LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1356 (15/1281) 22.04.2015 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Werbung und gesponserte Unterrichtsmaterialien an saarländischen Schulen Vorbemerkung der Fragestellerin: Organisationen wie „LobbyControl“ und Foodwatch warnen vor einer Zunahme von Werbung und als Unterrichtsmaterialien getarnter Werbung privater Unternehmen an deutschen Schulen. So gibt das unternehmernahe „Institut der deutschen Wirtschaft“ etwa die Unterrichtseinheit “Notwendigkeit der Altersvorsorge” heraus. Ein Gutachten der für Lehrerausbildung zuständigen "School of Civic Education" der Universität Duisburg -Essen hat diese Unterrichtseinheit untersucht und kommt zu dem Schluss: „Die Darstellung der ökonomischen Zusammenhänge und der wirtschaftspolitischen Debatte ist als grob einseitig zu bezeichnen. Die (Teil‐)Privatisierung des Rentensystems wird als alternativlos dargestellt. Eine ausgewogene Auseinandersetzung mit wirtschaftswissenschaftlichen Kontroversen und verschiedenen rentenpolitischen Reformoptionen findet nicht statt. Wenn im Unterricht zum Thema Altersvorsorge lediglich die vorliegende Unterrichtsreihe eingesetzt würde, bestünde die Gefahr, dass eine Überwältigung der Schülerinnen und Schüler zu einer einseitigen Sichtweise des Rentensystems stattfindet.“ Ein anderes Beispiel ist der Verein „Geldlehrer“, der kostenlosen „Geldunterricht“ in Schulen anbietet . Dieser Verein wird gefördert von privaten Finanzdienstleistern wie der „Deutschen Finance Consulting“ in München und dem „Verbund Deutscher Honorarberater“. Nach eigenen Angaben hat der Verein bundesweit bereits 92 Kooperationsverträge mit Schulen abgeschlossen und 102 Schulklassen unterrichtet. Auch im Saarland hat er inzwischen einen „Geldlehrer“ ausgebildet. Ausgegeben: 22.04.2015 (04.03.2015) Drucksache 15/1356 (15/1281) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass sich Unterrichtsmaterialien, die von Unternehmen herausgegeben werden, „überproportional oft durch interessengeleitete oder einseitige Informationen “ auszeichnen. „Über die Materialien wird versucht, bestimmte Branchen in einem guten Licht darzustellen, Kritikpunkte zu verschweigen oder einfach Produktwerbung zu machen.“ Vorbemerkung Landesregierung: Welche Materialien – insbesondere im Sinne von Schulbüchern und sonstigen Arbeitsmaterialien , die Schulbücher ergänzen oder ersetzen – Lehrkräfte im Unterricht verwenden, um die durch Lehrpläne und sonstige Vorgaben definierten schulischen Ziele zu erreichen, liegt in der Verantwortung der Schulen. Dabei können grundsätzlich auch solche Materialien zum Einsatz kommen, die von Dritten kostengünstig oder kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese lebensnahe Informationen enthalten und den Schülerinnen und Schülern praktische Einblicke in die Berufs-, Arbeits- und Lebenswelt sowie in das soziale und politische Leben zu ermöglichen. Aus den gleichen Gründen ist es möglich, Fachleute in den Unterricht einzuladen. So können den Schülerinnen und Schülern die vielfältigen Bedingungen aufgezeigt werden, unter denen sich im freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat Meinungen bilden, im persönlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Raum Entscheidungen getroffen und Entwicklungen in Gang gesetzt werden. Unabhängig von der Herkunft der im Unterricht verwendeten Schulbücher, Arbeitsheften und sonstigen Materialien bzw. den eingeladenen Personen ist von den Lehrkräften stets darauf zu achten, dass jede einseitige Beeinflussung der Schülerinnen und Schüler unterbleibt. Hat die Landesregierung Informationen darüber, an wie vielen Schulen in den vergangenen zwei Jahren welche Unterrichtsmaterialien eingesetzt werden, die von privaten Unternehmen herausgegeben worden sind? (Wenn ja: bitte auflisten) Hat die Landesregierung Informationen darüber, an wie vielen Schulen in den vergangenen zwei Jahren Vertreter privater Unternehmen zur Unterrichtsgestaltung eingeladen worden sind? (Wenn ja: bitte auflisten) Zu den Fragen 1 und 2: Statistiken und sonstige Informationen zu der hier genannten Problematik werden nicht erhoben. Drucksache 15/1356 (15/1281) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wie steht die Landesregierung grundsätzlich zu Unterrichtsmaterialien privater Unternehmen und Interessensgruppen? Zu Frage 3: Über die Auswahl von Materialien zum Einsatz im Unterricht wird in den Schulen entschieden . Die Nutzung von Unterrichtsmaterialien privater Unternehmen oder Interessensgruppen ist nicht ausgeschlossen; ihr Einsatz