LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1344 (15/1312) 21.04.2015 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Geplante künftige Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates Vorbemerkung der Fragestellerin: „Der Entwurf für den neuen ZDF-Staatsvertrag sieht vor, dass jedes Bundesland künftig jeweils einen Vertreter einer gesellschaftlichen Gruppe in den Fernsehrat entsendet. So schickt das Saarland laut Entwurf einen Vertreter/eine Vertreterin für den Bereich Kunst und Kultur, Hessen einen Vertreter/eine Vertreterin der Menschen mit Migrationshintergrund , Rheinland-Pfalz einen Vertreter /eine Vertreterin der Menschen mit Behinderung und Sachsen-Anhalt einen Vertreter/eine Vertreterin für „Heimat und Brauchtum”. Damit wird auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts reagiert , das ZDF „staatsferner“ zu gestalten und den Einfluss von Parteien zu verringern. Lesben und Schwule sollten in dem Gremium allerdings nicht als Gruppierung vertreten sein. Nach starken Protesten hat das Land Thüringen angekündigt, eine Vertreterin/einen Vertreter der Schwulen und Lesben in den Fernsehrat entsenden zu wollen.“ Vorbemerkung Landesregierung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 25. März 2014 (1 BvF 1/11 und 1 BvF 4/11) darauf hingewiesen, dass die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten ist. Die Zusammensetzung der Kollegialorgane des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) muss dabei darauf ausgerichtet sein, Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens zusammenzuführen. Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass nicht vorrangig amtliche und sonstige Perspektiven und Sichtweisen, die für die staatlich-politische Willensbildung maßgeblich sind, abgebildet werden, sondern maßgeblich ein breites Band von Sichtweisen vielfältiger gesellschaftlicher Kräfte zum Tragen kommt. Ausgegeben: 21.04.2015 (30.03.2015) Drucksache 15/1344 (15/1312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Er hat dafür zu sorgen, dass bei der Bestellung der Mitglieder dieser Gremien möglichst unterschiedliche Gruppen und dabei neben großen, das öffentliche Leben bestimmenden Verbänden auch kleinere Gruppierungen, die nicht ohne weiteres Medienzugang haben, Berücksichtigung finden. Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat sich so auch hinsichtlich der Zusammensetzung der Gremien an dem Auftrag auszurichten, Vielfalt über die Programmdiversifizierung des privaten Angebots hinaus zu gewährleisten. Mit dem 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nehmen die Länder die notwendigen Anpassungen am ZDF-Staatsvertrag vor, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben im Rahmen ihrer Beratungen am 26. März 2015 in Berlin den Entwurf eines 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages beschlossen (vgl. Anlage). In diesem am 26. März 2015 beschlossenen Entwurf eines 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist vorgesehen, dass folgende, den Ländern zugeordnete Bereiche jeweils einen Vertreter in den ZDF-Fernsehrat entsenden können: - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Verbraucherschutz‘ aus dem Land Baden- Württemberg, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Digitales‘ aus dem Freistaat Bayern, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Internet‘ aus dem Land Berlin, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Senioren, Familie, Frauen und Jugend‘ aus dem Land Brandenburg, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Wissenschaft und Forschung‘ aus der Freien Hansestadt Bremen, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Musik‘ aus der Freien und Hansestadt Hamburg, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Migranten‘ aus dem Land Hessen, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Bürgerschaftliches Engagement‘ aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Muslime‘ aus dem Land Niedersachsen, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Medienwirtschaft und Film‘ aus dem Land Nordrhein -Westfalen, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Menschen mit Behinderungen‘ aus dem