LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1380 (15/1310) 15.05.2015 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Arzneimittelrückstände im Wasser Vorbemerkung des Fragestellers: „Rückstände von Arzneimitteln gelangen hauptsächlich über das Abwasser in die Umwelt. Der menschliche Körper scheidet viele der Substanzen unverändert wieder aus. Hinzu kommen mehrere Hundert Tonnen nicht verbrauchter Medikamente, die nach Schätzungen des Umweltbundesamtes jedes Jahr in Toiletten hinuntergespült werden. Die meisten Kläranlagen sind nicht in der Lage, alle Stoffe aus dem Abwasser zu filtern. Manche Verbindungen entziehen sich den Aufreinigungsversuchen so hartnäckig, dass sie das Klärwerk so verlassen, wie sie reingekommen sind. Eine Berichterstattung im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ergab, dass Arzneimittel nicht von der Überwachung des Trinkwassers durch die Gesundheitsämter umfasst werden. Im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz wurde wiederum berichtet, dass Grenzwerte für Arzneimittelrückstände im Grundwasser gegenwärtig nicht existierten. Nur bei der Zulassung von Arzneimitteln werde geprüft, ob es zu einer Überschreitung einer Konzentration von 0,1 Mikrogramm/Liter (μg/l) kommen könne. In der Praxis habe es aber bisher keine Anwendungsverbote gegeben.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Ein Grenzwert für Arzneimittelrückstände im Grundwasser existiert gegenwärtig nicht. Daher wird Grundwasser in Deutschland in der Regel nicht routinemäßig auf Arzneimittel untersucht. In den letzten Jahren hat jedoch die Zahl der Bundesländer, die Arzneimittel untersuchen zugenommen. Im Jahr 2009 haben 5 Bundesländer Grundwasser auf Arzneimittel untersucht, während 2013 in 15 Bundesländer entsprechende Untersuchungsprogramme durchgeführt wurden. Ausgegeben: 15.05.2015 (26.03.2015) Drucksache 15/1380 (15/1310) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Im Saarland wird seit 2003 routinemäßig der Arzneimittelwirkstoff Clofibrinsäure im Grundwasser als Leitparameter bestimmt. Alle ca. 2000 Proben (2003 bis 2014), die sich auf 183 Messstellen verteilen, lagen unter der Bestimmungsgrenze (<0,05 µg/l). Seit 2013 wird im Saarland zudem das Schmerzmittel Diclofenac im Grundwasser gemessen . Alle bisher vorliegenden Messwerte (jährlich 138 Analysen in 52 Messstellen) liegen unterhalb der Bestimmungsgrenze (<0,05 µg/l). Auf welche Arzneimittelrückstände wird das Rohwasser durch die Wasserversorgungsunternehmen untersucht? Zu Frage 1: Nach § 3 der Rohwasseruntersuchungsverordnung - Verordnung über die Untersuchung des Rohwassers von Wasserversorgungsanlagen (RUV) - ist die Untersuchung des Rohwassers in jährlichen Abständen auf die in der Anlage der RUV aufgeführten Parameter und auf diejenigen vom Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz zu bestimmenden Pflanzenschutzmittel und Metabolite, bei denen auf Grund der Anwendung eine Gefährdung des Grundwassers im Einzugsgebiet oder im festgesetzten Wasserschutzgebiet der Wassergewinnungsanlage zu besorgen ist, vorzunehmen. Nach den in der RUV aufgeführten Parametern ist eine Untersuchung auf Arzneimittelrückstände nicht erforderlich. Der Landesregierung ist nicht bekannt, inwieweit Wasserversorgungsunternehmen das Rohwasser dennoch zusätzlich auf Arzneimittelrückstände untersuchen. Hat die Landesregierung Kenntnisse von grenzüberschreitenden Arzneimittelrückständen im Trinkwasser? Falls ja, findet eine Wasseraufbereitung zur Reduzierung der Rückstände statt? Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende Arzneimittelrückstände im Trinkwasser vor. Das Umweltbundesamt hat für folgende Arzneimittelwirkstoffe Empfehlungen für Grenzwerte genannt : Für das Antiepileptikum Carbamazepin 0,3 μg/l, für jodhaltige Röntgenkontrastmittel 1 μg/l, für das Kontrastmittel Gadolinium 0,1 μg/l, für Antibiotika 0,1 μg/l. Werden saarländische Grundwasservorkommen oder das Trinkwasser auf diese Wirkstoffe untersucht, und wenn, wie häufig? Zu Frage 3: Saarländische Grundwasservorkommen werden auf die angeführten Wirkstoffe nicht untersucht. Die Qualitätsanforderungen an das Trinkwasser sind im Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 sowie der Trinkwasserverordnung vom 2. August 2013 enthalten . Eine Untersuchung des Trinkwassers auf anthropogene Spurenstoffe wie Arzneimittel , hormonell wirksame Substanzen und Kosmetika ist nicht Bestandteil der Untersuchungen gemäß Trinkwasserverordnung. Drucksache 15/1380 (15/1310) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Untersuchungen des Grundwassers auf Arzneimittelrückstände beziehen sich auf die Wirkstoffe Clofibrinsäure (seit 2003) und Diclofenac (seit 2013). Werden die Abwässer der Krankenhäuser einer Spezialbehandlung unterzogen? Zu Frage 4: Eine Genehmigung für eine Indirekteinleitung in die öffentliche Kanalisation darf nach § 58 WHG nur erteilt werden, wenn u.a. die nach der Abwasserverordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung für die Einleitung maßgebenden Anforderungen einschließlich der allgemeinen Anforderungen eingehalten werden. Einen speziellen Anhang der Abwasserverordnung für Krankenhausabwasser gibt es nicht. Für Teilbereiche von Krankenhäusern wie etwa Zahnbehandlung (Anhang 50) oder Wäschereien (Anhang 55) gibt es Anforderungen, die zumeist eine entsprechende Abwasserbehandlung des jeweiligen Teilstroms erfordern. Bei der Ableitung radioaktiver Abwässer ist die Strahlenschutzverordnung zu beachten . Seuchenhygienische Belange des Abwassers regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Darüber hinaus haben die Gemeinden die Befugnis durch Satzung zu regeln, in welcher Beschaffenheit ihnen das Abwasser zu überlassen ist. Bei der Festlegung der Anforderungen an das Abwasser orientieren sie sich in der Regel an dem Merkblatt DWA-M 115-2 „Einleiten von nichthäuslichem Abwasser in eine öffentliche Abwasseranlage – Teil 2: Anforderungen“ (Juli 2005). Diese Befugnis bleibt durch die Indirekteinleiterregelungen der Länder unberührt. Die Anforderungen des Satzungsrechts und die Indirekteinleiterregelungen des Wasserrechts gelten gleichermaßen nebeneinander , sofern länderspezifische Vorschriften keine Konkretisierung vornehmen. Außer in oben genannten Bereichen erfolgen keine speziellen Behandlungen von Krankenhausabwasser. Wird der zur Düngung auszubringende Klärschlamm auf Arzneimittelrückstände untersucht? Zu Frage 5: Der zur Düngung auszubringende Klärschlamm, wird nicht regulär auf Arzneimittelrückstände untersucht, da es dazu bisher keine rechtlichen Vorgaben gibt, weder im einschlägigen Abfallrecht (Klärschlammverordnung), noch im Düngemittelrecht. Allerdings hat der EVS aufgrund der deutschlandweiten Diskussion über Arzneimittelrückstände in der Umwelt 2008/2009 im Rahmen eines vom Ministerium für Umwelt geförderten Untersuchungsprogramms zur Erfassung von Arzneimittelrückständen und endokrin wirksamen Substanzen in kommunalen Kläranlagen und deren Verbreitung in Gewässern entsprechende Untersuchungen durchführen lassen. Es wurden beispielhaft die Kläranlagen Burbach, Bliesen und Ihn untersucht. Insgesamt umfasste das Untersuchungsprogramm 53 Arzneimittelstoffe, 26 Pflanzenschutzmittel, 24 chemische Substanzen und 9 perfluorierte Tenside. Hier konnten einzelne Vertreter von Arzneimittelwirkstoffen aus den Gruppen der Analgetika, Antibiotika, Röntgenkontrastmittel, Lipid-Senker, Betablocker und bei den chemischen Stoffen ein Vertreter aus der Gruppe der Weichmacher und PAK´s im Klärschlamm nachgewiesen werden.