LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1174 (15/1103) 04.12.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Klaus Kessler (B90/Grüne) betr.: Transparenz über die Einhaltung der Obergrenzen des strukturellen Defizits bis 2020 Vorbemerkung des Fragestellers: „Für die Einhaltung der Schuldenbremse und damit die Auszahlung der für das Saarland maßgeblichen 260 Mio. Euro Konsolidierungshilfen jährlich ist das so genannte ‚strukturelle Finanzierungsdefizit‘ maßgeblich. In der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Saarland zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen sind die Obergrenzen des zulässigen strukturellen Finanzierungsdefizits bis 2020 festgeschrieben. Ausgangspunkt ist das strukturelle Defizit im Jahr 2010, das bis 2020 jeweils um 10% reduziert werden soll. Für das Jahr 2015 beträgt die Obergrenze 623,8 Mio. Euro, für 2016 499 Mio. Euro, für 2017 374,3 Mio. Euro, für 2018 249,5 Mio. Euro, für 2019 124,8 Mio. Euro und für 2020 schließlich 0. Bei Überschreitung der Obergrenzen entfällt die Auszahlung der Konsolidierungshilfen . In dieser Verwaltungsvereinbarung ist ebenfalls geregelt, wie das strukturelle Defizit definiert ist und wie es sich berechnet. Grob gesagt handelt es sich um die Finanzierungssalden des Kernhaushalts und der Extrahaushalte, bereinigt um finanzielle Transaktionen wie den Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen, Darlehensvergabe und -rückflüsse, um den Saldo der periodengerechten Abgrenzung des Finanzausgleichs, um die Konsolidierungshilfe sowie um konjunkturelle Effekte. Im Gegensatz zu anderen Konsolidierungsländern berichtet die saarländische Landesregierung bislang nicht über Planwerte der Höhe des strukturellen Defizits gemäß Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund. Das Parlament und die Öffentlichkeit sind gezwungen, sich die maßgeblichen Berechnungsfaktoren aus unterschiedlichen Quellen zusammenzustellen und die Höhe daraus abzuleiten. Dies kann immer nur unvollständig geschehen, weil nicht alle maßgeblichen Berechnungsfaktoren veröffentlicht werden. Ausgegeben: 04.12.2014 (22.10.2014) Drucksache 15/1174 (15/1103) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Für 2015 kann zur Höhe des strukturellen Defizits Folgendes aus verfügbaren Quellen abgeleitet werden: Die Landesregierung plant mit einem Finanzierungssaldo im Kernhaushalt von rund -359 Mio. Euro sowie einem Finanzierungssaldo von rund -12 Euro in den Extrahaus -halten, konkret im Sondervermögen Zukunftsinitiative II. Der Finanzierungssaldo im Kernhaushalt und den Extrahaushalten beträgt damit -371 Mio. Euro. Eine Bereinigung um die für das Jahr 2015 erwartete Konsolidierungshilfe i.H.v. 260 Mio. Euro ergibt somit den Wert von -631 Mio. Euro. Abzüglich des geplanten Saldos der finanziellen Transaktionen i.H.v. rund -59 Mio. Euro sowie der für das Jahr 2015 geplanten Konjunkturkomponente laut Bericht zur Umsetzung des Sanierungsprogramms I/2014 i.H.v. -28 ergibt sich damit für 2015 ein strukturelles Defizit von -544 Mio. Euro und damit eine Unterschreitung der Obergrenze um rund 80 Mio. Euro. Der Saldo der periodengerechten Abgrenzung des Finanzausgleichs ist hierbei mangels Informationen nicht berücksichtigt. Die Tatsache, dass die Landesregierung selbst keine Entwurfs- und Planzahlen über das strukturelle Defizit herausgibt und diese selbst aus Haushaltsdaten und Dokumenten des Stabilitätsrates ausgerechnet werden muss, macht es für Außenstehende schwierig, nachzuvollziehen , wie sich die geplanten Höhen des strukturellen Defizits zur Obergrenze verhalten. Eine solcher Abgleich der Obergrenzen mit den Planwerten ist zwar über eine Hilfskonstruktion möglich: Statt die Obergrenze des strukturellen Defizits mit dem geplanten strukturellen Defizits zu vergleichen , kann alternativ auch die geplante Nettokreditaufnahme mit der Obergrenze der Nettokreditaufnahme laut Sanierungsprogramm verglichen werden. Dieser Vergleich ist deshalb alternativ möglich, weil sich die dort maßgeblich Obergrenze der Nettokreditaufnahme direkt aus der Obergrenze des strukturellen Defizits ableitet. Die Obergrenzen der Nettokreditaufnahme sind maßgeblich für die Umsetzung des