Land Rheinland-Pfalz, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Kunst und Kultur‘ aus dem Saarland, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Ehrenamtlicher Zivil- und Katastrophenschutz‘ aus dem Freistaat Sachsen, - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Heimat und Brauchtum‘ aus dem Land SachsenAnhalt , - einen Vertreter aus dem Bereich ‚Regional- und Minderheitensprachen‘ aus dem Land Schleswig-Holstein und - einen Vertreter aus dem Bereich ‚LSBTTIQ (Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queere Menschen)‘ aus dem Freistaat Thüringen. Drucksache 15/1344 (15/1312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben im Rahmen ihrer Beratungen am 26. März 2015 in Berlin ferner in Aussicht genommen, den 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages auf ihrer Konferenz am 18. Juni 2015 zu unterzeichnen. Erst mit dieser Unterzeichnung endet das Beratungsverfahren; hiernach schließt sich das Ratifikationsverfahren in den Landtagen an. Wie steht die Landesregierung dazu, dass nach den ursprünglichen Plänen kein Vertreter der Schwulen und Lesben im ZDF-Fernsehrat vertreten sein sollte, obwohl diese einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung repräsentieren? Zu Frage 1: Bei der Neukonzeption der Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats standen die Länder vor der Aufgabe, einen Ausgleich zwischen zwei gegenläufigen Zielen herzustellen : Einerseits galt es zur Abbildung der gesellschaftlichen Vielfalt möglichst viele gesellschaftliche Gruppen im ZDF-Fernsehrat zu berücksichtigen. Zum anderen galt es, den ZDF-Fernsehrat so zu organisieren, dass er als effizientes und arbeitsfähiges Aufsichtsgremium auch tatsächlich in der Lage ist, die Programmaufsicht über die Angebote des ZDF wahrzunehmen. Aufgrund der begrenzten Größe des ZDF-Fernsehrates ist es nicht möglich, jede gesellschaftliche Gruppe zu berücksichtigen. Dieses Dilemma wurde auch vom Bundesverfassungsgericht gesehen und in der Entscheidung vom 25. März 2014 beschrieben. Das Bundesverfassungsgericht räumt ein, dass es unmöglich ist, in einem gruppenplural zusammengesetzten Gremium wie dem ZDF-Fernsehrat tatsächlich alle bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte vollständig oder repräsentativ abzubilden, selbst wenn dieses Gremium ausgewogen besetzt ist (vgl. 1 BvF 1/11/ 1 BvF 4/11; Ziffer 40). Wurde über diese Frage bei den Verhandlungen zum ZDF-Staatsvertrag beraten? Zu Frage 2: Ja. Trifft es zu, dass kein Bundesland einen Vertreter der Schwulen/eine Vertreterin der Lesben entsenden wollte – bis Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow Ende März seine Entscheidung bekannt gab? Zu Frage 3: Im Rahmen der Beratungen über die Neuorganisation der ZDF-Gremien wurden unterschiedliche Optionen im Länderkreis erörtert. Die Berücksichtigung eines Vertreters der Schwulen bzw. eine Vertreterin der Lesben wurde – wie die Aufnahme anderer gesellschaftlicher Gruppen in den ZDF-Fernsehrat – wiederholt im Länderkreis erörtert, ohne dass diesbezüglich eine abschließende Verständigung im Länderkreis erzielt wurde. Drucksache 15/1344 (15/1312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Die Beratungen darüber, welche gesellschaftlichen Gruppen bei der Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats berücksichtigt werden, fanden erst mit dem oben beschriebenen Beschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 26. März 2015 ein vorläufiges Ende. In diesem Zusammenhang wurde im Länderkreis vereinbart , dass dem ZDF-Fernsehrat künftig ein Vertreter aus dem Bereich ‚LSBTTIQ (Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queere Menschen)‘ aus dem Freistaat Thüringen angehört. Der endgültige Abschluss der Beratungen der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder über den Inhalt des 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist erreicht , wenn dieser Staatsvertrag von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder unterzeichnet wird. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben in Aussicht genommen, den 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages auf ihrer Konferenz am 18. Juni 2015 zu unterzeichnen. Hält die Landesregierung es für angebracht und vertretbar, dass „Regional- und Minderheitensprachen “ künftig im ZDF-Fernsehrat eine Stimme haben , „Heimat und Brauchtum” auch, moderne Kommunikationsmittel sogar gleich zweimal vertreten sind („Digitales“ wird vom Land Bayern vertreten , „Internet‘ vom Land Berlin), Schwule und Lesben aber ursprünglich nicht in dem Gremium vorkommen sollten? Zu Frage 4: Gemeinsames Ziel aller Länder bei der Festlegung der Zusammensetzung des ZDFFernsehrates war es, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens im ZDF-Fernsehrat zusammenzuführen. Die Landesregierung hält die Berücksichtigung von Regional- und Minderheitensprachen im Hinblick auf das Gebot der Vielfaltsicherung für sinnvoll. Die Berücksichtigung der Bereiche „Digitales“ und „Internet“ hält die Landesregierung ebenfalls im Hinblick auf das Gebot der Vielfaltsicherung für sinnvoll. Darüber hinaus können Vertreter aus diesen Bereichen wichtige technische und medienwirtschaftliche Expertise in die Arbeit des ZDF-Fernsehrates, der ja auch schwierige technische und medienwirtschaftliche Fragen beraten wird, einbringen. Im Hinblick auf die Berücksichtigung von Vertretern aus dem Bereich Lesben/Schwule wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Im Hinblick auf das grundsätzliche Dilemma, dass es jedoch aufgrund der begrenzten Größe des ZDF-Fernsehrates nicht möglich ist, jede gesellschaftliche Gruppe zu berücksichtigen , wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Drucksache 15/1344 (15/1312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Hat die Landesregierung sich im Vorfeld der Verhandlungen mit gesellschaftlichen Gruppen im Land über eine mögliche Entsendung in den ZDFFernsehrat ausgetauscht? Zu Frage 5: Der Erstellung eines Rundfunkänderungsstaatsvertrages geht eine Anhörung der Betroffenen durch die Ländergemeinschaft voraus. Auch im Rahmen der Erstellung des 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages wurde solch eine Anhörung durchgeführt, bei der die Betroffenen gehört wurden. Angesichts der hohen gesellschaftlichen Relevanz, die u.a. die Frage der künftigen Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats besitzt, wurde diese Anhörung noch zusätzlich vom 30. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 durch eine öffentliche Onlinekonsultation auf der Homepage des Vorsitzlandes der Rundfunkkommission, RheinlandPfalz , ergänzt. Der Entwurf des Staatsvertrages war auf der Internetseite www.rlp.de/ministerpraesidentin/staatskanzlei/medien/ abrufbar. Eine längere Anhörungsfrist war den Ländern aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist zur Umsetzung des Urteils vom 25. März 2014 nicht möglich. Die im Rahmen der Anhörung und der Onlinekonsultation eingegangenen Stellungnahmen gesellschaftlicher Gruppen, u.a. auch die vom Lesben- und Schwulenverband /Bundesverband, wurden bei der Erstellung des 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages berücksichtigt. Die eingegangenen Stellungnahmen gesellschaftlicher Gruppen, u.a. auch vom Lesben - und Schwulenverband/Bundesverband, wurden zur Förderung der Transparenz der Beratungen der Länder zur Novellierung des ZDF-Staatsvertrages auf der Homepage des Vorsitzlandes der Rundfunkkommission, Rheinland-Pfalz, veröffentlicht und sind dort weiterhin einsehbar (vgl. www.rlp.de/ministerpraesidentin/staatskanzlei/medien/stellungnahmen/). Nach welchen Kriterien wurden die gesellschaftlichen Gruppen von den einzelnen Bundesländern ausgesucht? Zu Frage 6: Gemeinsames Ziel aller Länder war es, den dargestellten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens im ZDF-Fernsehrat zusammenzuführen. Hierbei standen die Länder vor der oben beschriebenen Aufgabe, einen Ausgleich zwischen zwei gegenläufigen Zielen herzustellen: Einerseits galt es zur Abbildung der gesellschaftlichen Vielfalt möglichst viele gesellschaftliche Gruppen im ZDF-Fernsehrat zu berücksichtigen. Zum anderen galt es, den ZDF-Fernsehrat so zu organisieren, dass er als effizientes und arbeitsfähiges Arbeitsgremium in der Lage ist, die Programmaufsicht über die Angebote des ZDF wahrzunehmen.