LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1037 (15/971) 11.09.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Hilberer (PIRATEN) betr.: Analyse von Straftaten auf extremistische oder terroristische Hintergründe Vorbemerkung des Fragestellers: „Nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie wurden 3.300 ungeklärte, vollendete oder versuchte Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige aus den Jahren 1990 bis 2011 durch das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus auf mögliche rechtsextremistische oder rechtsterroristische Tathintergründe hin analysiert . Dieser anhand von Kriterien wie Religion oder Hautfarbe der Opfer durchgeführte systematische Datenabgleich ergab 240 Dateitreffer. Die Ergebnisse der Überprüfung wurden daraufhin den Ländern zur weiteren Bearbeitung zugeleitet. Insofern erscheint es fraglich, ob die Erfassung dieser Straftaten unter dem Oberbegriff ‚Politisch motivierte Kriminalität‘ als übergeordnetes Erfassungskriterium genügt oder ob eine Erfassung der einzelnen extremistisch oder terroristisch motivierter Straftaten ausdifferenziert erfolgen muss, um das Ausmaß dieser Art von Kriminalität realistisch einschätzen und analysieren zu können.“ Ausgegeben: 12.09.2014 (02.07.2014) Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung Landesregierung: Mit Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 10.05.2001 sind rückwirkend zum 01.01.2001 mit dem Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ und den „Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK)“ die bundeseinheitlich geltenden Kriterien zur Definition und Erfassung politisch motivierter Straftaten in Kraft gesetzt worden. Vor der Umsetzung des Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität “ wurden politisch motivierte Delikte in den einzelnen Bundesländern uneinheitlich erfasst und führten zu einer lückenhaften und wenig aussagekräftigen Datenbasis. Dies erforderte eine Loslösung von der bis dahin dominierenden Orientierung am Extremismusbegriff , hin zu einem Definitionssystem, welches das tatauslösende politische Element in den Mittelpunkt stellt. Nach Aufdeckung der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)“ im November 2011 befasste sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26.01.2012, eingehend mit den Ereignissen und zeigte in seinem Bericht (Drucksache 17/14600 vom 22.08.2013) umfassende Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden auf. In den Schlussfolgerungen -Empfehlungen für den Bereich der Polizei- des Berichts (Buchstabe G., Ziffer I., S. 861 ff.) wird neben grundlegenden aufbau- und ablauforganisatorischen Vorschlägen sowie Empfehlungen zur Optimierung der polizeilichen Aus- und Fortbildung insbesondere darauf hingewiesen, dass die polizeiliche Analyse rechtsextremistischer Gewalt fehlerhaft und das Lagebild dadurch unzutreffend gewesen sei. Es wird insbesondere festgestellt, dass das derzeitige Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität “ große Schwächen habe (Buchstabe G., Ziffer I.3., S. 861 des Berichts) und eine grundlegende Überarbeitung des „Themenfeldkataloges PMK“ unter Hinzuziehung von Expertenwissen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft (Buchstabe G., Ziffer I.4., S. 861 des Berichts) notwendig sei. Weiterhin haben IMK und Bundesregierung nach Bekanntwerden der Verbrechensserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gemeinsam eine Bund-LänderKommission Rechtsterrorismus eingesetzt. Diese hat in ihrem Abschlussbericht vom 30.04.2013 die Sicherheitsarchitektur in Deutschland und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden eingehend analysiert, Schwachstellen aufgezeigt und Optimierungsempfehlungen entwickelt. Ferner hat auch die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Rahmen der Herbstsitzung des vergangenen Jahres unter TOP II. 7 auf Antrag des saarländischen Ministeriums der Justiz beschlossen, ihren Strafrechtsausschuss unter Beteiligung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu beauftragen, die im Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Bundestages sowie die im Bericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus enthaltenen justizbezogenen Vorschläge auf das Bestehen gesetzgeberischen oder sonstigen Handlungsbedarfs hin zu überprüfen und über das Ergebnis der Prüfung zu berichten. Die hieraufhin eingerichtete Arbeitsgruppe hat einen Bericht mit Empfehlungen vorgelegt , den die Justizministerinnen und Justizminister im Rahmen ihrer Frühjahrskonferenz am 25. und 26. Juni 2014 unter TOP II. 10 zur Kenntnis genommen haben. Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen haben die Justizministerinnen und Justizminister in diesem Zusammenhang begrüßt. Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wie viele der durch den systematischen Datenabgleich ermittelten Datentreffer wurden dem Saarland zur weiteren Bearbeitung übermittelt? Zu Frage 1: Durch die Arbeitsgemeinschaft Fallanalyse im Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus (GAR) wurden dem Landespolizeipräsidium zwei so genannte „Kreuztreffer“ (Trefferfälle nach Abgleich von Datensätzen in mehreren Dateien) aus der Altfallüberprüfung zu ungeklärten Tötungsdelikten ohne Tatverdächtige im Zeitraum 1990 bis 2011 (einschließlich Versuche) zur weiteren Bewertung ihrer Verfahrensrelevanz übersandt. Wie wird bzw. wurde bislang mit den übermittelten Datensätzen verfahren und wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand dieser Datentreffer? a) Wie viele dieser ungeklärten, vollendeten oder versuchten Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige aus den Jahren 1990 bis 2011 befinden sich noch zur Analyse und weiteren Bearbeitung bei saarländischen Gerichten, bei der Staatsanwaltschaft oder den zuständigen Polizeibehörden ? b) Wie viele dieser Datentreffer führten:  zur Wiederaufnahme der Ermittlungen,  zu Hinweisen auf rechtsextremistisch oder rechtsterroristisch motivierte Straftaten ,  zu Hinweisen auf Straftaten, die im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie stehen? Zu Frage 2: Beide Treffermeldungen stehen im Zusammenhang mit einem Tötungsdelikt auf dem Sulzbacher Salzbrunnenfest im Jahr 2002. Bei dem Tötungsdelikt handelt es sich jedoch nicht um eine ungeklärte Tat. Seinerzeit wurden zwei Tatverdächtige festgestellt, von denen einer später zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Grund der Kreuztreffer waren Erkenntnisse, die sich zu zwei anderen Personen in der Datenhaltung des Bundeskriminalamts ergeben haben. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurde hinsichtlich der Tatrelevanz der beiden Personen vom Landespolizeipräsidium nochmals ausgewertet. Es konnte nach Auswertung der Vernehmungen festgestellt werden, dass beide Personen keinen direkten Bezug zu der Tat hatten. Schon zum damaligen Zeitpunkt lagen polizeiliche Erkenntnisse zu beiden Personen vor und sind aktenkundig gemacht worden. Die Bearbeitung der beiden Datentreffer ist abgeschlossen. Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Zu a) Keine. Zu b) Durch die Auswertung der „Kreuztreffer“ konnten keine neuen verfahrensrelevanten Erkenntnisse oder Ermittlungsansätze gewonnen werden. Es konnten keine Bezüge zu den Taten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ festgestellt werden. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass das derzeitige Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ eine realistische Abbildung des Gefahrenpotentials politisch motivierter Straftaten insbesondere im Hinblick auf solche mit extremistischem oder terroristischem Hintergrund im Saarland gewährleistet?  Wenn Ja, mit welcher Begründung hält die Landesregierung das derzeitige Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ als Oberbegriff für ausreichend?  Wenn nein, Auf welche Weise und wann möchte die Landesregierung für eine systematischere Erfassung (rechts-)extremistischer und (rechts-)terroristisch motivierter Straftaten sorgen? a) Plant die Landesregierung, im Rahmen einer Innenministerkonferenz des Bundes und der Länder auf eine grundlegende und bundeseinheitliche Überarbeitung des Erfassungssystems der politisch motivierten Kriminalität - unter Hinzuziehung von Expertenwissen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft - hinzuwirken und bei der Überarbeitung des Straftatbereichs politisch motivierter Kriminalität auch Erkenntnisse und Empfehlungen des NSUUntersuchungsausschusses sowie des GAR (Gemeinsames Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus) zu berücksichtigen?  Wenn ja, wann und in welcher Form ist eine Initiative des Saarlandes geplant?  Wenn nein, mit welcher Begründung sieht die Landesregierung von solch einer Initiative ab? Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - b) Plant die Landesregierung Aus- und Fortbil- dungsmaßnahmen zur Sensibilisierung der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des saarländischen Verfassungsschutzes im Hinblick auf Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus , gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie sonstige extremistisch oder terroristisch motivierte Straftaten durchzuführen bzw. auszubauen und für die Teilnahme an solchen Maßnahmen Sorge zu tragen?  