Sanierungsprogramms des Saarlandes und werden halbjährlich an den Stabilitätsrat mit einer Vorausschau auf die Jahre bis 2016 berichtet . Allerdings wird es laut aktueller Mitteilung des Finanzministeriums künftig nicht mehr möglich sein, diese Berichte an den Stabilitätsrat zur Umsetzung des Sanierungsprogramms vor der Haushaltsberatung vorzulegen. Darüber hinaus endet dieses Sanierungsprogramm im Gegensatz zum Konsolidierungshilfegesetz bereits im Jahr 2016, so dass Angaben zu zulässigen Obergrenzen der Nettokreditaufnahme nur bis zum Jahr 2016 zur Verfügung stehen und ein Vergleich der Obergrenzen mit den Planwerten der Nettokreditaufnahmen mit diesen Obergrenzen nur bis 2016 möglich ist. Davon abgesehen ist dieser Zwang, auf den Vergleich der geplanten Nettokreditaufnahmen mit den Obergrenzen der Nettokreditaufnahmen auszuweichen , aus Gründen der Transparenz und vor dem Hintergrund der Bedeutung der Größe des strukturellen Defizits für das Land nicht zufriedenstellend . Drucksache 15/1174 (15/1103) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zusammengefasst besteht damit ein echter Mangel an Informationen für das Parlament und die Öffentlichkeit über die Höhe der Abstände zur Obergrenze des strukturellen Defizits. Dies gilt spätestens ab dem Jahr 2016, wenn das Sanierungsprogramm endet und nicht mehr auf den Vergleich der Nettokreditaufnahme mit der zulässigen Nettokreditaufnahme ausgewichen werden kann. Denn auch eine eigene Ableitung des strukturellen Defizits ist für die Jahre 2016ff. nicht möglich, da für die Berechnung der Höhe des strukturellen Defizits maßgebliche Größen wie die Finanzierungssalden der Extrahaushalte oder die Höhen der Konjunkturkomponente nicht veröffentlicht werden. Es gilt aber mit Blick darauf, dass die Berichte über die Umsetzung des Sanierungsprogramms nicht mehr vor den Haushaltsberatungen vorgelegt werden können, auch schon jetzt. Die transparenteste und für die Öffentlichkeit am einfachsten nachvollziehbare Lösung wäre daher eine Berichterstattung über die geplanten Höhen des strukturellen Defizits gemäß Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund in der mittelfristigen Finanzplanung inklusive einer Vorausschau auf mindestens das Jahr 2020, sofern dieses noch nicht Teil der mittelfristigen Finanzplanung ist. So wird es im Übrigen auch in anderen Konsolidierungsländer gehandhabt (siehe bspw: Finanzplan Schleswig-Holstein 2014-2018, S. 46ff. oder Finanzplan Stadtstaat Bremen 2012-2017, S. 61ff.).“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung berichtet in den zwei Mal jährlich erstellten Berichten zur Umsetzung des Sanierungsprogramms bis 2016 über den realisierten und geplanten Abbau der Nettokreditaufnahme. Die dort enthaltene und jeweils aktualisierte Überleitungsrechnung vom strukturellen Defizit zur Nettokreditaufnahme gibt Auskunft über maßgebliche Bereinigungsfaktoren. Außerdem wird dort der Abstand zwischen der zulässigen Obergrenze und der geplanten bzw. realisierten Nettokreditaufnahme ausgewiesen . Insbesondere die Positionen „Entnahmen aus Rücklagen“, „Zuführung zu Rücklagen “, „Saldo haushaltstechnische Verrechnungen“ „Saldo finanzielle Transaktionen“ und „ex-ante Konjunkturkomponente“ sind für den Kernhaushalt und die beiden Extrahaushalte bis zum Jahr 2016 aufgeführt. Die jeweils ausgewiesenen Abstände zwischen zulässiger Obergrenze und geplanter Nettokreditaufnahme entsprechen dem Abstand zwischen Defizitobergrenze und geplantem strukturellen Defizit. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei der Berechnung des strukturellen Defizits der Saldo der periodengerechten Abgrenzung des Finanzausgleichs nur bei der IstBetrachtung eine Rolle spielt, da das kassenmäßige Aufkommen vom rechnungsmäßigen Aufkommen erheblich abweichen kann, aber nicht zu prognostizieren ist. Der Stabilitätsrat und die Länder Bremen sowie Saarland beabsichtigen, die Sanierungsvereinbarung zu verlängern. Daher werden die Planzahlen auch in Zukunft vorgelegt . Planungen sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, je weiter sie in die Zukunft reichen. Für die Jahre 2019 und 2020 gibt es derzeit weder aussagekräftige Schätzungen über die wirtschaftliche