LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1035 (15/959) 11.09.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Jugendliche im Saarland ohne Ausbildungsplatz Vorbemerkung der Fragestellerin: „Erfreulicherweise ist die Jugendarbeitslosigkeit im Saarland gegenüber dem Vorjahr, wie die Arbeitsagentur ausweist, zurückgegangen. Die vorgelegten Zahlen vom April 2014 weisen für die der Alterskohorte 15 Jahre bis unter 25 Jahre 3.661 (= 6,6 %) junge Menschen aus, die einen Ausbildungsplatz suchten. Gegenüber dem Vormonat März 2014 ist das ein Rückgang um 61 Personen bzw. 0,1 %. Bei der Altersgruppe 15 Jahre bis unter 20 Jahre sieht das Bild ein wenig besser aus: Im April 2014 waren 675 (4,5 %) arbeitslose Jugendliche gemeldet , gegenüber 691 im März gleichen Jahres. Das ist ein Rückgang um 0,2 %. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit schlagen jedoch für den April 2014 auch 2.383 ‚unversorgte Bewerber‘, also Jugendliche ohne Ausbildungsplatz, zu Buche. Im Landesprogramm ‚Ausbildung jetzt‘ unterstützt das Saarland Jugendliche und junge Erwachsene bei der Arbeitsplatzsuche. Primär geht es dabei um die Sicherung des Fachkräftenachwuchses für die saarländische Wirtschaft. Vorrangig dient dieses Programm Jugendlichen mit schulischen und/oder sozialen Defiziten.“ Ausgegeben: 12.09.2014 (18.06.2014) Drucksache 15/1035 (15/959) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung der Landesregierung: Das Landesprogramm „Ausbildung jetzt“ wurde 1997 vor dem Hintergrund eines erheblichen Mangels an Ausbildungsstellen ins Leben gerufen und seither kontinuierlich an die Gegebenheiten und den Wandel des Ausbildungsmarktes angepasst. Seit der letzten grundlegenden Überarbeitung im Jahre 2011 liegt das Hauptaugenmerk noch stärker auf der Zielgruppe der förderungsbedürftigen Jugendlichen und deren Unterstützung bei der Vermittlung in und während der Ausbildung. Mit Hilfe des Landesprogramms „Ausbildung jetzt“ werden Jugendliche mit schulischen und/oder sozialen Defiziten nicht nur bei der Ausbildungsplatzsuche, sondern insbesondere auch während der gesamten Ausbildungszeit durch saarländische Bildungsträger individuell und intensiv sozialpädagogisch betreut und bis zur Prüfung im notwendigen Umfang unterstützt. Daneben werden Modellprojekte zur Vermittlung in Ausbildung ohne Umwege, aber auch zur Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung und zur qualitativen Verbesserung der Berufsausbildung unterstützt. Wie viele Jugendliche im Alter zwischen 16 und 23 Jahren haben im Saarland keinen Ausbildungsplatz bekommen (aufgeschlüsselt für die Jahre 2009-2013 und Alter)? Zu Frage 1: Die Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) über Bewerber für Berufsausbildungsstellen beziehen sich lediglich auf die bei den Agenturen oder Jobcentern gemeldeten Bewerber mit dem Hauptberufswunsch eines dualen Berufs nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Junge Menschen, die zwar einen Ausbildungsplatz suchen, sich aber nicht melden, werden hier nicht erfasst. Bewerber, die einen Ausbildungsplatz im schulischen Bereich suchen, werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Als unversorgt gelten Jugendliche, für die weder die Einmündung in eine Berufsausbildung noch ein weiterer Schulbesuch, eine Teilnahme an einer Fördermaßnahme oder eine andere Alternative zum 30.9. bekannt ist und für die Vermittlungsbemühungen laufen. Folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den unversorgten Jugendlichen im Zeitraum 2009 bis 2013. Jahr Zahl der unversorgten Jugendlichen davon zwischen 16 und 23 Jahren 2009 52 42 2010 27 20 2011 36 27 2012 55 48 2013 111 80 Drucksache 15/1035 (15/959) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Darüber hinaus gibt es Jugendliche, die Alternativen zur Ausbildung angenommen haben. Jahr Zahl der Jugendlichen mit Alternative davon zwischen 16 und 23 Jahren 2009 896 keine Angaben zum Alter möglich; diese Daten wurden erst ab März 2010 erfasst 2010 752 698 2011 750 679 2012 814 718 2013 846 728 Wie viele Ausbildungsplätze werden im Saarland jährlich nicht vergeben (aufgeschlüsselt nach Branche sowie für die Jahre 2009-2013)? Zu Frage 2: Aus den Statistiken der BA geht hervor, dass in den vergangenen fünf Jahren zwischen 4,8% und 6,3% der jeweils angebotenen Stellen nicht besetzt werden konnten. In einzelnen Branchen war das Angebot deutlich höher als die Nachfrage, so dass es dort auch mehr offene Stellen gab. Insbesondere gilt dies für die Berufe