Wenn ja, wann und in welcher Form plant die Landesregierung die Einführung bzw. den Ausbau solcher Aus und Fortbildungsmaßnahmen ?  Wenn nein, mit welcher Begründung sieht die Landesregierung von solchen Aus– und Fortbildungsmaßnahmen ab? Zu Frage 3: Das polizeiliche Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ wurde nach Einführung 2001 in den Jahren 2002 und 2004 modifiziert und neu strukturiert. Zur Erfassung rassistisch oder fremdenfeindlich motivierter Straftaten in statistischen Erhebungen der Justiz, die von den polizeilichen Statistiken zu unterscheiden sind, hat das saarländische Ministerium der Justiz im Rahmen der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 12. und 13.06.2013 in Perl-Nennig einen Beschlussvorschlag vorgelegt, der an den weiteren Vorschlag des Saarlandes anknüpfte, das Strafzumessungsrecht um eine Regelung zu ergänzen, die klarstellt, dass menschenverachtende , insbesondere rassistische oder fremdenfeindliche, Beweggründe im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend zu berücksichtigen sind. Der vom saarländischen Ministerium der Justiz in Bezug auf den Aspekt der statistischen Erfassung zur Abstimmung gestellte Beschlussvorschlag lautete: „Die Justizministerinnen und Justizminister erachten es als ein wichtiges Element einer konsequenten Bekämpfung der Hasskriminalität, dass Straftaten, denen menschenverachtende , insbesondere rassistische oder fremdenfeindliche, Beweggründe zu Grunde liegen, bei den Staatsanwaltschaften als solche registriert und in statistischen Erhebungen der Justiz so umfassend ausgewiesen werden, dass sie Grundlage für eine rechts- und gesellschaftspolitische Diskussion sein können. Sie beauftragen  den Statistikausschuss mit der Prüfung, ob und in welchem Umfang die seit 1992 durchgeführte Erhebung zu rechtsextremistischen/fremdenfeindlichen Straftaten in Deutschland ausgeweitet werden kann, um das gesamte Spektrum der Hasskriminalität angemessen zu erfassen, und bitten hierzu, der Justizministerkonferenz zu berichten, Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 -  die Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz, im Hinblick auf die elektronische Vorgangserfassung bei den Staatsanwaltschaften einen Vorschlag für eine bundeseinheitliche elektronische Vorgangskennzeichnung für Verfahren betreffend Straftaten, die aus menschenverachtenden Motiven begangen wurden, zu erarbeiten und regen an, dass die beiden großen Länderverbünde MESTA und web.sta hieran anknüpfend, die Staatsanwalts– Automationsprogramme so programmieren, dass eine solche elektronische Kennzeichnung möglich wird.“ Der Vorschlag, der in dieser Fassung keine mehrheitliche Zustimmung fand, wurde von der Konferenz schließlich mit folgendem Wortlaut beschlossen: „ Die Justizministerinnen und Justizminister erachten es als ein wichtiges Element ei- ner konsequenten Bekämpfung der Hasskriminalität, dass Straftaten, denen menschenverachtende Beweggründe zu Grunde liegen, bei den Staatsanwaltschaften als solche registriert und in statistischen Erhebungen der Justiz ausgewiesen werden.“ Das saarländische Ministerium der Justiz hat die Thematik der praktischen Umsetzung dieses Beschlusses im Vorfeld der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister gegenüber den übrigen Landesjustizverwaltungen erneut thematisiert. Dabei ist man überein gekommen, die Frage bis zum Inkrafttreten des vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz kürzlich in Form eines Referentenentwurfs vorgelegten Gesetzes zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU – Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zu vertagen, da dieser Entwurf einen Regelungsvorschlag zur Ergänzung des Strafzumessungsrechts um „rassistische , fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Beweggründe“ vorsieht , indes im Gesetzgebungsverfahren noch im Detail über die exakte Fassung dieser Gesetzespassage beraten werden wird und eine statistische Erfassung erst Sinn macht, wenn der endgültige Gesetzestext und die daran anknüpfenden Erhebungsparameter präzise feststehen. Die Landesregierung weist darauf hin, dass sich die IMK schon mehrfach mit den Konsequenzen aus den Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)“ auf der Grundlage des Berichts des 2. Untersuchungsausschusses der 17. Legislaturperiode vom 22.08.2013 sowie des Abschlussberichts der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus vom 30.04.2013 befasst hat. Zuletzt hat die IMK im Rahmen ihrer 199. Sitzung (11.