindestens marktübliche Miete vor. Nebenkosten sowie Schönheitsreparaturen sind von den Mietern zu tragen, in einigen Fällen auch größere Instandhaltungsaufwendungen. Mit zwei Mietern wurden Vereinbarungen über die verbindliche Rückübertragung der Immobilien zum Ende der Mietvertragslaufzeit geschlossen. Drucksache 15/1005 (15/843)___Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Zu a) Im Rahmen des Engagements wird eine Refinanzierung über die Grundlebensdauer unterstellt. In den Fällen, in denen eine geringere Grundmietzeit vereinbart ist, ist der Prozentsatz der Refinanzierung in der nachfolgenden Tabelle entsprechend nur für die Grundmietzeit dargestellt. Art des Engagements Projekt Refinanzierung 1 Kauf Grundstück und Immobilie MAT Foundries, Neunkirchen 100 % 2 Kauf Grundstück und Immobilie Saargummi, Büschfeld 100 % 3 Kauf Grundstück und Immobilie Höll, Saarbrücken 1* 70 % 4 Kauf Grundstück und Immobilie Praktiker, Kirkel 1* 2** 5 Kauf Grundstück und Immobilie, Bau einer Produktionshalle Decoma, Neunkirchen 68 % 6 Kauf Grundstück und Bau einer Produktionshalle Nemak, Dillingen 100 % 7 Erweiterung Produktionshalle Nemak, Dillingen 100 % 8 Kauf Grundstück und Bau einer Produktionshalle Bosch/BESG, Neunkirchen 34 % 9 Kauf Grundstück Höll, ehem. Produktionsstandort Illingen 3*** 10 Kauf Grundstück und Immobilie Logistikimmobilie Konz, Neunkirchen 99 % 1* Durch die Insolvenz der Mieter wird die in der Tabelle dargestellte Refinanzierung mit den ursprünglich vereinbarten Mieten unterschritten. Derzeit laufen für die Immobilien Gespräche hinsichtlich einer Drittnutzung. 2** Das Objekt wurde nur in Teilbereichen an Praktiker zurück vermietet. Die freien Flächen sind für eine Drittvermietung vorgesehen. Aus dem Mietvertrag mit Praktiker ergibt sich eine erwartete Refinanzierung von rund 55 %. Die SBB vermarktet die freien Restflächen der Immobilie aktuell sowohl regional als auch überregional. 3*** Derzeit laufen Gespräche mit der Gemeinde und potentiellen Investoren zum Verkauf der Fläche. Es wird ein Verkaufserlös in Höhe der Investition erwartet. Zu b) Nein, das Risiko wird nicht explizit bewertet. Grundsätzlich setzt die SBB bei Mietvertragsverhandlungen den im regionalen Umfeld geltenden aktuellen Mietzins an. Eine höhere Miete als der geltende Marktzins wegen eines möglichen Insolvenzrisikos ist nicht durchsetzbar. Im Vorfeld von einem immobilienwirtschaftlichen Engagement der SBB findet deshalb eine Bewertung der aktuellen Bonität des Mieters statt, um das Risiko einer Insolvenz möglichst zu minimieren. Auch die vor Projektrealisierung bewertete Möglichkeit der Drittnutzung der Immobilien reduziert das Risiko der SBB im Falle einer Insolvenz des Erstmieters. Im Rahmen des immobilienwirtschaftlichen Programms wurden die Ankäufe eingeleitet, gerade um eine Insolvenz der betroffenen Unternehmen zu verhindern. Das Engagement wurde nur eingegangen vor dem Hintergrund einer positiven Fortführungsprognose . Eventuell eintretenden Ausfällen der Mieter wurde dadurch versucht Rechnung zu tragen, dass ein Aufschlag auf die Refinanzierungskosten erfolgte. Drucksache 15/1005 (15/843)___Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Zu c) Die Risiken einer Insolvenz können grundsätzlich mietvertraglich nicht abgesichert werden. Bei den neueren Mietverträgen wurden entsprechende Kautionszahlungen