LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1355 (15/1266) 22.04.2015 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Regressforderungen gegen saarländischen Ärztinnen und Ärzte Vorbemerkung der Fragestellerin: „Ärzte haben für Kassenpatienten nur ein begrenztes Medikamentenbudget. Überschreiten sie diesen gesetzlich festgesetzten finanziellen Rahmen durch Ausstellen von Rezepten, drohen ihnen hohe Regressforderungen. Selbstverständlich dürfen finanzielle Mittel nicht unbegrenzt ausgegeben werden. Jedoch darf die Qualität der medizinischen Versorgung nicht durch übertrieben hohe und realitätsferne Sparzwänge leiden. Ärzte haben sich per Eid dazu verpflichtet, die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten zum obersten Gebot ihres Handelns zu machen. Es muss weiterhin sichergestellt werden, dass medizinisch indizierte Mittel an Patienten weiterhin verschrieben werden dürfen und der behandelnde Arzt keine Angst haben muss, sich im Falle einer zu schnellen Überschreitung des Budgets regresspflichtig zu machen. Die Angst der Ärzte vor Regress führt bei Patienten gleichzeitig dazu, dass sie befürchten, keinen Haus- oder Facharzt mehr zu finden, der bereit ist, ihnen die dringend benötigten Medikamente zu verschreiben. Es darf nicht sein, dass Ärzte hohe Regresszahlungen leisten müssen, nur weil sie ihre Patienten gut und angemessen medikamentös versorgt haben. Auch im aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung , der momentan im Bundestag beraten wird, findet sich eine strenge Wirtschaftlichkeitsprüfung und die Haftungshöchstgrenze wurde gestrichen , was dazu führen kann, dass Ärzte nunmehr in unbegrenzter Höhe in Regress genommen werden könnten.“ Ausgegeben: 23.04.2015 Drucksache 15/1355 (15/1266) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung der Landesregierung: Mit der Zulassung als Vertragsarzt einher geht das Recht, gesetzlich Versicherte auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung behandeln zu dürfen. Notwendiges Pendant dieses Rechts ist die vertragsärztliche Pflicht, bei der Leistungserbringung das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Gemäß § 12 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dürfen Leistungserbringer – zu denen die Vertragsärzte zählen – keine Leistungen bewirken die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist Ausdruck eines pflichtbewussten Umgangs mit den Geldern der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten. Die Gefahr, dass medizinisch indizierte Arznei- oder Heilmittel Patienten nicht verordnet werden könnten, besteht nicht. Jeder Versicherte hat gegenüber seiner Krankenkasse Anspruch auf die medizinisch notwendige Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln . Die Überwachung der vertragsärztlichen Pflicht zu wirtschaftlichem Verordnungsverhalten obliegt den gemeinsamen Prüfungseinrichtungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen. Dabei wird die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise seit dem Jahr 2000 im Saarland überwiegend als sogenannte Richtgrößenprüfung auf der Grundlage der §§ 84 und 106 SGB V durchgeführt. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei einer Richtgröße um einen Eurobetrag, welcher den Saarländischen Ärzten bzw. Praxen für die Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln zur Verfügung steht. Diese Beträge werden jedes Jahr von den Gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 84 SGB V neu verhandelt. Dabei sind unter Anderem zu berücksichtigen: - Veränderungen der Preise, - Veränderungen der Altersstruktur der Versicherten und - Veränderungen bei der indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität der Arzneimittelversorgung. Erst bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens zwischen 15 % und 25% kann die Gemeinsame Prüfungseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit anordnen. Rechtsfolge einer festgestellten Unwirtschaftlichkeit ist in diesen Fällen nur ein Hinweis an die entsprechende Praxis, künftig eine wirtschaftlichere Verordnungsweise zu beachten. Erst bei einer Überschreitung von über 25 % des Richtgrößenvolumens findet eine obligatorische Überprüfung statt. Im Rahmen der Überprüfung sind zu Gunsten der Praxis von der Überschreitung abzuziehen: - bundesweit und gegebenenfalls regional vorab anerkannte generelle