-13.06.2014 in Bonn) den Bericht einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der nachgeordneten Arbeitskreise II und IV über die Umsetzung der Empfehlungen aus den zuvor genannten Berichten zur Kenntnis genommen und festgestellt, dass ein Teil der Empfehlungen bereits geprüft wurde und insbesondere das Thema Überprüfung des gesamten Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“ aus 2001 im Bericht des 2. parlamentarischen Untersuchungsausschusses noch zu prüfen ist. Die zuständigen Gremien auf Bundesebene wurden von der IMK beauftragt, diese Empfehlungen aufzugreifen. Hierzu wurde auf Ebene der Kommission Staatsschutz der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter mit dem Bundeskriminalamt (AG Kripo) in der 77. Tagung am 25./26.06.2014 die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kriminalpolizeilicher Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität“ eingerichtet. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor. Zu a) Die Landesregierung befürwortet die grundlegende und bundeseinheitliche Überarbeitung des Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. Wie dargestellt ist dieser Prozess auf Bundesebene unter Einbindung der zuständigen Fachgremien mit der Beschlussfassung der IMK bereits eingeleitet worden. Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 7 - Vor dem Hintergrund, dass die IMK und ihre nachgeordneten Gremien aktuell bereits mit der Überarbeitung des Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“ befasst sind, bedarf es keiner entsprechenden Initiative des Saarlandes in der IMK. Zu b) Die Landesregierung befürwortet die Durchführung bzw. den Ausbau von Ausbildungsund Fortbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung der Polizei, der Staatsanwaltschaft, der Richterschaft und des saarländischen Verfassungsschutzes im Hinblick auf Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie sonstige extremistisch oder terroristisch motivierte Straftaten. Die Schlussfolgerungen des Berichts des parlamentarischen Untersuchungsausschusses sehen entsprechende Maßnahmen der Aus- und Fortbildung zur Sensibilisierung bei Polizei (Buchstabe G, Ziffern I.19.-I.21., S. 863), Justiz (Buchstabe G, Ziffer II.30., S. 864) und des Verfassungsschutzes (Buchstabe G., Ziffer III.40., S. 865) vor. Die Prüfung der Umsetzungserfordernisse und -möglichkeiten unter Berücksichtigung bereits umgesetzter Maßnahmen sowie bestehender Aus- und Fortbildungsangebote anderer Länder und des Bundes ist auf Landesebene noch nicht abgeschlossen. Im Saarland sind folgende Maßnahmen umgesetzt: Polizei Dreijähriges Studium der Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter im Rahmen der Laufbahnausbildung Im Studienplan der Fachhochschule für Verwaltung, Fachbereich Polizeivollzugsdienst, Stand: 01.04.2005, sind die Themen Extremismus, Rassismus, Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Gegenstand der Lehre in den drei Fachgruppen Polizeiwissenschaften, Rechtswissenschaften und Organisations- und Gesellschaftswissen -schaften in verschiedenen Studienfächern mit unterschiedlichen, differenzierten Curricula und unterschiedlichen Zeitansätzen enthalten. Daneben werden Lehrveranstaltungen zu diesen Themen in den Wahlpflichtfächern sowie im Vertiefungsstudium in den genannten Fachgruppen angeboten. Beispielsweise gibt es in der Fachgruppe Polizeiwissenschaften unter dem Leitthema Polizeilicher Staatsschutz/ Politisch motivierte Kriminalität ein Vertiefungsstudium mit einem Umfang von 120 Unterrichtseinheiten. Im Wahlpflichtthema „Die Rolle der Polizei im NSStaat “ werden ebenfalls relevante Inhalte vermittelt. Weitere Inhalte zu Rechtsextremismus bzw. Ermittlungen gegen rechte Gewalt werden darüber hinaus insbesondere in den Fächern Kriminalistik, Einsatzlehre, Politik sowie Staats- und Verfassungsrecht bei aktuellen Anlässen thematisiert. Polizeiliche Fortbildung Die Thematik Extremismus wird im Rahmen des Qualifizierungs-lehrgangs für die Kriminalitätssachbearbeitung regelmäßig im Rahmen des Unterrichts neben dem Thema Politisch motivierte Kriminalität vermittelt. Hierbei werden auch aktuelle Entwicklungen aufgegriffen. Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 8 - Die Thematik (Rechts-)Extremismus wird weiterhin im Kontext mit dem Versammlungsrecht in unterschiedlichen Seminarformen angesprochen. In Veranstaltungen „Information und Kommunikation (IuK) für Ersteinschreiter“ wird die Thematik im Zusammenhang mit dem materiellen Strafrecht und der Nutzung des Internets zur Verbreitung von rechtsextremen Inhalten behandelt. Darüber hinaus nehmen saarländische Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte an Fortbildungsveranstaltungen zu diesen Themen an polizeilichen Bildungseinrichtungen des Bundes und der Länder teil, z.B. an der Deutschen Hochschule der Polizei für den höheren Polizeivollzugsdienst und beim Bundeskriminalamt. Einbindung des polizeilichen Staatsschutzes Die Staatsschutzabteilung des Landespolizeipräsidiums (LPP 23) ist an der Aus- und Fortbildung der saarländischen Vollzugspolizei beteiligt und stellt Referenten zur Vermittlung phänomenspezifischen Wissens aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität-rechts. In Vorträgen werden u.a. Ursachen, Erscheinungsformen, neue Bekämpfungs-strategien und -maßnahmen sowie Prävention der Politisch motivierten Kriminalität-rechts behandelt. Justiz Im Rahmen des Gemeinsamen Fortbildungsprogramms Rheinland-Pfalz/Saarland wurde für rheinland-pfälzische und saarländische Justizangehörige im Jahr 2014 die Veranstaltung „Rechtsextremismus heute – Rechtsextremismus im Dritten Reich“ angeboten , die einzelne Aspekte des Rechtsextremismus (Themen der rechtsextremen Gruppen, Auftreten solcher Gruppierungen, Erkennungszeichen für Rechtsextremismus sowie Rechtsextremismus im Netz) behandelt hat. Darüber hinaus hat die Veranstaltung den Blick in die deutsche Vergangenheit gerichtet und das Erscheinungs- und Weltbild des historischen Nationalsozialismus beleuchtet. Für das Jahr 2015 plant Rheinland-Pfalz eine Veranstaltung mit dem Titel „Aktuelle Erscheinungsformen des Rechtsextremismus/-terrorismus“, die in das Gemeinsame Fortbildungsprogramm aufgenommen werden und damit auch saarländischen Teilnehmern zugänglich gemacht werden soll. Darüber hinaus haben saarländische Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Möglichkeit, entsprechende Veranstaltungen zum Thema „Rechtsextremismus “ an der Deutschen Richterakademie zu besuchen. Im Jahr 2013 wurde dort beispielsweise die Veranstaltung „Rechtsextremismus“ durchgeführt, die Erscheinungsformen des modernen Rechtsextremismus, seine Codes, seinen Lifestyle und sein Gewaltpotential aufgezeigt hat. Gleichzeitig wurden die rechtsextreme Ideologie, ihre Feind- und Selbstbilder sowie ihre sozio-kulturelle Dimension analysiert. Im Jahr 2014 wurde an der Deutschen Richterakademie die Tagung „Politischer Extremismus – Herausforderung für Gesellschaft und Justiz“ durchgeführt, die ausgehend von der Darstellung des aktuellen Lagebilds der extremistischen Szenen und der voneinander zu unterscheidenden Begrifflichkeiten, die sich unter dem Sammelbegriff des politischen Extremismus verbergen, aus unterschiedlicher Sicht die verschiedenen Ursachen und Erscheinungsformen extremistischer Betätigung analysiert hat. Diese Veranstaltung wird im Jahr 2015 erneut angeboten. Ergänzend dazu wird im Jahr 2015 die Tagung „Rechtsradikalismus und Neonazismus – Neueste Tendenzen“ stattfinden, die aktuelle Erscheinungsformen des Rechtsextremismus behandelt. Dabei soll sowohl auf intellektuell anspruchsvoll daherkommenden Rechtsextremismus ebenso wie auf rabiate Propagandaformen (Musik etc.) eingegangen werden. Insbesondere soll hinterfragt werden, welche gesellschaftlichen Faktoren die Taten des NSU ermöglichten. Drucksache 15/1037 (15/971) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 9 - Ein weiterer Schwerpunkt dieser Tagung soll auf der Erörterung von Schwierigkeiten und Problemen bei der Strafverfolgung des Rechtsextremismus anhand von Berichten aus der Praxis liegen. Dem Thema „Rechtsextremismus“ kommt indes bereits während dem juristischen Vorbereitungsdienst ein erhebliches Gewicht zu. In Kooperation mit dem Adolf-BenderZentrum e.V. wird für die saarländischen Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare eine zweitägige Veranstaltung mit dem Titel „Recht und Nationalsozialismus“ durchgeführt . Verfassungsschutz Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz haben die Möglichkeit, an Fortbildungsveranstaltungen der Akademie für Verfassungsschutz in Swisttal als gemeinsamer Bildungseinrichtung der Verfassungsschutzbehörden im Bund und in den Ländern sowie des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) teilzunehmen