vereinbart. Generell bewertet die SBB vor einem Engagement die Drittverwertung der Immobilien. Die Möglichkeit der Drittnutzung dient als zusätzliche Absicherung im Insolvenzfall . Anhand welcher Kriterien wird die Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit solcher Tätigkeiten (innerhalb und außerhalb dieses Programms) bewertet? Zu Frage 5: Die immobilienwirtschaftlichen Entscheidungen der SBB unterliegen grundsätzlich der Abwägung mehrerer Kriterien: 1. Volkswirtschaftlicher Beitrag des Unternehmens für das Saarland (Arbeitsplätze, Zuliefererketten, Forschungsbeiträge) 2. Wirtschaftliche Lage und Bonität des Unternehmens 3. Immobilienwirtschaftliche Überlegungen Die Entscheidungen der SBB basieren auf einem umfangreichen Kalkulationsmodell , das die Rahmenbedingungen, in denen sich die SBB bewegt, berücksichtigt, wie z.B. Beihilferecht. Bewertet und prognostiziert wird sowohl die liquiditätsseitige als auch die ergebnismäßige Auswirkung eines möglichen Engagements. Der jeweilige Kaufpreis wird durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten belegt . 4. Infrastrukturelle und verkehrliche Lage des Projektes und damit einhergehend die Möglichkeit der Drittverwertung der Immobilie Findet eine Kosten-Nutzen-Bewertung statt? Wenn ja, wie gestaltete sich in den konkreten Fällen der Tätigkeit jeweils das Kosten-NutzenVerhältnis aus Sicht der SBB? (Bitte um Auflistung !) Zu Frage 6: Die unter Frage 5 aufgeführten Entscheidungskriterien belegen, dass die SBB vor jeder immobilienwirtschaftlichen Entscheidung sowohl eine volkswirtschaftliche als auch eine betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse des Projektes vornimmt. Drucksache 15/1005 (15/843)___Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Projekt Volkswirtschaftlicher Nutzen (Ziel) Betriebswirtschaftlicher Nutzen (Ziel) Mittelfristig gesicherte direkte Arbeitsplätze Mittelfristiger Ergebnisbeitrag bei SBB 1 MAT Foundries, Neunkirchen 450 * 2 Saargummi, Büschfeld 900 * 3 Höll, Saarbrücken 320 * 4 Praktiker, Kirkel 180 * 5 Decoma, Neunkirchen 450 * 6 Nemak, Dillingen 1.000 * 7 Erweiterung Nemak, Dillingen 100 * 8 Bosch/BESG, Neunkirchen 180 * 9 Höll, ehem. Produktionsstandort Illingen Städtebauliche Entwicklung * 10 Logistikimmobilie Konz, Neunkirchen 50 * * In allen Engagements war ein ausgeglichener bzw. positiver Ergebnisbeitrag bei der SBB zu erwarten. Eine letztendliche Bewertung kann erst mit Erreichen der Lebensdauer der Immobilien erfolgen. Wie wird sichergestellt, dass es bei Tätigkeit der SBB keine Mitnahmeeffekte gibt? Zu Frage 7: Da die Kaufpreise sich an immobilienwirtschaftlichen Gutachten und die Mietkonditionen sich an Marktkonditionen orientieren, kann es zu keinen Mitnahmeeffekten kommen . Welche Prüfungsrechte hat der Rechnungshof mit Blick auf die SBB und ihre Tätigkeiten? Sind diese aus Sicht der Landesregierung ausreichend? Zu Frage 8: Dem Landesrechnungshof steht bei der SBB ein umfassendes Prüfungsrecht im Sinne des § 54 Haushaltsgrundsätzegesetz zu, wonach der Landesrechnungshof unter anderem auch die jeweiligen vorgenannten Verträge einsehen kann. Dieses umfassende Prüfungsrecht war und ist aus Sicht der Landesregierung ein effizientes und ausreichendes Instrument zur Überprüfung der Einhaltung von kaufmännischen Grundsätzen im Sinne des § 90 LHO in Verbindung mit §§ 91, 104 LHO.