im Bereich der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, im Einzelhandel, im Bau- und Ausbaugewerbe , im Hotel- und Gaststättengewerbe und im Garten- und Landschaftsbau (Einzeldaten : siehe Anlage). Jahr gemeldete Stellen am 30.09. noch unbesetzte Stellen 2009 6312 396 2010 6377 242 2011 6779 323 2012 6357 353 2013 6170 327 Was unternimmt das Land, um Jugendliche und Ausbildungsplätze zusammenzubringen? Zu Frage 3: Jugendliche und Ausbildungsplätze zusammenzubringen, ist in erster Linie Aufgabe der Agentur für Arbeit Saarland (Berufsberatung, Ausbildungsvermittlung) und der zuständigen Stellen der verfassten Wirtschaft. Hier sind die IHK Saarland und die HWK des Saarlandes mit den Lehrstellenbörsen und der Ausbildungsberatung besonders hervorzuheben. Zur Vermittlung in Ausbildung ohne Umwege stehen dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr insbesondere das Landesprogramm „Ausbildung jetzt“ und das von ihm initiierte Projekt „AnschlussDirekt“ für Jugendliche vor dem Hauptschulabschluss zur Verfügung. Drucksache 15/1035 (15/959) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Darüber hinaus beteiligt sich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr mit einem Zuschuss an den Projekten „Betriebliche Ausbildungscoaches“, „Ausbildungsmentoren “ und „Migra-Mentoren“. Aufgabe der Mentoren bzw. Coaches, die bei der IHK Saarland und der HWK des Saarlandes angesiedelt sind, ist die Unterstützung von Jugendlichen mit erheblichen Vermittlungshemmnissen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz in Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter Saarbrücken. Des Weiteren fördert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr die Ausbildungsberatungsstelle der HWK des Saarlandes und die Nachwuchswerbung im Handwerk. Auch die Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen und die Berufsvorbereitung in den beruflichen Schulen im Saarland stützen schon sehr früh die Übergänge in Ausbildung. Darüber hinaus stärkt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr die Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Bildungsstätten im Rahmen des Berufsorientierungsprogramms (BOP) des Bundes durch einen Landeszuschuss. Im Übrigen werden auch im Saarland durch das vom Bund finanzierte Projekt „Berufseinstiegsbegleitung “ Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf beim Übergang von der Schule in die Ausbildung individuell unterstützt. Welche Chancen haben „unversorgte Bewerber“ im Saarland, einen Ausbildungsplatz zu erhalten? Zu Frage 4: Im Juni 2014 sind aktuell 1.863 unversorgte Bewerber im Saarland gemeldet. Dem stehen noch 2.211 unbesetzte Ausbildungsstellen gegenüber. Damit beträgt die Relation 1,19 unbesetzte Berufsausbildungsstellen je unversorgtem Bewerber. Rein rechnerisch besteht daher für unversorgte Jugendliche durchaus eine gute Chance, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erhalten. Die Zahl der aktuell unversorgten Bewerber und der unbesetzten Berufsausbildungsstellen wird sich bis zum Ende des Berichtsjahres (30.09.) noch verringern. Veränderungen ergeben sich aus Datenaktualisierungen sowohl auf Bewerber- als auch auf Stellenseite, wenn Jugendliche und Betriebe Rückmeldung zu Einstellungsentscheidungen geben. Grundsätzlich sind allerdings die individuellen Chancen, als unversorgte/r Bewerber/-in einen Ausbildungsplatz zu erhalten, je nach fachlicher und sozialer Kompetenz, unterschiedlich . Der Ausgleich am Ausbildungsmarkt wird sehr stark davon beeinflusst, inwieweit Jugendliche auch alternative Berufe in Betracht ziehen, wie das Anforderungsniveau der Betriebe ist, ob sich angebotene Berufsbilder attraktiv darstellen, und letztlich auch davon, ob die Bewerber und die Ausbildungsstellen regional zueinander passen . Es spielt gerade bei Jugendlichen ohne Führerschein/PKW eine große Rolle, ob die Ausbildungsstelle mit dem ÖPNV erreichbar ist. Drucksache 15/1035 (15/959) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Wie viele Jugendliche/junge Erwachsene sind durch das Programm „Ausbildung jetzt“ erfolgreich an eine abgeschlossene Ausbildung herangeführt worden (bitte nach Alterskohorte „15-25 Jahre“ und „15-20 Jahre“)? Zu Frage 5: Das Landesprogramm „Ausbildung jetzt“ zielt insbesondere darauf ab, Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf den Übergang in eine Ausbildung zu ermöglichen, die ihren individuellen Fähigkeiten entspricht, und sie anschließend durch individuelle sozialpädagogische und