Praxisbesonderheiten (z.B. Insulinpräparate, Physiotherapie nach Hüftgelenksersatz, etc) - und im Laufe des Verfahrens vorgebrachte individuelle Praxisbesonderheiten (z.B. Patienten mit Schlaganfall, Osteoporosepatienten, etc.). Bereits die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten führt dazu, dass bei einer Vielzahl von Praxen, die das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % überschritten haben, keine weitere Prüfung mehr stattfindet. Drucksache 15/1355 (15/1266) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Hilfsmittel fallen nicht unter die Richtgrößenvereinbarungen nach § 84 SGB V. Insoweit existiert daher kein „Budget“, das überschritten werden könnte. Bei der Beantwortung der Fragen wird dementsprechend nur auf Arznei- und Heilmittel eingegangen. Wie viele Strafzahlungen wurden im Zeitraum von 2010 bis 2014 im Rahmen des Regresses durch die zuständige Prüfungskommission gegenüber saarländischen Ärztinnen und Ärzten angeordnet, weil diese ihr Arznei-, Hilfs- oder Heilmittelbudget signifikant überschritten haben? (Bitte nach Jahr und Anzahl einzeln aufschlüsseln.) Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen diesbezüglich keine eigenen Erkenntnisse vor. Eine Abfrage bei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung Saarland hat folgendes ergeben: Arzneimittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Ausgesprochene Regresse absolut 2008 2010 10 2009 2011 5 2010 2012 5 2011 2013 3 2012 2014 1 Heilmittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Ausgesprochene Regresse absolut 2008 2010 7 2009 2011 7 2010 2012 3 2011 2013 3 2012 2014 2 Zur Erläuterung der Zahlen hat die Gemeinsame Prüfungseinrichtung darauf hingewiesen , dass die Richtgrößenprüfungen frühestens mit der Übermittlung der Verordnungsdaten durch die Krankenkassen, d.h. 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung verordnet wurde (Verordnungsjahr), beginnen kann. Dies bedeutet konkret , dass sich die Angaben für die Prüfungsjahre ab 2010 notwendigerweise auf die Verordnungen der Vorvorjahre beziehen. Auf welche Beträge beliefen sich jeweils die in o.g. Zeitraum angeordneten Strafzahlungen? (Bitte nach Jahr und Höhe der Strafzahlung einzeln aufschlüsseln.) Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen diesbezüglich keine eigenen Erkenntnisse vor. Eine Abfrage bei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung Saarland hat folgendes ergeben: Drucksache 15/1355 (15/1266) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Arzneimittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Summe der ausgesprochene Re- gressbeträge 2008 2010 175.585,30 € 2009 2011 138.297,62 € 2010 2012 131.140,85 € 2011 2013 42.308,01 € 2012 2014 3.917,78 € Heilmittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Summe der ausgesprochenen Re- gressbeträge 2008 2010 121.112,17 € 2009 2011 70.190,55 € 2010 2012 17.560,66 € 2011 2013 17.810,15 € 2012 2014 20.969,72 € Aufgrund der geringen Anzahl der ausgesprochenen Regresse bestehen datenschutzrechtliche Bedenken gegen eine Auflistung jeder einzelnen Regressforderung der vergangenen 5 Jahre. Dargestellt wurden daher die Summen aller Regressbeträge. Wie hoch ist betragsmäßig die durchschnittliche Höhe der in diesem Zeitraum angeordneten Strafzahlungen ? Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen diesbezüglich keine eigenen Erkenntnisse vor. Eine Abfrage bei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung Saarland hat folgendes ergeben: Arzneimittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Regressbeträge - Arithmetisches Mittel 2008 2010 17.558,53 € 2009 2011 27.659,52 € 2010 2012 26.228,17 € 2011 2013 14.102,67 € 2012 2014 3.917,78 € Heilmittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Regressbeträge - Arithmetisches Mittel 2008 2010 17.301,73 € 2009 2011 10.027,22 € 2010 2012 5.853,55 € 2011 2013 5.936,71 € 2012 2014 10.484,86 € Arzneimittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Regressbeträge – Median 2008 2010 10.674,11 € 2009 2011 6.204,50 € 2010 2012 11.943,06 € 2011 2013 7.909,58 € 2012 2014 3.917,78 € Drucksache 15/1355 (15/1266) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Heilmittel Verordnungsjahr Prüfungsjahr Regressbeträge – Median 2008 2010 3.236,29 € 2009 2011 7.440,54 € 2010 2012 5.725,35 € 2011 2013 2.358,99 € 2012 2014 7.305,66 €