LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1046 (15/987) 11.09.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Heike Kugler (DIE LINKE.) betr.: Gewalttaten gegen Schwule und Lesben im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts bleibt Gewalt gegen Homosexuelle offenbar ein schwerwiegendes Problem. Jeder dritte bis vierte schwule Mann wird mindestens einmal in seinem Leben Opfer antischwuler Gewalt – das ist das übereinstimmende Ergebnis zahlreicher Studien. Viele homosexuelle Jugendliche berichten, dass sie während ihres Coming-Outs im familiären Bereich mit Gewalt konfrontiert worden sind. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es auch im Saarland zu homophob motivierten Gewalttaten kommt.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Gewalttaten werden ohne Berücksichtigung der Motivation des bzw. der Tatverdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst und sind dort demzufolge auch nicht unter diesem Aspekt recherchierbar. Ebenso wird die sexuelle Einstellung der Opfer von Gewalttaten in der PKS nicht erfasst, so dass auch über dieses Merkmal eine Auswertung nicht möglich ist. Unter der Bezeichnung „Gewaltkriminalität“ werden in der PKS folgende Straftaten mit einem hohen Gewaltpotential zusammengefasst: - Mord - Totschlag und Tötung auf Verlangen - Vergewaltigung und sexuelle Nötigung - Raub, räuberische Erpressung, räuberischer Angriff auf Kraftfahrer - Körperverletzung mit Todesfolge - Gefährliche und schwere Körperverletzung - Erpresserischer Menschenraub - Geiselnahme - Angriff auf den Luft- und Seeverkehr. Ausgegeben: 12.09.2014 (10.07.2014) Drucksache 15/1046 (15/987) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Lediglich im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes zum Deliktsbereich der „Politisch motivierten Kriminalität (PMK)“ werden Angaben zur Motivation des oder der Tatverdächtigen erhoben, um das Themenfeld der so genannten Hasskriminalität zu erhellen. Hier besteht die Möglichkeit, homophob motivierte Gewalttaten auszuweisen, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person gerichtet sind wegen ihrer sexuellen Orientierung und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Kausalzusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Das bedeutet, dass nur für einen ganz geringen Anteil der Gewaltdelikte Angaben zur Motivation von Tatverdächtigen im Hinblick auf die sexuellen Neigungen der Opfer gemacht werden können. Eine grundsätzliche Aussage zu Gewalttaten gegen Homosexuelle und deren Anteil an den Gewaltdelikten insgesamt kann nicht getroffen werden. In der offiziellen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik für das Saarland wird Gewalt gegen Homosexuelle dem Bereich Politisch motivierte Kriminalität (PMK) zugeordnet. („Der Politisch motivierte Kriminalität (PMK) werden Straftaten zugeordnet, wenn bei Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie … gegen eine Person gerichtet sind wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes , ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status …“) Es finden sich darin aber keinerlei Angaben über Fallzahlen, Arten und Häufigkeiten homophob motivierter Gewalttaten. Was ist der Grund dafür, dass dieser Bereich in der Kriminalitätsstatistik ganz fehlt? Zu Frage 1: Das Phänomen „Gewalt gegen Homosexuelle“ wird unter Hinweis auf die Vorbemerkung der Landesregierung nicht in Gänze in der PKS erfasst und dargestellt. Gleichwohl können in den in der PKS ausgewiesenen Gewalttaten auch Taten gegen Homosexuelle enthalten sein. Die PKS ist eine Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte unter Beschränkung auf ihre erfassbaren wesentlichen Inhalte. Die Erfassung erfolgt auf der Grundlage der für alle Polizeien der Länder und des Bundes verbindlichen „Richtlinie für die Führung der PKS“. Die PKS dient der  Beobachtung der Kriminalität und einzelner Deliktsarten, des Umfangs und der Zusammensetzung des Tatverdächtigenkreises sowie der Veränderung von Kriminalitätsquotienten , Drucksache 15/1046 (15/987) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 -  Erlangung von Erkenntnissen für vorbeugende und verfolgende Verbrechensbekämpfung , organisatorische Planungen und Entscheidungen sowie kriminologischsoziologische Forschungen und kriminalpolitische Maßnahmen. Je nach Entwicklung einzelner Kriminalitätsfelder kann im Rahmen bundesweiter Abstimmungen ein Fortschreibungsbedarf der PKS zur Aufhellung bestimmter Deliktsbereiche festgeschrieben werden, der in den folgenden Jahren zu einer detaillierten Datenerfassung mit nachfolgender Auswertungsmöglichkeit führt. Ein Bedarf zur weiteren Aufhellung von Gewalttaten gegen Homosexuelle wurde im Rahmen der bisherigen Abstimmungen zur Fortschreibung der PKS noch nicht reklamiert. Eine Auswertung des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „PMK“ im Themenfeld Hasskriminalität weist für den Zeitraum von 2009 bis zum 21.07.2014 keine homophob motivierten Gewalttaten aus. Wird von saarländischen Behörden ansonsten eine Statistik zu homophober Gewalt geführt? Zu Frage 2: Weitere Statistiken zu homophober Gewalt werden nicht geführt. Weder bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken noch bei der Landesjustizverwaltung wird eine Statistik zu homophober Gewalt geführt. Wenn ja, wie viele und welche Arten von homophob motivierten Straftaten gab es im vergangenen Jahr und wie hat sich die Zahl homophober Gewalttaten in den letzten fünf Jahren entwickelt? Zu Frage 3: Entfällt. Wenn nein, aus welchen Gründen wird auf die Erhebung dieser Daten verzichtet? Zu Frage 4: Auf die Erhebung der Daten zu homophob motivierten Gewalttaten wird nicht verzichtet. Eine polizeiliche Erfassung ist im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „PMK“ vorgesehen. Statistische Erhebungen der Justiz für den Bereich des Strafverfahrens erfolgen nahezu ausschließlich auf Grund bundesgesetzlicher Vorgaben (wie z.B. § 100b Abs. 5 StPO, § § 100g Abs. 5 StPO oder § 100e StPO) oder zur Gewährleistung eines hinreichenden Erhebungsaufkommens sowie länderübergreifender Vergleichsbetrachtungen auf Grund bundeseinheitlicher Parameter nach vorheriger Übereinkunft der Landesjustizverwaltungen, wobei letztere Erhebungen häufig zu Zwecken der Personalbedarfsbemessung erfolgen. Bundesgesetzliche Vorgaben für die von der Anfrage erfasste Fragestellung gibt es ebenso wenig wie eine diesbezügliche Übereinkunft der Landesjustizverwaltungen. Drucksache 15/1046 (15/987) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Die Erfahrung in anderen Bundesländern zeigt, dass viele Gewalttaten gegen Schwule und Lesben gar nicht zur Anzeige gebracht werden, aus Scham oder da die Opfer Angst vor Repressalien haben. In Bundesländern wie Hessen und Berlin hat die Polizei daher extra AnsprechpartnerInnen für Schwule und Lesben benannt, zur Unterstützung und Beratung der Opfer antihomosexueller Gewalt. Gibt es auch bei der saarländischen Polizei solche Ansprechpartner für Schwule und Lesben? Zu Frage 5: Im Landespolizeipräsidium gibt es derzeit keine namhaft gemachten Ansprechpartner für Schwule und Lesben. Intern gibt es zwei Ansprechpartner für schwule und lesbische Polizeibeamtinnen und -beamte. Wenn nein: Ist daran gedacht, dies einzuführen? Zu Frage 6: Eine Benennung spezieller Ansprechpartner für Schwule und Lesben ist im Landespolizeipräsidium derzeit nicht vorgesehen.