LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1268 (15/1218) 26.02.2015 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Andreas Augustin (PIRATEN) betr.: Umsatzsteuerpflicht für Dienstagen aus Luxemburg Vorbemerkung des Fragestellers: „Seit der Änderung des ‚Gesetz[es] zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz -AmtshilfeR-LumsG)‘ vom 26. Juni 2013 müssen ausländische Unternehmen, die ihren deutschen Beschäftigten einen Firmenwagen für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnung sowie zur privaten Nutzung überlassen, in Deutschland Umsatzsteuer bezahlen. Nach deutscher Verwaltungsauffassung sei diese regelmäßige Überlassung durch den Arbeitgeber als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen. Das bedeutet, dass nach der neuen Rechtslage diese langfristigen Vermietungen von Beförderungsmitteln im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers zu besteuern sind. Im Saarland seien davon vor allem Grenzgänger nach Luxemburg betroffen. Die Erhebung von Umsatzsteuer von luxemburgischen Unternehmen wird zentral für Deutschland vom Finanzamt Saarbrücken erhoben. Die saarländische Landesregierung scheint hier jedoch keinen ‚Verfolgungseifer‘ (Trierischer Volksfreund v.03./04.01.2015) zu entwickeln. Hier will man vermeiden, dass die diesbezügliche Umsatzsteuer bis zu einer ‚endgültigen Klärung der Problematik auf EU-Ebene‘ erhoben wird. Auch die bis dato 60 Firmen, die sich beim Finanzamt Saarbrücken registrieren haben lassen, müssen vorerst nichts zahlen. Ausgegeben: 26.02.2015 (15.01.2015) Drucksache 15/1268 (15/1218) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Fakt ist somit, dass in Deutschland ein Gesetz erlassen wurde, zu dessen Umsetzung der Fiskus, hier das saarländische Finanzministerium, keine Anstrengungen macht.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Durch Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz - AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde der Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer in § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG an Artikel 56 Abs. 2 MwStSystRL in der Fassung von Artikel 4 der Richtlinie 2008/8/EG (ABl. EU 2008 Nr. L 44 S. 11) angepasst. Der Leistungsort befindet sich danach an dem Ort, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Dadurch soll insoweit eine Besteuerung am Verbrauchsort erreicht werden. Die Regelung ist nach Art. 31 Abs. 1 AmtshilfeRLUmsG zum 30. Juni 2013 in Kraft getreten. Durch BMF-Schreiben vom 12.09.2014, IV D 3 - S 7117-e/13/100011, wurde der Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) in Anschnitt 3a.5. um den nachfolgenden Absatz 4 ergänzt: „Überlässt der Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein erworbenes Fahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsfüh- rung) ist dies regelmäßig als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen (vgl. Tz. 4.1 des BMF-Schreibens vom 27. 8. 2004, BStBl I S. 864). Der Leistungsort dieser Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG. Liegt dage- gen eine unentgeltliche Überlassung im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor (vgl. Tz. 4.2.2.1 des BMF-Schreibens vom 27. 8. 2004, BStBl I S. 864), bestimmt sich deren Leistungsort nach § 3f UStG.“ Diese Regelungen führen dazu, dass ab dem 30.06.2013 auch die Fahrzeugüberlassung eines in Luxemburg ansässigen Arbeitgebers an einen in Deutschland ansässigen Arbeitnehmer nach deutscher Verwaltungsauffassung regelmäßig umsatzsteuerbar und umsatzsteuersteuerpflichtig ist. Bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung wiesen in Luxemburg ansässige Unternehmen auf die von der Steuerverwaltung des Großherzogtums Luxemburg vertretene Rechtsauffassung und eine mögliche Doppelbesteuerung hin, da Luxemburg für die in Rede stehenden Fahrzeugüberlassungen weiterhin ein eigenes Besteuerungsrecht geltend macht. Während nach der deutschen Verwaltungsauffassung entsprechend den ertragsteuerlichen Grundsätzen die Fahrzeugüberlassung eines Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer grundsätzlich Lohnbestandteil ist und damit nach umsatzsteuerlichen Grundsätzen ein steuerbarer Leistungsaustausch (Arbeitsleistung gegen Fahrzeugüberlassung ) vorliegt, nimmt