Entwicklung noch über die Höhe der Steuereinnahmen. Auch die Lohn- und Preissteigerungen und die langfristige Zinsentwicklung lassen sich nur schwer abschätzen. Die saarländische Landesregierung verzichtet vor diesem Hintergrund auf die Veröffentlichung von über den Finanzplanungszeitraum hinausgehenden Planwerten. Drucksache 15/1174 (15/1103) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Wie hoch ist das geplante strukturelle Defizit laut Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund in den Jahren 2015-2020? (Bitte um Nennung der Höhe inklusive der Berechnungsfaktoren) Zu Frage 1: Für die Jahre 2015 – 2018 ergibt sich aus der mittelfristigen Finanzplanung nach vorliegendem Datensatz zur Berechnung der ex-ante Konjunkturbereinigung folgende geplante Defizitentwicklung: 2015 2016 2017 2018 in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Mio. € Finanzierungssaldo Kernhaushalt -360 -252 -178 -35 abzgl. Entnahmen aus Rücklagen 0 0 0 0 zzgl. Zuführung zu Rücklagen 0 0 0 0 zzgl. Finanzierungssalden Extrahaushalte* -12 -2 -12 -12 abzügl. Wert finanzielle Transaktionen 63 60 60 59 zzgl. Saldo Abrechnung USt und LFA (ex post) abzügl Konsolidierungshilfe -260 -260 -260 -260 abzügl. Konjunkturkomponente 12 10 19 11 strukturelles Defizit -557 -444 -371 -237 * Tilgung von Darlehen beim Fonds "Kommunen 21" in Höhe von 10 Mio. € im Jahr 2016. Für das Jahr 2019 beträgt die Obergrenze des strukturellen Defizits laut Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund 125 Mio. €. Im Jahr 2020 ist es auf null zurückzuführen. Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, die Höhen des geplanten strukturellen Defizits gemäß Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund inklusive seiner Berechnungsfaktoren bis 2020 in der mittelfristigen Finanzplanung nachrichtlich auszuweisen ? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, kann dieses für die bereits vorlie- gende mittelfristige Finanzplanung 2014 – 2018 nachgeholt werden? Zu Frage 2: Beginnend mit der nächsten fortzuschreibenden Finanzplanung 2015 – 2019 soll der Ausweis des strukturellen Defizits gemäß Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund inklusive seiner Berechnungsfaktoren bis zum jeweiligen Endjahr des Planungszeitraumes ausgewiesen werden. Die Entwicklung des strukturellen Defizits bis zum Jahr 2018 ergibt sich aus der Tabelle zu Frage 1. Im Hinblick auf weiter in die Zukunft reichende Planzahlen wird auf die in der Vorbemerkung dargestellten Unwägbarkeiten hingewiesen. Drucksache 15/1174 (15/1103) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Sieht die Landesregierung hilfsweise die Möglichkeit , dem Parlament die Höhen des geplanten strukturellen Defizits gemäß Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund inklusive seiner Berechnungsfaktoren bis 2020 in der mittelfristigen Finanzplanung nachrichtlich auszuweisen? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 3: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Sieht die Landesregierung hilfsweise die Möglichkeit , dem Parlament die Daten zu Finanzierungssalden in den Extrahaushalten und zu den voraussichtlichen Konjunkturkomponenten bis 2020 zur Verfügung zu stellen, so dass eine eigene Berechnung der Höhe des geplanten strukturellen Defizits möglich ist? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 4: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Plant die Landesregierung, dem saarländischen Parlament nach Ablauf des Sanierungsprogramms des Saarlandes im Jahr 2016 weiterhin über die bereits erfolgten und geplanten Sanierungsmaßnahmen sowie deren Volumen zu berichten, so wie sie dies im Rahmen des Sanierungsprogramms gegenüber dem Stabilitätsrat momentan noch tut und noch bis 2016 tun wird? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 5: Derzeit finden Gespräche über eine etwaige Verlängerung der Sanierungsvereinbarung statt, so dass gegebenenfalls auch über das Jahr 2016 hinaus über die umgesetzten bzw. geplanten Sanierungsmaßnahmen gegenüber dem Stabilitätsrat berichtet wird. Die entsprechenden Berichte werden nach Beratung durch den Stabilitätsrat auch in Zukunft dem saarländischen Landtag zugeleitet werden.