ist jedoch verbunden mit Auflagen. So ist nach § 24 Abs. 1 Allgemeine Schulordnung kommerzielle Werbung in Schulen grundsätzlich nicht zulässig. Gleiches gilt für die Weitergabe von Unterlagen über Schülerinnen/Schüler und Erziehungsberechtigte für Werbungszwecke. Im Rahmen des Erlasses über Sponsoring, Spenden und Werbung an Schulen sind Schulen im Rahmen der dortigen Regelungen ermächtigt, Spenden  auch in Form von Sachmitteln  entgegenzunehmen. Hierbei dürfen insbesondere die Erfüllung des schulischen Unterrichts- und Erziehungsauftrages sowie die Ordnung des Schulbetriebes und des Unterrichts nicht beeinträchtigt werden. Die Rechte von Schülern und Schülerinnen, Erziehungsberechtigten und Lehrkräften sowie berechtigte Interessen Dritter sind zu beachten. Sponsoring zugunsten von Schulen sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist zulässig, wenn die Interessen der Sponsorin/des Sponsors mit den pädagogischen Zielen des Bildungs- und Erziehungsauftrages zu vereinbaren sind. Zudem muss es sich um eine erhebliche Zuwendung der Sponsorin/des Sponsors handeln und der Hinweis auf dessen Leistung deutlich hinter den dadurch erreichten Nutzen für die Erfüllung des Unterrichts- und Erziehungsauftrages zurücktreten. Eine etwaige Gegenleistung ist auf einen Hinweis auf die Unterstützung durch die Sponsorin/den Sponsor zu beschränken (z. B. auf Plakaten, durch Veranstaltungshinweise , bei Sachausstattung und in Ausstellungskatalogen unter Verwendung des Namens , Emblems oder Logos der Sponsorin/des Sponsors ohne besondere Hervorhebung ). Bei der Auswahl von Schulbüchern ist stets der Erziehungs- und Unterrichtsauftrag der Schule zu beachten. Über die Einführung eines neuen Schulbuches entscheidet die Schulleitung auf Vorschlag der Fachkonferenz bzw., wenn an der Schule keine Fachkonferenz besteht, auf Vorschlag der Gesamtkonferenz der jeweiligen Schule im Benehmen mit der Elternvertretung sowie ab Klassenstufe 8 auch im Benehmen mit der Schülervertretung. Die einzelne Lehrkraft entscheidet im Rahmen ihrer pädagogischen Verantwortung, ob sie in ihrem Unterricht ein eingeführtes Schulbuch verwendet. Als Schulbücher im Sinne dieser Vorgaben gelten auch Arbeitsmittel für die Hand der Schülerin oder des Schülers, die Schulbücher ergänzen oder ersetzen. Drucksache 15/1356 (15/1281) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Was unternimmt die Landesregierung, um eine ausgewogene, unabhängige und nicht interessengsteuerte Information der Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten? Zu Frage 4: § 28, Abs. 2 Schulordnungsgesetz formuliert das Neutralitätsgebot für Lehrkräfte: Unbeschadet ihres Rechtes, im Unterricht die eigene Meinung zu äußern, muss die Lehrkraft dafür sorgen, dass auch andere Auffassungen, die für den Unterrichtsgegenstand im Rahmen des Bildungsauftrages der Schule erheblich sind, zur Geltung kommen. Jede einseitige Beeinflussung der Schülerinnen und Schüler ist unzulässig. Dieses Gebot gilt selbstverständlich auch im Hinblick auf die im Unterricht eingesetzten Materialien sowie für Personen, die von Lehrkräften – nach dem Erlass über Informationsbesuche , Vorträge und Veranstaltungen nicht zur Schule gehörender Personen in Schule und Unterricht – in ihren Unterricht eingeladen werden. Im Erlass heißt es explizit: „Wie bei allen schulischen Veranstaltungen ist darauf zu achten, dass auch bei der Mitwirkung nicht zur Schule gehörender Personen jede einseitige Beeinflussung der Schüler unterbleibt. Das bedeutet u. a., dass entsprechend der Vielfalt der Lebensverhältnisse die jeweiligen demokratischen Parteien, Institutionen und Organisationen entsprechend der Pluralität unseres Gemeinwesens im Nach- oder Nebeneinander vertreten sind. Um die Gefahr von Missverständnissen und Einseitigkeiten zu vermeiden, ist in den letzten drei Monaten vor Kommunalwahlen, Landtagswahlen, Bundestagswahlen sowie vor Wahlen zum Europäischen Parlament von der Mitwirkung von Abgeordneten und anderen Personen des politischen Lebens im Unterricht oder in sonstigen schulischen Veranstaltungen abzusehen. Soweit die Mitwirkung nicht zur Schule gehörender Personen im Unterricht einer Klasse erfolgen soll, entscheidet hierüber der betreffende Fachlehrer im Einvernehmen mit dem Schulleiter; der Elternsprecher und der Schülersprecher der Klasse sind vorher zu hören. Über die Mitwirkung nicht zur Schule gehörender Personen in anderen Veranstaltungen der Schule entscheidet der Schulleiter; der Vorsitzende der Elternvertretung und der Schülervertretung der Schule sind vorher zu hören.“