Luxemburg hier generell eine unentgeltliche Überlassung an. Wegen der Regelungen zur Bestimmung des Leistungsortes führt diese unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Beurteilung bei Anwendung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie dazu, dass Deutschland und Luxemburg jeweils ein eigenes Besteuerungsrecht annehmen. Drucksache 15/1268 (15/1218) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Nach der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung ist das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben für die Besteuerung der in Luxemburg ansässigen Unternehmer örtlich zuständig, soweit sie in Deutschland steuerbare Leistungen erbringen. Von der gesetzlichen Änderung betroffen sind zum einen Unternehmen, die bereits wegen anderer steuerbarer Umsätze beim Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben umsatzsteuerlich erfasst waren. Die Regelung betrifft aber auch Unternehmen, die erst mit der nunmehr in Deutschland steuerbaren Fahrzeugüberlassung im Inland erstmalig steuerbare Umsätze erbringen. Betroffene Unternehmen versuchten nach Inkrafttreten der Neuregelung sowohl bei den Steuerbehörden des Großherzogtums Luxemburg als auch beim Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben bzw. dem Ministerium für Finanzen und Europa zu klären, welchem Mitgliedstaat letztlich das Besteuerungsrecht zusteht. Dabei wurde von der Landesverwaltung stets die zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmte Rechtsauffassung vertreten, dass allein Deutschland das Besteuerungsrecht hat. Demgegenüber vertrat Luxemburg auch in Presseveröffentlichungen die Auffassung, einen eigenen Steueranspruch zu haben. Mit Schreiben vom 23.01.2014 wurden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom Fachreferat des Ministeriums für Finanzen und Europa darauf hingewiesen , dass Luxemburg mit dieser Frage den Mehrwertsteuerausschuss befassen möchte. In der Sitzung vom 24. bis 25.02.2014 bat die luxemburgische Delegation den Mehrwertsteuerausschuss um eine Stellungnahme zur mehrwertsteuerlichen Behandlung „in Bezug auf die Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen für den privaten Bedarf des Personals des betreffenden Unternehmens, was den Ort der Besteuerung oder die Steuerbemessungsgrundlage betrifft.“ Die Diskussion führte zu keiner Entscheidung. Während die Europäische Kommission (KOM) sich der luxemburgischen Auffassung weitgehend anschloss, widersprachen dieser Österreich und Deutschland. Im Lichte des nicht eindeutigen Diskussionsverlaufes kündigte die KOM an, zu der vorgelegten Frage nach Prüfung durch die Generaldirektion Steuern und Zölle den Mitgliedstaaten eine Leitlinie vorzulegen. Diese liegt noch nicht vor. Wenngleich Leitlinien der KOM für die Mitgliedstaaten rechtlich nicht bindend sind, kommt der Entscheidung der KOM bei Klärung der hier widerstreitenden Auffassungen eine gewisse Bedeutung zu. Nach dem Vorliegen der Leitlinie soll, wie mit dem BMF vereinbart, zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder deren etwaige Anwendung erörtert werden. Vor dem Hintergrund der derzeit ungeklärten Anwendung des Gemeinschaftsrechts wurde das Finanzamt Saarbrücken angewiesen, aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen zunächst von einer Besteuerung der entsprechenden Umsätze abzusehen, wenn der betreffende Unternehmer eine Besteuerung der Fahrzeugüberlassung in Luxem- burg nachweisen kann. Im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlich nicht abschließend geklärte Rechtslage, bzw. die ausstehende Äußerung der KOM, soll hierdurch eine Doppelbelastung der betroffenen Steuerpflichtigen vermieden werden. Drucksache 15/1268 (15/1218) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Soweit durch das Finanzamt Saarbrücken hinsichtlich der Fahrzeugüberlassung eine Umsatzbesteuerung erfolgte und hiergegen Einspruch eingelegt worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO vor, da die Rechtmäßigkeit derzeit zweifelhaft ist. Im Hinblick auf den noch offenen Ausgang der Abstimmung auf europäischer Ebene wurde das Finanzamt auf das Vorliegen der Aussetzungsvoraussetzungen und eine mögliche Verfahrensruhe hingewiesen . Wegen des erheblichen Echos, das die unterschiedlichen