schulische Betreuung zu einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu führen. Von ca. 300 bis 350 pro Ausbildungsjahrgang betreuten Jugendlichen haben bisher durchschnittlich 55 % eine Ausbildung abgeschlossen. Da es sich bei den Absolventen um eine Zielgruppe von Jugendlichen mit besonders großen Ausbildungshemmnissen handelt, dokumentiert die vergleichsweise hohe Ausbildungsabschlussquote den Erfolg der Maßnahme und insbesondere auch die gute Arbeit der Bildungsträger, die mit der Betreuung beauftragt sind. Das Alter der Jugendlichen beim Eintritt in die Maßnahme liegt bei durchschnittlich 18 Jahren. Die individuelle Dauer des Verbleibs im Landesprogramm ist sehr unterschiedlich : Sie reicht von 2 Jahren (z.B. bei 2-jähriger Berufsausbildung) bis hin zu 4 oder 4,5 Jahren (bei Ausbildungszeitverlängerung oder Wechsel der Ausbildungsstelle ). Die Ausbildungsabsolventen sind daher überwiegend über 20 Jahre alt. Eine statistische Erfassung der Ausbildungsabsolventen durch die Bildungsträger bezogen auf die jeweiligen Alterskohorten erfolgt nicht. Wie hoch ist die Abbrecherquote im Programm „Ausbildung jetzt“? Zu Frage 6: Nicht alle Jugendlichen, die ins Programm aufgenommen werden, beginnen eine Ausbildung oder beenden eine begonnene Ausbildung während der Zeit der Betreuung im Landesprogramm „Ausbildung jetzt“. Jugendliche, die ihre persönliche berufliche Orientierung noch nicht abgeschlossen haben und daher auch noch nicht in eine passende Ausbildungsstelle vermittelt werden können, werden im Rahmen der Betreuung u.a. in berufsvorbereitende Maßnahmen weitervermittelt. Ebenso werden weitere schulische Angebote, die zum Hauptschulabschluss / zu einem mittleren Bildungsabschluss führen, angenommen, so dass auch dieser Teil der Jugendlichen nicht unmittelbar von der Betreuung in eine Ausbildung mündet. Alle beauftragten Bildungsträger sind darüber hinaus bemüht, Ausbildungsabbrecher in andere Betriebe oder auch in andere Berufe zu vermitteln. Aber auch diese Versuche können an der fehlenden Mitwirkung der Jugendlichen scheitern, so dass in Einzelfällen ein Ausscheiden aus der Maßnahme erfolgt, ohne dass eine Möglichkeit zur Nachverfolgung hinsichtlich des Verbleibs oder des persönlichen Werdegangs besteht. Alle durch diese Art der ‚Fluktuation‘ im Programm frei werdenden Plätze werden innerhalb der Vermittlungsphase und des ersten Ausbildungsjahrs auch wieder besetzt, um weiteren Jugendlichen einen Übergang in Ausbildung zu ermöglichen. Drucksache 15/1035 (15/959) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Die Ermittlung einer konkreten „Abbrecherquote“ ist daher nicht möglich. Fakt ist allerdings , dass ca. 45% der Betreuungsplätze nicht unmittelbar zur Aufnahme bzw. zum erfolgreichen Abschluss einer dualen Ausbildung führen. Steht das Programm „Ausbildung jetzt“ in Konkurrenz zum Ausbildungsförderangebot eines „Berufsvorbereitungsjahrs “? Welches sind die wesentlichen Unterschiede? Zu Frage 7: Das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), das im Saarland überwiegend in Form der Produktionsschule durchgeführt wird, ist eine Schulform zur Qualifizierung und Vorbereitung auf die Aufnahme einer Ausbildung. Die Jugendlichen werden im BVJ und in Praktikumsbetrieben - begleitet durch Sozialarbeiter - auf eine Ausbildung vorbereitet. Das Landesprogramm „Ausbildung jetzt“ hingegen zielt darauf ab, Jugendliche direkt „ohne Umwege“ in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln und durch individuelle Betreuung zu einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu führen. Somit besteht keine Konkurrenzsituation. Was sollen Jugendliche im Saarland tun, die keinen Ausbildungsplatz erhalten haben aber eine Ausbildung anstreben? Zu Frage 8: Jugendliche sollten, sofern sie aktuell noch keinen Ausbildungsplatz haben, Kontakt zur Berufsberatung und den Wirtschaftskammern aufnehmen bzw. einen vorhandenen Kontakt aufrechterhalten. Darüber hinaus ist es wichtig, über Alternativen zum Wunschberuf nachzudenken und sich über andere Berufsbilder zu informieren. Auch wenn man den Ausbildungsbetrieb gerne in der Nähe des Wohnortes hätte, lohnt es sich, den Suchradius auszuweiten und zu überlegen, welche Ausbildungsbetriebe – selbst mit höherem Aufwand – auch noch erreichbar sind. Auf jeden Fall wäre aber auch wünschenswert, wenn Betriebe neben dem Blick auf die Zeugnisse auch einen zweiten Blick auf die Bewerber werfen und diesen eine Chance eröffnen würden, sich zu einer Fachkraft zu entwickeln.