Verwaltungsmeinungen in Luxemburg und Deutschland in der Presse verursacht haben, wurden auch die Steuerberaterkammern Saarland und Rheinland-Pfalz über das Vorgehen und die ungeklärte Rechtslage unterrichtet. Wie viele luxemburgische Unternehmen sind von dieser gesetzlichen Regelung insgesamt betroffen ? Zu Frage 1: Über die Anzahl der betroffenen luxemburgischen Unternehmen kann keine Aussage getroffen werden. Betroffen sein können Unternehmen, die bereits beim Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben umsatzsteuerlich erfasst waren. Zudem kommen auch Unternehmen in Betracht, die erst durch die Fahrzeugüberlassung im Inland steuerbare Umsätze ausführen könnten. Mit welcher Begründung sind die bisher 60 luxemburgischen Unternehmungen, die beim Saarbrücker Finanzamt registriert sind, von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit? Zu Frage 2: Beim Finanzamt Saarbrücken wurde kein Unternehmen von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit. Soweit ein Unternehmer die Besteuerung der in Rede stehenden Fahrzeugüberlassungen in Luxemburg nachweisen kann, wird vorerst im Umsatzsteuervoranmeldungsbzw . Jahresfestsetzungsverfahren aus den oben genannten Gründen von Steuerfestsetzungen abgesehen. Eine Festsetzung erfolgt, soweit das Ergebnis des Abstimmungsverfahrens auf europäische Ebene das Besteuerungsrecht Deutschlands bestätigt . Verfahrensrechtlich ist dies möglich, da die Festsetzungen nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen und änderbar sind. Warum werden nicht alle luxemburgischen Unternehmen hinsichtlich des AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetz -AmtshilfeR-LumsG erfasst (im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes bzw. der Steuergerechtigkeit)? Zu Frage 3: Von der gesetzlichen Änderung betroffen sind Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit beim Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben steuerlich erfasst waren. Drucksache 15/1268 (15/1218) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Zudem können von der gesetzlichen Neuregelung auch in Luxemburg ansässige Unternehmen betroffen sein, die erst durch die Fahrzeugüberlassung in Deutschland steuerpflichtig geworden sind. Derzeit können folglich nur Fahrzeugüberlassungen umsatzversteuert werden, wenn die betroffenen Unternehmen die Gestellung an ihre Arbeitnehmer dem Finanzamt Saarbrücken selbst erklären. Eine Ermittlung aller betroffenen Unternehmen ist durch das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben derzeit nicht möglich. Erst wenn nach Klärung der Rechtslage ein deutsches Besteuerungsrecht besteht, kann Luxemburg um Amtshilfe ersucht werden. Solange Luxemburg von einem eigenen Besteuerungsrecht ausgeht, ist dies weder erfolgversprechend noch zielführend. In welcher Höhe entgehen dem saarländischen Fiskus jährlich Einnahmen aus dem Amtshilferichtlinie -Umsetzungsgesetz-AmtshilfeR-LumsG? Zu Frage 4: Da die Anzahl der betroffenen Steuerfälle unbekannt ist, kann die Frage derzeit nicht beantwortet werden. Wie unter Frage 3 dargestellt, ist eine Ermittlung aller betroffenen Unternehmen durch das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben derzeit nicht möglich . Erst wenn nach Klärung der Rechtslage ein deutsches Besteuerungsrecht besteht , kann Luxemburg um Amtshilfe ersucht werden. Solange Luxemburg von einem eigenen Besteuerungsrecht ausgeht, ist dies weder erfolgversprechend noch zielführend . Auch für eine Schätzung des Steuerbetrages liegen nicht genügend Grundlagen vor. Warum werden seitens der saarländischen Landesregierung keine Anstrengungen unternommen, um das Gesetz umzusetzen und das Geld einzutreiben ? Zu Frage 5: Wie in den Vorbemerkungen der Landesregierung angeführt, ist zunächst die Frage zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Fahrzeugüberlassung des Arbeitgebers an seiner Arbeitnehmer einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch darstellt. Erst nach Klärung dieser Frage können die durch das AmtshilferichtlinienUmsetzungsgesetz getroffene Neuregelung zur Bestimmung des Leistungsortes nach § 3 a Abs. 3 Nr. 2 UStG bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln rechtssicher umgesetzt werden und etwaige Steueransprüche durchgesetzt werden.